VwGH 23.11.2010, 2008/06/0242
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | AVG §8; BaueingabeV Vlbg 2002 §1; BauG Vlbg 2001 §10; BauG Vlbg 2001 §12; BauG Vlbg 2001 §17; BauG Vlbg 2001 §25; BauG Vlbg 2001 §26 Abs1; BauRallg; |
RS 1 | Angesichts des taxativen Kataloges des § 26 Abs. 1 Vlbg BauG 2001 kommt den Nachbarn zur Einhaltung der Bestimmungen der §§ 10, 17 und 12 Vlbg BauG 2001 kein Mitspracherecht zu, damit auch nicht zur Frage, ob die nach § 1 der Vlbg BaueingabeV 2002 erforderliche Anzahl von Stellplätzen gegeben ist oder nicht. Die Verfahrensrechte des Nachbarn reichen nicht weiter, als ihnen subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt sind (Hinweis E vom , 2009/06/0015, mwN). Damit kommt ihnen kein Anspruch auf Mitwirkung an der korrekten Ermittlung des für diese Aspekte (§§ 10, 12 und 25 Vlbg BauG 2001) maßgeblichen Sachverhaltes zu. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde
1. des Ing. DN und 2. der DM, beide in M, beide vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in 6800 Feldkirch, Hirschgraben 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zlen. UVS-318-008/E8-2008, UVS- 327-008/E8-2008, UVS-414-024/E8-2008, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: S GmbH in X, vertreten durch Kaufmann & Thurnher Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der Spruchpunkt b) des angefochtenen Bescheides wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als er die erteilte baubehördliche Bewilligung betrifft.
Das Land Vorarlberg hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.211,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die der mitbeteiligten Partei erteilte baubehördliche Bewilligung. Das Beschwerdeverfahren betreffend die gleichfalls erteilte gewerbebehördliche Bewilligung war zur hg. Zl. 2009/04/0058 anhängig (Ablehnung der Behandlung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG mit Beschluss vom ). Die ebenfalls erteilte naturschutzbehördliche Bewilligung ist nicht Gegenstand der Beschwerde.
Mit der am bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (kurz: BH) eingebrachten Eingabe vom kam die mitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerberin) mit Zustimmung der Grundeigentümerin um die Erteilung der bau- und der gewerbebehördlichen Genehmigung eines Wohn- und Geschäftshauses in M. ein. Das Baugrundstück ist auf Grund einer von der Gemeindevertretung am 6. September und beschlossenen Änderung des Flächenwidmungsplanes als Baufläche-Mischgebiet gewidmet. Das Baugrundstück ist ein Eckgrundstück, es grenzt mit einer Seite an die F-Gasse und mit der anderen Seite an die H-Straße. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes, das vom Baugrundstück durch die F-Gasse getrennt ist.
Vorgesehen ist die Errichtung eines mehrgeschoßigen Gebäudes mit Untergeschoß, Erdgeschoß und zwei Obergeschoßen. Im Untergeschoß ist die Errichtung einer Tiefgarage mit 17 Einstellplätzen geplant, dazu sind weitere Abstellplätze auf dem Baugrundstück selbst vorgesehen.
Im Bereich des Erdgeschoßes ist ein "Back-Shop" vorgesehen, auch als "Bäckerei-Tagescafe" bezeichnet. Strittig ist im Beschwerdefall insbesondere die Nutzung der weiteren verfügbaren Flächen im Erdgeschoß (abgesehen von Stiegenhäusern udgl.). In einer Eingabe vom heißt es, die "nordwestseitige Gewerbefläche sei nun in drei Einheiten geteilt worden, die Nutzung der Einheiten sei "grundsätzlich als Büronutzung bzw. Nutzung im Bereich des Handels innerhalb der ortsüblichen Öffnungszeiten (MO - SA von 08.00 bis 19.00 Uhr) vorgesehen". Die sanitären Anlagen seien als Gemeinschaftsanlage, über den Flur zugänglich, vorgesehen.
Die Beschwerdeführer (sowie weitere Nachbarn) erhoben rechtzeitig vor und in der bau- und gewerbebehördlichen Verhandlung vor der BH am Einwendungen gegen das Vorhaben, insbesondere hinsichtlich der zu erwartenden Immissionen.
