VwGH vom 24.10.2012, 2012/17/0268

VwGH vom 24.10.2012, 2012/17/0268

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde 1. des A und 2. der G, beide in R und vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec und Dr. Günther Ramsauer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 44, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20704-07/303/26- 2012, betreffend Vorschreibung eines Interessentenbeitrages (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde R), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde erster Instanz vom wurde den beschwerdeführenden Parteien, gestützt auf die §§ 1, 2, 3 und 10 des Salzburger Interessentenbeiträgegesetzes, LGBl. Nr. 161/1962 "in der geltenden Fassung", in Verbindung mit der Bewertungspunkteverordnung 1978, LGBl. Nr. 2/1978, "sowie auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom " als Eigentümer eines näher angeführten "Objektes" ein Interessentenbeitrag "für die Erweiterung dieser Liegenschaft an die Abwasseranlage des Reinhalteverbandes 'S' und die Ortskanalisation" vorgeschrieben. Die beiliegende Bewertungspunkte-Ermittlung bilde einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides.

Der Interessentenbeitrag wurde mit EUR 2.425,36 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer, sohin mit EUR 2.667,90 der Höhe nach vorgeschrieben.

Begründend verwies die Behörde darauf, dass gemäß § 1 des Interessentenbeiträgegesetzes (in der Folge: IBG) die Eigentümer von Grundstücken, von denen Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die gemeinde- oder verbandseigenen Abwasseranlagen eingeleitet werden, zu den Herstellungskosten Beiträge zu leisten hätten, welche zusammen nicht mehr als die Hälfte der Baukosten der Anlage betragen dürften. Die Abwasseranlage des Reinhalteverbandes bzw. die Ortskanalisation seien wasserrechtlich bewilligt worden. Erhöhe sich gemäß § 10 IBG bei einem Interessenten nach der Vorschreibung des Beitrages die Anzahl der Bewertungspunkte infolge einer durch bauliche oder betriebliche Änderungen bedingten Vergrößerung des Ausmaßes der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage, so habe der Interessent einen Ergänzungsbeitrag zu leisten.

Laut Beschluss der Gemeindevertretung vom sei der Interessentenbeitrag für das Jahr 2009 mit EUR 488,-- zuzüglich 10 % Umsatzsteuer je Bewertungspunkt festgelegt worden. Für das Objekt der beschwerdeführenden Parteien seien insgesamt 4,97 Bewertungspunkte errechnet worden, sodass sich bei Multiplikation mit dem festgelegten Satz der vorgeschriebene Betrag ergebe.

Dem Bescheid war nach dem Akteninhalt eine "Bewertungspunkte-Ermittlung" vom beigegeben.

1.2. In der dagegen vom Erstbeschwerdeführer offenbar auch namens der Zweitbeschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde insbesondere darauf verwiesen, dass die Oberflächenwässer der Gartenfläche auf dem Grundstück versickerten, weshalb nicht von einer Inanspruchnahme der Abwasseranlage auszugehen sei.

1.3. Mit dem mit Datum ausgefertigten Bescheid der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Berufungsbehörde wurde der Berufung insoweit stattgegeben, als die Fläche des Zufahrtsweges aus der Punktebewertung entfernt werde. Es wurde der Spruch insofern neu gefasst, als gemäß den §§ 1, 2, 3 und 10 IBG in Verbindung mit der Bewertungspunkteverordnung 1978, LGBl. Nr. 2/1978, sowie auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom den beschwerdeführenden Parteien als Eigentümer für das näher angeführte "Objekt" ein Interessentenbeitrag für die Einleitung der Oberflächenwässer von dieser Liegenschaft in die Abwasseranlage des Reinhalteverbandes und die Ortskanalisation vorgeschrieben wurde, wobei sich der Interessentenbeitrag nunmehr durch eine Multiplikation des Satzes von EUR 488,-- mit 4,01 Punkten, sohin mit EUR 1.956,88 zuzüglich 10 % USt., damit mit EUR 2.152,57 ergebe.

Begründend wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens einschließlich des Parteienvorbringens ausgeführt, mit Bescheid der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom sei die Verpflichtung zum Anschluss an das öffentliche Kanalnetz für die betreffende Liegenschaft ausgesprochen worden. Im Punkt 1 des Spruches dieses Bescheides sei angeführt worden, dass die Ableitung von Regenwässern im Fäkalkanal nicht zulässig sei. Bei der Bewertungspunkteermittlung im Jahr 1978 sei daher bereits berücksichtigt worden, dass die Oberflächen- und Dachwässer nicht in das Kanalsystem eingeleitet würden.

