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VwGH vom 27.04.2005, 2005/14/0007

VwGH vom 27.04.2005, 2005/14/0007

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2005/14/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerden 1. der SR in S, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Sickenberggasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/1594-L/02, betreffend unter anderem Einkommensteuer 1997 und 2. des WR in S, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Sickenberggasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/1593-L/02, betreffend unter anderem Einkommensteuer 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom erwarben die Beschwerdeführer, ein pensioniertes Arztehepaar, eine Liegenschaft von der im Jahr 1904 geborenen Theodora E. Als Gegenleistung für die Liegenschaft wurde eine Einmalzahlung von S 1,5 Mio., eine lebenslange monatliche Leibrente in Höhe von S 45.000,-- sowie das lebenslängliche unentgeltliche und ungeteilte Wohnungsrecht für Theodora E in dem auf der Liegenschaft befindlichen Einfamilienhaus vereinbart. Die Beschwerdeführer verpflichteten sich überdies, die Liegenschaft samt Einfamilienhaus entsprechend versichert zu halten.

Die Beschwerdeführer behandelten die Rentenzahlungen (je zur Hälfte) erstmals ab Übersteigen des kapitalisierten Rentenbarwerts gemäß § 16 Bewertungsgesetz als Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988. Im Jahr 1996 verstarb Theodora E. Bis dahin hatten die Beschwerdeführer an Barzahlung und Leibrente einen Betrag von insgesamt S 4,155.000,-- geleistet. Im Jahr 1997 wurde die Liegenschaft von den Beschwerdeführern um einen Kaufpreis von S 11,600.000,-- verkauft. In ihren Einkommensteuererklärungen für 1997 berücksichtigten die Beschwerdeführer einen Gewinn aus der Veräußerung der Liegenschaft nicht.

Das Finanzamt veranlagte die Beschwerdeführer zur Einkommensteuer des Jahres 1997 zunächst erklärungsgemäß. Anlässlich einer im Jahr 2001 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung vertrat die Prüferin die Ansicht, dass hinsichtlich der in Rede stehenden Liegenschaft entgegen der im Prüfungsverfahren von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht keine gemischte Schenkung, sondern ein Veräußerungsgeschäft und dementsprechend näher dargestellte Spekulationseinkünfte gemäß § 30 EStG 1988 vorlägen.

Das Finanzamt folgte der Ansicht der Prüferin, nahm die Einkommensteuerverfahren der Beschwerdeführer unter anderem hinsichtlich Einkommensteuer 1997 wieder auf und berücksichtigte entsprechende Einkünfte.

In dagegen erhobenen Berufungen wurde eingewandt, dass bereits die Prüferin festgestellt habe, dass die Betreuung der Theodora E durch den Zweitbeschwerdeführer und seine Familie weit über die ärztliche Verpflichtung hinausgegangen sei. Theodora E habe allein in ihrem Haus gelebt und die in Linz lebenden nächsten Verwandten hätten sich relativ wenig um sie gekümmert. Aus diesem Grund sei es über die ärztliche Betreuung der Theodora E durch den Zweitbeschwerdeführer im Laufe der Zeit zu einer familiären Bindung zwischen Theodora E und der Familie der Beschwerdeführer gekommen, die sich in öfteren Besuchen, Besorgungen, Behördengängen und kleineren Ausflügen dargestellt habe. Auch die Kinder der Beschwerdeführer hätten Theodora E vor allem in den Schulferien sehr häufig besucht. Im Zuge der sich vertiefenden Beziehung habe Theodora E gegenüber der Familie der Beschwerdeführer immer häufiger angedeutet, dass es ihr Wunsch wäre, dass die Liegenschaft gegen eine sichere Versorgung und "Barablöse (wohl für die Verwandten der Theodora E)" in den Besitz der Familie der Beschwerdeführer übergehen solle. Dies könne auch der Theodora E beratende Notar und der vertragsabschließende Rechtsanwalt, der nunmehrige Beschwerdevertreter bestätigen, wobei Theodora E wohl bewusst gewesen sei, dass der Wert der Liegenschaft den Barbetrag und die Leibrente wegen ihres hohen Alters bei weitem überschritten habe und somit ihrerseits ein erheblicher Teil der Leistung als Schenkung anzusehen sei. Der Ansicht des Finanzamtes, dass der versicherungsmathematisch ermittelte Kaufpreis der Liegenschaft zum Zeitpunkt des Kaufes rund 3 Mio. betragen habe und auch aus den dem Finanzamt vorliegenden Kaufpreissammlungen sich kein Missverhältnis zwischen versicherungsmathematischem und tatsächlichem Wert der Liegenschaft ergebe, sei entgegen zu halten, dass dem Finanzamt "sicherlich bekannt" sei, welchen Wertfaktor für ein Seegrundstück ein bestehendes Bootshaus (egal in welchem Zustand es sei) darstelle, sei es doch auf Grund der naturschutzrechtlichen Bestimmungen heute unmöglich, eine neue Baubewilligung hiefür zu erhalten. Laut Überzeugung eines näher angeführten Immobiliensachverständigen sei aus verschiedenen Vergleichsbeispielen eindeutig abzulesen, dass dem Besitz der Theodora E im Jahr 1991 mindestens ein Wert zwischen 6 Mio. und 8 Mio. zuzumessen sei. Bei der Transaktion zwischen Theodora E und den Beschwerdeführern im Jahr 1991 handle es sich daher um eine gemischte Schenkung mit erheblichem Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung. Es liege daher im Jahr 1991 "keine Anschaffung im Sinne des § 30 EStG 1988" vor, weshalb es im Jahr 1997 auch zu keinem Spekulationsgewinn kommen könne.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen abgewiesen. In den vorliegenden Fällen sei entscheidungswesentlich, ob das berufungsgegenständliche Grundstück von den Beschwerdeführern im Rahmen eines Kaufes oder im Rahmen einer gemischten Schenkung erworben worden sei. Sei ein Kauf anzunehmen, so sei die Frist von zehn Jahren zwischen Anschaffung und Veräußerung jedenfalls unterschritten, und es liege ein steuerpflichtiger Vorgang vor. Liege jedoch eine gemischte Schenkung vor, so sei auf den Anschaffungszeitpunkt der Rechtsvorgängerin abzustellen, welche das Grundstück in den Fünfzigerjahren erworben habe, wodurch die Spekulationsfrist bei weitem überschritten sei, sodass es bei der Veräußerung der Liegenschaft durch die Beschwerdeführer zu keinem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn komme.

