VwGH vom 21.12.2012, 2012/17/0386
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2012/17/0391 E
2012/17/0393 E
2012/17/0384 E
2012/17/0400 E
2012/17/0380 E
2012/17/0398 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-06/7/410/2012-1, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: F in Z, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Rathausplatz 3), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1.1. Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom wurde gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG in Verbindung mit § 45 Abs. 2 VStG von der Fortführung eines Verfahrens, welches wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 4. Fall Glücksspielgesetz (GSpG) gegen den Mitbeteiligten als Geschäftsführer der M-GesmbH und damit gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichen eingeleitet worden war, abgesehen und die Einstellung des Verfahrens verfügt.
Begründend wurde nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, es stehe aufgrund der durchgeführten Ermittlungen fest, dass sich die Tätigkeit im Beschwerdefall lediglich auf ein Zurverfügungstellen von Speicherplatz auf einem Server beschränkt habe, wobei ausschließlich nur Speicherplatz angeboten worden sei; der Inhalt der Daten, die auf dem Server abgelegt worden seien, sei ausschließlich dem "Mieter" oblegen. In dieser Tätigkeit könne keine dem § 2 Abs. 1 GSpG entsprechende unmittelbare Handlung des Veranstaltens, Organisierens, Anbietens oder Zugänglichmachens von Glücksspielen in Form von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG erblickt werden. Es könne im Anbieten von Speicherplatz für die Aufzeichnung rein buchhalterischer Daten, auch bei einer weiten Auslegung, keine Handlung erkannt werden, welche für die Aufrechterhaltung oder die Fortsetzung eines Spielbetriebes erforderlich sei, da es sich dabei bloß um eine Erleichterung der Erfassung handle und der Spielbetrieb könne auch durch manuelle schriftliche Aufzeichnungen leicht aufrecht erhalten bzw. fortgesetzt werden. Daher könne, mangels Erforderlichkeit der Handlung für die Aufrechterhaltung oder Fortsetzung des Spielbetriebes, in der zweifelsohne vorliegenden unternehmerischen Beteiligung keine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 52 Abs. 1 GSpG erkannt werden, weshalb gemäß § 45 Abs. 1 VStG die Einstellung des Verfahrens zu verfügen sei.
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob das Finanzamt P Berufung, in der es einerseits Bedenken gegen den Bescheidcharakter der erstinstanzlichen Erledigung vorbrachte, weil die behördliche Erledigung weder an eine natürliche noch an eine juristische Person adressiert gewesen sei und ihr auch kein Adressat eindeutig entnommen werden könne, und zum anderen in der Sache die Auffassung vertrat, der erstinstanzlichen Behörde sei bereits aus mehreren gleichartigen Verfahren bekannt gewesen, dass die gegenständlichen Automaten von der M-GesmbH an die Veranstalterin der festgestellten verbotenen Ausspielungen verkauft worden seien. Die Verantwortlichen der M-GesmbH seien daher vollumfänglich über die Glücksspieltätigkeit informiert gewesen. Die Geräte seien mit der von der M-GesmbH erbrachten IT-Leistung mit Geräten der M-GesmbH in der Steiermark vernetzt worden. Es seien damit Glücksspiele durchgeführt worden, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis auf den Geräten der M-GesmbH in der Steiermark getroffen worden sei. Die gegenständlichen Geräte gäben im Animationslauf auch entsprechende Hinweise darauf, dass die Spielprogramme von der M-GesmbH stammten. Es sei somit für jedermann erkennbar gewesen, dass dieses Unternehmen die für die Durchführung von Glücksspielen erforderliche Software zur Verfügung gestellt habe. Die M-GesmbH habe somit nicht bloß nachhaltig Einnahmen aus der Serververmietung lukriert, sondern auch maßgeblich an der Ermöglichung von Glücksspielen mitgewirkt. Sie stelle nicht bloß Serverleistung, sondern ein komplexes elektronisches System zur Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen zur Verfügung. In diesem System stelle die Serverleistung bloß einen kleinen Teilbereich der technischen Leistungen dar, die von der M-GesmbH erbracht würden.
1.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Ergänzung, dass zwischen die Wortfolge "von der Fortführung des Strafverfahrens" und das Wort "abgesehen" die Nennung des Beschuldigten (des nunmehr Mitbeteiligten) unter Anführung seines Namens und seiner Adresse eingefügt werde.
