VwGH vom 27.02.2006, 2005/10/0071
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der K T in E, vertreten durch Jarolim Specht Rechtsanwälte GmbH in 1020 Wien, Obere Donaustraße 63, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom , Zl. BMBWK-54.020/0005-VII/8/2005, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Gewährung von Studienbeihilfe gemäß §§ 6 Z. 3, 17 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) ab.
Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe in der Zeit vom Wintersemester 2000/2001 bis einschließlich Wintersemester 2002/2003 fünf Semester lang das Lehramtstudium Geographie, Wirtschaftskunde und Deutsche Philologie betrieben. Seit dem Wintersemester 2003/2004 absolviere sie an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Salzburg die Volksschullehrerausbildung. Ihr am gestellter Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe sei mit Bescheid der Studienbeihilfebehörde vom wegen verspäteten Studienwechsels abgewiesen worden. In der dagegen erhobenen Vorstellung sowie im Vorlageantrag habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass es sich bei diesem Studienwechsel um einen erzwungenen Studienwechsel im Sinn des § 17 Abs. 2 Z. 2 StudFG gehandelt habe. Sie habe vorgebracht, ein Lehramtstudium an einer Universität sei wegen der dort gegebenen erhöhten Anforderungen nicht mehr möglich, sehr wohl aber eine erfolgreiche Ausbildung an einer Pädagogischen Akademie mit stark reduzierten Anforderungen. Der Abbruch des Universitätsstudiums sei daher infolge Verlust der physischen und geistigen Fähigkeiten erzwungener Maßen herbeigeführt worden, ohne dass sie daran ein Verschulden treffe. Mit Bescheid des Senates der Stipendienstelle Salzburg vom sei der Vorstellung keine Folge gegeben worden. In der dagegen erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass sie in der Zeit ihres Studiums an der Universität Salzburg auf Grund einer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung gewesen sei und während dieser Zeitspanne nicht in der Lage gewesen sei, das Studium zu wechseln oder zu beenden, obwohl sie innerlich damit bereits abgeschlossen gehabt habe. Zwischen einem Lehramtstudium an einer Universität und einer pädagogischen Akademie gebe es evidente Unterschiede in der emotionalen Beanspruchung. Während in einem Universitätsstudium das soziale Gefüge ein sehr unpersönliches sei, existiere an einer pädagogischen Akademie ein sozialer Klassenverband, der der Beschwerdeführerin in ihrer Situation die für sie wichtige emotionale Unterstützung im Studium gebe.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtslage wurde weiter ausgeführt, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 StudFG gelte ein Studienwechsel, der durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden der Studierenden zwingend herbeigeführt wurde, nicht als Studienwechsel im Sinn des § 17 Abs. 1 StudFG. Nach den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Gesetzesbestimmung sollten mit dieser Bestimmung jene Härtefälle vermieden werden, die aus einem durch Erkrankung oder Unfall erzwungenen Studienwechsel entstehen könnten. Im vorliegenden Fall sei dies jedoch nicht ersichtlich, weil die Anforderungen, die an ein Studium an einer Pädagogischen Akademie gestellt werden, durchaus vergleichbar seien mit jener Art von Anforderungen, die für ein Lehramtstudium an einer Universität verlangt werden. Daran ändere auch der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand nichts, dass an einer Pädagogischen Akademie ein sozialer Klassenverband eher gegeben sei als bei einem Lehramtstudium an einer Universität. Mit den Förderungsmaßnahmen des StudFG würden generell nur jene Ausbildungen gefördert, die dem postsekundären Sektor zugeordnet werden könnten. Eine Abstufung nach unterschiedlichen Anforderungen innerhalb der einzelnen Bildungseinrichtungen oder Studien sei objektiv nicht möglich. Da die für den zwingend herbeigeführten Studienwechsel erforderliche Kausalität nicht gegeben sei, sei der Antrag der Beschwerdeführerin auf Studienbeihilfe abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) lauten (auszugsweise):
"Voraussetzungen
§ 6. Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist, daß der Studierende
...
3. einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25),
...
Studienwechsel
§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
...
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
...
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
...
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
..."
2. Die Beschwerde ist begründet.
2.1. Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass die Beschwerdeführerin ihr Lehramtstudium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt hat. Daraus wäre grundsätzlich gemäß § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG zu folgern, dass ein günstiger Studienerfolg im Falle der Beschwerdeführerin nicht vorliegt, weshalb eine der im § 6 genannten Voraussetzungen für die Gewährung der Studienbeihilfe nicht erfüllt wäre.
Die Beschwerdeführerin beruft sich allerdings darauf, dass ihr Studienwechsel nicht als solcher im Sinne des § 17 Abs. 1 StudFG gelte, weil es sich bei diesem Studienwechsel um einen solchen im Sinne des § 17 Abs. 2 Z. 2 StudFG gehandelt habe, der durch ein unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden zwingend herbeigeführt worden sei.