Im Zuge der Erhebungen für die Trennung der Fäkal- und Oberflächenwässer für ein näher angeführtes Gebiet sei festgestellt worden, dass die Oberflächenwässer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft bereits in den Fäkalkanal eingeleitet würden. Von Seiten der mitbeteiligten Stadtgemeinde sei daher eine Untersuchung bezüglich der Sickerfähigkeit des Bodens durchgeführt worden, bei der sich herausgestellt habe, dass eine Versickerung nicht ordnungsgemäß erfolgen könne. Deshalb sei der Beschluss gefasst worden, einen Oberflächenwasserkanal für dieses Gebiet zu errichten; für die Oberflächenwässer der gegenständlichen Liegenschaft seien noch nie Punkte verrechnet worden. Mit dem Bescheid der Stadtgemeinde vom seien nur Schmutzwasserpunkte verrechnet worden. Durch den Bescheid vom sei nunmehr die Verpflichtung zur Umstellung des bestehenden Mischkanalsystems auf ein Trennsystem für Oberflächen- und Fäkalwässer für die gegenständliche Liegenschaft verfügt worden. Auf Grund baulicher Veränderungen und Änderungen in der Abwasserführung seien Ergänzungsaufnahmen möglich. Weiters sei auf Grund der erstmaligen Errichtung eines Oberflächenwasserkanals die Trennung der Fäkal- und Oberflächenwässer erforderlich geworden. Die Meldung über die durchgeführte Trennung sei durch die Zweitbeschwerdeführerin am erfolgt. Weil nunmehr die Oberflächenwässer in den Oberflächenwasserkanal eingeleitet würden, habe am im Beisein des Erstbeschwerdeführers eine Ergänzungsaufnahme "der Oberflächen" stattgefunden, dabei sei die "Richtigkeit der Flächen bzw. zusätzlichen 4,97 Punkte" vom Erstbeschwerdeführer "unterfertigt" und damit anerkannt worden. Festgehalten werde, dass bei Einleitung der Niederschlagswässer von Gartenflächen 500 m2 einer Punkteeinheit entsprächen und sich daher bei 1.179,15 m2 Gartenfläche 2,36 Punkte ergäben. Hinsichtlich des Zufahrtsweges zum Haus, welcher auf Teilflächen näher genannter Grundstücke liege, werde festgehalten, dass dieser Weg in einen näher genannten Bach entwässert werde und somit die hiefür ermittelten 120 m2, das seien 0,96 Punkte, aus der Punktebewertung zu entfernen gewesen seien. Schließlich erfolgte noch näher die Darlegung der ermittelten Flächen und der sich hieraus ergebenden Punkte.

1.4. Mit ihrem Bescheid vom hob die belangte Behörde über Vorstellung den Bescheid der Berufungsbehörde auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde.

Begründend führte sie aus, mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom sei für die gegenständliche Liegenschaft erstmals eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag vorgeschrieben worden; nach der Bewertungspunkte-Ermittlung sei hiefür nur das Schmutzwasser für die Wohnfläche berücksichtigt worden.

Im Zuge der Umstellung des öffentlichen Kanals von einem Misch- auf ein Trennkanalsystem sei festgestellt worden, dass von der Liegenschaft auch Oberflächenwasser in den Fäkalkanal eingeleitet werde. Weiters sei in einer Studie die bedingte Eignung des Bodens für eine Versickerung festgestellt worden, woraufhin der Beschluss gefasst worden sei, einen Oberflächenwasserkanal zu errichten. Nach dessen Fertigstellung seien für die von der Liegenschaft abzuleitenden Oberflächenwässer erstmals Bewertungspunkte erhoben worden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom sei diesbezüglich die erstmalige Vorschreibung eines Interessentenbeitrages erfolgt.