Mit Eingabe vom (bei der Behörde eingelangt am ) übermittelte die Bauwerberin unter Hinweis auf Erörterungen in der Verhandlung vom einen "Deckplan" (Plan E05 vom ) "über die Situation" im Erdgeschoß. Nach diesem Plan sind im ostseitigen Bereich des Erdgeschoßes (zur H-Straße) in Top 1 eine "Bank" (Bankfiliale), in Top 2 der "Back-Shop" vorgesehen, des Weiteren im Erdgeschoß die Top 03, 04, 05 und 06, bei denen im Plan kein Verwendungszweck angegeben ist (die Gesamtfläche dieser 4 Top beläuft sich auf mehr als 300 m2).
Die BH erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom die angestrebte bau- und naturschutzbehördliche Bewilligung (sowie eine Bewilligung nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung) mit verschiedenen Vorschreibungen. In der Beschreibung des Vorhabens heißt es u.a., im Erdgeschoß seien im nordwestlichen Bereich Gewerbeflächen vorgesehen, deren Nutzung grundsätzlich zu Bürozwecken bzw. Nutzungen im Bereich des Handels innerhalb der ortsüblichen Öffnungszeiten (Montag bis Samstag von 08.00 bis 19.00 Uhr) erfolgen solle. Die Verkaufsflächen im Gebäude lägen jedenfalls unter einer "Gesamtsumme" von 300 m2. Im Erdgeschoß sei in der Südostecke des Gebäudes die Errichtung einer Bankfiliale geplant. In einem näher bezeichneten Bereich des Erdgeschoßes solle ein Backwarenverkauf mit einem kleinen Tagescafe eingerichtet werden. Im ersten Obergeschoß seien im östlichen Gebäudebereich eine Arztpraxis mit Wartebereich, Labor, Anmeldung, drei Behandlungsbereichen sowie Sanitäranlagen geplant, im westlichen Gebäudeteil die Errichtung von Büro- und Besprechungsbereichen sowie ein Wohnbereich. Im zweiten Obergeschoß seien im östlichen Gebäudeteil wiederum Büroräumlichkeiten sowie ein Wohnbereich geplant, der nordwestliche Gebäudetrakt werde in zwei Wohneinheiten unterteilt, denen jeweils südseitig eine Terrasse vorgelagert sei.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. In einer Erledigung vom forderte die belangte Behörde die Bauwerberin auf, möglichst rasch die beabsichtigte Nutzung der Einheiten Top 03, 04, 05 und 06 im Erdgeschoß klarzustellen. Jedenfalls sei bekannt zu geben, ob in diesen Einheiten jeweils eine Nutzung als Bürofläche oder als Handelsbetrieb (mit Angabe der Branche) erfolge oder ob die Flächen bis auf Weiteres ungenutzt blieben.
In der Verhandlung vom verwies die Bauwerberin darauf, dass hinsichtlich dieser vier Einheiten im Erdgeschoß eine gewerbliche Nutzung vorgesehen sei. Die konkrete Nutzung sei derzeit noch nicht festgelegt.
Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren ergänzende Gutachten ein, die teils in der Verhandlung vom , teils in einer weiteren Verhandlung vom vorgetragen und erörtert wurden.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde (soweit verfahrensgegenständlich) mit dem Spruchpunkt b) die Berufung (gegen die bau- und die gewerbebehördliche Genehmigung) "nach Maßgabe der im nachfolgenden Begründungspunkt 4.1. festgestellten Sachverhaltsergänzung" als unbegründet abgewiesen sowie unter Ergänzung weiterer Vorschreibungen den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.
Zur Begründung heißt es nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges in Punkt 4.1., hinsichtlich des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes werde auf den erstinstanzlichen Bescheid und die einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildenden Plan- und Beschreibungsunterlagen verwiesen. In Ergänzung des Sachverhaltes werde zur Nutzung der erdgeschoßigen Einheiten Top Nr. 3, 4, 5 und 6 festgestellt, dass zwar grundsätzlich vorgesehen sei, diese Einheiten einer gewerblichen Nutzung für Bürozwecke oder im Bereich des Handels zuzuführen, derzeit aber eine konkrete (gewerbliche) Nutzung nicht feststehe und daher diese Gewerbeflächen vorerst ungenutzt blieben. Eine konkrete (gewerbliche) Nutzung dieser Gewerbeflächen sei daher nicht projektgegenständlich.
