VwGH vom 27.02.2019, Ra 2018/05/0054
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision
1. der T GmbH in W, vertreten durch die Onz-Onz-Kraemmer-Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16 (protokolliert zu Ra 2018/05/0054) und 2. der Landeshauptfrau von Niederösterreich (protokolliert zu Zl. Ra 2018/05/0157), gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-38/001-2012, betreffend Genehmigung einer Abfallbehandlungsanlage gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich; mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde L, 2.
... bis 483. ... (weitere mitbeteiligte Parteien), alle vertreten
durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Erstrevisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom beantragte die Erstrevisionswerberin die Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer mikrobiologischen Abfallbehandlungsanlage für gefährliche und nicht gefährliche Abfälle (ursprünglich für 30.000 t Abfälle im Jahr, davon 19.000 t gefährliche Abfälle). Es sollten vor allem Böden und organische Materialien, wie Klärschlamm, behandelt werden. In der Folge wurden Amtssachverständige, insbesondere für Deponietechnik und Gewässerschutz, für Abwassertechnik, für Luftreinhaltetechnik, für Lärmtechnik, Verkehrstechnik, Elektrotechnik, Abfallchemie und Umwelthygiene, sowie die Niederösterreichische Umweltanwaltschaft und das Arbeitsinspektorat mit dem Projekt zur Erstellung von fachlichen Stellungnahmen befasst. Es kam zu verschiedenen Ergänzungen und Modifikationen des Projektes, insbesondere zum Verzicht auf die Abfallarten 1720209 und 1720988 und zur Begrenzung der Kapazität der Anlage auf insgesamt 19.000 t/Jahr.
2 Am wurde eine mündliche Verhandlung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG für anberaumt. Die Ladung wurde neben anderen am Verfahren beteiligten Parteien der Marktgemeinde L als Grundeigentümerin (Anmerkung: sie ist auch Standortgemeinde des Projektes) und bekannten Beteiligten, wie u.a. den Zweit- bis Fünftmitbeteiligten, zugestellt. Im Übrigen erfolgte ein Anschlag über die Durchführung der mündlichen Verhandlung an der Amtstafel der Stadtgemeinde K vom 13. April bis . Weiters wurde die Anberaumung der Verhandlung auf der Internetseite der Stadtgemeinde K kundgemacht. Der Anberaumung entsprechend fand die Verhandlung im Wirtschaftshof der Stadtgemeinde K. in K. statt.
3 Die am Verfahren beteiligten Amtssachverständigen nahmen in dieser Verhandlung zur Vereinbarkeit des Projektes mit den im vorliegenden Fall gemäß dem AWG 2002 maßgeblichen öffentlichen Interessen Stellung und attestierten dessen Genehmigungsfähigkeit, wenn bei projektgemäßer Ausführung die fachlich geboten erscheinenden Auflagen, Bedingungen und Befristungen eingehalten würden. Die Zweit- bis Fünftmitbeteiligten erhoben in der Verhandlung den Einwand einer erhöhten Lärmbelästigung durch das Projekt, weiters einer Belästigung durch Geruch, Staub und Abwässer.
4 Der Bürgermeister der Marktgemeinde L äußerte sich in der Verhandlung ablehnend zu dem Projekt. Er äußerte sich weiter dahingehend, dass aufgrund der Komplexität des Projektes und im Hinblick auf die verschiedenen Stellungnahmen der Sachverständigen von ihm erst nach Prüfung dieser eine endgültige Entscheidung getroffen werden könne.
5 Mit Schreiben vom erhoben die erstmitbeteiligte Marktgemeinde und die vier bereits genannten Nachbarn sowie weitere 511 auf einer Liste angeführten Personen, die bereits vom nunmehrigen Rechtsvertreter der Mitbeteiligten vertreten wurden, Bedenken gegen das Projekt dahingehend, dass sich nachteilige Auswirkungen auf die Lebensqualität der T Bevölkerung ergeben könnten.
6 In einer ergänzenden Stellungnahme der Amtssachverständigen für Abfallchemie vom wurde zur Frage, ob eine IPPC-Anlage vorliege, dargelegt, dass die vorgesehene Behandlung der Abfälle durch sonstige biologische Umwandlungsverfahren nach dem Verwertungsverfahren R 3 gemäß Anhang 2 (Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren)) erfolgen könne. Durch das gegenständliche Behandlungsverfahren werde das Schadstoffpotenzial der Abfälle wesentlich reduziert, und es könne daher als Hauptergebnis der überwiegende Teil einer Verwertung in der Wirtschaft in umweltgerechter Weise einem sinnvollen Zweck zugeführt werden (Anmerkung: das Verwertungsverfahren R 3 des Anhanges 2 des AWG 2002 war von dem IPPC-Behandlungsanlagen betreffenden Anhang 5 Teil 1 AWG 2002 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 103/2013 nicht erfasst; siehe dazu unten).
7 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erteilte der Erstrevisionswerberin mit Bescheid vom in Spruchpunkt I.a) die abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der beantragten mikrobiologischen Abfallbehandlungsanlage samt den beschriebenen Begleitmaßnahmen unter Festlegung des Abfallkonsenses (lit. b) sowie unter Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen und Befristungen (lit. c).
8 Nach dem Spruchpunkt I.a) besteht die Anlage aus folgenden Anlagenteilen:
"- Eine auf den Gst.Nr. ..., KG T..., mit
Dichtasphalt ausgestattete Manipulationsfläche im Freien mit einem
Gesamtausmaß von 9.300 m2;
o Lagerboxen aus modularen Systembausteinen
(Quickblocksteine, max. 6 m Höhe),
o Containeranlagen (Büro- und Sanitärcontainer),
o Leichtbauhalle,
o Behandlungsanlage (Belüftung und Steuerung sowie
Abluftreinigung in Containern),
- ein auf Teilflächen der Grundstücke Nr. ..., KG T...
situiertes foliengedichtetes Speicherbecken von ca. 1.425 m2,
- die Mitbenützung der Reifenreinigungsanlage
(Rüttelstrecke) und der Wiegeeinrichtung der Deponie ‚Am T...' auf
Teilflächen Gst.Nr. ....,
- die Errichtung und den Betrieb eines provisorischen und
endgültigen Zu- und Abfahrtsweges von der Deponieeinfahrt zur Manipulationsfläche, teilweise über die hergestellte und behördlich genehmigte temporäre Oberflächenabdeckung der Deponie ‚Am T...' auf den Gst.Nr. ...., alle KG T... . Die teilweise Zu- und Abfahrten über die temporäre Oberflächenabdeckung werden bis befristet.
Errichtung eines Zauns,
Errichtung eines Hausanschlusses für den Bedarf von 10 KV."
9 Weiters ordnet dieser Spruchpunkt Folgendes an:
"Die Anlage hat eine Jahreskapazität von maximal 19.000 Tonnen und steht im Zusammenhang mit einem foliengedichteten Speicherbecken zur Sammlung der Oberflächenwässer der befestigten Fahr-, Stell- und Manipulationsflächen, weiters mit der Errichtung einer Anschlussleitung zu einer bestehenden Trafostation und der Fahrflächen über die temporäre Oberflächenabdeckung der Deponie T... und mit der Mitbenützung der Wiegeeinrichtung und der Rüttelstrecke der Deponie T... .
Die Behandlung der im Konsens festgelegten Abfallarten erfolgt durch sonstige biologische Verwertungsverfahren unter R3 gemäß Anhang 2, AWG 2002, Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren)'.
Die Anlage ist entsprechend dem eingereichten Projekt sowie unter Beachtung der in den Befunden der Sachverständigen enthaltenen Änderungen und Ergänzungen zu errichten und betreiben, soweit sich nicht aus den Auflagen und Bedingungen Abweichungen ergeben."
10 In der Folge werden in diesem Spruchpunkt I.a) die Modifikationen des Projektes angeführt (u.a. " - 1. Nachreichung und die näher bezeichneten 3., 4. und 5. Nachreichung").
11 Im Spruchpunkt I.b.) sind jene Abfälle (Bezeichnung gemäß der ÖNORM S 2100) genannt, die in der Anlage behandelt werden dürfen, wobei die Kontamination der angenommenen Abfälle auf folgende Eigenschaften eingeschränkt wird:
"- Gesamtgehalt an Kohlenwasserstoffen, TOC - keine Einschränkung
Gesamtgehalt an PAK - maximal 2.000 ppm
Gesamtgehalt an BTEX - maximal 5.000 ppm
Alle anderen Parameter - maximal Massenabfallqualität".
