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VwGH vom 10.08.2005, 2005/13/0078

VwGH vom 10.08.2005, 2005/13/0078

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde des B G in E, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0389- W/04, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1990 bis 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte u.a. in den Jahren 1990 bis 1993 in Wien einen Marktstand mit Obst- und Gemüsehandel betrieben und seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt.

Bei einer in den Jahren 1994 und 1995 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung der Aufzeichnungen (§ 151 Abs. 1 BAO) stellte der Prüfer - ausgehend von den vom Beschwerdeführer erklärten Verlusten für diese Jahre - unter Berücksichtigung vor allem des Kaufes eines Grundstückes und jährlich angefallener Lebenshaltungskosten eine Vermögensunterdeckung fest. Einerseits ging der Prüfer von höheren Einnahmen bzw. Umsätzen aus dem Marktstand aus. Andererseits sei der Beschwerdeführer für seinen Bruder, den Eigentümer einer oder zweier Großhandelsunternehmen in Bulgarien, tätig geworden. Der Beschwerdeführer habe 1990 zwei neue LKW-Kastenwagen angeschafft, die er u.a. seinem Bruder entgeltlich zur Verfügung gestellt habe. Den Erklärungen des Beschwerdeführers, die Tätigkeit für den Bruder sei unentgeltlich erfolgt, schenkte der Prüfer keinen Glauben. Daher sah der Prüfer die dem Beschwerdeführer von seinem Bruder zur Anschaffung des Grundstücks gewährten Geldbeträge nicht - wie vom Beschwerdeführer behauptet - als Darlehen, sondern als Entgelt für die Überlassung der Klein-LKW an.

Mit dem am mündlich verkündeten und am schriftlich ausgefertigten Bescheid setzte die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1990 bis 1993 im Instanzenzug fest und ging dabei von den Prüferfeststellungen aus. Den Geldfluss vom Bruder des Beschwerdeführers an diesen sah auch die Finanzlandesdirektion - nicht wie der Beschwerdeführer vorgebracht hatte - als Darlehen des Bruders, sondern als Entgelt dafür an, dass der Beschwerdeführer seinem Bruder die Klein-LKW überlassen und ihn bei der Geschäftsanbahnung für dessen Wareneinkäufe unterstützt habe sowie ihm als Dolmetscher zur Seite gestanden sei. Die Finanzlandesdirektion stützte sich dabei auf die ursprünglichen Angaben des Beschwerdeführers, dem Bruder die LKW überlassen zu haben, auf die Zeugenaussage der E.W., der damaligen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, worin eine Fahrzeugüberlassung an den Bruder bestätigt worden sei, auf die vom Prüfer festgestellte Jahreskilometerleistung der Fahrzeuge und auf das Fehlen von diesen Kilometerleistungen entsprechenden Treibstoffabrechnungen oder von deren Aufnahme in die betrieblichen Aufzeichnungen. Die widersprüchlichen Erklärungsversuche des Beschwerdeführers überzeugten die Finanzlandesdirektion von seiner Darstellung nicht.

Mit dem Erkenntnis vom , 97/13/0056, wies der Verwaltungsgerichtshof eine gegen den erwähnten Bescheid der Finanzlandesdirektion gerichtete Beschwerde als unbegründet ab. Da der Beschwerdeführer u.a. eine Überlassung der durch seinen Obst- und Gemüsehandel nicht ausgelasteten Klein-LKW an den Bruder für Beförderungen nach Bulgarien für einzelne Fahrten zu Beginn des Verwaltungsverfahrens selbst eingeräumt hatte (Fragebeantwortung vom ), hielt der Gerichtshof die dahin führende Beweiswürdigung der Finanzlandesdirektion für unbedenklich. Der Gerichtshof führte u.a. aus, dass der auch schon im Verwaltungsverfahren erhobene Beschwerdeeinwand, der Bruder habe für die Warenbeförderung für dessen Unternehmen "20 t-Lastkraftwagen" von Speditionen benützt, nicht verfange, schließe doch die Betrauung von Speditionen durch den ein Großhandelsunternehmen führenden Bruder nicht aus, dass er auch Fahrzeuge des Beschwerdeführers zur Verfügung gestellt erhalten habe.