Dies begründete die belangte Behörde (Punkt 4.2.) damit, die Sachverhaltsergänzung stütze sich auf die Angaben, die die Vertreter der Bauwerberin in der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen und im Berufungsverfahren gemacht hätten.
Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang mangelhafte Planunterlagen und eine mangelhafte Sachverhaltsermittlung ins Treffen führten, sei darauf hinzuweisen, dass es sich beim baubewilligungs- und gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren um Projektverfahren handle. Wenn die Bauweberin ihr Projekt so gestalte, dass innerhalb des 14 Tops umfassenden Gesamtprojekts für vier Einheiten, die grundsätzlich als gewerbliche Einheiten mit einer Nutzung für Bürozwecke oder im Bereich des Handels deklariert seien, vorerst keine konkrete (gewerbliche) Nutzung vorgesehen sei, so lasse es diese Projektgestaltung zu, dass das Vorhaben auf seine Übereinstimmung mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften überprüft werden könne. Dies deshalb, weil die konkret feststehende Nutzung der übrigen zehn Einheiten des Vorhabens auch ohne eine Nutzung dieser vier Einheiten im Erdgeschoß möglich sei. Eine solche Projektgestaltung führe auch nicht dazu, dass die Nachbarn in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt würden, weil Errichtung und Nutzung bzw. Betrieb der Anlage immer nur im Rahmen der erteilten Baubewilligung und gewerberechtlichen Genehmigung zulässig seien.
Eine solche Projektgestaltung habe aber zur Folge, dass eine konkrete (gewerbliche) Nutzung der in Rede stehenden Einheiten in Zukunft nur auf Grund einer eigenen Baubewilligung (wesentliche Änderung der Verwendung eines Gebäudes) und gegebenenfalls einer eigenen gewerberechtlichen Genehmigung (Änderung der Betriebsanlage) zulässig sei. Es werde daher in diesem (künftigen) Verfahren zu prüfen sein, ob die bau- einschließlich der raumplanungsrechtlichen sowie die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die (sodann) beantragte Nutzung der Einheiten vorliege. Dies schließe die Prüfung mit ein, ob durch diese Nutzung die den Nachbarn in diesen Verfahren zustehenden Rechte verletzt würden. Auch sei die widmungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines bestimmten Handelsbetriebes erst dann zu prüfen.
Soweit die Beschwerdeführer ebenfalls im Hinblick auf die beschriebene Projektgestaltung eine Unzuständigkeit der BH als Baubehörde monierten, sei ihnen zu entgegnen, dass das Projekt die Errichtung eines Back-Shops einschließe, sodass jedenfalls ein "Bauwerk für genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlagen" im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. c der Verordnung über die Übertragung von Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei auf die Bezirkshauptmannschaften Bludenz, Bregenz und Feldkirch, LGBl. Nr. 11/2004 idgF, vorliege, für das im Bereich der fraglichen Gemeinde gemäß § 3 Abs. 1 dieser Verordnung die BH Feldkirch zuständige Baubehörde sei.
In weitere Folge kam die belangte Behörde mit näherer Begründung zur Beurteilung, dass sich die projektbedingt zu erwartenden Immissionen im Rahmen der Vorgaben des § 8 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) hielten.
Die belangte Behörde verwies auch darauf, dass die Beschwerdeführer die Ermittlung der erforderlichen Zahl an Stellplätzen für Kraftfahrzeuge bemängelten. Dazu sei anzumerken, dass die Vorschriften des Baugesetzes über Stellplätze für Kraftfahrzeuge und der darauf fußenden Stellplatzverordnung öffentlichen Interessen dienten, nicht aber dem Schutz der Nachbarinteressen. Den Nachbarn komme daher diesbezüglich kein Mitspracherecht zu. Das von ihnen in diesem Zusammenhang behauptete Mitwirkungsrecht bezüglich der Ermittlung des Sachverhaltes gebe es nicht, weil den Nachbarn keine weitergehenden verfahrensrechtlichen Rechte zukämen als ihr Mitsprachrecht reiche.
Auch die erforderlichen Abstände seien eingehalten (wurde näher dargelegt).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie eingangs dargelegt, geht es in diesem Erkenntnis um die Behandlung der Beschwerde insoweit, als sie die erteilte baubehördliche Genehmigung betrifft.