Nach Wiedergabe des nunmehrigen Verwaltungsgeschehens einschließlich des Parteienvorbringens und der heranzuziehenden Normen führte die belangte Behörde unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0230) aus, dass danach in der gegenständlichen Rechtssache die Voraussetzungen für einen Ergänzungsbeitrag nicht vorlägen, weil eine etwaige Mehrbelastung des Kanalsystems nicht durch betriebliche oder bauliche Änderungen bedingt sei, sondern nur das öffentliche Kanalsystem umgestellt worden sei. Des Weiteren sei die Behörde zur Vorschreibung eines Ergänzungsbeitrages auch nur dann berechtigt, wenn bereits ein Interessentenbeitrag nach § 4 IBG vorgeschrieben worden sei, was aber eine bereits vorliegende Abschlussrechnung bedingen würde, die im gegenständlichen Verfahren noch nicht erfolgt sei. Die Gemeindevorstehung habe demnach ihren Bescheid durch die Vorschreibung eines Ergänzungsbeitrages nach § 10 IBG mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Wie aber - so die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides vom weiter - aus dem vorliegenden Sachverhalt hervorgehe, seien die Oberflächenwässer bei der erstmaligen Vorschreibung im Jahr 1978 nicht berücksichtigt worden, da sie nicht in das Kanalsystem eingeleitet worden seien. Im Rahmen der Umstellung des Kanalsystems sei nunmehr festgestellt worden, dass sehr wohl auch Oberflächenwässer der Liegenschaft in den öffentlichen Kanal entsorgt würden. Des Weiteren habe sich herausgestellt, dass die Bodenbeschaffenheit eine ordnungsgemäße Versickerung nur bedingt zulasse. Es hätten sich somit die Voraussetzungen für die Vorschreibung seit der erstmaligen Erhebung verändert und seien demzufolge im Zuge der Umstellung des Kanalsystems die Bewertungspunkte für die Oberflächenwässer ermittelt und hiefür (der Sache nach) erstmals ein Interessentenbeitrag vorgeschrieben worden.

Zwar sei bereits eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag erfolgt, jedoch könne eine weitere Vorauszahlung dann vorgeschrieben werden, wenn dabei jene Teile berücksichtigt würden, die bisher noch nicht von einer Vorschreibung erfasst worden seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0224). Im vorliegenden Fall habe also die Abgabenbehörde die Möglichkeit, weitere Vorauszahlungen einzuheben, sofern eindeutig festgestellt werde, welche Bereiche von der bisherigen Vorschreibung noch nicht erfasst gewesen seien und dass nur für diese eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag mit einer Vorschreibung erfolge.

1.5. Mit dem mit datierten Bescheid der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Berufungsbehörde sprach diese aus, dass der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom insofern stattgegeben werde, als die Fläche des Zufahrtsweges aus der Punktebewertung entfernt werde. Im Übrigen wiederholte sie - unter Zitierung der §§ 1, 2, 3 und (nunmehr) 11 IBG ihren Spruch aus dem Bescheid vom .

Begründend führte die Abgabenbehörde zweiter Instanz nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, bei der Bewertungspunkteermittlung im Jahr 1978 sei bereits berücksichtigt worden, dass die Oberflächen- und Dachwässer nicht in das Kanalsystem eingeleitet werden dürften. Für das Wohnhaus sei mit Bescheid vom eine Vorauszahlung (auf den Interessentenbeitrag), ausgehend von 124 m2 Wohn-Nutzfläche und 6,2 "Kanalinteressentenpunkte" erfolgt.

Mit Bescheid der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom sei die Verpflichtung zum Anschluss an das öffentliche Kanalnetz ausgesprochen und in Punkt 1 des Spruches angeführt worden, dass die Einleitung von Regenwässern und dergleichen in den Fäkalkanal unzulässig sei. Bei der Bestandsaufnahme des bestehenden Kanalsystems sei in der Folge jedoch festgestellt worden, dass Oberflächenwässer teilweise bescheidwidrig in den Fäkalkanal eingeleitet würden. Bei der Verhandlung zur wasserrechtlichen Bewilligung für die Umstellung von Misch- auf Trennsystem am habe der Erstbeschwerdeführer die bescheidgemäße Entsorgung der Oberflächenwässer in Frage gestellt, weil auf Grund des schiefrigen Bodens eine Versickerung nicht möglich sei; er habe daher ersucht, einen Oberflächenwasserkanal für die entsprechenden Objekte zu errichten. Durch die mitbeteiligte Stadtgemeinde sei daher eine Untersuchung bezüglich der Sickerfähigkeit des Bodens durchgeführt worden, bei der sich herausgestellt habe, dass eine Versickerung nicht ordnungsgemäß erfolgen könne. Es sei deshalb der Beschluss gefasst worden, einen Oberflächenwasserkanal für das Gebiet zu errichten. Erst durch die Errichtung des Oberflächenwasserkanals im Jahr 2005 sei eine Entsorgung durch das öffentliche Kanalnetz möglich gewesen, weshalb die Anschlussgebühren vorgeschrieben worden seien. Für die Oberflächenwässer, die von der gegenständlichen Liegenschaft abgeleitet würden, seien noch nie "Punkte" verrechnet worden. Daraufhin sei es zu der dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde liegenden Berechnung gekommen. Bezüglich des Zufahrtsweges werde jedoch festgehalten, dass dieser Weg in einen Bach entwässert werde und somit die hiefür ermittelten 120 m2, das seien 0,96 Punkte aus der Punktebewertung zu entfernen seien. In der Folge wird die Flächenaufnahme vom und deren Berichtigung im gegenständlichen Bescheid näher ziffernmäßig dargestellt.

