VwGH vom 16.12.2009, 2005/15/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der A. GmbH in W, vertreten durch die RTG Dr. Rümmele Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 6850 Dornbirn, Marktstraße 30, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0229-F/02, betreffend Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1938 geborene FF führte bis zum Jahr 1997 ein protokolliertes Einzelunternehmen mit dem Betriebsgegenstand der Spitzenerzeugung, welches zum Stichtag gemäß Art. IV UmgStrG mit der beschwerdeführenden GmbH zusammengeschlossen wurde. Vom bis war FF neben seiner Ehefrau BF handelsrechtlicher Geschäftsführer der seit im Firmenbuch eingetragenen beschwerdeführenden GmbH, an der FF zu 25%, BF ebenfalls zu 25% und LF zu 50% beteiligt waren. Die beschwerdeführende GmbH ist geschäftsführende Gesellschafterin der durch die Umgründung entstandenen Personengesellschaft; ihr Bilanzstichtag ist der 30. Juni.
Die Beschwerdeführerin hat mit FF und BF keine schriftlichen Dienstverträge geschlossen, jedoch wird in einem Aktenvermerk des steuerlichen Vertreters vom Folgendes festgehalten:
"Im Zuge der stattgefundenen Umgründungsgespräche wurde zwischen den künftigen Gesellschafter-Geschäftsführern der (Beschwerdeführerin) (FF und BF) folgende Vereinbarung getroffen:
Die GF-bezüge v. FF und BF werden in gleicher Höhe festgesetzt.
Die jahrelange Tätigkeit für den bestehenden Betrieb und die dadurch erworbene fachliche Qualifikation werden durch Anrechnung von Vordienstzeiten im Ausmaß von 5 Jahren bei FF honoriert.
Frau BF werden keine Vordienstzeiten angerechnet, sondern die gesetzliche Abfertigung für die bisherige Betriebszugehörigkeit zur Auszahlung gebracht."
Zum wurde das Dienstverhältnis mit FF beendet und eine freiwillige Abfertigung in Höhe von 126.000 S 9.156,78 EUR) zur Auszahlung gebacht, was drei Monatsgehältern entsprach. Ab war BF alleinige Geschäftsführerin.
Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde die Abfertigungszahlung an FF als verdeckte Ausschüttung beurteilt, das Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 1999 wiederaufgenommen und die Körperschaftsteuer unter Hinzurechnung der Abfertigungszahlung neu festgesetzt. Weiters erging ein Bescheid, in dem die Haftung der Beschwerdeführerin für Kapitalertragsteuer 1999 in Höhe von 42.000 S 3.052,26 EUR) geltend gemacht wurde.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 85/13/0074, 0075, vor, dass in der von ihr gewährten freiwilligen Abfertigung mit Rücksicht auf die jahrzehntelange Branchenerfahrung des FF nicht von vornherein eine verdeckte Gewinnausschüttung zu erblicken sei. Vielmehr sei die Angemessenheit der Gesamtausstattung der Geschäftsführerentlohnung zu prüfen. Selbst unter Zugrundelegung der von vornherein nicht zu erwartenden kurzen Arbeitszeit von zehn Monaten ergebe sich ein Gesamtmonatsbezug von lediglich 54.600 S 3.924,33 EUR), somit eine Bezugshöhe, die für einen Geschäftsführer mit der Erfahrung und dem Einsatz von FF am unteren Limit des Fremdüblichen angesiedelt sei. Weiters trat die Beschwerdeführerin der Annahme des Prüfers entgegen, dass die gegenständliche Kapitalertragsteuer von der Beschwerdeführerin getragen werde. Sie habe sich zu keiner Zeit verpflichtet, die Kapitalertragsteuer für den Gesellschafter - weder im Falle offener noch bei verdeckten Ausschüttungen - zu übernehmen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde dem Einwand, die Kapitalertragsteuer werde durch den Gesellschafter getragen, entsprochen und der Berufung insoweit teilweise stattgegeben. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass die gegenständliche Vereinbarung, wie sie im Aktenvermerk des Steuerberaters zum Ausdruck komme, nicht einmal einem innerbetrieblichen Vergleich (zwischen den beiden Geschäftsführern) standhalte, sei doch der zweiten Geschäftsführerin zwar dasselbe Gehalt, aber keine freiwillige Abfertigung eingeräumt worden.
Auch sei es völlig fremdunüblich, einem Dienstnehmer, der einen Monat vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres stehe, eine freiwillige Abfertigung von drei Monatsgehältern in Aussicht zu stellen, zumal keine Bedingung für eine bestimmte Mindestdauer des Beschäftigungsverhältnisses gesetzt worden und eine Pensionierung des FF absehbar gewesen sei.
