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VwGH vom 29.04.2013, 2012/16/0027

VwGH vom 29.04.2013, 2012/16/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Mag. Dr. Köller, Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der A GmbH in S, vertreten durch die Nusterer Mayer Rechtsanwälte OG, 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes St. Pölten vom , Zl. Jv 4382/11m-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 bei sonstiger Exekution binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom schlossen WW und GW als Gesellschafter der WW KG und als einbringende Parteien einerseits sowie die AW GmbH (Beschwerdeführerin) andererseits einen Einbringungsvertrag "unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerlichen Begünstigungen". Vereinbart wurde die Einbringung der Mitunternehmeranteile von WW und GW an der WW KG in die AW GmbH (Beschwerdeführerin). Von der Einbringung umfasst waren unter anderem die im Alleineigentum des WW stehende Liegenschaft XY als Sondervermögen und das auf dieser Liegenschaft befindliche, in keinem Grundbuch eingetragene, im Eigentum der WW KG stehende Superädifikat.

Hinsichtlich dieses Einbringungsvertrages verfasste die Beschwerdeführerin eine Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, in dem im Einbringungsvertrag genannte Grundstücke sowie das Superädifikat in der Rubrik Grundstücksdaten angeführt wurden und als Bemessungsgrundlage gemäß § 26 GGG ein Betrag von EUR 1,409.975,-- errechnet wurde, aus dem sich eine selbst berechnete Eintragungsgebühr von EUR 14.100,-- (1,1%) ergab.

Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Rückzahlung der Eintragungsgebühr im Umfang von EUR 12.546,-- gemäß § 30 Abs. 2a GGG mit der Begründung, der auf das Superädifikat entfallende Teil der Bemessungsgrundlage im Wege der Selbstberechnung habe den zweifachen Einheitswert des Superädifikats, somit EUR 1,254.600,-- betragen. Demgemäß sei auf das Superädifikat eine Eintragungsgebühr von EUR 12.546,-- entfallen. Das Superädifikat sei jedoch kein Gegenstand der Grundbuchseintragung gewesen, weshalb die darauf entfallende Eintragungsgebühr zurückzuzahlen sei.

Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel bestätigte mit Schreiben vom der belangten Behörde die Zahlung einer Eintragungsgebühr durch die Beschwerdeführerin in der Höhe von EUR 14.100,--; als Bemessungsgrundlage dienten die zweifachen Einheitswerte des Superädifikates (EUR 1.254.600,--) und zweier Liegenschaften (EUR 111.916,16 und EUR 43.458,36).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Rückzahlungsantrag keine Folge gegeben.

In der Begründung gab die belangte Behörde den Verfahrensgang sowie die einschlägige Rechtslage wieder und führte aus, auf Grund des Grundbuchsgesuches der Beschwerdeführerin sei die Einverleibung des Eigentumsrechts zu Gunsten der Beschwerdeführerin unter anderem an jenem Grundstück XY vollzogen worden, auf dem sich das Superädifikat befinde, an dem auf Grund des Einbringungsvertrages gleichzeitig auch das Eigentum am Superädifikat von der WW KG an die Beschwerdeführerin übertragen worden sei. Es handle sich also um zwei Erwerbsvorgänge, von denen allerdings nur einer im Grundbuch vollzogen worden sei (Eigentumsübergang am Grundstück XY von WW auf die Beschwerdeführerin). Der zweite Erwerbsvorgang (Superädifikat von der WW KG an die Beschwerdeführerin) unterliege ebenfalls der Grunderwerbsteuer. Gemeinsames Merkmal der Erwerbsvorgänge des § 1 GrEStG sei der Rechtsträgerwechsel bezüglich eines Grundstückes. Daher bilde der doppelte Einheitswert des Superädifikats im Betrag von EUR 1,254.600,-- einen Teil der Bemessungsgrundlage für das gegenständliche Grundbuchsgesuch zwecks Einverleibung des Eigentumsrechtes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verfahrensakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z 4 GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher mit der Vornahme der Eintragung begründet.

Gemäß TP 9 C lit. b) Z 1 GGG sind in Grundbuchsachen für Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes Gerichtsgebühren in der Höhe von 1,1% vom Wert des Rechtes zu entrichten.

