VwGH 01.04.2008, 2008/06/0036
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita; BauRallg; |
RS 1 | Der Umstand, dass im Jahr 1983 ein früherer Bestand durch das nunmehrige Objekt ersetzt wurde, bedeutet den Untergang des (allenfalls) bestandenen Konsenses (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/06/0176, mwN). Der Umstand, dass das neue Objekt in seiner Situierung und Dimension dem früheren entspreche, vermag daran nichts zu ändern. |
Normen | BauO Stmk 1968 §4 Abs2; BauRallg; |
RS 2 | Die Bestimmung des § 4 Abs 2 Stmk BauO 1968 kann nur auf selbständige Bauten angewendet werden (Hinweis E , 87/06/0084; hier: Wintergarten vor Wohnhaus im Ausmaß von 11 m2, die Bewilligung wurde unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Seitenabstandes versagt). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 93/06/0259 E RS 3
(hier ohne den fallspezifischen Zusatz am Ende) |
Normen | BauG Stmk 1995 §40; BauG Stmk 1995 §41 Abs3; BauRallg; |
RS 3 | Das verfahrensgegenständliche Objekt war im Zeitpunkt seiner Errichtung nicht bewilligungsfähig. Ob das Objekt nunmehr bewilligungsfähig wäre, ist sowohl im Feststellungsverfahren gemäß § 40 als auch im Beseitigungsverfahren gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG nicht von Bedeutung. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2008/06/0037
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerden 1. des J T und 2. der M T, beide in St. J, beide vertreten durch Mag. Peter Lieskonig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Klosterwiesgasse 61/II, gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung jeweils vom , 1. Zl. FA13B-12.10-S333/2008-3, betreffend ein Feststellungsverfahren gemäß § 40 Stmk. BauG (Beschwerde Zl. 2008/06/0036), und
2. Zl. FA13B-12.10-S333/2008-4, betreffend einen Beseitigungsauftrag (Beschwerde Zl. 2008/06/0037) (mitbeteiligte Parteien in beiden Beschwerdeverfahren: 1. J S und 2. T S, beide in St. J, 3. Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund des Vorbringens in den Beschwerden, der vorgelegten, angefochtenen Bescheide, der weiters vorgelegten Beilagen sowie des hg. Aktes Zl. 2006/06/0212 geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer einer Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, auf welcher sich die streitgegenständliche bauliche Anlage befindet (die unbestritten in ihrem Eigentum steht). Die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei (kurz: Nachbarn) sind Eigentümer einer unmittelbar angrenzenden Liegenschaft.
Auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer befindet sich ein gemauertes Gebäude (das nicht verfahrensgegenständlich ist); unmittelbar angebaut ist die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage, die teils als Gebäude, teils als "Verlängerung des Gebäudes" (gemeint ist das gemauerte Gebäude), teils als Zubau, teils auch als Zubauten (Mehrzahl) bezeichnet wird (Mehrzahl wohl deshalb, weil es darin zwei Lagerräume gibt, die gemäß dem vorgelegten Plan gesondert von außen zugänglich sind).
An Stelle der verfahrensgegenständlichen baulichen Anlage (die in der Folge in Anlehnung an die jeweils gebrauchte Bezeichnung als Gebäude, Zubau oder Zubauten bezeichnet wird) befand sich ein altes Gebäude, das 1983 durch das nunmehrige Gebäude ersetzt wurde, wobei die Beschwerdeführer vorbringen, dass das neue Gebäude dem alten entspreche.
Mit Eingabe vom begehrten die Nachbarn die Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich dieses (neuen) Gebäudes, das ohne Bewilligung errichtet worden sei und auch den Abstandsvorschriften nicht entspreche, wobei auch Dachwässer rechtswidrig und für sie unzumutbar auf ihr Grundstück abgeleitet würden. (Mangels Entscheidung durch den Bürgermeister brachten die Nachbarn einen Devolutionsantrag ein, mangels Entscheidung durch den Gemeinderat als Oberbehörde die zur hg. Zl. 2006/06/0212 protokollierte Säumnisbeschwerde, wobei das Beschwerdeverfahren in der Folge wegen Nachholung eines Bescheides eingestellt wurde.)