Mit Bescheid vom hat die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland im Instanzenzug einen Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für 1990 bis 1993 abgewiesen. Die dagegen vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde blieb erfolglos (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/13/0142). Der Beschwerdeführer war im Wiederaufnahmeantrag davon ausgegangen, dass Grundlage der abgabenbehördlichen Schätzungen die Angaben seiner Lebensgefährtin E.W. gewesen seien, und sah als Wiederaufnahmegrund deren spätere (vom stammende) schriftliche Bestätigung an, mit ihren Angaben bei der Abgabenbehörde sei sie offensichtlich missverstanden worden. Die Abgabenbehörde hatte aber - vom Beschwerdeführer unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass Ausgangspunkt der abgabenbehördlichen Schätzungen die im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung festgestellte Vermögensunterdeckung gewesen sei.

Der nunmehr vorliegenden Beschwerde und dem in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom neuerlich einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1990 bis 1993 gestellt hat. In diesem Wiederaufnahmeantrag habe der Beschwerdeführer vorgebracht - so die Ausführungen im angefochtenen Bescheid -, es sei ihm im vorangegangenen Abgabenverfahren unterstellt worden, dass er seinem in Bulgarien lebenden Bruder die von seinem Unternehmen nicht benötigten Transportfahrzeuge gegen Entgelt zur Verfügung gestellt habe. Diese Unterstellungen habe er im gesamten Abgabenverfahren bestritten und darauf hingewiesen, dass sein Bruder ausschließlich Lastkraftwagen verwendet habe, die ihm von Speditionen zur Verfügung gestellt worden seien. Diesen Ausführungen habe die Abgabenbehörde jedoch keinen Glauben geschenkt. Nunmehr lege der Beschwerdeführer seinem Wiederaufnahmeantrag 17 Rechnungen der Firma D. GmbH, Wien, bei, die an das Unternehmen seines Bruders gerichtet seien. Durch die Vorlage dieser Rechnungen sei nach Ansicht des Beschwerdeführers die Richtigkeit seiner Rechtfertigung bestätigt, dass nicht seine Fahrzeuge, sondern ausschließlich Fahrzeuge von Speditionen von seinem Bruder verwendet worden seien. Daher entsprächen auch die von der Abgabenbehörde angenommenen Schätzungsgrundlagen nicht den Tatsachen. Weiters beantrage der Beschwerdeführer die Einvernahme seines Bruders.

In der Berufung gegen den diesen Antrag abweisenden Bescheid habe der Beschwerdeführer u.a. "ausdrücklich meine Einvernahme als Partei im Berufungsverfahren sowie die Einvernahme meines Bruders als Zeugen" zum Beweis der Richtigkeit seiner Angaben beantragt, dass sein Bruder die in Rede stehenden "Busse" nicht benützt habe, sondern die Transporte durch die Speditionsfirma D. GmbH durchgeführt worden seien. Die erwähnten Rechnungen sowie eine Erklärung der E.W. vom seien u.a. der Berufung angeschlossen gewesen.

Mit Schreiben vom habe der Beschwerdeführer seinen Antrag auf "Einvernahme des Beschwerdeführers und dessen Bruder" dahingehend abgeändert, dass diese Formulierung als Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde zu werten sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages mit der Begründung ab, dass die 17 Rechnungen der D. GmbH keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund darstellten. Die Tatsache, dass die D. GmbH LKW-Transporte für die Firma D. (das Unternehmen des Bruders des Beschwerdeführers) durchgeführt habe, sei bereits während der Betriebsprüfung aktenkundig gewesen und nie in Frage gestellt und auch entsprechend gewürdigt worden. Bereits am sei ein Schreiben der D. GmbH dem Finanzamt überreicht worden, worin bestätigt worden sei, dass sie seit dem Jahr 1989 für die Firma D. (des Bruders des Beschwerdeführers) LKW für Transporte von Österreich nach Bulgarien zur Verfügung gestellt habe. Diese Tatsache sei bereits in der am verkündeten Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland entsprechend gewürdigt worden. Weitere in der Berufung gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrags geltend gemachte Beweismittel oder Wiederaufnahmegründe wären bei der Abgabenbehörde erster Instanz vorzubringen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer fühlt sich in seinem Recht "auf Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens" verletzt.

Soweit der Beschwerdeführer "zunächst auf das gesamte Vorbringen im gegenständlichen Verwaltungsverfahren" verweist, ist er daran zu erinnern, dass die Gründe der Beschwerde in dieser selbst ausgeführt werden müssen und der Verweis auf andere Unterlagen, insbesondere den Inhalt von Akten, nicht als Darstellung der Beschwerdegründe ausreichten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2003/14/0095, mwN).