12 In Spruchpunkt I.c.) sind zahlreiche Auflagen betreffend Elektrotechnik, Deponietechnik und Gewässerschutz, Verkehrstechnik, Bautechnik, Altlasten, Arbeitnehmerschutz und Abfallchemie vorgesehen.
In Spruchpunkt II. wurde die naturschutzrechtliche Genehmigung für das Projekt erteilt. In Spruchpunkt III. wurden die Kosten des Verfahrens bestimmt, die die Revisionswerberin zu tragen hatte (insgesamt EUR 2.924.-, davon EUR 400.-für die naturschutzrechtliche Genehmigung).
Die Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen ersichtlich sei, dass die Genehmigungsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 (insbesondere Wahrung der öffentlichen Interessen, keine unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn) bei plan- und beschreibungsgemäßer Ausführung sowie bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen und Bedingungen erfüllt würden. Die gesetzliche Grundlage für die Vorschreibungen von Auflagen und Fristen sei § 43 Abs. 4 AWG 2002. Die Schutzinteressen nach § 43 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 AWG 2002 seien von den Amtssachverständigen fachlich beurteilt worden.
13 So sei etwa der fachlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik insgesamt zu entnehmen, dass eine vollständige Aufstellung der zu erwartenden Emissionen in Art und Quantität vorliege, dass Vorkehrungen für die Vermeidung oder Verringerung der zu erwartenden Emissionen in der Projektbeschreibung vorlägen, dass die Ausbreitung der Emissionen berechnet und die Auswirkung als Immissionen bei fünf Immissionsmesspunkten bestimmt worden seien.
Der Amtssachverständige für Luftreinhaltetechnik fasse sein Gutachten dahin zusammen, dass die Emissionen zu keinen Überschreitungen der Grenzwerte gemäß Anlage 1a, 1b, Anlage 2, Anlage 4 sowie Anlage 5b Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) an einem der fünf Immissionsmesspunkte führten und die bestehenden Werte der klassischen Luftschadstoffe nur unerheblich verschlechtert würden. Weiters führe er aus, dass in den Einreichunterlagen auch eine Abschätzung der zu erwartenden Geruchsemissionen vorgenommen worden und eine unzumutbare Geruchsbelästigung bei Wohnbereichen nicht zu erwarten sei. Die Emissionsminderungsmaßnahmen der Einreichunterlagen seien demnach ausreichend. Die Ausführungen der Sachverständigengutachten für Luftreinhaltetechnik seien gerade auch gegenüber dem Privatgutachten von Univ. Prof. Dr. W. schlüssig, nachvollziehbar und ausreichend begründet, und könnten auch dadurch nicht in Zweifel gezogen werden.
Auch im Gutachten des Amtssachverständigen für Lärmtechnik in seiner Stellungnahme vom sei festgestellt worden, dass aus lärmtechnischer Sicht keine Bedenken gegen eine Genehmigung der gegenständlichen Behandlungsanlage bestünden. Eine Umrechnung auf Grund des von der Erstrevisionswerberin im Antrag vorgelegten lärmtechnischen Gutachtens auf die nunmehr gegebene Entfernung zu Wohngebieten von ca. 900 m ergebe bei freier Schallausbreitung Lärmimmissionen in der Höhe von 38 dB. Es sei daher keine wesentliche Anhebung des örtlichen äquivalenten Dauerschallpegels zu erwarten.
Ebenso habe der Amtssachverständige für Umwelthygiene mit Schreiben vom zusammenfassend festgehalten, dass es zu keiner wesentlichen Änderung der örtlichen Verhältnisse hinsichtlich der Luftschadstoffe und Lärm kommen werde. Die Anlage werde keine erhebliche Belästigung der nächsten Wohnnachbarn im Bereich von T. bewirken. Die Ausführungen des Sachverständigengutachtens für Umwelthygiene seien schlüssig, nachvollziehbar und ausreichend begründet und könnten nicht wirksam in Zweifel gezogen werden.
14 Schließlich habe gerade auch die Amtssachverständige für Abfallchemie in mehreren Stellungnahmen gegenüber dem Privatgutachten von Univ. Prof. Dr. W. schlüssig, nachvollziehbar und ausreichend begründet argumentiert, und es könnten ihre Stellungnahmen auch dadurch nicht in Zweifel gezogen werden. Die Einwendungen der Erst- bis Fünftmitbeteiligten gälten als abgewiesen und das Vorbringen u.a. der übrigen Mitbeteiligten mangels Parteistellung als zurückgewiesen. Die Einwendungen gegen erhöhte Lärmbelästigung, Geruch, Staub und Abwässer und das Vorbringen der Personengruppe auf der Unterschriftenliste seien in den Auflagen berücksichtigt worden. Auch sei nach der Genehmigungsverhandlung den Anliegen der Parteien und der weiteren Personengruppe durch Weiterführung des Ermittlungsverfahrens und intensive Auseinandersetzung mit den fachlichen Ausführungen des Privatgutachters möglichst "begegnet" worden.
15 Da die Abfallbehandlung durch sonstige biologische Umwandlungsverfahren nach dem Verwertungsverfahren R3 erfolgen könne, seien die Bestimmungen für IPPC-Anlagen gemäß Anlage 5 des AWG 2002 nicht anzuwenden. Weiters sei das vorliegende Projekt keiner Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, da es sich um kein im Anhang 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000 angeführtes Vorhaben handle.
16 Es sei daher die abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der mikrobiologischen Abfallbehandlungsanlage samt den beschriebenen Begleitmaßnahmen unter Festlegung des Abfallkonsenses sowie unter Vorschreibung der im Spruch genannten Auflagen, Bedingungen und Befristungen zu erteilen gewesen.
17 Die mitbeteiligten Parteien erhoben mit Schriftsatz vom Berufung. Sie führten vorweg aus, Standortgemeinde sei die Erstmitbeteiligte. Diese sei nicht als bekannte Beteiligte zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Es sei bei ihr kein Anschlag erfolgt oder eine Kundmachung in einer zur Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung vorgenommen worden. Eine Präklusion der Erstmitbeteiligten und der übrigen Mitbeteiligten sei somit nicht eingetreten, die Behörde habe somit zu Unrecht nahezu sämtlichen Beteiligten die Parteistellung aberkannt. Ferner machten die Mitbeteiligten in der Berufung eine unzumutbare Belästigung durch Lärm, eine Gefährdung und Belästigung durch Luftschadstoffe, weiters eine unzumutbare Belästigung durch Gerüche, eine Explosionsgefahr durch Stromleitungen und einen Verstoß gegen das Vermischungsverbot gemäß § 15 Abs. 2 AWG 2002 geltend.
18 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten in der Folge ein ergänzendes Berufungsvorbringen vom und legten die gutachterliche Stellungnahme des Privatsachverständigen DI. Dr. J. W. vom vor. In diesem ergänzenden Vorbringen wurde erstmals vertreten, dass es sich bei der vorliegenden Abfallbehandlungsanlage, die nach Ansicht des Privatsachverständigen DI. Dr. J. W. eine Beseitigungsanlage sei, um eine IPPC-Anlage handle.
19 Vor dem Verwaltungsgericht, das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) für die Weiterführung der am u. a. bei den unabhängigen Verwaltungssenaten anhängigen Verfahren zuständig war, fanden mündliche Verhandlungen am und am statt. Das Verwaltungsgericht holte ein weiteres luftreinhaltetechnisches und ein abfallchemisches Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik bzw. der Amtssachverständigen für Abfallchemie (vom bzw. ) ein. Das Verwaltungsgericht hat keinem der Mitbeteiligten die Parteistellung abgesprochen.
20 Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der erstinstanzliche Bescheid "hinsichtlich der Genehmigung der Abfallbehandlungsanlage für kontaminierte Böden mit Massenabfallqualität" aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde eine ordentliche Revision gegen diesen Beschluss für nicht zulässig erklärt.
Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei der gegenständlichen Anlage nach heutiger Sicht unstrittig um eine IPPC-Anlage handle. Strittig sei, ob die Anlage schon zum Zeitpunkt der Antragstellung als IPPC-Anlage anzusehen gewesen wäre. In technischer Hinsicht seien Einwendungen gegen den angenommenen Stand der Technik erhoben und eine erhöhte Lärmbelästigung, weiters Belästigungen durch Geruch, Staub und Abwässer geltend gemacht worden. Diese Einwendungen hätten durch die eingeholten Gutachten nicht "bestätigt" werden können, sondern diese deckten sich mit den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten.
21 Wie noch näher darzulegen sein werde, reichten die Feststellungen der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des Verhandlungsergebnisses vom für eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht aus.