1.6. In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, die Änderung der Anspruchsgrundlage (nunmehr als "weitere Vorauszahlung" auf den Interessentenbeitrag für die Oberflächenentwässerung) komme für die beschwerdeführenden Parteien (als Vorstellungswerber) "völlig überraschend". Insbesondere habe die Berufungsbehörde keinerlei Möglichkeit gegeben, sich diesbezüglich zu äußern und Einwendungen zu erheben. Es seien auch dem Berufungsbescheid keine Feststellungen darüber zu entnehmen, ob überhaupt ein nach den in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften bewilligtes Projekt, das mit einem Kostenvoranschlag belegt sei und dem von der Gemeindevertretung zugestimmt worden sei, vorliege. Es sei auch nicht festgestellt worden, ob und in welchem Ausmaß eine Ermächtigung der Gemeindevertretung zur Einhebung einer Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag bestehe. Es existierten auch keinerlei "Konstatierungen" zu den Baukosten, die bisher angefallen seien bzw. im laufenden oder im nächstfolgenden Jahr zu erwarten seien. Auch sei "völlig unklar", wie sich der von der Behörde angenommene Wert pro Punkt ergebe. Auf Grund dieser fehlenden Feststellungen erscheine eine Nachprüfung des Berufungsbescheides durch die Aufsichtsbehörde "nicht einmal ansatzweise" möglich.

Durch die Umänderung der ursprünglich endgültigen Interessentenbeitragsvorschreibung in einen Vorauszahlungsbescheid habe die Berufungsbehörde rechtlich ein "aliud" erlassen; sie habe damit die Sache des Berufungsverfahrens überschritten. Dadurch sei den Parteien des Verfahrens in der Sachfrage eine Instanz genommen worden. Dies wird im Einzelnen näher ausgeführt.

Es existiere auch kein Beschluss der Gemeindevertretung, dass auf Grund der Umstellung des Kanals auf ein Trennsystem eine Vorauszahlung einzuheben wäre; hiebei könne nicht auf den Beschluss der Gemeindevertretung vom zurückgegriffen werden, weil damals der Oberflächenwasserkanal überhaupt noch nicht in Rede gestanden sei. Dieses Projekt sei erst Jahrzehnte später eingereicht worden und vom ursprünglichen Kanalprojekt zur Gänze zu unterscheiden. Auch sei der Punktewert in Höhe von EUR 488,-- hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben nicht nachvollziehbar.

Überdies gehe die Behörde nicht auf das Argument ein, dass gewisse Teilbereiche der Liegenschaft überhaupt nicht in den Oberflächenwasserkanal entwässert würden.

1.7. Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich angesehenen Rechtsvorschriften verwies die belangte Behörde auf ihre Entscheidung im ersten Rechtsgang; danach sei klar gewesen, dass die Vorschreibung einer weiteren Vorauszahlung für bisher noch nicht berücksichtigte Teile des Kanalisationssystems und nicht eines Ergänzungsbeitrages rechtskonform und im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sei; die beschwerdeführenden Parteien könnten daher von der diesbezüglichen Rechtsansicht im Bescheid der Berufungsbehörde nicht überrascht sein.

