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VwGH vom 21.01.2009, 2008/08/0117

VwGH vom 21.01.2009, 2008/08/0117

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der M Gesellschaft m.b.H. in R, vertreten durch Holter - Wildfellner Rechtsanwälte GmbH in 4710 Grieskirchen, Rossmarkt 21, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom , Zl. LGSOÖ/2008-0566-4-000241-8, betreffend Sonderbeitrag gemäß § 25 Abs. 2 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am informierte das Finanzamt Braunau Ried Schärding das Arbeitsmarktservice Oberösterreich, Regionale Geschäftsstelle Schärding (in der Folge: AMS Schärding), schriftlich über Verletzungen der Meldepflicht gemäß § 50 AlVG durch GG, WG und GD. Im Zuge einer Kontrolle am um 8:24 Uhr seien GG, WG und GD auf der Baustelle des Privathauses AG bei Estricharbeiten für die Beschwerdeführerin (ein einschlägig tätiges Unternehmen) angetroffen worden. Zum Zeitpunkt der Kontrolle seien sie im Bezug von Leistungen nach dem AlVG gestanden.

Mit Bescheid des AMS Schärding vom wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in der Höhe von EUR 777,54 verpflichtet. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die arbeitslos gemeldeten GG, WG und GD auf der Baustelle AG bei Tätigkeiten für die Beschwerdeführerin betreten worden seien. Alle drei seien zum Zeitpunkt der Betretung nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass "zeitgerecht" in § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG im Sinne der zur Zeit seiner Einführung mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 geltenden Rechtslage zu verstehen und daher eine Anmeldung bis eine Woche nach Aufnahme der Tätigkeit zulässig sei. Durch die Verschärfung der Anmeldebestimmungen des § 33 ASVG mit sei § 25 Abs. 2 AlVG nicht abgeändert worden. Die Anmeldung sei am um 8:33 Uhr und somit rechtzeitig erfolgt. Die Bestimmung stelle im Übrigen eine lex imperfecta dar. § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG sei eine Verwaltungsstrafnorm und könne daher gegenüber einer juristischen Person nicht vollzogen werden. Die Norm setze ein Verschulden voraus, ein solches sei jedoch nicht gegeben. Bezüglich der Höhe des Sonderbeitrags führte die Beschwerdeführerin aus, es könne nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Arbeitslosengeld nur das rückgefordert werden, was auch ausbezahlt worden sei. Im gegenständlichen Fall seien von der Beschwerdeführerin Sonderbeiträge für sechs Wochen, von den betroffenen Arbeitnehmern aber wesentlich weniger zurückgefordert worden. Die Höhe des vorgeschriebenen Sonderbeitrags habe sich an den Zeiten, für die Arbeitslosengeld rückgefordert werde, zu orientieren.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Begründend führte sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, dass entgegen der Berufungseinwendungen der begrenzte Anspruchsverlust in § 25 Abs. 2 AlVG die leistungsrechtliche Lösung einer Beweisschwierigkeit und keine Strafe sei. Die Vorschreibung des Sonderbeitrags stelle daher keine Bestrafung dar. Die Änderung des § 33 ASVG sei mit BGBl. I Nr. 33/2007 bereits am kundgemacht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG gilt insbesondere nicht als arbeitslos, wer in einem Dienstverhältnis steht.

§ 25 Abs. 2 AlVG idF BGBl. I Nr. 104/2007 lautet:

"(2) Wird ein Empfänger von Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a, b oder d durch öffentliche Organe, insbesondere Organe von Behörden oder Sozialversicherungsträgern oder Exekutivorgane, betreten, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat (§ 50), so gilt die unwiderlegliche Rechtsvermutung, daß diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist. Das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) für zumindest vier Wochen ist rückzufordern. Erfolgte in einem solchen Fall keine zeitgerechte Meldung durch den Dienstgeber an den zuständigen Träger der Krankenversicherung, so ist dem Dienstgeber von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ein Sonderbeitrag in der doppelten Höhe des Dienstgeber- und des Dienstnehmeranteiles zur Arbeitslosenversicherung (§ 2 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes, BGBl. Nr. 315/1994) für die Dauer von sechs Wochen vorzuschreiben. Als Bemessungsgrundlage dient der jeweilige Kollektivvertragslohn bzw., falls kein Kollektivvertrag gilt, der Anspruchslohn. Die Vorschreibung gilt als vollstreckbarer Titel und ist im Wege der gerichtlichen Exekution eintreibbar."

§ 33 Abs. 1 und 1a ASVG in der seit geltenden Fassung BGBl. I Nr. 31/2007 lauten:

"(1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab) meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so

erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer,

die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der

beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der

Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben

Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung)."

Die Beschwerdeführerin zieht nicht in Zweifel, dass die bei Arbeiten angetroffenen Personen als Dienstnehmer beschäftigt und daher zur Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG anzumelden waren. Sie gesteht ferner zu, dass die Anmeldung der Dienstnehmer bei der zuständigen Krankenkasse am erst um 8:33 Uhr erfolgte, die Dienstnehmer zum Zeitpunkt der Kontrolle um 8:24 Uhr also noch nicht angemeldet gewesen sind. Sie bestreitet jedoch, dass die Anmeldung nicht zeitgerecht im Sinne des § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG erfolgt sei.

