TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 16.03.2011, 2008/08/0153

VwGH vom 16.03.2011, 2008/08/0153

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2008/08/0155 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in Linz, vertreten durch Mag. Hans Teuchtmann, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSK-328223/0001- II/A/3/2008, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. R K in S 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65- 67, 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. T. GmbH in A, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner und Mag. Sylvia Schrattenecker, Rechtsanwälte in 4490 St. Florian, Marktplatz 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse fest, der in Österreich wohnhafte Erstmitbeteiligte unterliege hinsichtlich seiner für die Viertmitbeteiligte als Dienstgeberin erbrachte Arbeitsleistung als "Site Representativ (…)" (in Albanien) ab als Dienstnehmer der Vollversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung.

Die Viertmitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Einspruch und wandte im Wesentlichen ein, der Erstmitbeteiligte sei kein Dienstnehmer der Viertmitbeteiligten. Er sei keinen betrieblichen Ordnungsvorschriften (Arbeitszeit, Arbeitsort, Dauer und Lage von Arbeitspausen, Einhaltung bestimmter Arbeitsverfahren, Arbeitsabfolge, Einordnung in eine betriebliche Hierarchie und ein betriebliches Ordnungsgefüge) der Viertmitbeteiligten unterworfen. Der Erstmitbeteiligte sei eine hochqualifizierte Spezialkraft, welche nicht weisungsunterworfen, sondern selbst weisungsbefugt sei. Wenn überhaupt unterliege er Weisungen der E (Schweiz). Die Viertmitbeteiligte verfüge auch über eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Arbeitsvermittlung. Genau diese Arbeitsvermittlung habe die Viertmitbeteiligte vorgenommen. Die Viertmitbeteiligte verfüge über einen "Pool" von hochqualifizierten Spezialkräften, welche sie mit diversen Unternehmen zusammenführe. Darüber hinaus sei sie auch mit der Fakturierung und dem Inkasso der Forderungen des Erstmitbeteiligten betraut worden. Es liege auch keine Beschäftigung im Inland vor. Schließlich verstoße die Gebietskrankenkasse auch gegen den Vertrauensschutz, da ein Mitarbeiter der Gebietskrankenkasse vor etwa 10 Jahren die Auskunft erteilt habe, Dienstverträge wie der vorliegende würden keine Sozialversicherungspflicht in Österreich begründen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom wurde dem Einspruch keine Folge gegeben, der Spruch des Bescheides aber insoweit ergänzt, als die Vollversicherung vom bis festgesetzt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung der Viertmitbeteiligten Folge und stellte fest, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit für die Viertmitbeteiligte als Dienstgeber in der Zeit vom bis nicht der Pflichtversicherung in der Vollversicherung sowie Arbeitslosenversicherung unterlegen sei.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Viertmitbeteiligte (mit Sitz in Oberösterreich) habe mit schriftlichem Dienstvertrag vom den Erstmitbeteiligten als "Site Representativ (…)" unter Vertrag genommen. Das Vertragswerk umfasse 17 Vertragspunkte. Demnach habe der Erstmitbeteiligte die vertraglich zugesicherte Arbeitsleistung für die E (Schweiz) ausschließlich für deren Projekt in Albanien, beginnend mit zu verrichten. Als voraussichtliches Ende dieser Tätigkeit sei der Kalendermonat August 2003 vereinbart worden, wobei sich die konkrete Beschäftigungsdauer an der Fertigstellung des Projektes orientiere. Tatsächlich seien die Projektarbeiten in Albanien erst Mitte Oktober 2004 fertiggestellt worden, das Dienstverhältnis habe daher mit geendet.

Alle finanziellen Transaktionen seien zwischen der Viertmitbeteiligten und dem Erstmitbeteiligten vereinbart worden; das Entgelt sei von der Viertmitbeteiligten an den Erstmitbeteiligten ausbezahlt worden. Der Erstmitbeteiligte sei zur Vorlage von monatlichen Leistungsnachweisen (Stundenanzahl) an die Viertmitbeteiligte verpflichtet gewesen, welche wiederum einer vorherigen Abzeichnung durch die E (vor Ort in Albanien) bedurft hätten. Weiters habe sich der Erstmitbeteiligte zur Abgabe eines Tätigkeitsberichtes nach Projektbeendigung verpflichtet. Schließlich habe sich der Erstmitbeteiligte dazu verpflichtet, weder während der Vertragszeiten, noch danach (für einen Zeitraum von einem Jahr ab Vertragsabschluss) seine Dienste ohne vorherige Zustimmung der Viertmitbeteiligten der E (oder deren Mutter- oder Tochtergesellschaften) anzubieten. Im Dienstvertrag sei auch eine Treuepflicht des Erstmitbeteiligten vereinbart worden, wonach dieser Verschwiegenheit gegenüber Dritten hinsichtlich Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu wahren habe.