Die belangte Behörde bejahte zunächst den Bescheidcharakter der erstinstanzlichen Erledigung, da erkennbar sei, wem gegenüber die Behörde in einer der Rechtskraft fähigen Weise über einen Sachverhalt bzw. Tatbestand abgesprochen habe. Die Erledigung sei als Bescheid bezeichnet, am Bescheidwillen bestehe kein Zweifel und ergebe sich aus der Angabe der Geschäftszahl, der Nennung des Beschuldigten in der Begründung des Bescheides und der Zustellverfügung klar, an wen sich dieser Bescheid gerichtet habe. Das Fehlen der Angabe des Beschuldigten im Spruch des Bescheides bzw. im Kopf stelle keinen wesentlichen Mangel dar. Die Fertigungsklausel bzw. die Zuständigkeit zur Unterschrift bei Bescheiden richte sich nach innerbehördlichen Vorschriften, es gebe keinen Hinweis darauf, dass ein "Unberechtigter" den Bescheid unterfertigt habe. Es liege daher ein Bescheid im Sinne des AVG vor.
Bezüglich des weiteren Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde aus, es würden zwar wesentliche Argumente vorgetragen, die für eine unternehmerische Beteiligung der mitbeteiligten Partei an einer verbotenen Ausspielung im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 4. Tatbild GSpG sprächen, allerdings unterscheide sich die Beteiligung der mitbeteiligten Partei wesentlich von jener der "örtlichen Betreiber" der verschiedenen Glücksspielautomaten in Wien. Die M-GesmbH habe ihren Firmensitz in der Steiermark, wo sich auch die Server sowie die anderen Elemente des "komplexen elektronischen Systems" als Teil der verbotenen Ausspielungen an verschiedenen Tatorten in Wien befänden. Der Beitrag der M-GesmbH (Verkauf von Glücksspielen und elektronischen Dienstleistungen) sei mit Sicherheit vertraglich vereinbart und in der Folge umgesetzt worden, womit aber auch im Wesentlichen der "aktive Beitrag" des Mitbeteiligten ende, wenn auch der von der Finanzbehörde als rechtswidrig festgestellte Zustand jedenfalls noch am um 8 Uhr angehalten habe. Es wäre daher zur Umschreibung der vom Mitbeteiligten zu verantwortenden Übertretung, welche ein Dauerdelikt sei, die Kenntnis des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses zur Bestimmung des Beginnes des Tatzeitraumes, welcher im Rahmen der Prüfung der zeitraumbezogenen Tatbestandsmäßigkeit sowie der subjektiven Tatseite von Bedeutung sei, wesentlich. Der Beitrag des Mitbeteiligten sei durchaus substituierbar und es sei daher zu fragen, ob die inkriminierten Geräte ihren Charakter als verbotenerweise betriebene Geräte verlören, wenn man sich den Beitrag des Mitbeteiligten wegdenke. Da dies nicht der Fall sei, da auch andere elektronische Vorkehrungen möglich seien, um die wesentlichen Merkmale einer verbotenen Ausspielung zu verwirklichen, sei der Beitrag des Mitbeteiligten zwar nicht unwesentlich, aber letztlich nicht unbedingt erforderlich.
Es seien gegen die "Betreiber" der anzeigepflichtigen Glücksspielgeräte bereits in erster Instanz abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt worden, welche zu Beschlagnahmen und Einziehungen geführt hätten, und es spreche einiges dafür, dass der Kern des strafbaren Verhaltens des Mitbeteiligten von dieser Bestrafung der Betreiber der Glücksspielgeräte mitumfasst werde. Daher sei die Einstellung des Verfahrens zu Recht erfolgt.
1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Auch der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in welcher er die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung, in eventu die Abweisung der Beschwerde beantragte.
2. Der Verwaltungsgerichthof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989, § 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 und § 52 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, haben folgenden auszugweise wiedergegebenen Wortlaut:
"Ausspielungen
§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert,
anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte
Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel
erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von
anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.
…
(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.
Verwaltungsstrafbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von
der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene
Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert
oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im
Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile
eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder
Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum
Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;
3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten
Glücksspieles nicht einhält;
4. wer die Auflagen des § 5 nicht einhält oder ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;
…"
2.2. Zum Einwand der Verspätung der Beschwerde:
Zum Vorbringen des Mitbeteiligten, die Amtsbeschwerde sei verspätet eingebracht worden, da die Beschwerdefrist für die Beschwerdeführerin mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides an das Finanzamt P zu laufen begonnen habe, da es auch in anderen Rechtsmaterien so sei, dass die Frist zur Erhebung einer Amtsbeschwerde durch die Zustellung an die jeweilige Unterbehörde ausgelöst werde und mit der Kenntnisnahme der Beschwerdeführerin von dem angefochtenen Bescheid am lediglich die Frist für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu laufen begonnen habe, ist Folgendes festzustellen:
Gemäß § 50 Abs. 7 erster Satz GSpG ist die Bundesministerin für Finanzen berechtigt, gegen Entscheidungen der Unabhängigen Verwaltungssenate Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Gemäß § 50 Abs. 7 zweiter Satz GSpG haben die Unabhängigen Verwaltungssenate Ausfertigungen glücksspielrechtlicher Entscheidungen unverzüglich der Bundesministerin für Finanzen zu übermitteln. Eine ausdrückliche Bestimmung über den Beginn des Fristenlaufes in Abweichung von § 26 Abs. 1 VwGG 1985 enthält das GSpG nicht.
