VwGH vom 22.02.2007, 2005/11/0139
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2005/11/0141
2005/11/0140
2005/11/0143
2005/11/0142
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2006/11/0069 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerden des Dr. M K in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen die Bescheide des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch Dr. Friedrich Spitzauer & Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3), 1. vom , Zl. B 139/05, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 2000 (hg. Zl. 2005/11/0139),
2. vom , Zl. B 138/05, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 1999 (hg. Zl. 2005/11/0140), 3. vom , Zl. B 140/05, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 2001 (hg. Zl. 2005/11/0141), 4. vom , Zl. B 141/05, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 2002 (hg. Zl. 2005/11/0142), und 5. vom , Zl. B 142/05, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 2003 (hg. Zl. 2005/11/0143), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Die Ärztekammer für Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 5.856,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen - im Wesentlichen gleichlautenden - angefochtenen Bescheiden wurde der Beitrag des Beschwerdeführers zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für das Jahr 1999 mit EUR 777,94, für das Jahr 2000 mit EUR 9.185,47, für das Jahr 2001 mit EUR 10.975,16, für das Jahr 2002 mit EUR 7.716,87 und für das Jahr 2003 mit EUR 11.257,58 festgesetzt. In den angefochtenen Bescheiden führte die belangte Behörde im Wesentlichen gegen den vom Beschwerdeführer in den gleichlautenden Beschwerden gegen die erstinstanzlichen Bescheide erhobenen Einwand, bei seiner Tätigkeit handle es sich um Vorlesungen, Laborkurse, Abhaltung von Prüfungen sowie Forschung und Verwaltungstätigkeit, seine ärztliche Tätigkeit bestehe lediglich aus Befunderstellung und Validierung im Umfang von 10 % der Gesamttätigkeit, sodass 90 % seines Bruttogehaltes als auf eine nichtärztliche Tätigkeit entfallend aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden seien, aus, dass nach § 2 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 die ärztliche Tätigkeit jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt werde, umfasse. Daraus sei erkennbar, dass die vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten als ärztliche Tätigkeit im Sinne des Gesetzes zu verstehen seien. Außerdem sei das Gehalt von Universitätslehrern nicht teilbar und daher zur Gänze in die Bemessungsgrundlage für den Fondsbeitrag einzubeziehen.
Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit denen der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtenen Bescheide kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden - nach deren Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges - erwogen:
Kern der Beschwerdeausführungen bildet, wie schon im Verwaltungsverfahren, der Einwand des Beschwerdeführers, 90 % seiner Tätigkeit stelle keine ärztliche Beschäftigung dar. Er stehe als a.o. Universitätsprofessor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, seine Dienststelle sei das Institut für medizinische Chemie der Universität Wien. Seine Tätigkeit bestehe hauptsächlich in der Abhaltung von Vorlesungen in diesem Rahmen sowie biochemischer Laborkurse und Prüfungen aus diesem Fachbereich, er sei auch in der Forschung tätig und es seien ihm Verwaltungstätigkeiten übertragen worden. Für alle diese Tätigkeiten sei keine (fach)ärztliche Qualifikation erforderlich, weil an seinem Institut auch Kollegen mit naturwissenschaftlicher Ausbildung die gleiche Tätigkeit ausübten. Die einzige Tätigkeit, die einer ärztlichen Betätigung nahekomme, sei die von ihm fallweise durchgeführte Befunderstellung und Validierung im chemischen Labor. Diese Tätigkeit umfasse aber nur etwa 10 % seines Zeitaufwandes und er erhalte dafür auch kein zusätzliches Honorar (soweit er auch behauptet, es seien Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einbezogen worden, stellt dies eine unbeachtliche Neuerung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dar). Er sei deshalb auch ab von der Beitragspflicht befreit worden. Die belangte Behörde habe es unterlassen, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, ob das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Ausmaß seiner Tätigkeit als befunderstellender Chemiker tatsächlich nicht mehr als 10 % seiner gesamten Tätigkeit ausmache. Bei der Dienststelle des Beschwerdeführers, dem Institut für medizinische Chemie, handle es sich um keine Universitätsklinik. Die belangte Behörde habe auch nicht beachtet, dass sich die von ihr zitierte Rechtsprechung hinsichtlich Einbeziehung des Gehalts von Universitätslehrern nur auf die Lehre und Forschung auf medizinischen Gebieten durch Ärzte an Universitätskliniken beziehe. Es könne daher nicht davon gesprochen werden, dass Lehre und Forschung (nur) ein Teilbereich seiner ansonsten ärztlichen Tätigkeit seien bzw. zur Ausübung des ärztlichen Berufes gehörten, weil er weder hauptsächlich noch in erheblichem Ausmaß den Beruf eines Arztes ausübe. Da er für die erwähnten 10 % ärztlicher Tätigkeit keine eigene Bezahlung erhalte, stelle eine daran anknüpfende Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer eine Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers gegenüber seinen mit gleichen Aufgaben betrauten Kollegen mit naturwissenschaftlicher Ausbildung dar, welche mit einer derartigen Beitragspflicht nicht belastet seien. Keinesfalls dürften mehr als 10 % seines Grundgehaltes als Bemessungsgrundlage seiner Beitragspflicht herangezogen werden.
Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.
