VwGH vom 18.12.2018, Ra 2017/17/0710

VwGH vom 18.12.2018, Ra 2017/17/0710

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Mag. Liebhart-Mutzl sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der E Kft. in S, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 20.3- 553/2017-5, LVwG 40.3-564/2017-4, betreffend eine Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Am fand in einem Lokal in Graz eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) statt, in deren Folge von einem Organ der Landespolizeidirektion Steiermark gegenüber der anwesenden Kellnerin die behördliche Schließung eines Raumes, in dem sich Glückspielgeräte befanden, ausgesprochen wurde.

2 Mit einem an die F Kft. gerichteten Bescheid vom bestätigte die Landespolizeidirektion Steiermark diese teilweise Schließung des Betriebs samt Versiegelung des davon betroffenen Raumes nach § 56a Abs. 1 und 3a GSpG.

3 Mit Schriftsatz vom erhob die revisionswerbende Partei Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) gegen die verfügte Teilbetriebsschließung und beantragte u.a. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Sie brachte zusammengefasst vor, dass sie seit - dem Tag der Kontrolle - Betreiberin des nunmehr teilweise geschlossenen bzw. versiegelten Lokals sei. Zum Beweis dafür legte sie ein als "Mietanbot" bezeichnetes Schriftstück und Unterlagen zur Anmeldung ihrer Mitarbeiter zur Sozialversicherung, darunter auch die Anmeldung jener Kellnerin, die bei der Kontrolle anwesend gewesen war, vor.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das LVwG die Maßnahmenbeschwerde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unzulässig zurück (Spruchpunkt A.), verpflichtete die revisionswerbende Partei zum Ersatz der Kosten des Verfahrens in Höhe von EUR 426,20 (Spruchpunkt B.) und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt C.).

5 Begründend führt das LVwG zusammengefasst aus, zum Zeitpunkt der Betriebsschließung sei nicht die revisionswerbende Partei, sondern die F Kft. Mieterin der Betriebsstätte gewesen. Das vorgelegte Mietanbot sei nicht datiert gewesen. Bei der Sozialversicherung sei zum Zeitpunkt der Kontrolle die Kellnerin als Arbeitnehmerin der F Kft. gemeldet gewesen. Die Kellnerin habe den Kontrollorganen auch eine "Dienstanweisung" der F Kft. übergeben. Letztere habe gegen den Betriebsschließungsbescheid auch Beschwerde erhoben. Das Gewerbeinformationssystem Austria weise überhaupt keinen Gewerbeberechtigten für das von der Betriebsschließung betroffene Lokal aus. Sämtliche Indizien hätten für ein aufrechtes Mietverhältnis der F Kft. gesprochen. Sollte jemals ein Mietverhältnis der revisionswerbenden Partei bestanden haben, so sei dieses jedenfalls erst nach der Kontrolle und Betriebsschließung am zustande gekommen. Die revisionswerbende Partei habe daher keine Beschwerdelegitimation. Die Maßnahmenbeschwerde sei daher a limine als unzulässig zurückzuweisen.

6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, die Revision kostenpflichtig zurück-, in eventu abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die revisionswerbende Partei macht in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur vorliegenden Revision geltend, das LVwG habe keine mündliche Verhandlung durchgeführt, obwohl sie eine solche in ihrer Beschwerde ausdrücklich beantragt hatte. Damit zeit sie eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Die Revision ist daher zulässig. Sie ist auch berechtigt:

10 Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG grundsätzlich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In den Abs. 2 bis 5 leg. cit. finden sich Ausnahmen von der Verhandlungspflicht. So entfällt die Verhandlung nach Abs. 2 leg. cit., wenn u.a. der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

11 Liegen diese Voraussetzungen nach Abs. 2 leg. cit. nicht vor und hat die Partei einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, so kann das Verwaltungsgericht nach § 24 Abs. 4 VwGVG nur dann von einer Verhandlung absehen, wenn es einen Beschluss zu fassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Ein Absehen von der Verhandlung ist jedenfalls (ausreichend) zu begründen (vgl. etwa zum im Wesentlichen gleichlautenden § 44 VwGVG , mwN).

12 Im Revisionsfall wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Nach dem ersten Fall des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung bei einer zurückweisenden Entscheidung entfallen.

13 In den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG liegt es im Ermessen des Verwaltungsgerichts, trotz Parteienantrages keine Verhandlung durchzuführen (). Nach der ständigen hg. Rechtsprechung sind aber bei einer Ermessensentscheidung die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (, mwN).

14 Im Revisionsfall hat das LVwG keine Verhandlung durchgeführt und dies auch nicht begründet. Damit hat das LVwG aber Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung es zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Der angefochtene Beschluss war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

15 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170710.L00
Schlagworte:
Ermessen VwRallg8

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