Gemäß § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG beginnt der Lauf der Beschwerdefrist "in den Fällen des Art. 131 Abs. 2 B-VG dann, wenn der Bescheid auf Grund der Verwaltungsvorschriften dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, zu dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat".
Es trifft daher nicht zu, dass die Beschwerdefrist gemäß § 26 Abs. 1 VwGG im vorliegenden Fall für die Bundesministerin für Finanzen bereits mit der Zustellung einer Bescheidausfertigung an die Behörde erster Instanz zu laufen begonnen hätte.
Ausgehend von der - auch von der mitbeteiligten Partei nicht bestrittenen - Tatsache, dass der angefochtene Bescheid der Bundesministerin für Finanzen am übermittelt wurde, wurde die vorliegende Beschwerde somit rechtzeitig erhoben.
2.3. Zur Frage der Bescheidqualität der mit Berufung des Finanzamtes P bekämpften erstinstanzlichen Erledigung ist der belangten Behörde beizupflichten, dass im Hinblick auf die ständige hg. Rechtsprechung, derzufolge es für das Entstehen eines Bescheides ausreichend ist, wenn der Adressat des Bescheides erkennbar ist, die erstinstanzliche Erledigung einen Bescheid darstellt (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 93/09/0261, oder das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0022). Da insbesondere aus der Begründung des angefochtenen Bescheids hinreichend erkennbar ist, dass der Bescheid gegenüber dem Mitbeteiligten erlassen werden sollte, stellt das Fehlen des Namens der mitbeteiligten Partei im Spruch keinen Mangel dar, der das Vorliegen eines erstinstanzlichen Bescheides ernsthaft zweifelhaft erscheinen lassen könnte.
Die belangte Behörde ist daher zu Recht vom Vorliegen eines Bescheides und daher der Zulässigkeit der vom Finanzamt P erhobenen Berufung ausgegangen.
2.4. Die Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen wendet sich gegen die Einstellung des Verfahrens, da entgegen der Ansicht der belangten Behörde die Strafbarkeit der mitbeteiligten Partei gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 vierte Variante GSpG wegen der unternehmerischen Beteiligung durch eine Bestrafung des Veranstalters nicht konsumiert sei und daher weiterhin davon auszugehen sei, dass es der Mitbeteiligte als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der M-GesmbH zu verantworten habe, dass diese sich als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 2 GSpG an der Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen beteiligt habe.
2.5. Die belangte Behörde hat die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheids (Einstellung des Strafverfahrens) damit begründet, dass der Beitrag der juristischen Person, deren verantwortliches Organ der Mitbeteiligte ist, "substituierbar" und der Beitrag "zwar naturgemäß nicht unwesentlich, aber letztlich nicht unbedingt erforderlich" gewesen sei.
Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage.
Unternehmer gemäß § 2 Abs. 2 GSpG ist, "wer selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein".
Die Überlegung der belangten Behörde hinsichtlich der "Austauschbarkeit" des Beitrags eines Täters, der § 52 Abs. 1 Z 1 vierte Variante GSpG verwirklicht, entspricht nicht der Rechtslage.
Eine Beteiligung als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG an der Veranstaltung verbotener Glücksspiele wäre in keinem Fall gegeben (und die Norm liefe ins Leere), wenn man mit der belangten Behörde argumentieren könnte, dass dann, wenn sich nicht ein bestimmter Beschuldigter beteiligt hätte, jemand anderer sich hätte beteiligen können. Die Verwirklichung des Tatbilds einer Verwaltungsübertretung wird niemals dadurch verhindert, dass auch ein Dritter den gleichen Beitrag zur Verwirklichung des Tatbilds hätte liefern können.
Die belangte Behörde hätte sich daher mit dem erstatteten Vorbringen zur unternehmerischen Beteiligung der M-GesmbH auseinandersetzen und dazu Feststellungen treffen müssen, um beurteilen zu können, ob durch die Handlungen der M-GesmbH der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verwirklicht wurde.
