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VwGH vom 29.09.2010, 2005/13/0105

VwGH vom 29.09.2010, 2005/13/0105

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs. Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des Finanzamtes für den 1. und 23. Bezirk in 1031 Wien, Radetzkystraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3677- W/02, betreffend Einkommensteuer 1998 bis 2000 (mitbeteiligte Partei: K in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Einkommensteuer 1999 und 2000 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen (hinsichtlich der Einkommensteuer 1998) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Strittig sind im vorliegenden Fall die Aufwendungen für den Besuch eines Seminarleiterlehrgangs ("Persönlichkeitsbildende Elemente in der Erwachsenenbildung") im Jahr 1998 und einer Ausbildung zum "NLP-Practitioner" ("Neuro-Linguistisches Programmieren") in den Jahren 1999 und 2000 durch den Mitbeteiligten, der neben seiner nichtselbständigen Arbeit und Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Einkünfte als Vortragender erzielte. Das Finanzamt anerkannte diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten und begründete dies damit, Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen, die auch bei nicht berufstätigen Personen von allgemeinem Interesse seien oder grundsätzlich der privaten Lebensführung dienten, seien auch dann nicht abzugsfähig, wenn die vermittelten Kenntnisse für die ausgeübte Tätigkeit verwendet werden könnten oder von Nutzen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Mitbeteiligten dagegen erhobenen Berufung statt. Sie stellte in rechtlicher Hinsicht dar, für die Streitjahre 1998 und 1999 kämen anders als für das Streitjahr 2000 nicht auch Ausbildungs-, sondern nur Fortbildungskosten als Werbungskosten in Betracht, weshalb sich insoweit die Frage nach der Berufsidentität stelle. Der Mitbeteiligte mache die Aufwendungen als Betriebsausgaben im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vortragender geltend, die er während des Streitzeitraumes bereits ausgeübt habe. Durch den Besuch des Lehrgangs "Persönlichkeitsbildende Elemente in der Erwachsenenbildung" im Jahr 1998 habe er seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten als Vortragender verbessern können, weshalb die dafür geltend gemachten Aufwendungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien.

In Bezug auf die NLP-Seminare der Jahre 1999 und 2000 unterscheide sich der Fall des Mitbeteiligten von den Fällen einer Lehrerin und eines Bankbeamten, die der Verwaltungsgerichtshof mit den Erkenntnissen vom , 92/14/0173, und vom , 2000/15/0009, entschieden habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesen Erkenntnissen darauf abgestellt, dass keine berufsspezifische Wissensvermittlung erfolgt sei und die in solchen Seminaren vermittelten Fähigkeiten zur besseren Kommunikation für eine Vielzahl von Berufen sowie auch für den privaten Bereich von Bedeutung seien. Nach Meinung der belangten Behörde könne die Lehr- und Vortragstätigkeit des Mitbeteiligten aber nur im weitesten Sinne mit dem Berufsbild eines Lehrers verglichen werden. Von dem eines Bankangestellten unterscheide sie sich deutlich. Wenn Aufwendungen an den Bereich der privaten Lebensführung angrenzten und es im Einzelfall möglich sei, dass sie durch die private Lebensführung veranlasst seien, dann müsse die Abgrenzung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach dem Kriterium der Notwendigkeit erfolgen, wobei die Notwendigkeit aber nicht im Sinne einer unerlässlichen Bedingung zu verstehen sei. Es sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Aufwendungen beruflich, privat oder gemischt veranlasst seien. Vergleiche man die vom Mitbeteiligten in seinen zahlreichen Vorträgen angebotenen Themenbereiche mit den bei den NLP-Kursen vermittelten Lehrinhalten, so bestehe "kein Zweifel" daran, dass er die in den Kursen erworbenen NLP-Kenntnisse "in sämtliche eigenen Vorträge" habe einfließen lassen und habe verwerten können und durch die Kurse eine bessere Qualifikation für seine Lehr- bzw. Vortragstätigkeit erlangt habe. "Nicht zuletzt" sei "von der BEKO-Akademie auch bestätigt" worden, dass der Mitbeteiligte mit seinen dort abgehaltenen Vorträgen "ohne den Besuch der NLP-Kurse nicht beauftragt worden wäre". Der Mitbeteiligte habe glaubhaft darzustellen vermocht, dass er das bei den NLP-Kursen erworbene Wissen nahezu ausschließlich im Rahmen seiner Vortrags- und Lehrtätigkeit eingesetzt habe. Die Aufwendungen seien unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles daher abzugsfähig, wenngleich die Teilnahme an den Kursen nicht nur Vortragenden vorbehalten gewesen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch den Mitbeteiligten erwogen hat:

Das beschwerdeführende Finanzamt rügt als Verfahrensmangel, die belangte Behörde habe das Parteiengehör verletzt, indem sie der Abgabenbehörde erster Instanz "keine Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen gegeben" habe. Diese Rüge, die sich der Sache nach auf das Unterbleiben eines Vorhaltes der im Berufungsverfahren von der belangten Behörde eingeholten Äußerung des Mitbeteiligten bezieht, ist in keiner Weise näher ausgeführt und zumindest in Bezug auf das Jahr 1998 daher nicht geeignet, darzutun, dass ein solcher Vorhalt das Verfahrensergebnis beeinflusst hätte.