22 Im vorliegenden Fall gehe es neben den technischen Einwendungen um die rechtliche Frage der Änderung der Anlage, die nunmehr (zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes) eine IPPC-Anlage darstelle. Dieser Umstand hätte unter Zugrundelegung der heutigen Rechtslage zu einer anderen Verfahrensart geführt. Insbesondere seien die Stellung von Parteien und die Kundmachungsreichweite betroffen, sodass nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei einer ordnungsgemäßen Kundmachung auch noch andere Parteien Einwendungen oder Stellungnahmen erhoben hätten. Das Verwaltungsgericht habe diesen Schritt nicht nachholen können, da in einem solchen Fall den neu hinzukommenden Parteien eine "Instanz" genommen würde. Darüber hinaus sei schon die Ausschreibung der Verhandlung von der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht in der falschen Gemeinde kundgemacht worden und habe dies zu einer Vielzahl an übergangenen Parteien im Beschwerdeverfahren geführt. Die Einordnung der Anlage nunmehr als IPPC-Anlage führe darüber hinaus dazu, dass der Sachverhalt neu erhoben werden und umfangreiche Ergänzungen getätigt werden müssten.
23 Das Verwaltungsgericht habe im vorliegenden Fall seine Entscheidung an der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt deren Erlassung auszurichten (Hinweis auf ).
24 Eine Zurückverweisung könne auch dann gerechtfertigt sein, wenn für die Eruierung des maßgeblichen Sachverhaltes Verfahrensschritte im Ermittlungsverfahren seitens der Behörde deshalb unterblieben seien, weil sie es gerade mit dem Ziel, sich Ermittlungen zu ersparen, den Parteien des Verfahrens gesetzwidrigerweise verunmöglicht habe, von den ihnen zustehenden Rechten Gebrauch zu machen. Um eine zurückverweisende Entscheidung darauf gründen zu können, bedürfe es aber entsprechender Feststellungen durch das Verwaltungsgericht, auf deren Basis die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG als gegeben angenommen werden könnten (Hinweis auf ).
25 In dem zuletzt angeführten Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof zwar zum Ausdruck gebracht, dass im System des § 28 VwGVG die meritorische Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Vorrang haben müsse und die Kassation im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nur die Ausnahme darstellen solle. Ein derartiger Ausnahmefall sei im vorliegenden Fall gegeben, da durch die Änderung der Rechtslage ein anderes Verfahren vor der Verwaltungsbehörde zu führen gewesen wäre, das auch zusätzliche Parteien habe treffen können. Ein Wechsel der Verfahrensart durch das Verwaltungsgericht komme nicht in Betracht, da in einem solchen Fall die Rechte der nunmehr hinzukommenden Parteien gemindert würden, weil ihnen eine gesamte "Instanz" genommen würde. Darüber hinaus erweise sich der ermittelte Sachverhalt wegen des Umstandes, dass es sich jetzt um eine IPPC-Anlage handle, als mangelhaft, da dieser Umstand nie geprüft worden sei und die Anlage nunmehr unter einem anderen Gesichtspunkt zu bewerten sei. Im Übrigen habe schon die fehlerhafte Ausschreibung der Verhandlung vor der belangten Behörde zu einer Vielzahl an übergangenen Parteien geführt, und es erweise sich daher die Zurückverweisung unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit als zweckmäßig.
26 Im weiteren Verfahren werde die Behörde zu prüfen haben, ob eine Genehmigung der Betriebsanlage als IPPC-Anlage möglich sei und welche zusätzlichen Auflagen zu erteilen seien. Dazu habe die belangte Behörde das Projekt nochmals ordnungsgemäß kundzumachen und etwaige neue Einwendungen zu prüfen.
27 In den dagegen erhobenen Revisionen wird die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt.
28 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten zu beiden Revisionen eine Revisionsbeantwortung und beantragten die Zurückweisung der Revisionen, in eventu ihre Abweisung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die beiden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs verbundenen Revisionen erwogen:
29 Die Revisionen sind im Hinblick auf die Frage, ob die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG rechtmäßig war, zulässig.
30 Die Erstrevisionswerberin macht geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , grundsätzlich zur Zulässigkeit der Aufhebung einer Entscheidung der Verwaltungsbehörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ausgesprochen habe, dass das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System dahin zu verstehen sei, dass von der Möglichkeit der Zurückweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werde, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen habe, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt habe oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen habe, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen würden. Im vorliegenden Fall habe sich das Verwaltungsgericht auf keine dieser Voraussetzungen für eine Aufhebung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG gestützt.
31 Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung - im Folgenden: IE-RL) habe im Bereich der Abfallwirtschaft den Kreis der IPPC-Anlagen u.a. dahingehend erweitert, dass die biologische Behandlung von gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von über 10 t pro Tag unabhängig davon, ob es sich um eine Beseitigung oder Verwertung handle, einbezogen worden sei. Für nicht gefährliche Abfälle sei gleichfalls eine Änderung durch die Einbeziehung der biologischen Behandlung, und zwar im Fall der Beseitigung ab 50 t pro Tag und im Fall der Verwertung ab 75 t pro Tag, erfolgt. Diese unionsrechtlichen Vorgaben seien mit der Novelle zum AWG 2002, BGBl. I Nr. 103/2013, in das innerstaatliche Recht umgesetzt worden. Die antragsgegenständliche Anlage erfülle seit der genannten Novelle die Kriterien nach Anhang 5 Teil 1 Z 1 und Z 3 lit. a und b zum AWG 2002 und sei als eine IPPC-Anlage zu qualifizieren. Nach der neuen Rechtslage sei es nicht mehr von Bedeutung, ob der Behandlungsvorgang als Verwertung oder als Beseitigung anzusehen sei.
32 Das Verwaltungsgericht habe die im Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage anzuwenden, es sei denn, eine Übergangsbestimmung ordne anderes an. Nach der Übergangsbestimmung des § 78a Abs. 2 AWG 2002 seien die für IPPC-Behandlungsanlagen geltenden Bestimmungen auf eine neu unter dieses Regime fallende Anlage ab dem anzuwenden. Solche IPPC-Behandlungsanlagen seien im Rahmen der dem folgenden nächsten Aktualisierung der IPPC-Behandlungsanlage gemäß § 57 AWG 2002 an den in den BVT-Schlussfolgerungen enthaltenen " ,Stand der Technik anzupassen (siehe § 2 Abs. 8 Z 1 AWG 2002: "'Stand der Technik' (beste verfügbare Technik - BVT) ..." und § 2 Abs. 8 Z 8 AWG 2002 betreffend "BVT - Schlussfolgerungen"). Ob diese Anordnung der Geltung der neuen Rechtslage zur Gänze auch für am bereits "in zweiter Instanz" anhängige Verfahren gelte, sei dieser Bestimmung nicht klar zu entnehmen. Immerhin ordne diese Bestimmung eine Anpassung der IPPC-Behandlungsanlage zu einem späteren Zeitpunkt an, die Projektunterlagen wären daher in einem anhängigen Verfahren nicht zu ergänzen. Zudem judiziere der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) - wenn auch zur Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (im Folgenden: UVP-RL) -, dass es bei Projekten größeren Umfangs, deren Durchführung sehr häufig viel Zeit erfordere, nicht angebracht sei, ein bereits auf nationaler Ebene eingeleitetes komplexes Verfahren durch die spezifischen Anforderungen der UVP-RL noch zusätzlich zu belasten und zu verzögern und dadurch bereits entstandene Rechtspositionen zu beeinträchtigen (vgl. Hinweis u.a. auf Kommission/Deutschland, Rs C-431/92 und ). Nach Ansicht der Erstrevisionswerberin erfasse § 78a Abs. 2 AWG 2002 die verfahrensgegenständliche Anlage nicht.
33 Wenn das Verwaltungsgericht weiters meine, dass für die verfahrensgegenständliche Behandlungsanlage als IPPC-Abfallbehandlungsanlage die Notwendigkeit eines "anderen Verfahrens" bzw. einer "anderen Verfahrensart" bestehe, erwecke es damit zu Unrecht den Eindruck, dass für IPPC-Anlagen ein gänzlich anderes Verfahren als das herkömmliche AWG-Genehmigungsverfahren anzuwenden sei. Dies sei unzutreffend. Ein Unterschied bestehe darin, dass für IPPC-Anlagen die Antragsunterlagen auch Aussagen zu den in § 39 Abs. 3 AWG 2002 genannten Belangen zu enthalten hätten, sofern solche Angaben nicht bereits nach § 39 Abs. 1 oder Abs. 2 AWG 2002 erforderlich seien. Weiters sei für IPPC-Anlagen die in § 40 AWG 2002 vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, die im Wesentlichen aus einer öffentlichen Auflage der Projektunterlagen samt Stellungnahmerecht für jedermann binnen sechs Wochen, einer Veröffentlichung des Genehmigungsbescheides und einer Zugänglichmachung bestimmter Informationen bestehe. Umweltorganisationen könnten gemäß § 42 Abs. 1 Z 13 AWG während der öffentlichen Auflage schriftliche Einwendungen abgeben und im Verfahren die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften geltend machen sowie Rechtsmittel ergreifen. § 43 Abs. 3 AWG 2002 sehe vier weitere Genehmigungskriterien für solche Anlagen vor. Es sei daher weder ein anderes Verfahren noch eine andere Verfahrensart durchzuführen, sondern es seien für IPPC-Anlagen einige zusätzliche Anforderungen zu beachten.