Gemäß § 109 Abs. 1 des Ärztegesetzes 1998 sind die Kammerangehörigen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer zu leisten. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist bei der Festsetzung der Höhe der für den Wohlfahrtsfonds bestimmten Beiträge auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie auf die Art der Berufsausübung der beitragspflichtigen Kammerangehörigen Bedacht zu nehmen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. darf die Höhe der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds 18 v.H. der jährlichen Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit nicht übersteigen. Die hier maßgebenden Bestimmungen knüpfen somit die Beiträge zum Wohlfahrtsfonds an die Einnahmen der Kammerangehörigen (vgl. § 68 Ärztegesetz 1998) aus der ärztlichen Tätigkeit an.
Wörtlich stellt der Beschwerdeführer in der Beschwerde seine Tätigkeit wie folgt dar:
"Ich stehe als a.o. Universitätsprofessor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Meine Dienststelle ist das Institut für medizinische Chemie der Universität Wien, bei welchem es sich um kein klinisches Institut i.S. §§ 62/1 UOG 1993, bzw. 31/1 Univ. Ges. 2002 handelt.
Meine Tätigkeit besteht hauptsächlich in der Abhaltung von Vorlesungen in diesem Rahmen sowie biochemischer Laborkurse und Prüfungen aus diesem Fachbereich. Darüber hinaus bin ich auf diesen Gebieten auch in der Forschung tätig, und wurde mir an Verwaltungstätigkeiten die des Beauftragten für den nichtmedizinischen Strahlenschutz übertragen. Für alle diese Tätigkeiten ist keine (fach)ärztliche Qualifikation erforderlich, da an meinem Institut auch Kollegen mit naturwissenschaftlicher Ausbildung die gleichen Tätigkeiten ausüben.
Die einzige Tätigkeit, die einer ärztlichen Bestätigung nahekommt, ist die von mir fallweise durchgeführte Befunderstellung und Validierung in unserem chemischen Labor. Diese Tätigkeit umfasst aber nur etwa 10 % meines Zeitaufwandes, und ich erhalte dafür auch kein zusätzliches Honorar."
Die vom Beschwerdeführer (neben § 31 Abs. 1 UG 2002) angesprochene Bestimmung des § 62 Abs. 1 UOG 1993 lautete wie folgt:
"§ 62. (1) Universitätskliniken sind jene Institute der Medizinischen Fakultäten, in denen im Rahmen einer Krankenanstalt ärztliche Leistungen unmittelbar am Menschen erbracht werden. Klinische Institute sind jene Institute der Medizinischen Fakultäten, in denen im Rahmen einer Krankenanstalt ärztliche Leistungen mittelbar für den Menschen erbracht werden. Universitätskliniken und klinische Institute sind zugleich Teile einer Krankenanstalt und der Universität. Sie haben dem Bereich einer Abteilung oder sonstigen Organisationseinheit der Krankenanstalt zu entsprechen. ..."
Aus der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lehre und Forschung auf medizinischen Gebieten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/11/0121, vom , Zl. 99/11/0280, und vom , Zl. 2003/11/0275) ist für den vorliegenden Fall schon deshalb nichts zu gewinnen, weil diesen Beschwerdefällen jeweils Lehr- bzw. Forschungstätigkeiten im klinischen Bereich (an Universitätskliniken bzw. in klinischen Fächern) zugrunde lagen. Universitätskliniken sind, worauf der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen des damals maßgebenden UOG im erstzitierten Erkenntnis hingewiesen hat, jene Institute der Medizinischen Fakultäten, in denen im Rahmen einer Krankenanstalt auch ärztliche Leistungen unmittelbar am Menschen erbracht werden.
Damit nicht vergleichbar ist der vorliegende Beschwerdefall, in dem der Beschwerdeführer seine hauptsächliche Tätigkeit dahin beschrieben hat, dass er außerhalb einer Universitätsklinik Vorlesungen über medizinische Chemie und Biochemie, biochemische Laborkurse, Prüfungen aus Medizinischer Chemie und Biochemie abhalte und Forschung und Verwaltungstätigkeit wie die des Beauftragten für den nichtmedizinischen Strahlenschutz erbringe. Nach seinem Vorbringen sei dafür eine fachärztliche Ausbildung nicht erforderlich, auch Kollegen mit naturwissenschaftlicher Ausbildung übten die gleichen Tätigkeiten aus. Diesen Behauptungen ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht entgegen getreten. Dennoch hat sie, wie eingangs dargestellt, in rechtlicher Hinsicht die Auffassung vertreten, dass die vom Beschwerdeführer genannten Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt würden und hat diese deshalb als ärztliche Tätigkeiten angesehen.
Diese Auffassung wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Der Gesetzgeber hat nämlich ärztliche Tätigkeiten in § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 nicht nur verbal umschrieben, sondern auch demonstrativ aufgezählt. Zu den ärztlichen Tätigkeiten sind daher nur die in § 2 Abs. 2 und Abs. 3 ÄrzteG 1998 genannten und die damit vergleichbaren Tätigkeiten zu zählen. Eine solche vergleichbare Tätigkeit läge in den Beschwerdefällen bei Zutreffen des Beschwerdevorbringens zur Lehrtätigkeit betreffend medizinische Chemie und Biochemie, die kein klinisches Fach betrifft, jedenfalls nicht vor. Sollte der Beschwerdeführer weder an einer Universitätsklinik noch an einem Klinischen Institut unterrichten, könnte auch unter Berufung auf § 62 Abs. 1 UOG 1993 keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehende Lehr- bzw. Forschungstätigkeit des Beschwerdeführers typischerweise mit der Erbringung ärztlicher Leistungen unmittelbar oder mittelbar am Menschen verbunden wäre.
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am