2.3. Die Gesetzesmaterialen (RV, 72 BlgNR 20. GP, 309 f) führen nach Darlegung des Regelungszieles, durch Einschränkung des Förderungsanspruches bei Studienwechsel auf eine raschere Studienwahl hinzuwirken, was mit dem Grundsatz der StudFG, nur zügig betriebene Studien zu finanzieren, im Einklang stehe, aus, es werde durch eine Ausnahmeregelung, der zu Folge etwa durch Erkrankung oder Unfall erzwungene Studienwechsel den Anspruch auf Studienbeihilfe nicht beseitigen, als auch durch eine Übergangsbestimmung dafür vorgesorgt, dass Härtefälle vermieden werden können.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 97/12/0371, ausgeführt hat, verlangt der Gesetzgeber mit der Wendung "zwingend herbeigeführt" einen qualifizierten Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung, der über eine "bloße Kausalität" hinausgeht, und es muss trotz zwingender Aufgabe des bisherigen Studiums die Durchführung eines anderen Studiums möglich sein. Als Beispiele werden in diesem Erkenntnis eine gravierende Handverletzung genannt, die zwar das Studiums eines Musikinstruments ausschließt, nicht aber ein geisteswissenschaftliches Studium, sowie eine Beeinträchtigung des Bewegungsapparates, die zwar die Weiterführung eines sportwissenschaftlichen Studiums unmöglich macht, nicht aber etwa ein rechtswissenschaftliches Studium (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0290).
Wie der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten hg. Erkenntnis vom weiters ausgeführt hat, umfassen die in den Erläuternden Bemerkungen als Beispiel für ein Ereignis im Sinn des § 17 Abs. 2 StudFG genannten Erkrankungen mangels Einschränkung auch psychische Krankheiten.
Davon, dass ein Studienwechsel durch eine psychische Erkrankung "zwingend herbeigeführt" wurde, kann allerdings nur dann gesprochen werden, wenn im Zeitpunkt der Aufnahme des neuen Studiums psychische Störungen von erheblichem Krankheitswert vorlagen, die der (dem) Studierenden nicht nur kurzfristig, sondern für eine ins Gewicht fallende Zeit oder dauerhaft infolge des Verlustes spezifischer, für die Leistungsfähigkeit im Studienfach maßgeblicher Eigenschaften oder Fähigkeiten eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich machen, der Erzielung eines günstigen Studienerfolges im neuen Studium aber nicht entgegenstehen. Von einer "zwingenden Herbeiführung" eines Studienwechsels kann hingegen nicht gesprochen werden, wenn die (der) Studierende infolge der Erkrankung für eine gewisse Zeit an der erfolgreichen Fortführung des Studiums gehindert war, aber auch in einem anderen Studium infolge der Erkrankung keinen günstigen Erfolg hätte erzielen können, und nach Besserung oder Heilung der Erkrankung ("Wiederherstellung der Studierfähigkeit") sich zur Aufnahme eines anderen Studiums entschließt.
2.3. Die Beschwerdeführerin hatte bereits im Vorstellungsverfahren eine fachärztliche Bescheinigung einer Fachärztin für Nervenkrankheiten, Dris. S., vom vorgelegt, derzufolge sie bereits zu Beginn des zweiten Studienjahres wegen einer psychischen Erkrankung an einem weiteren geregelten Studium gehindert gewesen sei, auf Grund näher geschilderter Krankheitserscheinungen habe die Beschwerdeführerin im zweiten Studienjahr "einen Schulwechsel" in eine andere Studienrichtung nicht vornehmen können, auch im dritten Jahr sei ein geregeltes Studium nicht möglich gewesen, die Beschwerdeführerin sei aber durch verschiedene Kurse und Seminare wieder an ein geregeltes Studieren herangeführt worden.
In ihrer Berufung vom hatte die Beschwerdeführerin vorgebracht, es gebe "evidente Unterschiede in der emotionalen Beanspruchung" zwischen dem Lehramtsstudium an der Universität und dem Studium an der Pädagogischen Akademie. Während in einem Universitätsstudium das soziale Gefüge ein sehr unpersönliches sei, existiere an einer Pädagogischen Akademie ein sozialer Klassenverband, der ihr in ihrer Situation die ihr wichtige emotionale Unterstützung im Studium gebe.
Weder die von der Beschwerdeführerin vorgelegte fachärztliche Bescheinigung noch ihre Berufung enthält ein substanziiertes Vorbringen dahingehend, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Aufnahme des neuen Studiums trotz ihres unstrittig deutlich gebesserten Gesundheitszustandes (weiterhin) an der erfolgreichen Fortführung ihres früheren Studiums gehindert gewesen wäre. Ihr bloßer Hinweis auf Unterschiede in der emotionalen Beanspruchung zwischen dem Lehramtsstudium an der Universität und dem Studium an der Pädagogischen Akademie reicht vor dem Hintergrund der unter Pkt. 2.2. dargelegten rechtlichen Vorgaben nicht aus, eine nach wie vor bestehende Hinderung an der Fortsetzung des früheren Studiums darzutun, die der erfolgreichen Betreibung des neuen Studiums nicht entgegenstünde. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren war, wie auch ihre Berufung zeigt, primär darauf gerichtet zu zeigen, weshalb sie den Studienwechsel nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt durchführen konnte, worauf es aber nach den bisherigen Ausführungen nicht ankommt.
Die von der belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Auffassung, die für den zwingend herbeigeführten Studienwechsel erforderliche Kausalität sei nicht gegeben, kann daher auf der Basis des eigenen Vorbringens der Beschwerdeführerin im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden.
2.4. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren an Umsatzsteuer war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein weiterer Aufwandersatz unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.
Wien, am