34 Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes könne die öffentliche Auflage vom Verwaltungsgericht nicht nachgeholt werden, da dadurch neu hinzukommenden Parteien eine Instanz genommen würde. Dazu sei auszuführen, dass selbst dann, wenn die Regelungen des IPPC-Regimes ab dem anzuwenden gewesen wären, die daraus gezogene Schlussfolgerung, zu welchen Verfahrenshandlungen das Verwaltungsgericht berechtigt oder nicht berechtigt sei, unzutreffend sei. Verfahrensvorschriften seien - wenn nichts anderes gesetzlich angeordnet ist - in jener Fassung anzuwenden, die zum Zeitpunkt der Setzung der entsprechenden Verfahrenshandlungen (bzw. zu dem Zeitpunkt, zu dem Verfahrenshandlungen zu setzen gewesen wären) gegolten hätten. Eine Änderung von Verfahrensregelungen während eines laufenden Verfahrens sei nicht auf bereits gesetzte Verfahrenshandlungen anzuwenden. Das Verfahren sei also in jenem Stadium, in dem es sich zum Zeitpunkt der Rechtsänderung befunden habe, unter Anwendung der geänderten Rechtslage fortzuführen.
Prozesshandlungen, die nur in einem früheren Verfahrensstadium hätten gesetzt werden können, seien nicht nachzuholen (Hinweis auf ). Im vorliegenden Fall seien die verfahrensrechtlichen Vorgaben des IPPC-Regimes (im Wesentlichen also die Durchführung einer öffentlichen Auflage nach § 40 AWG 2002) ab dem anwendbar gewesen. Eine Vorschrift, dass deshalb das gesamte bisher durchgeführte Verfahren neu aufgerollt bzw. zurück an den Start geschickt werden müsse, enthalte das Gesetz nicht.
35 Auch das Argument des Verwaltungsgerichtes, es werde dadurch Parteien eine Instanz genommen, sei nicht zutreffend. Dies werde in Fällen diskutiert, in denen die Behörden in erster Instanz eine Formalentscheidung getroffen hätten. Eine solche Konstellation liege hier aber nicht vor. Im vorliegenden Fall seien zu einem bestimmten, weit fortgeschrittenen Verfahrenszeitpunkt ergänzende Vorschriften auf das Genehmigungsverfahren anwendbar geworden. Das Projekt, über das zu entscheiden sei, habe sich allerdings dadurch in keiner Weise geändert. Mit dem bekämpften Bescheid sei die Genehmigung nach dem AWG 2002 erteilt worden, und es sei dabei auch über die im Zusammenhang damit geltend gemachten subjektiven Rechtsverletzungen abgesprochen worden. Ergebe sich durch eine Rechtsänderung der Grund für eine Parteistellung im Verfahren erst während des bereits anhängigen Beschwerdeverfahrens, so ändere dies an der Sache des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nichts.
36 Wenn das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auch auf Rechte von "neu hinzukommenden Parteien" Bezug genommen habe, widerspreche dies § 27 VwGVG, nach dem die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Beschwerdeführer den Prüfgegenstand des Verwaltungsgerichtes beschränke (Hinweis auf , u.a.). Abgesehen davon könne ex ante keineswegs gesagt werden, dass bei einer öffentlichen Auflage nach § 40 AWG 2002 Umweltorganisationen Einwendungen erheben und so Parteistellung erlangen würden.
37 Weiters habe der EuGH (, Krizan et al, C- 416/10, Rn 84 ff) die Frage bejaht, dass eine Einbeziehung der betroffenen Öffentlichkeit auch noch nach dem erstinstanzlichen Verfahren zulässig sei, sofern dem nicht der Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz entgegenstehe.
38 Die Erstrevisionswerberin bestreitet weiters die vom Gericht pauschal behauptete Notwendigkeit der Neuerhebung des Sachverhaltes aufgrund des Umstandes, dass nunmehr eine IPPC-Anlage vorliege. Das Verwaltungsgericht hätte vielmehr Verbesserungsaufträge im Lichte des § 39 Abs. 3 AWG 2002 erteilen, das Ermittlungsverfahren im Hinblick auf eine öffentliche Auflage nach § 40 AWG 2002 ergänzen und die Einholung ergänzender Gutachten im Hinblick auf die Berücksichtigung der BVT veranlassen können.
39 Auch der Umstand, dass die Kundmachung der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren nicht in der Gemeinde L. als Standortgemeinde, sondern in der Nachbargemeinde, der Stadtgemeinde K., erfolgt sei, könne eine Aufhebung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht begründen. Nach dem AWG 2002 sei keine mündliche Verhandlung erforderlich, und selbst wenn man von dieser Erforderlichkeit ausginge, deckte dies nach der Judikatur keine Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit nach § 28 Abs. 3 VwGVG.
40 Im Übrigen hält die Erstrevisionswerberin die Begründung des angefochtenen Beschlusses für nicht ausreichend. § 28 Abs. 3 VwGVG komme nur in Betracht, wenn nicht bereits § 28 Abs. 2 VwGVG eine meritorische Entscheidung erfordere. Zu dieser Entscheidung sei es erforderlich, den Zeit- und Kostenaufwand für den Fall der Kassation einerseits und für den Fall einer meritorischen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht andererseits gegenüber zu stellen. Geboten sei dabei eine Betrachtung des insgesamt erforderlichen Verfahrens, es sei also die Möglichkeit eines neuerlichen Rechtsmittels gegen die Entscheidung im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen. Feststellungen fehlten dazu im angefochtenen Beschluss zur Gänze. Das Verwaltungsgericht habe sich mit dem Kriterium der Raschheit des Verfahrens und der Kostenersparnis in keiner Weise auseinandergesetzt. Die Relevanz dieses Verfahrensmangels sei evident.
41 Auch nach Ansicht der Zweitrevisionswerberin lägen die Voraussetzungen für eine Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im Sinne des bereits angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes () nicht vor. Es gäbe zu diesen Voraussetzungen auch keinerlei Feststellungen des Verwaltungsgerichtes. Es läge vielmehr ein entscheidungsrelevanter Sachverhalt vor, der aufgrund der Änderung der Rechtslage allenfalls nach Berücksichtigung der in § 40 AWG 2002 normierten verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen möglicherweise ergänzungsbedürftig sei. Dem angefochtenen Beschluss sei zu entnehmen, dass die Einwendungen der Parteien durch die eingeholten Gutachten nicht hätten bestätigt werden können. Wenn lediglich ergänzende Ermittlungen vorzunehmen seien, liege die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht jedenfalls im Interesse der Raschheit gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG. Dabei müsse auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens Rücksicht genommen werden.
Nach dem angefochtenen Beschluss sei es strittig, ob die Anlage schon im Zeitpunkt der Antragstellung als IPPC-Anlage anzusehen gewesen sei. Da diese Frage in der Beschwerde nicht thematisiert sei und das Verwaltungsgericht den bekämpften Bescheid lediglich aufgrund der Beschwerde überprüfen könne, sei es völlig unverständlich, dass das Verwaltungsgericht den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben habe, diese Frage anlässlich der mündlichen Verhandlungen zu thematisieren (Hinweis auf § 27 VwGVG). Diese Rechtsfrage, sofern ihr überhaupt eine rechtliche Relevanz zukomme, hätte das Verwaltungsgericht prüfen und werten müssen. Die Ansicht, dass diese Frage strittig sei, werde im Übrigen nicht geteilt. Die Behörde sei zu Recht davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt der Antragstellung und im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides keine IPPC-Anlage vorgelegen sei. Unstrittig sei es aber, dass aufgrund der Änderung der Rechtslage (siehe die angeführte AWG 2002 -Novelle) das geplante Vorhaben nunmehr eine IPPC-Anlage sei. Die Änderung der diesbezüglichen Rechtslage durch BGBl. I Nr. 103/2013 sei am in Kraft getreten. Da beide Varianten der Übergangsbestimmung des § 78a Abs. 1 AWG 2002 nicht anwendbar seien, sei davon auszugehen, dass sonstige anhängige Verfahren betreffend Abfallbehandlungsanlagen, die durch die IE-RL neu ins IPPC-Regime aufgenommen worden seien, ab dem - wie es § 78a Abs. 2 AWG 2002 vorsehe - nach den neuen Vorschriften zu behandeln seien. Es hätte vom Verwaltungsgericht geklärt werden müssen, ob § 78a Abs. 2 AWG 2002 im vorliegenden Fall zur Anwendung zu gelangen hätte. Wenn dies bejaht worden wäre, hätte das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht entsprechend ergänzt werden müssen.