Ob die Meldung durch den Dienstgeber an den zuständigen Träger der Krankenversicherung "zeitgerecht" im Sinne des § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG erfolgte, richtet sich nach den zeitraumbezogen in Geltung befindlichen einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Insofern liegt eine dynamische Verweisung, und zwar auf eine Norm desselben Rechtsetzungsorganes, vor. Eine solche ist zulässig, sofern die verweisende Norm das Objekt der Verweisung ausreichend bestimmt festlegt (vgl. die bei Mayer, B-VG4, 138 zu Art. 18 B-VG wiedergegebene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs).

Dies ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hier der Fall, da in § 25 Abs. 2 AlVG eindeutig auf jene sozialversicherungsrechtliche Norm Bezug genommen wird, die die Anmeldung von Pflichtversicherten durch den Dienstgeber vorschreibt, nämlich § 33 ASVG; dass diese Vorschrift in § 25 Abs. 2 AlVG nicht ausdrücklich genannt wird, macht die Verweisung nicht verfassungswidrig unbestimmt (vgl. etwa das zu § 320 StGB ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , Zlen. G 280/91, G 281/91 und G 325/91, Slg.Nr. 12.947, mwN).

Nach dem seit geltenden § 33 Abs. 1 ASVG idF BGBl. I Nr. 31/2007 hat der Dienstgeber die Meldung vor Arbeitsantritt des Dienstnehmers vorzunehmen. Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf beruft, dass § 13 Abs. 2 der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse 2007 eine Meldefrist von sieben Tagen vorsieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass auch diese Bestimmung zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht mehr in Geltung war (vgl. die 1. Änderung der Satzung 2007, Amtliche Verlautbarung der österreichischen Sozialversicherung Nr. 127/2007, in Kraft getreten am , womit eine gänzliche Neufassung des § 13 leg. cit. erfolgte).

Die Meldung durch die Beschwerdeführerin erfolgte somit nicht zeitgerecht im Sinne des § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG.

Die Beschwerdeführerin macht darüber hinaus geltend, dass es sich bei § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG um eine Verwaltungsstrafbestimmung handle und daher eine Bestrafung nach dieser Vorschrift zumindest Fahrlässigkeit voraussetze. Ein fahrlässiges Handeln der Beschwerdeführerin liege aber nicht vor.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. G 78/99 ua, Slg.Nr. 15.850, zu § 25 Abs. 2 AlVG ausgesprochen, dass der in § 25 Abs. 2 erster und zweiter Satz AlVG angeordnete begrenzte Anspruchsverlust die leistungsrechtliche Lösung einer Beweisschwierigkeit und keine Strafe ist. Es werde nicht ein sozialschädliches Verhalten sanktioniert, sondern die Ungewissheit über den Bestand eines Leistungsanspruchs sachlich gerechtfertigt zu Lasten desjenigen gewertet, der sie durch die Unterlassung der Anzeige ausgelöst hat.

Nichts anderes gilt im Ergebnis hinsichtlich der hier gegenständlichen Vorschreibung: § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG sieht einen besonderen Beitrag zur Finanzierung der Arbeitslosenversicherung in bestimmten Fällen vor (vgl. zu einem solchen besonderen Beitrag etwa auch § 5b AMPFG). Schon dem Gesetzeswortlaut nach handelt es sich um eine beitragsrechtliche Regelung. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes davon aus, dass es sich auch bei der Sanktion des § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG um keine Strafe handelt, sondern um einen lediglich eine besondere Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung normierenden Tatbestand.

Daher liegt im Hinblick auf § 111 ASVG, der das Unterlassen einer rechtzeitigen Meldung unter Strafe stellt, keine Doppelbestrafung vor. Auch ist keine Unzuständigkeit der belangten Behörde, weil, wie die Beschwerdeführerin vermeint, auf Grund von § 51 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat über die Berufung in einem Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden gehabt hätte, gegeben.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Anmeldung von Dienstnehmern schon vor Beginn der Arbeitsleistung soll sicherstellen, dass unangemeldete Schwarzarbeit leichter erkennbar wird und diese damit erschweren. Die an eine Verletzung dieser Meldepflicht anknüpfenden erhöhten Beiträge nach § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG führen im Ergebnis dazu, dass jene Arbeitgeber, bei denen die Betriebskontrolle zur Aufdeckung von Schwarzarbeit erforderlich gewesen ist, einen dementsprechend erhöhten Beitrag zur Finanzierung des damit verbundenen Verwaltungsmehraufwandes leisten müssen. Verfassungsrechtliche Bedenken hat der Verwaltungsgerichtshof weder gegen die dieser Regelung (wenngleich pauschalierend und daher vergröbernd) zugrundegelegte Annahme über eine durchschnittliche Dauer eines Beschäftigungsverhältnisses, noch gegen die Höhe der Sonderbeiträge. Ein Verschulden des Arbeitsgebers ist nicht Voraussetzung dieser Beitragsverpflichtung.

Hinsichtlich der Höhe des Sonderbeitrags räumt § 25 Abs. 2 dritter Satz AlVG der Behörde - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nach seinem klaren Wortlaut im Übrigen kein Ermessen ein.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am