Schließlich sei die Bezugshöhe von monatlichen 42.000 S angesichts des Alters (normalerweise wäre man mit 60 Jahren nicht mehr vermittelbar), aber auch der Betriebsstruktur mit Umsätzen zwischen 4,6 Mio. S (Wirtschaftsjahr 1996) und 6 Mio. S (Wirtschaftsjahr 1997) und durchschnittlich fünf Arbeitnehmern in der Textilbranche durchaus angemessen. Ein monatliches Gehalt (unter Einrechnung der freiwilligen Abfertigung) von 54.600 S erschiene demgegenüber massiv überhöht. Nach Ausscheiden des FF als Geschäftsführer und dem Verbleib von Frau BF als alleinige Geschäftsführerin sei deren Gehalt per auch nur auf 50.000 S erhöht worden. Von einem unteren Limit des Fremdüblichen könne daher keine Rede sein.
Im Vorlageantrag hielt die Beschwerdeführerin diesen Ausführungen entgegen, es sei in der Praxis durchaus üblich, dass die Bezüge mehrerer Geschäftsführer desselben Betriebes wegen unterschiedlichster Gründe (unterschiedliche Ausbildung, divergierende Branchenkenntnisse, verschieden weit reichende Aufgaben- und Verantwortungsbereiche etc.) stark differierten. Auch sei es im Hinblick auf die Unternehmensgeschichte naheliegend, dass FF als ursprünglicher Einzelunternehmer auch im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin federführend gewesen sei, während BF eher die Funktion einer Assistentin der Geschäftsführung ausgeübt habe, die darauf vorbereitet worden sei, die Geschäftsführung mittel- bis langfristig alleine zu übernehmen. Aus diesem Grund sei es durchaus fremdüblich und plausibel, dass FF unter Einbeziehung der freiwilligen Abfertigung ein höherer Bezug zugesagt und auch gewährt worden sei. Das Gehalt von Frau BF sei deswegen ab dem Zeitpunkt ihrer Alleingeschäftsführung nur um 8.000 S 581,38 EUR) angehoben worden, weil FF auch noch nach seiner Pensionierung als eine Art "externer Berater" zur Verfügung stünde.
Gegen den Vorwurf des "fremdunüblichen Zeitpunkts der Abfertigungszusage" an FF wurde vorgebracht, dass im Zeitpunkt der Zusage davon ausgegangen worden sei, dass FF zumindest bis zum 65. Lebensjahr Geschäftsführer bleiben werde. Die vorzeitige Pensionierung von FF sei auf äußere Umstände zurückzuführen, nämlich auf gesundheitliche Probleme, mit deren Eintritt zum Zeitpunkt der Abfertigungszusage trotz des relativ hohen Alters niemand habe rechnen können. Der Annahme des Finanzamtes, dass jemand im Alter von 60 Jahren normalerweise nicht mehr vermittelbar sei, wurde entgegnet, dass es sich bei FF weder um einen Langzeitarbeitslosen noch um eine ungelernte Arbeitskraft gehandelt habe, sondern um eine jahrzehntelang eigenverantwortlich in der Textilbranche tätige Person. Dies habe dazu geführt, dass sein "Marktwert" mit dem Lebensalter nicht geringer, sondern im Gegenteil höher geworden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung und gab der Berufung nur insoweit statt, als sie von einer Tragung der Kapitalertragsteuer durch den Gesellschafter FF ausging. Begründend vertat die belangte Behörde die Ansicht, nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei eine knapp 60jährige - wenn auch berufserfahrene - Person am Arbeitsmarkt nur mehr sehr schwer vermittelbar und erhalte bei einer Anstellung in diesem Alter nicht noch zusätzlich eine freiwillige Abfertigung zugesagt. Die Abfertigung sei FF ohne jede weitere Bedingung einer Mindesttätigkeitsdauer für die Beschwerdeführerin sofort zugestanden, was sich bei seinem Ausscheiden nach nicht einmal einem ganzen Jahr bewiesen habe. Dieser Umstand halte keinem Fremdvergleich stand, sondern sei offensichtlich ausschließlich in dem Naheverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter begründet. Das in der Berufung angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/13/0074, 0075, sei hinsichtlich des Sachverhaltes mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter verdeckten Ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen (Vermögensvorteile) einer Körperschaft an ihre Anteilsinhaber zu verstehen, die das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0161).
Vereinbarungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern finden nur dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren, eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Die an Vereinbarungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern geknüpften Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Es ist zu prüfen, ob die Zuwendung nach ihrem "inneren Gehalt" ihre Ursache in einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. mit weiteren Hinweisen das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0208).