42 Auch nach Ansicht der Zweitrevisionswerberin liege ein Wechsel der Verfahrensart im vorliegenden Fall nicht vor. Es seien vielmehr, sofern eine IPPC-Anlage vorliege, zusätzliche verfahrensrechtliche, aber auch materiell-rechtliche Bestimmungen zu beachten. Zu der Ansicht des Verwaltungsgerichtes, dass sich der Sachverhalt betreffend den Umstand, dass es sich "nunmehr" um eine IPPC-Anlage handle, als "mangelhaft" erweise, sei festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht offensichtlich selbst davon ausgehe, dass das geplante Vorhaben durch die Änderung der Rechtslage eine IPPC-Anlage geworden sei. Für die Feststellung des Verwaltungsgerichtes, wonach der Sachverhalt von der Behörde mangelhaft ermittelt worden sei, fehle jede Begründung. Wenn das Verwaltungsgericht feststelle, dass die Einwendungen der Parteien durch die eingeholten Gutachten nicht hätten bestätigt werden können, sondern sich diese mit den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten deckten, bestätige es selbst, dass der maßgebliche Sachverhalt ermittelt worden sei. Wenn das Verwaltungsgericht darauf abstelle, dass die Anlage nunmehr unter einem anderen Gesichtspunkt zu bewerten sei, sei dies in keiner Weise nachvollziehbar.
43 Soweit das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die fehlerhafte Ausschreibung der Verhandlung vor der belangten Behörde meine, dies habe zu einer Vielzahl an übergangenen Parteien geführt, sei dies nach Ansicht der Zweitrevisionswerberin gleichfalls nicht stichhaltig. Richtig sei, dass jene Personen, die nicht persönlich geladen worden seien, nicht präkludiert seien. Im "erstinstanzlichen" Bescheid sei auch auf die Äußerungen der 511 (weiteren) Personen Bedacht genommen worden. Die von der Verwaltungsbehörde eingeholten Gutachten und der Bescheid seien dem Rechtsvertreter der mitbeteiligten Parteien auch in Vertretung weiterer Personen innerhalb angemessener Frist übermittelt worden.
44 Im Übrigen sei die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes auf die Beschwerde beschränkt. Ob allenfalls weitere Personen ihre Parteistellung geltend machen könnten, habe das Verwaltungsgericht nicht zu prüfen und auch nicht zu prognostizieren.
45 Zur anzuwendenden Rechtslage:
§§ 27 und 28 (letzterer auszugsweise) VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013,
lauten wie folgt:
"Prüfungsumfang
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das
Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
...
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen."
46 In der vorliegenden Revisionssache war weiters das AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2017 anzuwenden.
47 Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen lauten
(teilweise auszugsweise) wie folgt:
"Begriffsbestimmungen
§ 2 (1) ...
...
(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes
...
sind ‚Nachbarn' Personen, die durch die Errichtung, den Bestand, den Betrieb oder eine Änderung einer Behandlungsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder deren dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Nicht als Nachbarn gelten Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Behandlungsanlage aufhalten und die nicht Eigentümer oder dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen (zB Beherbergungsbetriebe, Krankenanstalten, Heime, Schulen), in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen. Als Nachbarn gelten auch Eigentümer von grenznahen Liegenschaften im Ausland, wenn in dem betreffenden Staat österreichische Nachbarn in den entsprechenden Verfahren rechtlich oder tatsächlich den gleichen Nachbarschutz genießen;
6. ...
(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
...
3. 'IPPC-Behandlungsanlagen' jene Teile ortsfester
(8) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist oder sind
1. ‚Stand der Technik' (beste verfügbare Techniken - BVT) der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere jene vergleichbaren Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, welche am wirksamsten zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt sind. Bei der Festlegung des Standes der Technik sind unter Beachtung der sich aus einer bestimmten Maßnahme ergebenden Kosten und ihres Nutzens und des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung im Allgemeinen wie auch im Einzelfall die Kriterien des Anhangs 4 zu berücksichtigen;
...
7. ‚BVT-Merkblatt' ein aus dem gemäß Art. 13 der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (im Folgenden: IE-Richtlinie), ABI. Nr. L 334 vom S 17, in der Fassung der Berichtigung ABI. Nr. L 158 vom S 25, organisierten Informationsaustausch hervorgehendes Dokument, das für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigten Techniken sowie alle Zukunftstechniken beschreibt, wobei den Kriterien in Anhang 4 besonders Rechnung getragen wird;
8. ‚BVT-Schlussfolgerungen' ein Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung, Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, den mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerten, den dazugehörigen Überwachungsmaßnahmen, den dazugehörigen Verbrauchswerten sowie gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen enthält;
9. ‚mit den besten verfügbaren Techniken assoziierte Emissionswerte' der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen;
..."
"6. Abschnitt
Behandlungsanlagen
Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste
Behandlungsanlagen
§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.
(2) ... ."
"Antragsunterlagen
§ 39. (1) Dem Antrag auf eine Genehmigung gemäß § 37
sind in vierfacher Ausfertigung insbesondere anzuschließen:
1. Angaben über die Eignung des vorgesehenen Standortes;
2. Angaben über Art, Zweck, Umfang und Dauer des Projekts;
3. die grundbücherliche Bezeichnung der von der
Behandlungsanlage betroffenen Liegenschaft unter Anführung des
Eigentümers und unter Anschluss eines amtlichen Grundbuchsauszugs,
der nicht älter als sechs Wochen ist;
4. die Zustimmungserklärung des Liegenschaftseigentümers,
auf dessen Liegenschaft die Behandlungsanlage errichtet werden
soll, wenn der Antragsteller nicht selbst Eigentümer ist;
5. die Bekanntgabe der Inhaber rechtmäßig geübter
Wassernutzungen;
6. eine Betriebsbeschreibung einschließlich der Angaben der
zu behandelnden Abfallarten, der Behandlungsverfahren, der
Kapazität und eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstiger
Betriebseinrichtungen;
6a. für Anlagen zur Verbrennung oder Mitverbrennung mit
energetischer Verwertung eine Darstellung der Energieeffizienz;
7. eine Baubeschreibung mit den erforderlichen Plänen und
Skizzen;
8. eine Beschreibung der beim Betrieb der Behandlungsanlage
zu erwartenden Abfälle und eine Beschreibung der Maßnahmen zur
Vermeidung, zur Vorbereitung zur Wiederverwendung, zum Recycling,
zur sonstigen Verwertung und zur Beseitigung der von der
Behandlungsanlage erzeugten Abfälle (Abfallwirtschaftskonzept
gemäß § 10 Abs. 3);
9. eine Beschreibung der zu erwartenden Emissionen der
Behandlungsanlage und Angaben über die Vermeidung oder, sofern
dies nicht möglich ist, die Verringerung der Emissionen;
10. eine Beschreibung der Vorkehrungen zur Einhaltung der
Behandlungspflichten gemäß den § 15 Abs. 1 bis 4 und § 16 und
gemäß einer Verordnung nach § 23.
(2) ... .
(3) Soweit nicht bereits nach Abs. 1 und 2 erforderlich, hat
der Genehmigungsantrag für eine IPPC-Behandlungsanlage zu enthalten:
1. Angaben über die in der Behandlungsanlage eingesetzten und
erzeugten Stoffe und Energie;
2. eine Beschreibung des Zustands des Anlagengeländes;
3. eine Beschreibung der Quellen der Emissionen aus der
Behandlungsanlage;
4. eine Beschreibung der Art und Menge der vorhersehbaren
Emissionen aus der Behandlungsanlage in jedes Umweltmedium;
5. eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen
Auswirkungen der Emissionen auf die Umwelt;
6. Angaben über Maßnahmen zur Überwachung der Emissionen;
7. Angaben über sonstige Maßnahmen zur Erfüllung der
Voraussetzungen gemäß § 43 Abs. 3;
7a. die wichtigsten vom Antragsteller gegebenenfalls
geprüften Alternativen in einer Übersicht;
8. Angaben über Art und Umfang der Tätigkeiten der IPPC-
Behandlungsanlage gemäß Anhang 5 Teil 1;
9. einen Bericht über den Ausgangszustand im Hinblick auf
eine mögliche Verschmutzung des Bodens und Grundwassers auf dem
Gelände der Behandlungsanlage, wenn im Rahmen einer Tätigkeit
einer IPPC-Behandlungsanlage relevante gefährliche Stoffe
verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden;
10. die vorgesehene Technologie und sonstige Techniken zur
Vermeidung der Emissionen aus der IPPC-Behandlungslage oder,
sofern dies nicht möglich ist, Verminderung derselben;
11. eine allgemein verständliche Zusammenfassung der
Angaben gemäß Z 1 bis 10 und gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 8 und 9.
