VwGH vom 24.05.2012, 2012/16/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der L in E, vertreten durch ihren Sachwalter Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Bräuergasse 3, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Steyr vom , Zl. Jv 1877/11m-33, Rev 62/11, betreffend Vorschreibung von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid sowie den mit diesen vorgelegten Unterlagen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin beantragte als deren Sachwalter die gerichtliche Genehmigung seiner Rechnungslegung für den Zeitraum bis .
Mit Beschluss vom bestätigte das Bezirksgericht Enns die Rechnungslegung und bestimmte (unter Abweisung des Mehrbegehrs) die Entschädigung des Sachwalters mit EUR 131,-- sowie den Aufwandersatz mit EUR 52,68.
Mit Zahlungsaufforderung vom wurde der Beschwerdeführerin die Zahlung einer Entscheidungsgebühr gemäß TP 7 lit. c Z 2 GGG von EUR 74,-- für die pflegschaftsgerichtliche Bestätigung der Rechnungslegung aufgetragen.
Die Beschwerdeführerin stellte am den Antrag, ihr wegen der genannten Zahlungsaufforderung die Verfahrenshilfe im vollen Umfang zu bewilligen.
Mit Beschluss vom bewilligte das Bezirksgericht Enns der Beschwerdeführerin die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO und wies den Antrag im Umfang des § 64 Abs. 1 Z 1 lit. b bis f sowie Abs. 2 bis 5 ZPO ab.
Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung eines Mietvertrages betreffend die Vermietung einer Eigentumswohnung.
Mit Beschluss vom des Bezirksgerichtes Enns erfolgte die beantragte pflegschaftsgerichtliche Genehmigung.
Mit Zahlungsauftrag vom wurde der Beschwerdeführerin dafür die Zahlung einer Entscheidungsgebühr gem. TP 7 lit. c Z 1 GGG von EUR 122,-- und einer Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG von EUR 8,-- vorgeschrieben.
In ihrem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag führte die Beschwerdeführerin aus, dass die vorgeschriebene Entscheidungsgebühr mit der Zustellung des Beschlusses vom am entstanden sei, sohin nach der oben genannten Bewilligung der Verfahrenshilfe. Da somit auch die Entscheidungsgebühr der Gebührenbefreiung unterliege, hätte der Zahlungsauftrag nicht erlassen werden dürfen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht statt. Sie führte begründend aus, die mit Eingabe des Sachwalters vom beantragte Bewilligung der Verfahrenshilfe habe ausschließlich die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung iSd TP 7 lit. c Z 2 GGG betroffen. Diese Bestimmung sei in dem (diesbezüglichen) Antrag auch angeführt worden.
Mit Beschluss vom habe das Bezirksgericht der Beschwerdeführerin die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO bewilligt und das darüber hinausgehende Mehrbegehren im vollen Umfang des § 64 Abs. 1 ZPO abgewiesen. Da der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe hinsichtlich der Bestätigung der Pflegschaftsrechnung verspätet gewesen sei, habe sich die Bewilligung der Verfahrenshilfe auf die allenfalls noch anfallende Gerichtsgebühr für die zu fällende Entscheidung über einen weiteren Antrag des Sachwalters auf Entnahme der noch offenen Rechtsanwaltskosten von EUR 509,70 beschränkt.
Nach rechtskräftiger Entscheidung über einen Antrag, für den Verfahrenshilfe beantragt und bewilligt worden sei, erstrecke sich die Verfahrenshilfe nicht auf weitere (spätere) Anträge. Die bewilligte Verfahrenshilfe gelte nicht für die gesamte Dauer der Sachwalterschaft. Die gegenständliche Gebühr betreffe einen neuen Antrag und zwar den Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Mietvertrages. Mit diesem neuerlichen Antrag hätte wieder ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt werden müssen, weil es sich um ein eigenes Verfahren handle.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Wesentlichen in ihrem Recht auf Unterlassung von Vorschreibungen von Gerichtsgebühren trotz Vorliegens bewilligter Verfahrenshilfe für ihr Pflegschaftsverfahren verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gem. § 8 GGG sind die Bestimmungen über die Verfahrenshilfe im Zivilprozess (§§ 63 bis 73 ZPO) hinsichtlich der Gebührenfreiheit auch außerhalb des Zivilprozesses in allen anderen Verfahrensarten einschließlich im Strafverfahren auf Grund von Privatanklagen sinngemäß anzuwenden.
Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, so tritt nach § 9 Abs. 1 GGG die Gebührenfreiheit mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden ist; sie erstreckt sich nur auf Schriften und Amtshandlungen, deren Gebührenpflicht zu diesem Zeitpunkt oder erst später entsteht (§ 2). Wird einer Partei die Verfahrenshilfe auf Grund eines Antrages bewilligt, den sie anlässlich ihrer ersten Verfahrenshandlung gestellt hat, so erstreckt sich die Gebührenfreiheit auch auf das vorangegangene Verfahren.
Die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe gilt nach § 9 Abs. 2 GGG nur für das Verfahren, für das sie bewilligt wurde, einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Exekutionsverfahrens, solange keine Änderung an der Gewährung der Verfahrenshilfe eintritt.