Eine unentgeltliche Übertragung sei nicht nur bei einer reinen Schenkung, sondern auch bei einer gemischten Schenkung anzunehmen. Eine solche setze voraus, dass der Kaufpreis aus privaten Motiven unter dem tatsächlichen Wert liege. Eine gemischte Schenkung liege vor, wenn aus den Verhältnissen der Personen zu vermuten sei, dass sie einen zum Teil entgeltlichen, zum Teil unentgeltlichen Vertrag hätten schließen wollen. Entscheidend sei, dass die Parteien einen Teil der Leistung als Geschenk hätten ansehen wollen. Erforderlich sei, dass sich die Vertragspartner des doppelten Charakters der Leistung als teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich bewusst gewesen seien, beide die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und dies ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht hätten. Ein krasses Missverhältnis des Wertes der beiderseitigen Leistungen reiche für sich allein nicht aus, die Annahme einer gemischten Schenkung zu begründen. Es könne jedoch - als einer der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles - den Schluss auf die Schenkungsabsicht der Parteien rechtfertigen.

In freier Beweiswürdigung ging die belangte Behörde davon aus, dass aus folgenden Gründen ein Kauf und keine gemischte Schenkung vorgelegen sei:


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1.
Der Erwerbsvorgang sei ausdrücklich als Kauf bezeichnet worden.
2.
Der Erwerb sei so (als Kauf) dem Finanzamt angezeigt worden. Zusätzlich sei im Jahr 1992 von den Beschwerdeführern ein Antrag auf Wertfortschreibung des Grundstückes beim Finanzamt mit der Begründung gestellt worden, dass das Grundstück aus näher angeführten Gründen niedriger zu bewerten sei als Grundstücke ohne die entsprechenden Mängel. Dem Antrag sei stattgegeben (und der zum Zeitpunkt des Kaufes mit S 721.000,-- festgesetzte Einheitswert ab mit S 424.000,-- festgesetzt) worden.
3. Einkommenssteuerlich sei von beiden Vertragspartnern, also auch von den Beschwerdeführern die Leibrente als Kaufpreisrente bzw. Gegenleistungsrente eingestuft worden. Entsprechend sei von der Verkäuferin die Rente erstmalig ab Übersteigen des kapitalisierten Rentenwertes gemäß § 16 Bewertungsgesetz als sonstige Einkünfte gemäß § 29 EStG 1988 versteuert worden. Dementsprechend seien die Rentenzahlungen (je zur Hälfte) erstmalig ab Übersteigen des kapitalisierten Rentenwertes gemäß § 16 Bewertungsgesetz als Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988 in Abzug gebracht worden.
4. Wie die Prüferin in ihrer Stellungnahme zur Berufung ausführlich dargelegt habe, ergäbe sich (je nach dem angewandten Zinssatz von 4 und 5,5 %) ein versicherungsmathematischer Wert des Kaufpreises von S 3,451.333,-- und S 3,371.489,--, woraus sich ein Quadratmeterpreis von S 1.531,-- und S 1.495,-- ergäbe. Die von der Prüferin laut Kaufpreissammlung ermittelten Verkaufspreise je Quadratmeter (von S 940,-- für einen Verkauf im Jahr 1984,
S 1.200,-- für einen solchen im Jahr 1988 und S 1.250,-- im Jahr 1990) lägen alle unter diesen Preisen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass ein offensichtlich krasses Missverhältnis des Wertes der beiderseitigen Leistungen vorliege. Diese Umstände sprächen nicht dafür, dass es den beiden Parteien nach dem Parteiwillen darum gegangen sei, einen Teil der Leistung unentgeltlich hinzugeben, weshalb auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass die beiden Vertragspartner sich eines doppelten Charakters der Leistung bewusst gewesen seien und ein teilweise unentgeltliches Geschäft ausdrücklich oder schlüssig hätten abschließen wollen. Dem Einwand der Beschwerdeführer, dass eine "Eigenschätzung" der Liegenschaft durch eine Bank aus dem Jahr 1991 zu einem nachhaltigen Verkehrswert von S 9,2 Mio. gekommen sei, sei entgegen zu halten, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass diese "Eigenschätzung" der Verkäuferin bekannt gewesen sei. Das Vorbringen einer gemischten Schenkung sei erstmals nach Durchführung der abgabenbehördlichen Prüfung vorgebracht worden. Davor seien von den Beschwerdeführern nur solche Handlungen und Erklärungen abgegeben worden, die von einem Kauf ausgegangen seien. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme nach allgemeiner Lebenserfahrung die jeweils erste Aussage einer Partei in einem Verfahren der Wahrheit am nächsten. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass das erste Vorbringen, somit das Vorliegen eines Kaufes gegeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Nach § 30 Abs. 1 EStG 1988 liegt ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft vor, wenn bei der Veräußerung eines Grundstücks der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Wurde das Grundstück unentgeltlich erworben, so ist auf den Anschaffungszeitpunkt beim Rechtsvorgänger abzustellen.