2.6. Auch die weitere Argumentation der belangten Behörde erweist sich als unzutreffend. Da gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 vierte Variante GSpG jemand, der sich unternehmerisch an der Veranstaltung verbotener Glücksspiele beteiligt, neben dem Veranstalter bestraft werden kann, ist es auch unerheblich, dass gegen die "Betreiber", wie im angefochtenen Bescheid formuliert wird, "bereits abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt, zahlreiche Geräte beschlagnahmt worden und zum Teil auch bereits die Einziehung dieser Geräte (nicht rechtskräftig) ausgesprochen worden" sind. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde schließt eine Bestrafung des Veranstalters eine Bestrafung eines sich unternehmerisch an der Veranstaltung Beteiligenden nach der eindeutigen Rechtslage nicht aus.
2.7. Wenn die belangte Behörde schließlich Überlegungen zur Umschreibung des Tatzeitraums anstellt und insofern offenbar Mängel der Anzeige moniert, übersieht sie, dass nicht nur die Behörde erster Instanz, sondern auch die belangte Behörde selbst verpflichtet gewesen wäre, entsprechende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen. Der bloße Umstand, dass eine Unklarheit hinsichtlich des vorgeworfenen Tatzeitraumes herrscht (oder dass man unterschiedlicher Auffassung sein könnte, welcher Tatzeitraum sich aus den festgestellten Tatsachen ergibt), rechtfertigt für sich allein noch nicht die Bestätigung der erstinstanzlichen Einstellung des Verfahrens.
In diesem Zusammenhang ist zu einer entsprechenden Überlegung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hinzuweisen, dass die Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 vierte Variante GSpG nicht voraussetzt, dass der dieser Übertretung Beschuldigte einen konkreten Vorsatz hinsichtlich jedes einzelnen Zeitpunkts der Durchführung von Spielen gehabt hätte. Ob die M-GesmbH über Zeit und Ort der einzelnen Spiele informiert war, ist daher für die Bestrafung des Mitbeteiligten unerheblich.
Es wäre im Übrigen vielmehr der belangten Behörde oblegen, allenfalls ergänzende Feststellungen zum Tatzeitpunkt zu treffen und gegebenenfalls gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG den Spruch eines allfälligen Strafbescheides (falls die übrigen Voraussetzungen für eine Strafbarkeit vorliegen) zu präzisieren (vgl. zur Entscheidungsbefugnis der unabhängigen Verwaltungssenate im Verwaltungsstrafverfahren Köhler in:
Raschauer/Wessely (Hrsg.), VStG, Vorbemerkungen zu § 51, Rz 6). Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in der Gegenschrift auch Zweifel hinsichtlich des Vorliegens einer rechtzeitigen und ausreichenden Verfolgungshandlung äußert, so ist sie darauf hinzuweisen, dass es auch diesbezüglich im Sinne des Vorstehenden an ihr gelegen wäre, die entsprechenden Feststellungen zu treffen und allenfalls eine diesbezügliche Begründung in den Bescheid aufzunehmen (siehe auch zur Relevanz einer ausreichenden Verfolgungshandlung für die Entscheidungsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenats im Berufungsverfahren Köhler, a.a.O., Vorbemerkungen vor § 51 VStG, Rz 7).
2.8. Mit dem (nur schwer verständlichen und in sich widersprüchlichen) Vorbringen des Mitbeteiligten in seiner Gegenschrift, die in den Bestimmungen des § 50 Abs. 5, 6 und 7 GSpG enthaltene Verleihung der Parteistellung "für die Abgabenbehörde" sei verfassungswidrig, werden keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die den Verwaltungsgerichtshof zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 B-VG auf Aufhebung der genannten Gesetzesbestimmungen veranlassen könnten.
Wie in der Gegenschrift des Mitbeteiligten zutreffend erkannt wird, sieht die Bundesverfassung in Art. 131 Abs. 2 B-VG die Möglichkeit von Amtsbeschwerden ausdrücklich vor. Die Ausführungen zu den aus § 50 Abs. 5 und 6 GSpG sich ergebenden "subjektiven Rechten" von Behörden, die als unzulässig qualifiziert werden, übersehen, dass weder die Einräumung solcher Parteirechte von Behörden im Verwaltungsverfahren, noch eben die Möglichkeit der Erhebung einer Amtsbeschwerde nach Art. 131 Abs. 2 B-VG verfassungsrechtlich bedenklich sind (vgl. nur Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensecht9, Rz 126 f).
Die Frage der Einräumung einer Amtsbeschwerdemöglichkeit nach Art. 131 Abs. 2 B-VG hat schließlich nichts mit der in der Gegenschrift genannten Beschwerde nach Art. 144 B-VG zu tun. Das in der Gegenschrift genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist daher hier nicht einschlägig.
2.9. Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt und den angefochtenen Bescheid aus den vorstehenden Überlegungen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am