Der Erstmitbeteiligte sei in der Zeit vom bis ausschließlich vor Ort in Albanien tätig gewesen. Zu keinem Zeitpunkt sei der Erstmitbeteiligte für die Viertmitbeteiligte in Österreich tätig gewesen. Außer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum habe der Erstmitbeteiligte keine Vertragsbeziehungen zur Viertmitbeteiligten gehabt. Weder vor den zu beurteilenden Tätigkeiten noch danach sei der Erstmitbeteiligte für die Viertmitbeteiligte in Österreich oder im Ausland tätig gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, die Viertmitbeteiligte habe den Erstmitbeteiligten vertraglich dazu verpflichtet, Arbeitsleistungen für einen Dritten zu erbringen, wodurch sie als Überlasser im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes aufgetreten sei; der Erstmitbeteiligte wiederum sei Beschäftigter im Sinne des AÜG. Der Erstmitbeteiligte habe persönlich tätig werden müssen, eine Vertretungsbefugnis könne aus dem vorgelegten Dienstvertrag nicht abgeleitet werden und sei auch nicht behauptet worden. Eine Bindung an Arbeitszeit, betriebliche Weisungen und die Kontrollunterworfenheit des Erstmitbeteiligten sei im Dienstvertrag ausgewiesen.

Gemäß § 3 Abs. 2 lit. d ASVG seien Dienstnehmer, die ins Ausland entsendet werden, sofern ihre Beschäftigung im Ausland die Dauer von fünf Jahren nicht übersteige, als im Inland beschäftigt anzusehen. Von einer Entsendung könne nur dann ausgegangen werden, wenn jemand zur Erfüllung eines Auftrages von einem Ort an einen anderen Ort geschickt werde in der schon im Zeitpunkt der Entsendung bestehenden Erwartung, dass er nach Erfüllung dieses Auftrages wieder an den Ausgangspunkt zurückkehren solle. In den Fällen, in denen eine dauernde Beschäftigung im Ausland beabsichtigt sei, scheide der Arbeitnehmer schon mit dem Antritt dieser Beschäftigung aus dem Geltungsbereich des ASVG aus (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0239).

Die gewöhnliche Tätigkeit des Erstmitbeteiligten habe sich in Albanien entfalten sollen; ein Inlandsbezug lasse sich schon in diesem Zusammenhang nicht feststellen. Der Erstmitbeteiligte sei nicht nur zur Abwicklung eines bestimmten und vorübergehenden Projektes im Ausland beschäftigt worden, sondern er sei generell als Angestellter in Albanien beschäftigt gewesen. Der Erstmitbeteiligte sei auch weder vor noch nach dieser Tätigkeit für die Viertmitbeteiligte tätig gewesen. Es bestünde somit kein Zweifel daran, dass mit dem Erstmitbeteiligten vereinbart gewesen sei, diverse Tätigkeiten ausschließlich in Albanien auszuüben, und dass dieser auch nach den tatsächlichen Verhältnissen seine Beschäftigung nicht nur überwiegend, sondern durchgehend im Ausland ausgeübt habe. Der Erstmitbeteiligte sei daher nicht gemäß § 3 Abs. 1 ASVG als im Inland beschäftigt anzusehen gewesen. Da keine Entsendung vorliege und die Beschäftigung im Ausland stattgefunden habe, sei das Eintreten der österreichischen Pflichtversicherung zu verneinen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die zweitmitbeteiligte Versicherungsanstalt hat erklärt, auf die Erstattung einer Gegenschrift zu verzichten. Die Viertmitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß Artikel 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO 1408/71) unterliegen vorbehaltlich der Artikel 14c und 14f der Verordnung Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften diese sind, bestimmt sich nach diesem Titel. Nach Artikel 13 Abs. 2 lit. a VO 1408/71 unterliegt eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist (soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen) den Rechtsvorschriften dieses Staates. Gemäß Artikel 14 Z 1 lit. a der VO 1408/71 unterliegt eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt wird und die von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate (verlängerbar um zwölf Monate, vgl. Artikel 14 Z 1 lit. b VO 1408/71) nicht überschreitet und sie nicht eine andere Person ablöst, für welche die Entsendungszeit abgelaufen ist.

Der Erstmitbeteiligte war nicht im Gebiet eines Mitgliedstaates abhängig beschäftigt. Daher sind die Art. 13 Abs. 2 und 14 der VO 1408/71 auf ihn nicht anwendbar.

