VwGH vom 28.02.2007, 2005/16/0142
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der L GmbH, Niederlassung S, vertreten durch Liebscher Hübel & Lang, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Paris-Lodron-Straße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0113-K/05, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides für den zwischen der beschwerdeführenden Gesellschaft und der I. GmbH abgeschlossenen Mietvertrag eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG in der Höhe von EUR 2.612,74 festgesetzt.
Nach der Begründung habe die beschwerdeführende Gesellschaft als Mieterin mit der I. GmbH als Vermieterin einen Mietvertrag über eine Liegenschaft abgeschlossen. Die Liegenschaft umfasse Geschäftsräumlichkeiten, KfZ-Abstellplätze und Zu- und Abfahrtsflächen. Der Mietzins betrage EUR 8,40 je Quadratmeter monatlich. Das Mietverhältnis und die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses würden an dem auf die bezugsfertige Übergabe des Mietgegenstandes folgenden Monatsersten beginnen; das Mietverhältnis sei auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden. Punkt XI.1. des Mietvertrages laute wörtlich:
"Die Rechtswirksamkeit des gegenständlichen Mietvertrages ist bis zum Vorliegen der rechtskräftigen behördlichen Bewilligungen, welche für den Betrieb des Unternehmens der Mieterin erforderlich sind, z.B. bau- und gewerbebehördliche Bewilligung, straßenbehördliche Bewilligung der Zufahrten gemäß beiliegendem Lageplan etc., aufschiebend bedingt."
Einer weiteren Vertragsbestimmung folgend (Punkt XV.) nähmen die Parteien zur Kenntnis, dass das gegenständliche Rechtsgeschäft allenfalls gemäß den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes der Grundverkehrsbehörde anzuzeigen und sohin die Einverleibung des Bestandrechtes von der Zustimmung/Bestätigung der Grundverkehrsbehörde abhänge.
Die Vermieterin habe die Vertragsurkunde am , die beschwerdeführende Partei als Mieterin am unterzeichnet.
Im erstinstanzlichen Verfahren sei erhoben worden, dass die vermietete Fläche 720 m2 betrage, somit der monatliche Bruttomietzins 7.257,60 EUR.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe die beschwerdeführende Partei vorgebracht, das Mietverhältnis und die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses begännen erst nach der bezugsfertigen Übergabe des Mietgegenstandes. Die Rechtswirksamkeit des Mietverhältnisses sei gemäß Punkt XI. des Vertrages bis zum Vorliegen der erforderlichen Bewilligungen aufschiebend bedingt. Daher sei zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Vertragsurkunde noch kein rechtswirksamer Bestandvertrag vorgelegen. Der Mietgegenstand sei bis zur Einbringung der Berufung noch gar nicht übergeben worden; auch die vertraglich zur Bedingung erhobenen behördlichen Bewilligungen lägen bis dato noch nicht rechtskräftig vor. Eine Rechtsgeschäftsgebühr von einem Rechtsgeschäft, das nicht wirksam sei, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Streng genommen läge auch keine Beurkundung eines Rechtsgeschäftes vor, weil der Vertrag gar nicht wirksam zustande gekommen sei, weshalb auch deshalb eine Gebührenschuld noch nicht entstanden sei. Die Bestimmung des § 17 Abs. 4 GebG widerspreche dem gesamten System des Steuerrechts, weil dadurch ein Sachverhalt besteuert würde, der nie eingetreten sei.
Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung der erstinstanzlichen Behörde habe die beschwerdeführende Gesellschaft einen Vorlageantrag gestellt.
Die belangte Behörde habe bei der zuständigen Grundverkehrsbehörde ermittelt, dass für den gegenständlichen Bestandvertrag weder eine Genehmigung noch eine Bestätigung gesetzlich vorgesehen und damit nicht erforderlich sei. Lediglich für die grundbücherliche Einverleibung eines solchen Mietvertrages werde von den Bezirksgerichten üblicherweise eine Äußerung der Grundverkehrsbehörde verlangt. Diesfalls werde eine sogenannte "Negativbestätigung" ausgestellt, wonach ein derartiges Rechtsgeschäft keiner solchen Genehmigung oder einer Bestätigung durch die Behörde bedarf.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der von ihr für maßgebend erachteten Bestimmungen aus, ein Mietvertrag komme als Konsensualvertrag im Zeitpunkt der Willensübereinkunft zustande. Die Gebührenschuld entstehe im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Urkunde. Nur wenn ein Rechtsgeschäft der Genehmigung oder der Bestätigung einer Behörde oder eines Dritten bedürfe, entstehe die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Genehmigung oder der Bestätigung. Der vorliegende Vertrag bedürfe weder einer Genehmigung noch einer Bestätigung. Die "Negativbestätigung" der Grundverkehrsbehörde sei für das gültige Zustandekommen des Mietvertrages nicht erforderlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich erkennbar in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Rechtsgebühr verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der in Rede stehende Mietvertrag geeignet ist, die von der belangten Behörde vorgeschriebene Gebührenschuld zu begründen.