Zum Vorbringen, die Berufungsbehörde habe nicht ermittelt, ob die Voraussetzung für eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag vorliege, sei auszuführen, dass diese Voraussetzungen, wie das Fehlen einer Abschlussrechnung, das Vorliegen eines bewilligten Projektes sowie ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss "als amtsbekannt anzusehen" seien und daher keiner weiteren Ermittlung durch die Behörde bedurft hätten. Es sei überdies festgestellt worden, dass für die nunmehr vorgeschriebenen Teilbereiche noch keine Interessentenbeiträge entrichtet worden seien, diese aber zu einer erhöhten Inanspruchnahme der Anlage führen würden. Es könne daher ein Mangel im Ermittlungsverfahren nicht erkannt werden.

Soweit vorgebracht würde, dass die Berufungsbehörde mit der Vorschreibung einer Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag ein rechtliches "aliud" geschaffen und damit den Grundsatz der Identität der Sache in Bezug auf die erstinstanzliche Entscheidung verletzt habe, könne dem die belangte Behörde nicht folgen. Inhalt des Spruches und somit Sache sei im erstinstanzlichen Bescheid nämlich die Vorschreibung eines Ergänzungsbeitrages für ein bestimmtes Grundstück gewesen. Die Berufungsbehörde habe der Berufung zum Teil Folge gegeben und weiters den Spruch (nunmehr) dahingehend abgeändert, dass eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag vorgeschrieben werde. Als "Sache" sei die Vorschreibung eines Interessentenbeitrages anzusehen, welcher bis zum Vorliegen einer Abschlussrechnung in Form von Vorauszahlungen eingehoben und in weiterer Folge dann auf den endgültigen Interessentenbeitrag angerechnet werde. Dieser sei (zunächst) als Ergänzungsbeitrag vorgeschrieben worden, welcher - wie der Interessentenbeitrag selbst - erst nach der Abschlussrechnung hätte vorgeschrieben werden können. Die Berechnung aller drei Formen eines Interessentenbeitrages erfolge grundsätzlich in gleicher Weise. Es handle sich daher nach Ansicht der belangten Behörde um die gleiche "Sache", die im Rahmen des Berufungsverfahrens nur rechtlich anders beurteilt worden sei.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien vorbrächten, es läge kein Gemeinderatsbeschluss vor, der die Grundlage für die Einhebung von Vorauszahlungen auf Grund der Umstellung des Kanalsystems auf ein Trennsystem sei, und sei dies als eigenes Projekt anzusehen, sei zunächst auszuführen, dass die Vorauszahlung nicht auf Grund dieser Umstellung erfolgt sei. Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Umstellung des Kanalsystems innerhalb des mit Gemeinderatsbeschluss vom genehmigten Projektes erfolgt und somit als Teil desselben und nicht als eigenes Projekt anzusehen.

Die beschwerdeführenden Parteien brächten weiters vor, dass die Ermittlung der Berechnungszahl nicht den gesetzlichen Vorgaben entspräche. Diesbezüglich sei auszuführen, dass die Behörde davon ausgehe, dass die zugrunde gelegte Berechnungszahl wesentlich unter jener liege, die "mathematisch ermittelt" worden sei. Die Gemeindevertretung habe mit Beschluss vom die Berechnungszahl mit EUR 488,-- zuzüglich 10 % USt. festgesetzt. Die beschwerdeführenden Parteien seien durch die Anwendung einer günstigeren Berechnungszahl in keinerlei subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Auch handle es sich bei der "Endvorschreibung" eines Interessentenbeitrages vom nur um eine Endabrechnung der in Teilbeträgen entrichteten erstmaligen Vorauszahlung und um keine Vorschreibung auf Grund einer Abschlussrechnung, weil diese bisher noch nicht vorliege.

Hinsichtlich des Vorbringens, die Gartenfläche sei nicht zu bewerten, weil diese auf Eigengrund entwässert werde, werde auf ein diesbezügliches Gutachten einer näher genannten Ziviltechnikergesellschaft vom verwiesen, in dem festgestellt worden sei, dass der Boden nur bedingt für eine Versickerung geeignet sei; eine Entwässerung über Eigengrund könne demnach nicht ordnungsgemäß erfolgen, weshalb auch die Gartenfläche in die Berechnung miteinzubeziehen gewesen sei.