(4) ... ."
"Öffentlichkeitsbeteiligung bei IPPC-Behandlungsanlagen und Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen
§ 40. (1) Im redaktionellen Teil einer im Bundesland weit verbreiteten Tageszeitung oder einer im Bundesland weit verbreiteten Wochenzeitung sind Antragsteller, Standort, Projektname und kurze Beschreibung des Projekts zu veröffentlichen und durch Verweis auf die folgenden über eine Internetseite (Link) zugänglichen Dokumente
1. der Antrag für eine Genehmigung für eine IPPC-
Behandlungsanlage gemäß § 37 Abs. 1,
...
bekannt zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, bei welcher Behörde der Antrag und die wichtigsten entscheidungsrelevanten Berichte und Empfehlungen, welche zu diesem Zeitpunkt der Behörde vorliegen, innerhalb einer bestimmten, mindestens sechs Wochen betragenden Frist zur Einsichtnahme aufliegen, wann diese Unterlagen eingesehen werden können und dass jedermann innerhalb dieser Frist zum Antrag Stellung nehmen kann. Weiters ist in der Bekanntmachung darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung mit Bescheid erfolgt, und gegebenenfalls auf die Tatsache, dass Konsultationen gemäß Abs. 2 bis 5 erforderlich sind.
(la) Andere entscheidungsrelevante Informationen, die zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Genehmigungsantrags noch nicht vorliegen, sind in der Folge während des Genehmigungsverfahrens zur Einsichtnahme bei der Behörde aufzulegen.
(1b) Ein Genehmigungsbescheid gemäß § 37 Abs. 1 für IPPC-Behandlungsanlage oder... ist mindestens sechs Wochen bei der Behörde aufzulegen. Die Auflage ist in geeigneter Form bekannt zu machen. Die Bekanntmachung hat Angaben über das Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit zu enthalten.
(1c) Der Spruch der Genehmigung, die Bezeichnung des maßgeblichen BVT-Merkblatts, die Begründung der Genehmigung und allfällige Ausnahmen gemäß § 47a Abs. 3 und § 57 Abs. 2 sind der Öffentlichkeit auf der Internetseite edm.gv.at zugänglich zu machen.
(ld) Folgende Informationen sind der Öffentlichkeit - in Bezug auf Z 1 auch auf der Internetseite edm.gv.at - zugänglich zu machen:
1. relevante Informationen zu den vom Anlageninhaber bei
der Auflassung, Stilllegung oder endgültigen Schließung gemäß § 51
Abs. 2a oder § 62 Abs. 8, 9 und 10 getroffenen Maßnahmen und
2. Ergebnisse der entsprechend der Genehmigung
erforderlichen Überwachung der Emissionen, die bei der zuständigen
Behörde vorliegen.
... ."
"Kundmachung der mündlichen Verhandlung§ 41. Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung
gemäß § 37 Abs. 1 ist im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden zusätzlich durch Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde kundzumachen.
Parteistellung
§ 42. (1) Parteistellung in einem
Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 haben
1. der Antragsteller,
2. die Eigentümer der Liegenschaften, auf denen die Anlage
errichtet werden soll,
3. Nachbarn,
...
6. die Gemeinde des Standortes und die unmittelbar an die
Liegenschaft der Behandlungsanlage angrenzende Gemeinde,
...
13. Umweltorganisationen, die gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannt sind, in Verfahren betreffend IPPC-Behandlungsanlagen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß § 40 schriftliche Einwendungen erhoben haben; die Umweltorganisationen können die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend machen und Rechtsmittel ergreifen,
... .
Genehmigungsvoraussetzungen
§ 43. (1) Eine Genehmigung gemäß § 37 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen der gemäß § 38 anzuwendenden Vorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Das Leben und die Gesundheit des Menschen werden nicht
gefährdet.
2. Die Emissionen von Schadstoffen werden jedenfalls nach
dem Stand der Technik begrenzt.
3. Nachbarn werden nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub,
Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt.
4. Das Eigentum und sonstige dingliche Rechte der Nachbarn
werden nicht gefährdet; unter einer Gefährdung des Eigentums ist
nicht die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes zu
verstehen.
5. Die beim Betrieb der Behandlungsanlage nicht
vermeidbaren anfallenden Abfälle werden nach dem Stand der Technik einer Vorbereitung zur Wiederverwendung, einem Recycling oder einer sonstigen Verwertung zugeführt oder - soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist - ordnungsgemäß beseitigt.
5a. Die Behandlungspflichten gemäß den § 15 und 16 und gemäß einer Verordnung nach § 23 werden eingehalten.
6. Auf die sonstigen öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) wird Bedacht genommen.
...
(3) Soweit nicht bereits nach den Abs. 1 bis 2b geboten, ist eine Genehmigung für eine IPPC-Behandlungsanlage zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die IPPC-Behandlungsanlage folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Alle geeigneten und wirtschaftlich verhältnismäßigen
Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen sind insbesondere
durch den Einsatz von dem Stand der Technik entsprechenden
Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen getroffen.
2. Die Energie wird effizient eingesetzt.
3. Die notwendigen Maßnahmen werden ergriffen, um Unfälle
zu verhindern und deren Folgen zu begrenzen.
4. Die notwendigen Maßnahmen werden getroffen, um nach der
Auflassung der Behandlungsanlage die Gefahr einer
Umweltverschmutzung zu vermeiden und um erforderlichenfalls einen
zufrieden stellenden Zustand des Geländes der Behandlungsanlage
wiederherzustellen.
Bei der Erteilung der Genehmigung ist auf die Stellungnahmen
gemäß § 40 Bedacht zu nehmen.
..."
"Übergangsbestimmungen zur AWG-Novelle
Industrieemissionen
§ 78a. (1) IPPC-Behandlungsanlagen,
1. die vor dem genehmigt und in Betrieb genommen worden sind oder
2. für die vor dem ein vollständiger Genehmigungsantrag gestellt wurde, sofern sie spätestens am in Betrieb genommen werden,
sind im Rahmen der dem folgenden nächsten Aktualisierung der IPPC-Behandlungsanlage gemäß § 57 - sofern erforderlich - an den in BVT-Schlussfolgerungen enthaltenen Stand der Technik anzupassen.
(2) Für IPPC-Behandlungsanlagen, die Tätigkeiten gemäß Anhang 5 Teil 1 Z 1 und 2 durchführen, welche nicht von der Richtlinie 2008/1/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, ABl. Nr. L 24 vom S 8, in der Fassung der Richtlinie 2009/31/EG, ABI. Nr. L 140 vom S 114, erfasst sind oder Tätigkeiten gemäß Anhang 5 Teil 1 Z 3 lit. a sublit. iii bis v und lit. b und Z 5 und 6 durchführen, sind die für IPPC-Behandlungsanlagen geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ab anzuwenden. Diese IPPC-Behandlungsanlagen sind im Rahmen der dem folgenden nächsten Aktualisierung der IPPC-Behandlungsanlage gemäß § 57 - sofern erforderlich - an den in BVT-Schlussfolgerungen enthaltenen Stand der Technik anzupassen. In einer Verordnung gemäß § 65 können für Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen abweichende Übergangsbestimmungen geregelt werden."
Anhang 5 Teil 1 AWG 2002 in der Fassung BGBl. Nr. 103/2013 erfasste ua folgende Tätigkeiten:
"IPPC-Behandlungsanlagen
Teil 1
Kategorien von Tätigkeiten
1. Beseitigung oder Verwertung von gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von über 10 t pro Tag im Rahmen einer oder mehrerer der folgenden Tätigkeiten:
a) biologische Behandlung;
b) physikalisch-chemische Behandlung;
...
2. ... ;
Beseitigung nicht gefährlicher Abfälle mit einer Kapazität von 50 t pro Tag im Rahmen einer oder mehrerer der folgenden Tätigkeiten und unter Ausschluss der Tätigkeiten, die unter die Richtlinie 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Abwasser, ..., fallen:
i) biologische Behandlung;
ii) physikalisch-chemische Behandlung;
... .
i) biologische Behandlung;
... ."