Die Beschwerdeführer beantragten ihrerseits mit Eingabe vom die Feststellung der Rechtmäßigkeit des Bestandes gemäß § 40 Stmk. BauG und zugleich die Erteilung der Benützungsbewilligung. Dazu fand am ein Ortsaugenschein statt. Gemäß der hierüber errichteten Niederschrift führte der beigezogene bautechnische Amtssachverständige unter anderem aus, in dem in Rede stehenden Zubau seien zwei Lagerräume für landwirtschaftliche Geräte und Brennholz untergebracht. Das Gebäude sei eingeschossig, als Bauweise sei die Holzskelettbauweise gewählt worden. Das Dach sei ein flach geneigtes Pultdach mit Wellfaserzementeindeckung, die nachbarseitige (südostseitige) Traufe weise eine Höhe von rund 2,55 m über Gelände auf. Die Außenwände seien mit Holzbrettern verschalt. An der Nordwestseite und der Südwestseite befänden sich hölzerne Tore. Der Zubau sowie auch das direkt anschließende altbestehende Gebäude (ein massives eingeschossiges zur Gänze unterkellertes Gebäude mit planmäßigen Außenabmessungen von 11,71 m x 6,44 m, mit steil geneigtem Satteldach) stünden knapp an der südwestlichen Grundstücksgrenze im unmittelbaren Anschluss an das Grundstück der Nachbarn. Dort befänden sich drei Grenzsteine aus Beton. Die Grenze zwischen der Liegenschaft der Beschwerdeführer und dem Grundstück der Nachbarn sei in einem vorgelegten Bauplan dargestellt und in der Natur durch Betonsteine vermarkt. Sie entspreche nicht zur Gänze der Darstellung im Lageplan vom aus der digitalen Katastermappe, weil sich der mittlere Grenzstein von der Außenwand des Gerätelagers (mit einer Fläche von 73,35 m2) rund 95 cm entfernt befinde und deshalb von der Traufenlinie dieses Gerätelagers rund 65 cm entfernt sei, sodass die Grenze zwischen den letztgenannten Grundstücken nur teilweise direkt mit der Traufenlinie ident sei.
Aus bautechnischer und baurechtlicher Sicht, so führte der Sachverständige weiter aus, sei die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für die ohne baubehördliche Bewilligung errichteten Gerätelager mit 73,35 m2 und 25,75 m2 nur dann möglich, wenn der Abstand zum Grundstück der Nachbarn entweder mindestens 3,0 m oder 0,0 m betragen würde (eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beschwerdeführern und den Nachbarn kam gemäß dieser Niederschrift nicht zu Stande).
Der Bürgermeister stellte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom fest, dass die Zubauten (Mehrzahl) zum bestehenden Wirtschaftsgebäude auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer im Ausmaß von 73,35 m2 und 25,74 m2 nicht rechtmäßig seien, weil sie zum Zeitpunkt ihrer Errichtung, im Jahr 1983, nicht bewilligungsfähig gewesen seien, denn gemäß dem Gutachten des Sachverständigen im Zuge des Ortsaugenscheines sei der erforderliche Grenzabstand nicht gegeben (das wären hier 3,0 m).
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, die mit Bescheid des Gemeinderates vom als unbegründet abgewiesen wurde (gemäß dem erstangefochtenen Bescheid mit der wesentlichen Begründung, dass das verfahrensgegenständliche Gebäude nicht direkt an der Grundgrenze errichtet worden sei, weil der Grenzverlauf nicht mit der Mauerfluchtlinie ident sei).