Nach § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO kann die Verfahrenshilfe die einstweilige Befreiung u.a. von der Entrichtung der Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren für einen bestimmten Rechtsstreit und ein nach Abschluss des Rechtsstreits eingeleitetes Vollstreckungsverfahren umfassen.
Das II. Hauptstück des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz - AußStrG) regelt in seinem 10. Abschnitt (§§ 132 bis 139) die Vermögensrechte Pflegebefohlener.
Nach § 132 AußStrG kann das Gericht Rechtshandlungen Pflegebefohlener genehmigen oder aussprechen, dass eine Rechtshandlung keiner gerichtlichen Genehmigung bedarf.
Im Rahmen der Überwachung der Verwaltung des Vermögens hat der gesetzliche Vertreter gem. § 134 AußStrG gegenüber dem Gericht zum Ablauf des ersten vollen Jahres der Überwachung (Antrittsrechnung), danach in angemessenen Zeitabständen von höchstens drei Jahren (laufende Rechnung) sowie nach Beendigung der Vermögensverwaltung (Schlussrechnung) Rechnung zu legen. Dazu hat das Gericht dem gesetzlichen Vertreter die erforderlichen Aufträge zu erteilen; bei der laufenden Rechnung und der Schlussrechnung hat dies jeweils mit der Entscheidung über die letzte Rechnung zu geschehen.
Ergeben sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnung, so hat das Gericht sie gem. § 137 Abs. 1 AußStrG zu bestätigen. Sonst ist der gesetzliche Vertreter aufzufordern, die Rechnung entsprechend zu ergänzen oder zu berichtigen; misslingt dies, so ist die Bestätigung zu versagen.
Gem. § 2 Z 3 GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr u. a. für Entscheidungen nach Tarifpost 7 lit. c GGG im außerstreitigen Verfahren mit der Zustellung der Entscheidung an den an den gesetzlichen Vertreter begründet.
Die Pauschalgebühr beträgt bei Entscheidungen über die Genehmigung von Rechtshandlungen Pflegebefohlener (§ 132 AußStrG) gem. TP 7 lit. c Z 1 GGG EUR 122. Bei Entscheidungen über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung (§ 137 AußStrG) beträgt sie gem. TP 7 lit. c Z 2 GGG ein Viertel der Entschädigung, die der Person zuerkannt wird, der die Vermögensverwaltung obliegt, mindestens jedoch EUR 74 (Rechtslage im Beschwerdefall).
Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin am die Verfahrenshilfe ausschließlich für die Bestätigung der Rechnungslegung beantragt. Nach dem Beschwerdevorbringen wurde dieser Antrag nämlich wegen der "Zahlungsaufforderung vom , Entscheidungsgebühr TP 7 lit. c Z 2 GGG" gestellt. Damit hat die Beschwerdeführerin aber keinen Antrag auf Befreiung von anderen in ihrem Pflegschaftsverfahren anfallenden Gerichtsgebühren gestellt.
Wenn nun der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte (und dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten) Beschluss des Bezirksgerichtes Enns vom in seinem Spruch keine Einschränkung auf die konkrete Entscheidungsgebühr gem. TP 7 lit. c Z 2 GGG enthält, so kann dieser angesichts der Begründung, welche ausschließlich auf die Gerichtsgebühren im Zusammenhang mit der Rechnungslegung verweist und in der Zusammenschau mit dem oben erörterten Antrag jedenfalls nicht als Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Genehmigung des Mietvertrages verstanden werden.
Die Beschwerdeführerin vermag sich auch nicht auf den Umstand zu stützen, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe im Zusammenhang mit einem streitigen zivilgerichtlichen Verfahren auch allenfalls anwachsende Sachverständigen- und Zeugengebühren umfassen kann, gilt dies doch grundsätzlich auch im außerstreitigen Verfahren. Solche Gebühren sind jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Auch aus der Bestimmung des § 9 Abs. 2 GGG, wonach die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe (nur) für das Verfahren gilt, für das sie bewilligt wurde (einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Exekutionsverfahrens), vermag die Beschwerdeführerin nichts für ihren Standpunkt zu gewinnen. Bei den in der TP 7 lit. c GGG angeführten Entscheidungen handelt es sich nämlich um zwei verschiedene Gebührentatbestände, die zwei von einander unabhängige Verfahren betreffen. Dass im Beschwerdefall beide Gebührentatbestände innerhalb eines Zeitraumes von mehreren Monaten verwirklicht wurden, kann aber nicht bewirken, dass dann nur von einem einzigen Verfahren, welcher beide Gebührentatbestände umfasst, auszugehen wäre. Dass das Gericht die genannten Verfahren unter derselben Aktenzahl protokolliert hat, ist aber für die gebührenrechtliche Beurteilung genauso wenig ausschlaggebend, als wenn die Verfahren unter verschiedenen Aktenzahlen geführt würden (vgl. dazu das auch in der Beschwerde angeführte hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0198). Dass im Beschwerdefall ein Rechtsmittel gegen die Genehmigung des Mietvertrages eingebracht worden wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Die Beschwerdeführerin vermag auch nicht aufzuzeigen, warum es nicht zumutbar sein sollte, bei jedem dieser Anträge, die eine Gebührenpflicht zur Folge haben, einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe zu stellen.
Somit ergibt sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung der Berichterin über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am