Die Beschwerdeführer behaupten, der angefochtene Bescheid verletze sie (insofern) in ihren Rechten auf gesetzmäßige Anwendung des § 1 der Baueingabenverordnung, in ihren Rechten nach den §§ 10, 17, 8, 5 bis 7, 12, 25 und 26 BauG, sowie im Recht auf richtige und vollständige Sachverhaltsermittlung, auf Berücksichtigung bzw. Wahrnehmung ihrer Nachbarschaftsrechte, auf ordnungsgemäße Erkenntnisbegründung und auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens sowie fairen Verfahrens.
Im Beschwerdefall ist das Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 34/2008 anzuwenden.
§ 4 Abs. 3 leg. cit. betrifft die Bebaubarkeit von Baugrundstücken aus dem Gesichtspunkt von Naturgefahren.
Die §§ 5 bis 7 BauG betreffen Abstandsvorschriften.
§ 8 BauG lautet:
"§ 8
Immissionsschutz
Bauwerke, ortsfeste Maschinen und sonstige ortsfeste technische Einrichtungen dürfen keinen Verwendungszweck haben, der eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lässt. Ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß übersteigt, ist unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens zu beurteilen."
§ 10 BauG betrifft "Kinderspielplätze und Grünflächen"
§ 12 Stellplätze für Kraftfahrzeuge, § 17 den Schutz des Orts- und
Landschaftsbildes, § 25 enthält nähere Bestimmungen zum Ermittlungsverfahren.
§ 26 BauG lautet auszugsweise:
"§ 26
Nachbarrechte, Übereinkommen
(1) Der Nachbar hat im Verfahren über den Bauantrag das Recht, durch Einwendungen die Einhaltung der folgenden Vorschriften geltend zu machen:
a) § 4 Abs. 3, soweit mit Auswirkungen auf sein Grundstück zu rechnen ist;
§§ 5 bis 7, soweit sie dem Schutz des Nachbarn dienen;
§ 8, soweit mit Immissionen auf seinem Grundstück zu rechnen ist;
...
(2) Einwendungen des Nachbarn, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind als unzulässig zurückzuweisen.
(3) ..."
Nach § 1 Abs. 2 der Baueingabeverordnung, LGBl. Nr. 62/2001 (diese Bestimmung in der Stammfassung), hat der Bauantrag Art, Lage und Umfang und die beabsichtigte Verwendung des Bauvorhabens anzugeben.
Mit der Verordnung der Landesregierung LGBl. Nr. 11/2004 (die Verordnung in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 63/2007) wurden bestimmte Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei auf die Bezirkshauptmannschaften Bludenz, Bregenz und Feldkirch übertragen.
Nach § 1 Abs. 1 lit. c dieser Verordnung werden die Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei in Bezug auf Bauwerke für genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlagen, soweit in erster Instanz der Bürgermeister Baubehörde ist, hinsichtlich bestimmter Gemeinden auf die BH Bludenz übertragen. Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Verordnung werden hinsichtlich bestimmter Gemeinden, darunter auch der Gemeinde, in der sich das Baugrundstück befindet, unter anderem diese baubehördlichen Angelegenheiten (§ 1 Abs. 1 lit. c leg. cit.) der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch zur Besorgung übertragen.
Dem in der Beschwerde wiederholten Berufungsvorbringen, die BH sei unzuständig, genügt es zu entgegnen, dass die vier verfahrensgegenständlichen Einheiten jedenfalls gewerblich genützt werden sollen, womit, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, die BH auch als Baubehörde zuständig ist (§ 3 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 1 lit. c der Bauübertragungsverordnung).
Angesichts des taxativen Kataloges des § 26 Abs. 1 BauG kommt den Beschwerdeführern als Nachbarn zur Einhaltung der (im Beschwerdepunkt geltend gemachten) Bestimmungen der §§ 10, 17 und 12 BauG kein Mitspracherecht zu, damit auch nicht zur Frage, ob die nach § 1 der Baueingabeverordnung erforderliche Anzahl von Stellplätzen gegeben ist oder nicht. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, reichen die Verfahrensrechte des Nachbarn nicht weiter, als ihnen subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt sind (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0015, mwN). Damit kommt ihnen kein Anspruch auf Mitwirkung an der korrekten Ermittlung des für diese Aspekte (§§ 10, 12 und 25 BauG) maßgeblichen Sachverhaltes zu.
