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VwGH vom 23.05.2012, 2010/08/0186

VwGH vom 23.05.2012, 2010/08/0186

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des KR in K, vertreten durch Mag. Roland Reisch, Rechtsanwalt in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK-423638/0001- II/A/3/2010, betreffend Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG fest, dass der Beschwerdeführer vom 1. Jänner bis zum der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterlag.

Gemäß § 273 Abs. 8 GSVG sei der Beschwerdeführer von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ausgenommen. Der Einkommensteuerbescheid vom weise für das Jahr 2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 235.611,24 aus, wovon die Einkünfte als "Altkommanditist" von EUR 106,577,72 sowie aus Verpachtung von EUR 30.125,46 nicht der Pflichtversicherung unterlägen. Die restlichen Einkünfte von EUR 71.936,94 stammten aus der betrieblichen Tätigkeit unter der Geschäftsbezeichnung "RB" (Einkünfte aus dem Verkauf von Speisen, Alkohol und alkoholfreien Getränken sowie aus betrieblichen Ausgaben wie Löhnen, Telefon, Werbung etc.) und seien in die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG einzubeziehen.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen, als Berufung bezeichneten Einspruch führte der Beschwerdeführer aus, es leuchte nicht ein, wieso jemand doppelt versichert sein soll. Überdies würde

"jener Teil aller meiner Betriebe, der sich teilweise

demjenigen einer Gastwirtschaft nähert, ... äußerstenfalls

zusammenhängende 3 1/2 Monate jedes Jahr wirklich ausgeübt. Fast 9 Monate besteht überhaupt kein Betrieb, sodass auch für neun Monate keine Beiträge, selbst bei Richtigkeit des sonstigen Standpunktes anfallen dürften. Der Umstand der stark eingegrenzten Betriebszeit kann jederzeit durch Anfrage bei der Stadtgemeinde K. bestätigt werden."

Der Landeshauptmann von Tirol hat diesen Einspruch mit Bescheid vom abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe keine Meldung gemäß § 18 GSVG über den Beginn bzw. das Ende der Pflichtversicherung erstattet. Die Pflichtversicherung beginne gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 GSVG mit Beginn des Kalenderjahres und ende gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG mit dem Ende des Kalenderjahres. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, dass er die betriebliche Tätigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt begonnen oder zu einem früheren Zeitpunkt beendet habe. Aus seinem Schreiben vom ergebe sich, dass

"der Betrieb in erster Linie nur im Zusammenhang mit dem auf meinem Eigentum stattfindenden Rennen und überdies nur für rund 2,5 Monate im Jahr offen ist".

Mit Schreiben vom habe er ausgeführt, dass "RB keine Firma und kein besonderer Titel ist, sondern nur

eine so genannte Geschäftsbezeichnung, die der Einfachheit halber zum Unterscheiden aller übrigen Buchungskreise meiner Unternehmungen verwendet wird".

Ein Hinweis, dass die betriebliche Tätigkeit lediglich eine bestimmte Zeit im Jahr 2003 ausgeübt worden sei, finde sich in diesem Schreiben nicht. (Der Beschwerdeführer führte in dem genannten Schreiben weiter aus, dass sich die Einkünfte im Jahr 2003 überwiegend sogar aus Mieteinnahmen und der Verwertung der eigenen Erzeugnisse der Landwirtschaft im internen Buchungskreis "RB" zusammensetzten.)

Der Beschwerdeführer - so die Behörde weiter - habe nie dargelegt, in welchem Zeitraum (in welchen Monaten des Jahres 2003) die betriebliche Tätigkeit erfolgt sei. Zudem seien die gemachten Angaben betreffend die Dauer des jährlichen Betriebes widersprüchlich. Den Beschwerdeführer treffe eine erhöhte Mitwirkungspflicht.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor:

"Der Betrieb des gegenständlichen Gewerbes ergibt sich allein aufgrund des Fremdenverkehrs und der daraus resultierenden Nachfrage und ist sohin nicht für jedes Jahr gleich festzustellen.

Überdies wurde der Behörde dargetan, dass es sich um einen Zeitraum von längstens 3 1/2 Monate handelt, da der Betrieb in erster Linie nur im Zusammenhang mit dem auf meinem Eigentum stattfindenden Rennen einhergeht. Auch handelt es sich dabei nicht um eine allgemein gehaltene Behauptung und wurden meinerseits sämtliche Unterlagen beigebracht.

Für den Zeitraum von neun Monaten im Jahr besteht überhaupt kein Betrieb und dürften deshalb auch keine Beiträge für diesen anfallen."

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben.

Für den Gastronomiebetrieb "RB", der ihm zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung stehe, verfüge der Beschwerdeführer über keine Gewerbeberechtigung und er sei nicht Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft. Die auf diesen Betrieb entfallenden Einkünfte von EUR 71.936,94 im Jahr 2003 überstiegen die maßgebliche Versicherungsgrenze und unterlägen der Versicherungspflicht (nur in der Krankenversicherung) gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG. Der Beschwerdeführer sei weder seinen Meldepflichten gemäß § 18 Abs. 1 GSVG nachgekommen noch habe er habe eine Versicherungserklärung iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG abgegeben.

Die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG beginne (gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 GSVG) grundsätzlich mit dem Tag der Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit. Bei Versäumung der einmonatigen Meldefrist (§ 18 GSVG) beginne die Pflichtversicherung mit dem Beginn des Kalenderjahres, in dem die betriebliche Tätigkeit aufgenommen worden sei. Ein späterer Beginn könne glaubhaft gemacht werden. Die Pflichtversicherung ende (gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG) mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die Tätigkeit beendet worden sei. Bei Versäumung der einmonatigen Meldefrist (§ 18 GSVG) trete das Ende der Pflichtversicherung mit Ende des Kalenderjahres, in dem die betriebliche Tätigkeit beendet worden sei, ein. Ein früheres Ende könne glaubhaft gemacht werden.