Ein Abkommen mit Albanien besteht nicht. Demnach bestimmt sich die Anwendung österreichischen Rechts nach den Bestimmungen des ASVG.

Nach § 1 ASVG regelt dieses Bundesgesetz die allgemeine Sozialversicherung im Inland beschäftigter Personen. Gemäß § 3 Abs. 1 ASVG gelten als im Inland beschäftigt unselbständig Erwerbstätige, deren Beschäftigungsort (§ 30 Abs. 2) im Inland gelegen ist. § 3 Abs. 2 ASVG regelt eine Reihe von Tatbeständen, denen zufolge Dienstnehmer auch dann, wenn die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 ASVG nicht erfüllt sind, als im Inland beschäftigt gelten; hiezu zählen gemäß § 3 Abs. 2 lit. d ASVG Dienstnehmer, deren Dienstgeber den Sitz in Österreich haben und die ins Ausland entsendet werden, sofern ihre Beschäftigung im Ausland die Dauer von fünf Jahren nicht übersteigt. Nach § 3 Abs. 3 erster Satz ASVG gelten als im Inland beschäftigt unbeschadet und unvorgreiflich einer anderen zwischenstaatlichen Regelung insbesondere nicht die Dienstnehmer inländischer Betriebe für die Zeit ihrer dauernden Beschäftigung im Ausland, die ausschließlich für den Dienst im Ausland bestellten Reisenden, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, und Dienstnehmer, die sich in Begleitung eines Dienstgebers, der im Inland keinen Wohnsitz hat, nur vorübergehend im Inland aufhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0293, mit der Auslegung der Bestimmung des § 3 Abs. 2 lit. d ASVG eingehend befasst. Nach diesem Erkenntnis setzt eine Entsendung im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. d ASVG voraus, dass das Arbeitsverhältnis seinen Schwerpunkt im Entsendungsstaat behält. Ist nur eine Entsendung des Arbeitnehmers ins Ausland ohne vorherige oder nachfolgende Arbeitsleistung im Inland beabsichtigt, dann liegt eine die Versicherungspflicht begründende ausreichende Inlandsbeziehung nur dann vor, wenn Dienstgeber und Dienstnehmer bei Vertragsabschluss ihren Sitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0134; vgl. auch das Zl. 8 ObS 243/00v). Voraussetzung dafür, dass eine Entsendung vorliegt, ist aber, dass von vornherein klar ist, dass die Beschäftigung im Ausland nur für eine bestimmte Zeit oder einen bestimmten, vorübergehenden Zweck gedacht ist und sie auf Rechnung und Gefahr des im Inland befindlichen Arbeitgebers verrichtet wird. In jenen Fällen, in denen eine dauernde Beschäftigung im Ausland beabsichtigt ist, scheidet der Arbeitnehmer hingegen schon mit dem Antritt dieser Beschäftigung aus dem Geltungsbereich des ASVG aus (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0293).

Im hier vorliegenden Fall verpflichtete sich der Erstmitbeteiligte, ausschließlich Leistungen in Albanien zu erbringen. Diese Verpflichtung bezog sich auf den Zeitraum voraussichtlich bis August 2003, wobei sich der Vertrag aber verlängern (oder verkürzen) sollte, wenn die Arbeiten früher oder später als erwartet abgeschlossen werden könnten; die Arbeitsleistungen waren also mit der Projektdauer begrenzt; tatsächlich endeten die Arbeitsleistungen sodann unstrittig Mitte Oktober 2004. Insoweit liegt daher keine Vereinbarung einer dauernden Tätigkeit (unbestimmte Dauer) in Albanien, sondern eine Beschäftigung im Ausland für einen bestimmten, vorübergehenden Zweck vor. Da auch die in § 3 Abs. 2 lit. d ASVG vorgesehene Höchstdauer von 5 Jahren nicht überschritten wurde, liegt keine dauernde Beschäftigung im Ausland (§ 3 Abs. 3 ASVG) vor.

Voraussetzung dafür, dass der Erstmitbeteiligte aufgrund seiner Tätigkeit in Albanien als im Inland beschäftigt gilt, ist demnach, dass - neben dem unstrittigen Sitz der Viertmitbeteiligten im Inland - der Erstmitbeteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (wenn man von dem durch die Entsendung bedingten Ortswechsel absieht) im Inland hatte (was von der Viertmitbeteiligten in ihrer Berufung in Zweifel gezogen wurde). Hiezu hat die belangte Behörde - im Hinblick auf eine abweichende rechtliche Beurteilung - aber keine Feststellung getroffen. Eine derartige Feststellung wäre aber nach dem Gesagten für die Beurteilung der Frage notwendig, ob das zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Viertmitbeteiligten bestandene Rechtsverhältnis in Österreich Sozialversicherungspflicht begründet.