Im Beschwerdepunkt behaupten die Beschwerdeführer zwar, sie seien auch im Recht auf gesetzmäßige Anwendung der §§ 5 bis 7 BauG verletzt, sie führen dazu aber nichts aus und legen nicht dar, aus welchen Gründen die nähere begründete Annahme der belangten Behörde, die erforderlichen Abstände würden eingehalten, unrichtig sein soll.
Der Kern des Vorbringens bezieht sich auf die projektgemäß zu erwartenden Immissionen, wobei die Beschwerdeführer rügen, diese könnten nicht ausreichend abgeschätzt werden, weil die Nutzung der vier Einheiten im Erdgeschoß Top 3 bis 6 unklar sei. Unzutreffend sei die Annahme der belangten Behörde, es sei diesbezüglich kein Verwendungszweck vorgesehen (wird näher ausgeführt).
Damit sind die Beschwerdeführer im Recht. Es ist im Beschwerdefall nicht so, dass hinsichtlich dieser vier Einheiten kein Verwendungszweck in dem Sinn vorgesehen wäre, dass diese Flächen überhaupt keiner Verwendung zugeführt werden dürften. Projektgegenständlich war im Verfahren erster Instanz eine Nutzung grundsätzlich als Büro oder im Bereich des Handels innerhalb der näher bezeichneten "ortsüblichen Öffnungszeiten". Im Verfahren vor der belangten Behörde hat die Bauwerberin in der Verhandlung vom erläutert, dass eine "gewerbliche Nutzung" vorgesehen sei, die konkrete Nutzung aber "derzeit noch nicht festgelegt" sei. Auf diese Erklärung bezieht sich der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannte Begründungspunkt 4.1., woraus sich die Annahme der belangten Behörde ergibt, dass diese Gewerbeflächen vorerst ungenutzt blieben.
Wesentlich erscheint daher die Frage, ob diesem Begründungspunkt 4.1. normative Wirkung hinsichtlich des Umfanges der erteilten Baubewilligung zukommt, etwa in der Art einer projektändernden Auflage des Inhaltes, dass die fraglichen Flächen nach dem Inhalt der Baubewilligung keinen Verwendungszweck hätten und ungenutzt zu bleiben hätten, es vielmehr für eine Nutzung einer späteren Baubewilligung bedürfe (wie die belangte Behörde annahm). Ein solcher normativer Gehalt ist nach dem Wortlaut des Spruches und der von der belangten Behörde angenommenen Qualifikation der beabsichtigten Verwendung als Sachverhaltselement (demnach nicht als projektändernde Auflage) zu verneinen. Die Erklärungen der Bauwerberin können auch nicht als Projekteinschränkung dahin verstanden werden, dass diese Flächen vorerst, wie dargestellt, keinen Verwendungszweck in dem Sinn haben sollten, dass nach dem Inhalt der Baubewilligung jegliche Verwendung (zu irgendwelchen Zwecken) unzulässig wäre. Die Annahme der belangten Behörde im mehrfach genannten Punkt 4.1. der Begründung, die Flächen sollten vorerst ungenutzt bleiben, ist vielmehr eine Deutung des Vorbringens der Bauwerberin im Sinn einer Absichtserklärung, ohne dass diese Projektbestandteil im zuvor umschriebenen Sinn geworden wäre. Bewilligt wurde daher eine gewerbliche Nutzung für Bürozwecke oder im Bereich des Handels, ohne dass eine konkrete Nutzung feststünde. Dies war rechtswidrig, weil aus dem Blickwinkel der Wahrung der Interessen der Beschwerdeführer, die eingewendet hatten, es seien Immissionen zu erwarten, die im Sinne des § 8 BauG nicht zulässig wären, auf die konkreten Nutzungen dieser Flächen Bedacht zu nehmen gewesen wäre.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid, soweit er die Erteilung der Baubewilligung betrifft, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
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Normen | AVG §8; BaueingabeV Vlbg 2002 §1; BauG Vlbg 2001 §10; BauG Vlbg 2001 §12; BauG Vlbg 2001 §17; BauG Vlbg 2001 §25; BauG Vlbg 2001 §26 Abs1; BauRallg; |
Schlagworte | Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Baurecht Nachbar |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2008060242.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAE-75033