Der Wert des Rechtes ergibt sich aus der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Bestimmung des § 26 Abs. 1 GGG (aufgehoben mit Ablauf des durch das Erkenntnis des G 34, 35/11-10, BGBl. I Nr. 95/2011), die auszugsweise lautet:

" Der für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebende Wert ist bei der Eintragung des Eigentumsrechtes und des Baurechtes - ausgenommen in den Fällen der Vormerkung - sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes mit dem Betrag anzusetzen, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer oder Erbschafts- und Schenkungssteuer zugrunde zu legen wäre; hiebei sind Steuerbegünstigungen nicht zu berücksichtigen. Wenn keine Selbstberechnung nach § 11 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 oder § 23a des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 vorgenommen wurde, hat das Finanzamt diesen Betrag (Bemessungsgrundlage) in der Unbedenklichkeitsbescheinigung anzugeben; dies gilt auch für den Fall, als die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer oder der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterbleibt."

Gemäß § 22 Abs. 5 Umgründungssteuergesetz ist die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen, wenn auf Grund einer Einbringung nach § 12 Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 verwirklicht werden.

Nach der hier noch anwendbaren Bestimmung des § 30 Abs. 2a GGG (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 1/2013) ist für den Fall, dass der Anspruch des Bundes auf eine Eintragungsgebühr zu dem für die Fälligkeit der Grunderwerbsteuer beziehungsweise der Schenkungssteuer maßgebenden Zeitpunkt begründet wird (§ 2 Z 4 zweiter Halbsatz), die entrichtete Gebühr auf Antrag der Partei, die die Gebühr beigebracht hat, zurückzuzahlen, wenn die Grundbuchseintragung nicht vorgenommen wurde und wenn der Rückzahlungswerber eine Bescheinigung des für die Erhebung der jeweiligen Steuer zuständigen Finanzamts vorlegt, dass die Eintragungsgebühr beim Finanzamt entrichtet worden ist.

Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde aus, durch die Konfusion von Grundstück und Superädifikat komme es zum Verlust der rechtlichen Selbständigkeit des Superädifikats und dieses wachse dem Eigentümer des Grundstücks als unselbständiger Bestandteil zu. Die Konfusion führe jedenfalls zum Untergang des Superädifikats, ohne dass es einer Eintragung weder im Grundbuch noch in der Sammlung der gerichtlichen hinterlegten Urkunden bedurft hätte, weshalb auch keine Gebührenpflicht entstanden sei.

Mit diesem Argument ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis aus folgenden Gründen im Recht:

Erwirbt der Eigentümer eines in stabiler und massiver Bauweise ausgeführten Superädifikats auch die Liegenschaft auf der dieses errichtet ist, dann verliert das Bauwerk seine rechtliche Selbstständigkeit und wird unselbstständiger Bestandteil (Zuwachs) des Grundstücks. Für die Übertragung des Eigentums am Superädifikat ist grundsätzlich die Urkundenhinterlegung erforderlich. Dies gilt auch, wenn das Eigentum am Superädifikat auf den Eigentümer des Grundes übergehen soll, auf dem der Überbau errichtet wurde (vgl. das ).

Gemäß § 431 ABGB muss zur Übertragung des Eigentumes an unbeweglichen Sachen das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Eintragung nennt man Einverleibung (Intabulation).

Gemäß § 434 ABGB muss zur Übertragung des Eigentums an Liegenschaften, die in keinem Grundbuche eingetragen sind, eine mit den Erfordernissen der §§ 432 und 433 versehene Urkunde bei Gericht hinterlegt werden. An die Stelle der Bewilligung der Einverleibung tritt die Erklärung der Einwilligung zur Hinterlegung der Urkunde. Dasselbe gilt nach § 435 ABGB auch für die Übertragung des Eigentums an Bauwerken, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt sind, dass sie nicht stets darauf bleiben sollen, soferne sie nicht im Zugehör eines Baurechtes sind.

Entscheidend ist im Beschwerdefall die Beantwortung der Frage, welchen Wert (TP 9 C lit. b) Z 1 GGG) das ins Grundbuch eingetragene Recht im Zeitpunkt der Eintragung (§ 2 Z 4 GGG) hatte.

Unbestritten wurde nur das Eigentumsrecht an der Liegenschaft XY in das Grundbuch einverleibt, nicht jedoch jenes am Superädifikat. Es kann daher dahin stehen, zu welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin am Superädifikat Eigentum erworben hat, weil im Beschwerdefall die Vereinigung von Grundstück und Superädifikat eine Folge des Eigentumserwerbes am Grundstück darstellt, somit im Zeitpunkt der Eintragung der Liegenschaft ins Grundbuch (als das Eigentum- und auch die Gebühren begründender Tatbestand) noch nicht vollzogen war und der Wert des Superädifikats daher beim Wert des Grundstückes (noch) nicht zu berücksichtigen war.

Dies hat die belangte Behörde verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am