Auch Abfertigungszahlungen einer Kapitalgesellschaft an ihren geschäftsführenden Gesellschafter können verdeckte Ausschüttungen nach § 8 Abs. 1 KStG 1988 darstellen, wenn die Abfertigungszusage, auf der der Abfertigungsanspruch beruht, nicht den genannten Kriterien entspricht.
Die belangte Behörde hat die Beurteilung der Abfertigungszahlung als verdeckte Ausschüttung "entscheidungswesentlich" auf den Umstand gestützt, dass die entsprechende Vereinbarung die "bedingungslose" Anrechnung (fiktiver) Vordienstzeiten vorgesehen habe. Dies habe es FF ermöglicht, schon nach kurzer Geschäftsführertätigkeit bei der Beschwerdeführerin, nämlich einer Beschäftigungsdauer von lediglich zehn Monaten einen Anspruch auf Abfertigung geltend zu machen.
Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, dass die Gewährung der Abfertigung "sehr wohl von einer Tätigkeitsdauer bis zur Erreichung des 65. Lebensjahres abhängig" gemacht worden sei. Dass dennoch nach einer wesentlich kürzeren Tätigkeitsdauer eine Abfertigung freiwillig gezahlt worden sei, habe seinen Grund zum einen darin, dass FF nachweislich hervorragende Arbeit geleistet habe und er zum anderen unerwartet aus gesundheitlichen Gründen gezwungen gewesen sei, das Dienstverhältnis vorzeitig zu beenden. Unter diesen besonderen Voraussetzungen sei es durchaus fremdüblich, eine freiwillige Abfertigung in der gegebenen Höhe auszubezahlen. Hinzu komme, dass sich FF im Gegenzug zur Gewährung der freiwilligen Abfertigung dazu bereit erklärt habe, der Beschwerdeführerin - soweit es sein Gesundheitszustand erlaube - auch weiterhin unentgeltlich als externer Berater zur Verfügung zu stehen. Diese Zusage habe FF in den vergangenen Jahren nachweislich mehr als erfüllt.
Dieses Vorbringen weist darauf hin, dass die gegenständliche Abfertigungszusage einen klaren und eindeutigen Inhalt vermissen lässt. Denn die wiedergegebenen Beschwerdeausführungen zeigen, dass selbst die Beschwerdeführerin über den Inhalt des mündlich mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer geschlossenen Dienstvertrages im Unklaren ist. So wurde im Vorlageantrag erläutert, dass "zum Zeitpunkt der Abfertigungszusage jedenfalls davon ausgegangen wurde, dass FF zumindest bis zu seinem 65. Lebensjahr Geschäftsführer bleiben" werde. Von einer Abhängigkeit der Abfertigungszusage von einer bestimmten Beschäftigungsdauer war im Verwaltungsverfahren keine Rede. Demgegenüber wird in der Beschwerde - teilweise unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot - die Gewährung der Abfertigungszahlung mit im Zeitpunkt des Ausscheidens des Geschäftsführers bestehenden oder eingetretenen Umständen (Leistung hervorragender Arbeit, Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen, Zusage als "externer Berater" zur Verfügung zu stehen) begründet. Der einzig nach außen in Erscheinung getretene Aktenvermerk des Steuerberaters trägt nichts zur Klärung der Sachlage bei, ist diesen handschriftlichen Notizen doch nicht einmal eindeutig zu entnehmen, dass sich die "Anrechnung von Vordienstzeiten im Ausmaß von 5 Jahren" überhaupt auf den Abfertigungsanspruch des FF bezieht.
Die streitgegenständliche Abfertigungszusage erfüllt daher nicht jene Kriterien, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen Personen, die in einem besonderen Naheverhältnis zueinander stehen und bei denen der unter Fremden übliche Interessensgegensatz regelmäßig fehlt, gestellt werden. Sie ist weder nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen, noch weist sie einen eindeutigen und klaren Inhalt auf. Schon aus diesem Grund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde die Abfertigungszahlung an den Gesellschafter-Geschäftsführer als in seiner Gesellschafterstellung begründet beurteilt hat. Auf die Frage der Fremdüblichkeit von freiwilligen Abfertigungszahlungen braucht bei dieser Sachlage nicht mehr eingegangen zu werden. Ebenso kann es dahinstehen, ob der mit der Ehefrau des FF geschlossene Geschäftsführervertrag als Maßstab einer fremdüblichen Geschäftsführerentlohnung dienen konnte oder welche Bedeutung dem Alter und dem Erfahrungsschatz des FF im gegebenen Zusammenhang zukommt.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am