2. Für den Fall, dass sich im weiteren Verfahren ein zumindest gewöhnlicher Aufenthalt des Erstmitbeteiligten (im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) in Österreich ergibt, ist ergänzend auszuführen:

2.1. Die Viertmitbeteiligte bestreitet in ihrer Gegenschrift (wie auch schon im Verwaltungsverfahren), dass der Erstmitbeteiligte Dienstnehmer und sie Dienstgeber im Sinne des ASVG sei.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert). Dienstnehmer ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen (§ 4 Abs. 2 ASVG).

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs- oder Lehrverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. in einem Werk- oder freien Dienstverhältnis) - nur beschränkt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/08/0351, mwN).

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgebender Bedeutung sein.

Die belangte Behörde ging von einer Arbeitskräfteüberlassung aus. Die Viertmitbeteiligte bestreitet dies und behauptet, es liege Arbeitsvermittlung vor.

Unter Arbeitsvermittlung ist - im Einklang mit dem Vorbringen der Viertmitbeteiligten - die Zusammenführung von Arbeitsuchenden mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zu verstehen (vgl. zum Gewerbe der Arbeitsvermittlung § 128 GewO 1994 idF BGBl. Nr. 314/1994, § 97 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002; § 2 Abs. 1 AMFG). Als Arbeitsvermittlung gilt zwar gemäß § 2 Abs. 4 AMFG auch die Überlassung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte, sofern der Überlasser nicht die Pflichten des Arbeitgebers trägt. § 2 Abs. 4 AMFG verdeutlicht aber lediglich die Bestimmung des § 2 Abs. 1 AMFG, ohne deren normative Bedeutung zu ändern (vgl. den , mwN).

Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurde der Erstmitbeteiligte von der Viertmitbeteiligten "unter Vertrag genommen", wobei der Erstmitbeteiligte die vertraglich zugesicherte Arbeitsleistung für die E (Schweiz) ausschließlich für deren Projekt in Albanien zu verrichten hatte. Dass insoweit ein Vertragsverhältnis zwischen dem Erstmitbeteiligten und der E bestünde, wurde nicht festgestellt. Entsprechend den Feststellungen war der Erstmitbeteiligte vielmehr verpflichtet, weder während der Vertragszeit noch danach (für einen Zeitraum von einem Jahr) seine Dienste ohne vorherige Zustimmung der Viertmitbeteiligten der E anzubieten. Da die Arbeitsvermittlung aber gerade darauf gerichtet wäre, ein derartiges direktes Vertragsverhältnis herbeizuführen, liegt hier keine Arbeitsvermittlung vor.

In diesem Zusammenhang sind auch die Ausführungen der Viertmitbeteiligten nicht nachvollziehbar, sie sei berechtigt, in eigenem Namen Rechnungen für fremde Personen auszustellen und auch das diesbezügliche Inkasso durchzuführen. Entsprechend den Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurden alle finanziellen "Transaktionen" zwischen dem Erstmitbeteiligten und dem Viertmitbeteiligten vereinbart; das Entgelt sei von der Viertmitbeteiligten an den Erstmitbeteiligten ausbezahlt worden. Da der Erstmitbeteiligte nur ein Vertragsverhältnis zur Viertmitbeteiligten hatte, ein Vertragsverhältnis zur E hingegen nicht bestand (und im Vertrag sogar ausdrücklich verboten war), bestanden auch keine Forderungen des Erstmitbeteiligten gegenüber der E, welche die Viertmitbeteiligte im eigenen Namen für den Erstmitbeteiligten hätte geltend machen können.

Da der Erstmitbeteiligte zur Erbringung von Arbeitsleistungen für die E (Schweiz) von der Viertmitbeteiligten unter Vertrag genommen wurde, liegt eine Arbeitskräfteüberlassung iSd § 3 Abs. 1 AÜG vor. Der Überlasser ("Verleiher") kann dann als Arbeitgeber iSd § 35 ASVG in Anspruch genommen werden, wenn sich der Beschäftigte dem Verleiher gegenüber vertraglich verpflichtet hat, diesem seine Arbeitskraft in der Weise zur Verfügung zu stellen, dass die Arbeitsleistungen im vom Verleiher bezeichneten Beschäftigerunternehmen nach den dort zu erteilenden Weisungen erbracht werden sollen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0113, mwN). Ein derartiger Fall liegt hier vor, da auch - entsprechend dem sich im Verwaltungsakt befindenden Vertrag zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Viertmitbeteiligten - die vertraglich (also in diesem Vertrag zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Viertmitbeteiligten) zugesicherte Arbeitsleistung nach Weisung der E zu erbringen ist.