Selbst wenn der Betrieb beendet worden sein sollte, habe es der Beschwerdeführer unterlassen, die Umstände der Beendigung glaubhaft zu machen. Die Behörden seien von sich aus nicht zu Ermittlungen verpflichtet. § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG schreibe für diesen Fall - insoweit auch als Sanktion für die nicht rechtzeitige Erfüllung der Meldepflicht iSd § 18 GSVG - die Versicherungspflicht während des ganzen Kalenderjahres vor. Eine Verjährung des Rechts, die Pflichtversicherung festzustellen, sehe das Gesetz nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, ihn "in dem Umfang aufheben, dass eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG nicht für den Zeitraum bis besteht".

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (in der Krankenversicherung) unterliegende betriebliche Tätigkeit im Rahmen des Gastronomiebetriebs mit der Bezeichnung "RB" zu Beginn des Jahres 2003 aufrecht war und dass er keine Meldung nach § 18 Abs. 1 GSVG über die Beendigung der Tätigkeit erstattet hat.

Im Hinblick auf die ihn (in Anbetracht der unterlassenen Meldung iSd § 18 Abs. 1 GSVG) treffende Last, die behauptete Unterbrechung seines Gastronomiebetriebes im Jahr 2003 gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG nunmehr glaubhaft zu machen, bringt der Beschwerdeführer vor, bei einer Ruhendmeldung nach § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG würde die Versicherungspflicht entfallen. Es sei unverständlich und gleichheitswidrig, dass diese Bestimmung nur auf "Erwerbstätige in der betrieblichen Wirtschaft und auf die Wirtschaftstreuhänder" (und nicht auch auf die nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG versicherten neuen Selbständigen wie ihn) Anwendung finde. Da es in Bezug auf die Situation des Beschwerdeführers keine Regelung im Gesetz gebe, komme nur eine analoge Anwendung in Betracht.

Dem ist zu erwidern, dass § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG für eine Ausnahme von der Pflichtversicherung nicht nur die Anzeige des Ruhens der Gewerbeberechtigung, sondern auch das tatsächliche Ruhen des Betriebes voraussetzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0145). Im zuletzt genannten Erfordernis besteht kein Unterschied zur Beendigung bzw. Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 4 iVm § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG.

Da der Beschwerdeführer die behauptete Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit im Jahr 2003 iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG erst im Nachhinein (im Jahr 2008) behauptet bzw. gemeldet hat, liegt die Last der Glaubhaftmachung wie erwähnt ausschließlich bei ihm (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2003/08/0126). Er hat sich jedoch im Verwaltungsverfahren nicht konkret festgelegt, in welchem Zeitraum des Jahres 2003 der Betrieb "RB" tatsächlich stillgelegt war, sondern in Bezug auf den aktiven Betrieb lediglich vorgebracht, "dass es sich äußerstenfalls um zusammenhängende dreieinhalb Monate jedes Jahr handle", "dass es sich um einen Zeitraum von längstens dreieinhalb Monaten handelt, da der Betrieb in erster Linie nur im Zusammenhang mit dem auf meinem Eigentum stattfindenden Rennen einhergeht" bzw. "für den Zeitraum von neun Monaten im Jahr besteht überhaupt kein Betrieb". Er hat auch nicht dargelegt, auf welche Weise die Stilllegung bzw. Unterbrechung des Betriebes konkret erfolgt sei (Beendigung von Dienstverträgen; Beendigung von Mietverhältnissen; Beendigung der Werbeaktivitäten; Stilllegung von betrieblichen Anlagen usw.). Der Beschwerdeführer hielt an dieser Vorgangsweise auch noch fest, als ihm in den beiden Bescheiden erster und zweiter Instanz die Rechtslage bereits vor Augen geführt worden war.

Zu einer amtswegigen Wahrheitserforschung war die belangte Behörde in Anbetracht der Verletzung der Verpflichtung zur rechtzeitigen Meldung einer Betriebsunterbrechung gemäß § 18 GSVG (d.h. binnen eines Monates) nicht verpflichtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0047). Aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die Glaubhaftmachung nicht angetreten hat oder nicht antreten konnte, ist insoweit unerheblich, als § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG für diesen Fall - insoweit auch als Sanktion für die nicht rechtzeitige Erfüllung der Meldepflicht iSd § 18 GSVG - ausdrücklich die Pflichtversicherung während des ganzen Kalenderjahres vorsieht (vgl. nochmals Zl. 2007/08/0047).

Einer Berücksichtigung des erst in der Beschwerde erstatteten Vorbringens, wonach der Gastgewerbebetrieb "RB" im Jahr 2003 nur vom 1. Jänner bis zum 16. März und vom 21. Dezember bis zum 31. Dezember geöffnet gewesen und im Sommer gänzlich geschlossen gewesen sei, steht das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG).

Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, er sei in der "Bauernkrankenversicherung" bereits versichert, er "beziehe über diese seine Rente" und eine "Doppelbesteuerung" würde keine Vorteile erbringen, ist ihm zu erwidern, dass es im Beschwerdefall ausschließlich um die Krankenversicherung geht und der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise eine für alle Beschäftigungen geltende gemeinsame Höchstbeitragsgrundlage (mit einer Aufteilung der Beiträge unter den beteiligten Versicherungsträgern) vorgesehen hat (vgl. § 33c Abs. 4 BSVG und § 36 Abs. 4 GSVG; vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 869/03).

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am