Gemäß § 284 Abs. 1 BAO idF des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes, BGBl. I Nr. 97/2002 (AbgRmRefG), hat über die Berufung eine mündliche Verhandlung u.a. stattzufinden, wenn es in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung beantragt wird, oder dies der Referent für erforderlich hält.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur insofern vergleichbaren Rechtslage vor dem AbgRmRefG (vgl. jüngst etwa das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0039) ist ein in einem ergänzenden Schriftsatz zur Berufung gestelltes Ansuchen auf mündliche Verhandlung verspätet. Dies trifft auf das dem angefochtenen Bescheid zufolge gestellte Ansuchen vom zu. Soweit der unbestritten auch damals durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdeführer in seiner Wortwahl in der Berufung "meine Einvernahme als Partei" einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde sieht, kann dem der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen. Dass die beantragte Vernehmung nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung möglich gewesen wäre, trifft entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu. Eine Vernehmung eines Abgabepflichtigen wäre auch außerhalb einer mündlichen Verhandlung zulässig gewesen.

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO idF des AbgRmRefG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig sind, und

a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtliche strafbare Tat herbeigeführt, oder sonst wie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) ....

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß § 303 Abs. 2 leg. cit. binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Der Beschwerdeführer trägt unter umfangreicher Wiedergabe des Sachverhaltes vor, während der abgabenbehördlichen Prüfung habe ein Finanzbeamter versucht, ihn zu erpressen, und in seiner Gegenwart Beweismittel unterdrückt.

Da diese Umstände dem Beschwerdeführer seiner Schilderung nach bereits während des Abgabenverfahrens bekannt gewesen sind, wäre sein insoweit erstmals in der Berufung gegen den Bescheid vom betreffend die Abweisung seines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens § 303 Abs. 1 lit. a BAO ansprechender Antrag auf Wiederaufnahme jedenfalls verspätet, weshalb es auf sich beruhen kann, dass nach dem angefochtenen Bescheid dieser Wiederaufnahmsgrund erst in der Berufung gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages und nicht im Wiederaufnahmeantrag selbst vorgetragen wurde. Deshalb war auch auf den Antrag an die belangte Behörde vom , den ehemaligen Finanzbeamten zur mündlichen Verhandlung zu laden, gegen welchen sich die strafrechtlichen Vorwürfe richten, nicht näher einzugehen.

Den Feststellungen der belangten Behörde, die mit dem Wiederaufnahmeantrag vorgelegten Rechnungen über Speditionsleistungen seien im abgeschlossenen Abgabenverfahren bereits gewürdigt worden, tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen. Unter Bedachtnahme auf das erwähnte Erkenntnis des Gerichtshofes vom , in welchem dieser die Beweiswürdigung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland in der das Abgabenverfahren abschließenden Entscheidung für nicht unschlüssig befunden hatte, begehrt der Beschwerdeführer nunmehr eine neuerliche Überprüfung und eine geänderte Beweiswürdigung. Gerade die durch die vorgelegten Rechnungen zu beweisende Tatsache, der Bruder habe sich der Spedition D. GmbH bedient, war bereits im abgeschlossenen Verfahren unstrittig und im Rahmen der Beweiswürdigung nicht im Widerspruch mit der Tatsache stehend gesehen worden, dass der Bruder des Beschwerdeführers auch die Fahrzeuge des Beschwerdeführers entgeltlich zur Verfügung gestellt erhalten hatte. Bei den in Rede stehenden Rechnungen handelt es sich somit um Mittel zum Beweis einer unstrittigen Tatsache, nicht aber um Beweismittel, deren Kenntnis einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Soweit in der Sachverhaltsdarstellung eine vom Beschwerdeführer selbst verfasste "Erklärung über das ganze Beweismaterial" von seinem Vertreter wiedergegeben wird und dabei im Ergebnis die Hoffnung ausgedrückt wird, der Gerichtshof möge sich "von meiner Unschuld ... überzeugen", ist der Beschwerdeführer daran zu erinnern, dass Gegenstand des der Beschwerde zu Grunde liegenden Verfahrens sein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom und nicht das mit dem erwähnten, am verkündeten Bescheid der Finanzlandesdirektion abgeschlossene Abgabenverfahren ist. Daher gehen auch diesbezügliche Beweisanträge der (neuerlichen) Einvernahme seiner damaligen Lebensgefährtin E.W. und seines Bruders ins Leere.

Da sich bereits aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am