Insoweit besteht daher auch eine Weisungsunterworfenheit des Erstmitbeteiligten. Die Viermitbeteiligte wendet hiezu ein, es handle sich dabei um Weisungen der E und nicht der Viertmitbeteiligten. Im Hinblick auf die Vertragsgestaltung handelt es sich hiebei allerdings lediglich um eine Delegierung der Weisungsbefugnis der Viertmitbeteiligten an die E. Im Rahmen der Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte (iSd Leiharbeitsverhältnisses) bleiben die grundlegenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen verleihendem Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufrecht. Damit kommt der Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit beim Beschäftiger (Entleiher) rechtlich nur seiner Arbeitspflicht gegenüber dem Verleiher nach, wobei die Weisungen des Entleihers als solche des Verleihers (als Arbeitgeber) zu beurteilen sind (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom , Zl. 96/08/0351).

In der Gegenschrift wendet die Viertmitbeteiligte ergänzend ein, der Erstmitbeteiligte sei eine hochqualifizierte Spezialkraft, welche nicht weisungsunterworfen, sondern selbst weisungsbefugt sei.

Diese Argumentation übersieht, dass es bei Beurteilung der Weisungsgebundenheit - wie oben schon ausgeführt wurde - in erster Linie nicht auf fachliche Weisungen, sondern auf die Gebundenheit in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten ankommt. Dies deshalb, weil Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden können, da sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser eigener fachlicher Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation entsprechend erweitert (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/08/0102, und vom , Zl. 2005/08/0137). Das Fehlen von Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren spricht daher für sich genommen nicht gegen eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0333).

Im Übrigen ist es aber gerade bei leitenden Angestellten häufig der Fall, dass eine Überwachung im Sinne des Weisungs- und Kontrollrechtes des Dienstgebers von diesem nicht stets nach außen erkennbar ausgeübt wird. In diesem Fall muss aber für den Arbeitgeber zumindest die Möglichkeit der Ausübung des Weisungs- und Kontrollrechtes bestanden haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0051, zur "stillen Autorität"). Weisungsbefugnisse bestanden (wie schon oben ausgeführt). Der Erstmitbeteiligte unterstand aber auch der Kontrolle der Viertmitbeteiligten in der Weise, dass Leistungsnachweise, welche von der örtlichen Bauleitung abzuzeichnen waren, monatlich der Viertmitbeteiligten vorzulegen waren; nach Beendigung des Einsatzes war ein Tätigkeitsbericht zu übergeben.

Die Leistungen waren vom Erstmitbeteiligten auch persönlich zu erbringen, ein Vertretungsrecht war nicht vereinbart; die Viertmitbeteiligte betont in diesem Zusammenhang auch gerade, dass es ihre Aufgabe war, eine hochqualifizierte Spezialkraft für das Projekt in Albanien zu gewinnen, was aber einer (allgemeinen) Vertretungsbefugnis entgegenstünde.

Die Dienstnehmereigenschaft des Erstmitbeteiligten sowie die Dienstgebereigenschaft der Viermitbeteiligten (als Überlasser) wurden daher von der belangten Behörde (sofern österreichisches Recht anwendbar ist) zu Recht angenommen.

2.2. Schließlich wendet die Viertmitbeteiligte ein, sie habe etwa 10 Jahre vor der ersten Beanstandung mit einem Mitarbeiter der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse die Rechtslage hinsichtlich der hier strittigen Vertragssituation erörtert; damals sei die Auskunft erteilt worden, dass derartige Verträge nicht der Sozialversicherungspflicht unterlägen. Im Vertrauen auf diese Auskunft habe die Viertmitbeteiligte umfangreiche Investitionen in diesem Geschäftszweig getätigt; bei folgenden mehrmaligen Prüfungen der Gebietskrankenkasse seien die Verträge nicht beanstandet worden. Erstmals im Zuge des nunmehr bekämpften Bescheides habe die Gebietskrankenkasse ihre Rechtsmeinung geändert.

Der damit in der Beschwerde angesprochene Grundsatz von Treu und Glauben kommt aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur unter ganz bestimmten, im Beschwerdefall nicht gegebenen Voraussetzungen zum Tragen. Insbesondere kann dieser Grundsatz nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/15/0135, mwN). Ein derartiger Vollzugsspielraum besteht aber bei der Feststellung einer Pflichtversicherung nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0053).

3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das den Ersatz der Pauschalgebühr betreffende Mehrbegehren war im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am