In Bezug auf den vom Mitbeteiligten im Jahr 1998 besuchten Kurs vertritt die Beschwerde den Standpunkt, es habe sich nicht um eine Fortbildungs-, sondern um eine Ausbildungsmaßnahme gehandelt und die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dieser Unterscheidung, auf die es nach der Rechtslage vor dem Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, angekommen sei, auseinander zu setzen.

Dem ist entgegen zu halten, dass die belangte Behörde ausdrücklich auf diese Unterscheidung abgestellt hat und die Beschwerde nicht darlegt, weshalb es sich bei der Tätigkeit des Mitbeteiligten als Vortragender nach dem Besuch des Kurses um eine andere Berufstätigkeit als zuvor gehandelt habe oder warum dieser Kurs entgegen der Ansicht der belangten Behörde "nicht zu einer Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten des bereits ausgeübten Berufes" geführt habe. In Bezug auf die Einkommensteuer für das Jahr 1998 zeigt die Beschwerde daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Mit der Frage, ob Aufwendungen für sogenannte NLP-Kurse Fortbildungskosten sein können, hat sich der Verwaltungsgerichtshof zu der auch im vorliegenden Fall für das Jahr 1999 noch maßgeblichen Rechtslage in den Erkenntnissen vom , 92/14/0173 (betreffend eine Lehrerin an einer Handelsakademie), , 98/14/0004 (Lehrerin an einer höheren landwirtschaftlichen Lehranstalt), , 2000/14/0096, 0097 (Lehrerin an einer kaufmännischen Berufsschule), , 2001/13/0123 (Lektorin), und , 2000/15/0009 (Leiter einer Bankfiliale) auseinandergesetzt, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird und deren Erwägungen - mit der Maßgabe, dass auch Ausbildungskosten in Betracht kommen - auf die für das Jahr 2000 maßgebliche Rechtslage übertragbar sind (vgl. das zur Rechtslage des Jahres 2004 ergangene hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0237). Aspekte der möglichen beruflichen Weitervermittlung (und nicht nur eigenen Anwendung) der in NLP-Kursen vermittelten Inhalte führten die mit den zitierten Erkenntnissen vom und vom erledigten Beschwerden nicht zum Erfolg.

Der belangten Behörde ist zwar beizupflichten, dass der Fall eines durch eine inhaltlich verwandte eigene Vortragstätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielenden Abgabepflichtigen nicht zu beurteilen war. Die Beschwerde verweist im vorliegenden Fall jedoch zu Recht darauf, dass der im angefochtenen Bescheid behauptete enge inhaltliche Zusammenhang zwischen den - für sich genommen auch nach den Ausführungen der belangten Behörde nicht berufsspezifischen - Inhalten der in den Streitjahren besuchten NLP-Kurse einerseits und den von der belangten Behörde festgestellten Themen der vom Mitbeteiligten gehaltenen Vorträge andererseits im angefochtenen Bescheid nicht wirklich nachvollziehbar ist. Die belangte Behörde hat sich in Bezug auf NLP als "angewandte Summe neuer Erkenntnisse der Psychologie, Sprach- und Gehirnforschung" im Wesentlichen damit begnügt, aus einschlägigem Werbematerial festzustellen, in wie vielfacher Hinsicht diese neuen Erkenntnisse nach Ansicht ihrer Anbieter wertvoll seien, der tatsächliche berufsspezifische Inhalt für die Abhaltung von Vorträgen über "Projektmanagement und Projektcontrolling" und über die Themen "Gut geplant ist halb gewonnen", "Ich denke in Zielen", "Kommunikation" und "Mein Umgang mit der Zeit" geht daraus allerdings nicht hervor.

Hinzu kommt, dass die dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf die Jahre 1999 und 2000 "nicht zuletzt" zu Grunde liegende Behauptung, "von der BEKO Akademie" sei "bestätigt worden, dass der Bw. ohne den Besuch der NLP-Kurse nicht beauftragt worden wäre, Vorträge zu halten", nicht der Aktenlage entspricht. Die Beschwerde rügt in diesem Zusammenhang, dass "weder eine Einvernahme des Persönlichkeitstrainers E.G. vorgenommen worden ist, noch dessen Angaben einer näheren Untersuchung unterzogen worden sind", und zeigt damit indirekt auf, dass die von der belangten Behörde behauptete Bestätigung in dieser Form gar nicht vorliegt. Das gemeinte Schriftstück stammt nicht von der BEKO Ing. P. K. GmbH, die der Mitbeteiligte in den von ihm dazu vorgelegten Honorarnoten als seine Auftraggeberin bezeichnete. Es stammt von einem Herrn, der in diesen Honorarnoten zwar vorkommt ("z. Hd. Hr. E.G."), sich in dem als Bestätigung vorgelegten Schriftstück aber nur als ehemaliger Beschäftigter "bei der Firma BEKO in der Beko-Akademie" bezeichnet und dessen Bestätigung, dass der Mitbeteiligte "ohne seine Ausbildung in NLP zum damaligen Zeitpunkt von mir / der Beko-Akademie nicht beauftragt worden wäre", einer Bestätigung des Auftraggebers selbst nicht wie im angefochtenen Bescheid ohne weiteres gleichgehalten werden kann.

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als er die Jahre 1999 und 2000 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a, b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wohingegen die Beschwerde im Übrigen, also hinsichtlich des Jahres 1998, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am