§ 40. (1) Mündliche Verhandlungen sind unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen und, sofern sie mit einem Augenschein verbunden sind, womöglich an Ort und Stelle, sonst am Sitz der Behörde oder an dem Ort abzuhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint. ...
..."
§ 41 AVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 158/1998
lautet auszugsweise:
"§ 41. (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.
..."
§ 42 AVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 5/2008 lautet auszugsweise:
"§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, daß ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
..."
48 Zunächst ist zur Zulässigkeit der Aufhebung von bekämpften Bescheiden durch ein Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im Sinne der dazu bereits ergangenen Judikatur grundsätzlich Folgendes auszuführen (vgl. insbesondere ):
49 Der Verwaltungsgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausgesprochen, dass in dem in § 28 VwGVG insgesamt verankerten System die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird dabei insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
50 Auch die Notwendigkeit der Einholung weiterer Gutachten (vgl. , mwN) oder zulässige Projektänderungen und die mit zulässigen Projektänderungen verbundenen Verfahrensschritte (vgl. ) und ebenso die Notwendigkeit einer (weiteren) mündlichen Verhandlung (vgl. ) rechtfertigen grundsätzlich eine Aufhebung und Zurückverweisung nicht.
51 Ausgehend davon ist Folgendes darzulegen:
Gemäß Anhang 5 Teil 1 AWG 2002 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 103/2013 (BGBl. I Nr. 155/2004) waren in Z 2 "Anlagen zur Verwertung von gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von mehr als 10 t pro Tag oder mehr als 3 500 t pro Jahr" erfasst, wenn es bestimmte Verwertungsverfahren gemäß Anhang 2, nämlich R 1, 2, 6, 7 und 9, betraf. Das in der vorliegenden Behandlungsanlage nach den Feststellungen der Amtssachverständigen für Abfallchemie vorgenommene Verwertungsverfahren R 3 (Recycling/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren)) fiel nach dieser Rechtslage nicht darunter.
52 Die bereits angeführte IE-RL ist mit der Novelle zum AWG 2002, BGB1. I Nr. 103/2013, umgesetzt worden. Im Anhang 5 Teil 1 Z la AWG 2002 sind danach nunmehr generell die Verwertung von gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von über 10 t pro Tag im Rahmen einer biologischen Behandlung und weiters gemäß Anhang 5 Teil 1 Z 3 lit. a) i) die Beseitigung nichtgefährlicher Abfälle mit einer Kapazität von mehr als 50 t pro Tag im Rahmen einer biologischen Behandlung als IPPC-Behandlungsanlage erfasst. Diese Novelle ist mit (nach dem Tag der Kundmachung) grundsätzlich in Kraft getreten. Die verfahrensgegenständliche Behandlungsanlage, in der nach den Feststellungen der Amtssachverständigen für Abfallchemie eine Verwertung von Abfällen im Sinne Anhang 2 R 3 (Recycling/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren)) vorgesehen ist, fällt jedenfalls unter Anhang 5 Teil 1 Z la AWG 2002. Für näher bezeichnete IPPC-Behandlungsanlagen ist in § 78a AWG 2002 in der Fassung dieser Novelle eine Übergangsbestimmung vorgesehen. Es ist zunächst die Frage zu beantworten, ob diese Übergangsbestimmung im vorliegenden Fall eine Rolle spielt.
Abs. 1 dieser Übergangsbestimmung erfasst IPPC-Behandlungsanlagen, die vor dem genehmigt und in Betrieb genommen worden sind oder für die vor dem ein vollständiger Genehmigungsantrag gestellt wurde, sofern sie spätestens am in Betrieb genommen werden. Gemäß § 56 Abs. 1 AWG 2002 dürfen Behandlungsanlagen schon vor Rechtskraft des Genehmigungsbescheides gemäß den § 37, 44 oder 52 AWG 2002 errichtet, betrieben oder geändert werden, wenn nur der Antragsteller gegen den Bescheid berufen hat und die Auflagen dieses Bescheides eingehalten werden. Das Kriterium, dass die Anlage bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in Betrieb genommen worden sein muss, kann nur dahin verstanden werden, dass das rechtmäßige In-Betrieb-Genommen-Werden damit gemeint ist. § 78a Abs. 1 AWG 2002 kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil die Abfallbehandlungsanlage rechtmäßiger Weise im Sinne des § 56 Abs. 1 AWG 2002 weder vor dem noch spätestens am in Betrieb genommen werden durfte. Im Übrigen wird von der Erstrevisionswerberin auch gar nicht behauptet, dass die Behandlungsanlage bis spätestens am in Betrieb genommen worden wäre. Für den Fall, dass gegen die erstinstanzlich erteilte Genehmigung - wie im vorliegenden Fall - Nachbarn, also andere Parteien als der Antragsteller, Berufung (nach der alten Rechtslage) bzw. Beschwerde (nach der neuen Rechtslage) erhoben haben, ist das Betreiben der Anlage nur bei Vorliegen eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheides zulässig. Ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid der vorliegenden Abfallbehandlungsanlage liegt bis dato nicht vor. § 78a Abs. 2 AWG 2002 erfasst IPPC-Behandlungsanlagen, die durch die IE-RL neu ins IPPC-Regime aufgenommen worden sind (siehe dazu 2293 B1gNR 24. GP, 12 vorletzter Absatz). Im Zusammenhalt mit Abs. 1 dieser Bestimmung ist abzuleiten, dass Abs. 1 keine solchen IPPC-Anlagen erfasst. Abs. 2 dieser Bestimmung richtet sich an IPPC-Behandlungsanlagen, die bestimmte, teils näher bezeichnete Tätigkeiten gemäß Anhang 5 Teil 1 Z 1 und 2 bzw. Z 3 lit. a sublit. iii - v und lit. b, Z 5 und Z 6 durchführen, für die die für IPPC-Behandlungsanlagen geltenden Bestimmungen dieser Novelle ab anzuwenden sind. Diese IPPC-Behandlungsanlagen sind im Rahmen der dem folgenden nächsten Aktualisierung der IPPC-Behandlungsanlagen gemäß § 57 - sofern erforderlich - an den in BVT-Schlussfolgerungen enthaltenen Stand der Technik anzupassen. Auch wenn der Gesetzgeber im § 78a Abs. 2 AWG 2002 weder auf einen bestimmten Zeitpunkt der Genehmigung dieser Anlagen abstellt noch darauf, dass sie vor einem bestimmten Zeitpunkt bereits in Betrieb genommen wurden, ist auch diese Übergangsbestimmung dahin zu verstehen, dass sie sich auf IPPC-Behandlungsanlagen bezieht, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle bestimmte Tätigkeiten des Anhanges 5 rechtmäßig durchführen. Dies ist - wie bereits ausgeführt - dann der Fall, wenn die Tätigkeit der Behandlungsanlage auf der Grundlage einer rechtskräftigen abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung oder vor rechtskräftiger Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 AWG 2002 erfolgt. § 78a Abs. 2 AWG 2002 erfasst keine IPPC-Behandlungsanlagen, die die in diesem Absatz genannten Tätigkeiten durchführen sollen, für die das Genehmigungsverfahren gemäß § 37 AWG 2002 im Zeitpunkt des Inkrafttretens der angeführten Novelle am auf Grund von Beschwerden von Nachbarn anhängig war. Auf die verfahrensgegenständliche Abfallbehandlungsanlage, deren vorgesehene Tätigkeiten - wie bereits ausgeführt - jedenfalls unter Anhang 5 Teil 1 Z 1 lit. a AWG 2002 fallen und deren Genehmigungsverfahren auf Grund von Beschwerden von Nachbarn nach wie vor anhängig ist, kommt die Übergangsbestimmung des § 78a AWG 2002 somit nicht zur Anwendung. Das bedeutet, dass die Bestimmungen der angeführten Novelle des AWG 2002 im Jahre 2013 (insbesondere Anhang 5) im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ab grundsätzlich anzuwenden waren.