1.8. Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligte Stadtgemeinde hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Das Gesetz vom über die Leistung von Interessentenbeiträgen für die Herstellung gemeindeeigener Abwasseranlagen in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg (Salzburger Interessentenbeiträgegesetz, in der Folge: IBG), LGBl. Nr. 161/1962 in der Fassung LGBl. Nr. 55/1988 (die Bestimmung des § 1 Abs. 7 zweiter Satz in der Fassung durch LGBl. Nr. 118/2009), regelt die Beitragszahlung zu den Herstellungskosten gemeindeeigener Abwasseranlagen. Nach § 1 Abs. 1 leg. cit. haben in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg die Interessenten nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes Beiträge zu den Herstellungskosten gemeindeeigener Abwasseranlagen (im Folgenden kurz: Anlagen) zu leisten. Herstellungskosten sind dabei nach § 1 Abs. 2 IBG jene Kosten, die der Gemeinde für die Herstellung, Erweiterung oder technische Verbesserung der Anlage sowie für die Wiedererrichtung nicht mehr funktionsfähiger größerer Teile der Anlage erwachsen, einschließlich den Beträgen, die sich aus der Aufwertung der Vorauszahlungen gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. ergeben.

Interessenten sind dabei nach Abs. 3 dieser Bestimmung unter anderem die Eigentümer von Grundstücken, von denen Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Anlage eingeleitet werden und zwar gleichgültig, ob der Anschluss an die Anlage im Zuge ihrer Herstellung oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.

Der durch Beiträge zu deckende Teil der Herstellungskosten darf nach § 1 Abs. 4 erster Satz IBG nicht mehr als die Hälfte dieser Kosten ausmachen. Der Beitrag wird dabei gemäß § 1 Abs. 5 leg. cit. durch das Verhältnis bestimmt, in dem wertmäßig das Ausmaß der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage zur projektierten Gesamtinanspruchnahme der Anlage steht.

Hat eine Gemeinde zu den Herstellungskosten einer Abwasseranlage anteilig beizutragen, so finden gemäß § 1 Abs. 6 IBG auf diesen Kostenanteil die Vorschriften dieses Gesetzes über Herstellungskosten für gemeindeeigene Abwasseranlagen Anwendung; solche Anlagen sind insoweit gemeindeeigenen Abwasseranlagen gleichzuhalten.

Nach § 1 Abs. 7 leg. cit. wird der Beitrag von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich als Gemeindeabgabe erhoben. Dabei haben die Behörden die Bundesabgabenordnung in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Die Bewertung der Inanspruchnahme der Anlage wird näher in § 2 IBG geregelt, wobei nach § 2 Abs. 1 leg. cit. die Bewertung des Ausmaßes der Inanspruchnahme der Anlage in Bewertungspunkten auszudrücken ist.

Nach § 4 Abs. 1 IBG ist der Beitrag in jenem Ausmaß zu leisten, das sich durch die Vervielfachung der den Interessenten treffenden Anzahl der Bewertungspunkte (§ 2 leg. cit.) mit der Berechnungszahl und einer allfälligen Steigerung nach Abs. 4 bestimmt.

Berechnungszahl ist dabei nach § 4 Abs. 2 leg. cit. jene Zahl, die sich aus der Teilung des auf der Grundlage der genehmigten Abschlussrechnung (§ 3 IBG) nach § 1 Abs. 4 leg. cit. bestimmten Teiles der Herstellungskosten durch jene Anzahl der Bewertungspunkte ergibt, die der projektierten Gesamtinanspruchnahme der Anlage entspricht.

Nach § 5 Abs. 1 IBG ist der Beitrag dem Interessenten vom Bürgermeister mit Bescheid vorzuschreiben. Bei der Anrechnung von Vorauszahlungen (§ 11 leg. cit.) sind nach § 5 Abs. 2 IBG diese um 4 v.H. jährlich aufzuwerten, wobei das Halbjahr, in dem die Vorauszahlung geleistet worden ist, außer Betracht zu bleiben hat.

Die Vorauszahlung wird schließlich in § 11 IBG wie folgt geregelt:

"(1) Liegt für eine Anlage ein nach den in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften bewilligtes und mit einem Kostenvoranschlag belegtes Projekt vor und wurde diesem von der Gemeindevertretung zugestimmt, so ist die Gemeinde berechtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung vom Zeitpunkt des Baubeginnes der Anlage an Vorauszahlungen auf den nach § 4 zu leistenden Beitrag zu erheben.