Ein unentgeltlicher Erwerb ist nicht nur bei einer (reinen) Schenkung, sondern auch bei einer gemischten Schenkung anzunehmen. Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn die beteiligten Personen einen zum Teil entgeltlichen, zum Teil unentgeltlichen Vertrag schließen wollen. Eine (gemischte) Schenkung liegt bei einem offenbaren Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nahe.

Auf ein solches offenbares Missverhältnis deutet im Beschwerdefall der Umstand hin, dass der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen kapitalisierte Verkaufspreis der in Rede stehenden Liegenschaft weniger als S 3,5 Mio betrug, die Liegenschaft im Jahr 1997 aber um einen Kaufpreis von S 11,6 Mio verkauft wurde. Dies stellt jedenfalls ein Indiz dafür dar, dass schon im Jahr 1991 ein offenbares Wertmissverhältnis bestanden haben konnte.Vor diesem Hintergrund hätte sich die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung bei Beurteilung der entscheidenden Frage nach dem objektiven Wert der Liegenschaft aber auch mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer in der Berufung auseinander setzen müssen, dass dem Finanzamt sicherlich bekannt sei, welchen Wertfaktor für ein Ufergrundstück ein bestehendes Bootshaus (egal in welchem Zustand es sei) darstelle, weil es auf Grund der naturschutzrechtlichen Bestimmungen heute unmöglich sei, eine neue Baubewilligung hiefür zu erhalten. Gleiches gilt für das Berufungsvorbringen, wonach sich unter Berücksichtigung von näher angeführten, zum Teil aus einer Immobilienzeitschrift entnommenen Vergleichsliegenschaften nach Ansicht der Beschwerdeführer ablesen lasse, dass der in Rede stehenden Liegenschaft mindestens ein Wert von S 6 bis 8 Mio zuzumessen sei. Es mag - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vorträgt - zutreffen, dass es sich bei den in der Berufung angeführten Werten der Vergleichsliegenschaften überwiegend um Anbotspreise handelt, dies allein erklärt aber die daraus zu entnehmende Wertdifferenz gegenüber dem "Kaufpreis" der in Rede stehenden Liegenschaft nicht. Im Übrigen wäre es der belangten Behörde allenfalls unter Mitwirkung der Beschwerdeführer unbenommen geblieben, zu ermitteln, ob und zu welchen Preisen die entsprechenden Liegenschaften in der Folge tatsächlich veräußert worden waren.

Der Umstand, dass der zwischen Theodora E und den Beschwerdeführern abgeschlossene Vertrag als Kaufvertrag bezeichnet wurde, der Erwerb dem Finanzamt in diesem Sinn (somit als Kauf) angezeigt wurde und der Vorgang einkommensteuerrechtlich als Kauf behandelt wurde, war zwar ebenfalls - wie die belangte Behörde dies getan hat - mit zu berücksichtigen, musste aber bei Beurteilung der Frage, ob im Beschwerdefall von einem entgeltlichen oder (teilweise) unentgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen war, gegenüber dem Beurteilungskriterium des (kapitalisierten) Kaufpreises im Verhältnis zum objektiven Wert der Liegenschaft in den Hintergrund treten.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde zur Frage, ob Theodora E tatsächlich einen Kaufvertrag abschließen wollte oder den Beschwerdeführern die in Rede stehende Liegenschaft (zumindest teilweise) schenken wollte, erweist sich daher insoweit als mangelhaft, als der Sachverhalt vor dem Hintergrund des Berufungsvorbringens nicht ausreichend erhoben wurde. Die angefochtenen Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am