Gemäß § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte grundsätzlich dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird.
Nach § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. a GebG entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften bei Errichtung der Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird im Zeitpunkte der Unterzeichnung.
Der Tarif der - im Beschwerdefall der Höhe nach unstrittigen -
Gebühren für Bestandverträge ergibt sich aus § 33 Tarifpost 5 GebG.
Für inhaltlich rechtswidrig hält die beschwerdeführende Gesellschaft den angefochtenen Bescheid, weil die belangte Behörde nicht beachtet habe, dass das Mietverhältnis ebenso wie die Pflicht zur Bezahlung des Mietzinses erst nach bezugsfertiger Übergabe des Mietgegenstandes hätte beginnen sollen, weshalb im Zeitpunkt der Unterfertigung kein rechtswirksam zustande gekommener Bestandvertrag vorgelegen sei.
Dabei übersieht die beschwerdeführende Gesellschaft, dass ein Bestandvertrag als Konsensualvertrag - Abschlusswille vorausgesetzt - mit der Einigung darüber zustande kommt, dass ein bestimmter (bestimmbarer) Bestandgegenstand gegen einen bestimmten (bestimmbaren) Bestandzins auf eine bestimmte (bestimmbare) Zeit zum Gebrauch überlassen werden soll, wobei die Gebrauchsüberlassung jedoch auch mit unbestimmtem Endtermin erfolgen kann (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0147, mwN).
Der Vertrag kam demnach im Beschwerdefall nicht erst mit dem - nicht näher bezeichneten - Beginn der Erfüllungshandlungen, sondern mit dem Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vertragsurkunde zustande und löste in diesem Zeitpunkt die Gebührenpflicht aus. Auf die Entstehung der Gebührenschuld wäre es auch ohne Einfluss gewesen, wenn die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängig gewesen wäre (vgl. § 17 Abs. 4 GebG).
Weiter brachte die beschwerdeführende Gesellschaft vor, die Gültigkeit des Bestandvertrages sei vom Vorliegen der behördlichen Bewilligungen gemäß Punkt XI. des Vertrages abhängig gewesen.
Nach § 16 Abs. 7 GebG entsteht die Gebührenschuld für das beurkundete Rechtsgeschäft erst im Zeitpunkte der Genehmigung oder Bestätigung, wenn es der Genehmigung oder Bestätigung einer Behörde oder eines Dritten bedarf.
Verträge, die zu ihrer Rechtswirksamkeit einer behördlichen Genehmigung bedürfen, stehen unter einer Suspensivbedingung und entfalten lediglich Vorwirkungen in Gestalt von Anwartschaftsrechten (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 98/16/0232, mwN).
Auch in der Beschwerde verabsäumt es die beschwerdeführende Gesellschaft näher auszuführen, welche behördliche Bewilligungen "für den Betrieb des Unternehmens der Mieterin erforderlich sind" und im Zeitpunkt der Gebührenvorschreibung noch nicht vorgelegen wären. Damit hat die beschwerdeführende Gesellschaft aber nicht dargetan, dass es für den Betrieb ihres Unternehmens überhaupt irgendwelcher behördlicher Bewilligungen bedurfte bzw. dass die in Punkt XI. des Mietvertrages - auch nicht näher konkretisierten - Genehmigungen nicht vorlägen.
Eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung ist nach den unbekämpften Feststellungen für die grundbücherliche Durchführung des Vertrages nicht erforderlich.
Im Rahmen der Verfahrensrüge verweist die beschwerdeführende Gesellschaft auf eine unzulängliche Begründung des angefochtenen Bescheides, ohne allerdings im Einzelnen aufzuzeigen, worin die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels liegt.
Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Mietvertrag im Zeitpunkt der Unterzeichnung zustande gekommen ist und dem Entstehen der Gebührenschuld das Fehlen einer behördlichen Genehmigung oder Bestätigung nicht entgegensteht. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am