(2) Zur Leistung einer Vorauszahlung sind die Eigentümer (Berechtigten aus einem Baurecht) von Grundstücken verpflichtet, von denen nach dem Projekt Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Anlage eingeleitet werden sollen, soferne


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a)
das Grundstück bebaut ist oder
b)
sich auf dem Grundstück ein Gebäude in Bau befindet.

(3) Die Vorauszahlung ist einheitlich in einem Hundertsatz, jedoch nicht mehr als mit 80 v.H. jenes Betrages zu erheben, der unter Zugrundelegung des Projektes der Anlage sowie des Umfanges und Zweckes des bestehenden oder in Bau befindlichen Gebäudes gemäß § 4 als Beitrag zu entrichten wäre. In diesem Rahmen dürfen Vorauszahlungen nur in dem Ausmaß erhoben werden, als dies zur Deckung der bisherigen sowie der im laufenden und im nächstfolgenden Jahr zu erwartenden Baukosten erforderlich ist.

(4) Ändern sich nach Leistung der Vorauszahlung die Verhältnisse derart, daß voraussichtlich die Beitragspflicht (§ 1) nicht mehr entstehen wird, so ist die Vorauszahlung mit 4 v.H. verzinst auf Antrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen zurückzuzahlen.

(5) Für die Erhebung der Vorauszahlung gelten die §§ 5 bis 9 sinngemäß."

2.2. Die belangte Behörde hat in ihrem aufhebenden Vorstellungsbescheid vom zutreffend darauf verwiesen, dass in der gegenständlichen Rechtssache die Voraussetzungen für einen Ergänzungsbeitrag nicht vorlägen, weil eine etwaige Mehrbelastung des Kanalsystems nicht durch betriebliche oder bauliche Änderungen bedingt ist, sondern nur das öffentliche Kanalsystem umgestellt wurde. Die belangte Behörde hat in diesem Bescheid auch dargelegt, dass eine weitere Vorauszahlung (nur) dann vorgeschrieben werden könne, wenn dabei jene Teile berücksichtigt würden, die bisher noch nicht von einer Vorschreibung erfasst worden seien; im Beschwerdefall habe danach die Abgabenbehörde die Möglichkeit, weitere Vorauszahlungen einzuheben, sofern eindeutig festgestellt werde, welche Bereiche von der bisherigen Vorschreibung noch nicht erfasst worden seien und nur für diese eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag vorgeschrieben werde.

2.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfalten Vorstellungsbescheide, mit denen ein letztinstanzlicher Gemeindebescheid aufgehoben wird, sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der für die Aufhebung tragenden Gründe Bindungswirkung (vgl. § 80 Abs. 3 lit. c Salzburger Gemeindeordnung 1994, LGBl. Nr. 107/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 12/2004). Diese Bindungswirkung erstreckt sich auf jenes Verfahren, in dem der Vorstellungsbescheid ergangen ist, und ist sowohl von den Gemeindebehörden als auch von der Vorstellungsbehörde und von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu beachten, wobei sich an der Bindung an diese Rechtsauffassung der Vorstellungsbehörde auch durch das Inkrafttreten der BAO für das landesgesetzliche Abgabenverfahren am nichts geändert hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0327, mwN).

2.4. Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz in ihrem Bescheid vom wiederum auf den Beschluss der Gemeindevertretung vom spruchgemäß verwiesen und begründend ausgeführt, dass bisher Oberflächenwässer noch nicht erfasst worden seien. Ausführungen darüber, welches bewilligte und durch einen Kostenvoranschlag (in welcher Höhe) belegte Projekt vorlag und ob und wann diesem von der Gemeindevertretung zugestimmt worden sei (vgl. § 11 Abs. 1 IBG), sowie auch zu den Berechnungsvorgaben des § 11 Abs. 3 IBG sind der Bescheidbegründung nicht zu entnehmen, obwohl eine derartige Begründung in der erwähnten aufhebenden Vorstellungsentscheidung tragend gefordert wurde.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ist damit die Abgabenbehörde zweiter Instanz der ihr durch den aufhebenden Vorstellungsbescheid aufgetragenen Begründungspflicht nicht nachgekommen. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angesprochene Vorlage von Unterlagen sowie das "amtsbekannte" Wissen vermag eine diesbezügliche ausreichende Bescheidbegründung nicht zu ersetzen.

Dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am