53 Beide Revisionswerberinnen weisen darauf hin, dass die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Mitbeteiligten als Beschwerdeführer gemäß § 27 VwGVG den Prüfgegenstand des Verwaltungsgerichtes beschränkt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem in diesem Zusammenhang von der Erstrevisionswerberin angeführten hg. Erkenntnis (, u.a., mwN) zu § 27 VwGVG ausgesprochen, dass die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes nach dieser Bestimmung keine unbegrenzte sei. Der äußerste Rahmen für die Prüfungsbefugnis sei die Sache des bekämpften Bescheides. Eine weitere Einschränkung der Prüfungsbefugnis könne sich in Fällen einer Trennbarkeit der behördlichen Entscheidung ergeben (was im vorliegenden Fall nicht von Relevanz ist). Eine weitere Einschränkung des Prüfungsumfanges finde insofern statt, als Parteibeschwerden im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG nur insoweit zu prüfen sind, als die Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten Gegenstand ist. Das Verwaltungsgericht kann daher etwa nicht auf Grund der Beschwerde einer auf bestimmte subjektive Rechte beschränkten Partei eine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides aus öffentlichen Interessen vornehmen. Auch die Verpflichtung zur amtswegigen Berücksichtigung von Unionsrecht besteht nur innerhalb dieser Prüfungsbefugnis (vgl. nochmals u.a.).
54 Die Mitbeteiligten zu 2. bis 483. sind Nachbarn im Sinne des § 2 Abs. 6 Z 5 iVm § 42 Abs. 1 Z 3 AWG 2002, deren Nachbarrechte sich in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 AWG 2002 ergeben (vgl. dazu ). Diese Mitbeteiligten haben im Verfahren (insbesondere auch in der Berufung) im Sinne des § 43 Abs. 1 Z 1 und 3 AWG 2002 die Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten durch Folgendes geltend gemacht: unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigung, Beeinträchtigung durch Luftschadstoffe sowie Gefährdung des Lebens und der Gesundheit aufgrund befürchteter Explosionsgefahr durch Stromleitungen im Rahmen des verfahrensgegenständlichen Projektes.
55 Das Verwaltungsgericht hat in keiner Weise dargelegt, dass aus Anlass der Beschwerde dieser Nachbarn bei der Beurteilung der Frage, ob diese Nachbarn in ihren entsprechend geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein können, die Problematik aufzugreifen wäre, dass für IPPC-Anlagen nunmehr zusätzliche verfahrensrechtliche Anordnungen gelten als für sonstige Anlagen. Derartiges ist auch nicht ersichtlich. Die Rechte anderer Personen, etwa potentieller sonstiger weiterer Parteien im Zusammenhang mit der IPPC-Qualifikation der Anlage, durfte das Verwaltungsgericht anlässlich der bei ihm anhängigen Nachbarbeschwerden nicht aufgreifen.
56 Das Verwaltungsgericht hat auch nicht dargestellt, dass in materiell-rechtlicher Hinsicht die zusätzlichen Vorschriften für IPPC-Anlagen bei der Beantwortung der Frage, ob die konkret beschwerdeführenden Nachbarn in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein könnten, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung gerechtfertigt hätten. An dieser Stelle ist auf die oben angeführte hg. Judikatur zu verweisen, wonach die allenfalls erforderliche Einholung bzw. Ergänzung von Gutachten die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht zu tragen vermöchte.
57 In Bezug auf die Beschwerde der Erstmitbeteiligten, der Standortgemeinde L., die gemäß § 42 Abs. 1 Z 6 AWG 2002 im Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 Parteistellung hat, ist zu klären, ob das Verwaltungsgericht aus Auslass ihrer Beschwerde berechtigt war, die nunmehrige IPPC-Qualifikation der Anlage und die Einhaltung der diesbezüglich zusätzlich geltenden Bestimmungen zu prüfen. Eine Gemeinde, die sich auf ihre Parteistellung gemäß § 42 Abs. 1 Z 6 AWG 2002 stützt, kann Beschwerde grundsätzlich nur mit der Behauptung erheben, ihre prozessualen Rechte seien verletzt worden (vgl. ).
58 Die erstmitbeteiligte Standortgemeinde hat, wie auch die anderen Mitbeteiligten, in der Beschwerde geltend gemacht, dass sie aufgrund von Verfahrensfehlern zu Unrecht als präkludiert betrachtet worden sei. Sie hat damit als Anrainerin (wie auch die übrigen Mitbeteiligten) Beschwerde erhoben. Die vorstehenden Ausführungen gelten daher insoweit auch in Bezug auf die Beschwerde der Erstmitbeteiligten.
59 Wenn aber das Beschwerdevorbringen der Erstmitbeteiligten so zu verstehen sein sollte, dass sie damit ihre Parteistellung als Standortgemeinde gemäß § 42 Abs. 1 Z 6 AWG 2002 ausüben wollte, ist darauf hinzuweisen, dass, wenn gesetzlich nichts anderes vorgeschrieben ist, Verfahrensvorschriften in jener Fassung anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt der Setzung der entsprechenden Verfahrenshandlungen (bzw. zu dem Zeitpunkt, zu dem Verfahrenshandlungen zu setzen gewesen wären) gegolten haben (vgl. ).
60 Im Zeitpunkt des Inkrafttretens der angeführten AWG-Novelle 2013 (BGBl. I Nr. 103) am war das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, ab dem als Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht, anhängig. Das erstinstanzliche Verfahren war somit in diesem Zeitpunkt abgeschlossen. § 40 Abs. 1 AWG 2002 betreffend die Öffentlichkeitsbeteiligung bei IPPC-Behandlungsanlagen (mittels insbesondere entsprechender Bekanntgabe und öffentlicher Auflage des Antrages auf Genehmigung für eine solche Anlage gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 sowie Auflage des Genehmigungsbescheides), der das erstinstanzliche (bzw. nunmehr: verwaltungsbehördliche) Genehmigungsverfahren für eine IPPC-Behandlungsanlage betrifft, wurde im verwaltungsbehördlichen (erstinstanzlichen) Verfahren mangels Vorliegens einer IPPC-Anlage in diesem Verfahrensstadium zu Recht nicht angewendet. Die nunmehrigen Regelungen über das Verfahren betreffend IPPC-Anlagen durfte das Verwaltungsgericht daher schon aus diesem Grund auch nicht auf Grund der Beschwerde der erstmitbeteiligten Gemeinde für die Begründung der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Zurückverweisung der Angelegenheit heranziehen.
61 Wenn sich das Verwaltungsgericht darauf beruft, dass im Übrigen schon die fehlerhafte Ausschreibung der Verhandlung vor der belangten Behörde zu einer Vielzahl an übergangenen Parteien geführt habe und sich daher die Zurückverweisung unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit als zweckmäßig erweise, bezieht es sich damit offenbar darauf (vgl. S. 7 des angefochtenen Beschlusses), dass die Ausschreibung der Verhandlung in der falschen Gemeinde erfolgt sei. Diese Annahme trifft aber nicht zu:
62 Gegenständlich ist die Anlage in der Gemeinde L. situiert. Die Verhandlung fand in der Nachbargemeinde K. statt, an deren Amtstafel die Anberaumung auch angeschlagen wurde. Während die Gesetzesmaterialien keinen Aufschluss darüber geben, welche Gemeinde in § 41 Abs. 1 AVG angesprochen ist (vgl. 116 BlgNR 2. GP 6), geht die Lehre davon aus, dass damit jene Gemeinde gemeint ist, in deren Gebiet die Verhandlung stattfinden soll (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 589; Hengstschläger/Leeb, AVG (2005) § 41 Rz 10; Kolonovits/Muzak/Stöger, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts10, 175, Rz 284; Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6, 172). Dies ist zutreffend: Es geht hier bloß um die Veröffentlichung der Ladung. Zu dem möglichen Ort der Verhandlung ergibt sich aus § 40 Abs. 1 AVG, dass diese womöglich an "Ort und Stelle" zu erfolgen hat, sofern sie mit einem Augenschein verbunden ist. Letzteres lag im vorliegenden Fall nicht vor. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens (iVm § 39 Abs. 2 AVG) hat die Behörde zwischen den zwei weiteren gemäß § 40 Abs. 1 AVG in Betracht kommenden Verhandlungsorten ("Sitz der Behörde" und "nach der Sachlage zweckmäßigster Ort") zu wählen. Daraus ergibt sich dann die Gemeinde, in deren Gebiet die Verhandlung stattfindet und in der die Verständigung über ihre Abhaltung an der Amtstafel gemäß § 41 AVG angeschlagen werden muss. Eine Verpflichtung, dass die Verhandlung im vorliegenden Verfahren an der Amtstafel der Gemeinde L. (der Erstmitbeteiligten) kundzumachen gewesen wäre, ergibt sich aus § 40 iVm § 41 Abs. 1 AVG nicht. Das Verwaltungsgericht konnte daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung auch nicht damit begründen, dass die Kundmachung in der "falschen" Gemeinde vorgenommen worden sei.
63 Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Es erübrigte sich, auf das sonstige Revisionsvorbringen einzugehen. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018050054.L00 |
Schlagworte: | Trennbarkeit gesonderter Abspruch Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 |
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