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem erstangefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zur Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, da die gegenständlichen baulichen Maßnahmen im Jahr 1983 erfolgt seien, sei nur zu prüfen, ob diese zum Zeitpunkt der Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach bereits ein altes Gebäude an dieser Stelle zumindest 60 Jahre lang oder länger bestanden habe und dieses durch das nunmehrige Gebäude ersetzt worden sei, welches dieselbe Position einnehme, gehe ins Leere, weil durch das Ersetzen des alten Gebäudes der hiefür bestandene Konsens untergegangen sei. Der neu errichtete Gebäudeteil müsse aber, weil der ursprüngliche Konsens untergegangen sei, nach den zum Zeitpunkt der Errichtung maßgeblichen Rechtsvorschriften beurteilt werden. Es sei daher die Frage zu prüfen, ob die gegenständliche bauliche Anlage zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wäre. Deshalb sei im gemeindebehördlichen Verfahren ein sehr genaues und umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, wobei auch (im Berufungsverfahren) ein Gutachten eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen, K., eingeholt worden sei. Aus diesem Gutachten vom sowie auch aus den ergänzenden Stellungnahmen vom 7. Mai und ergebe sich für die belangte Behörde, dass die gegenständlichen Zubauten nicht direkt an der Grundgrenze errichtet worden seien (wurde näher ausgeführt). Wie sich daraus eindeutig ergebe, bestehe kein Hinweis darauf, dass sich der Grenzverlauf in den letzten Jahren geändert habe. Auch eine angebliche Vereinbarung aus dem Jahr 1993 zwischen den Beschwerdeführern und den Nachbarn hinsichtlich des Grenzverlaufes sei aus den amtlichen Unterlagen nicht ersichtlich. Wie der Sachverständige weiters ausgeführt habe, sei die Stelle, an welcher sich der nun in der Natur bestehende Grenzstein befinde, mit jener des Grenzsteines, welcher im Jahr 1913 vorgefunden und vermessen worden sei, innerhalb der von ihm umschriebenen Genauigkeit (Dezimeter) ident. Hinsichtlich der durchgeführten Vermessung bzw. des Gutachtens K. hätten die Beschwerdeführer lediglich allgemeine Behauptungen aufgestellt, die aber für die belangte Behörde keinen Grund darstellten, das Gutachten K. samt seinen weiteren Stellungnahmen zu erschüttern.
Hinsichtlich des Einwandes, es gäbe eine Vereinbarung zwischen den Beschwerdeführern und den Nachbarn hinsichtlich des Grenzverlaufes, wonach die Mauerfluchtlinie des "Restgebäudes" (nach dem Zusammenhang ist der Altbestand gemeint) bzw. des Zubaues auch die Grundgrenze darstelle, sei festzuhalten, dass eine Änderung der Grundgrenzen nur im Wege einer Grundteilung im Sinne des Liegenschaftsteilungsgesetzes möglich sei, die einer Verbücherung bedürfe. Dies sei aber nicht erfolgt. Demzufolge sei diese Vereinbarung in diesem Bauverfahren nicht von Relevanz.
Da somit das fragliche Objekt nicht unmittelbar an der Grundgrenze errichtet worden sei, aber auch nicht den erforderlichen Abstand einhalte, seien die Beschwerdeführer durch den abweislichen Berufungsbescheid nicht verletzt worden.
Zwischenzeitig hatte der Gemeinderat (als Oberbehörde) mit dem (erstinstanzlichen) Bescheid vom den Beschwerdeführern den Auftrag erteilt, die "Zubauten" zum bestehenden Wirtschaftsgebäude im Ausmaß von 73,35 m2 und 25,75 m2 binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass diese baulichen Anlagen nicht rechtmäßig seien, wie sich aus dem Feststellungsverfahren gemäß § 40 Stmk. BauG ergeben habe. Da für diese Gebäude weder eine Baubewilligung noch eine Baufreistellung vorliege, sei hinsichtlich dieser vorschriftswidrigen baulichen Anlagen ein Beseitigungsauftrag zu erlassen.
Auch dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem zweitangefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst wird dies damit begründet, dass kein rechtmäßiger Bestand vorliege (dieser Teil der Begründung entspricht im Wesentlichen jener des erstangefochtenen Bescheides), die erforderliche Baubewilligung liege ebenso wenig vor, weshalb zutreffend ein Beseitigungsauftrag erteilt worden sei.
Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden jeweils wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:
Im Beschwerdeverfahren ist zunächst das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003 anzuwenden.
Gemäß § 4 Z 43 leg. cit. ist ein "Nebengebäude" ein eingeschossiger, ebenerdiger, unbewohnbarer Bau von untergeordneter Bedeutung mit einer Geschoßhöhe bis 3,0 m und bis zu einer bebauten Fläche von 40 m2.
§ 13 leg. cit. lautet auszugsweise:
"§ 13
Abstände
(1) Gebäude sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).
(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muss von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).
(3) ...
(8) Die Behörde kann geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen und Nachbargebäuden zulassen
für Nebengebäude oder
wenn dies im Interesse des Ortsbildschutzes, der Altstadterhaltung, des Denkmalschutzes oder der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz (Ensemble) liegt.
(9) ...
(10) Mit Zustimmung des Nachbarn können unabhängig von der Bebauungsweise Nebengebäude an der Grundgrenze zugelassen werden."
§ 21 leg. cit. lautet auszugsweise:
§ 21
Baubewilligungsfreie Vorhaben
(1) Zu den bewilligungsfreien Vorhaben gehört die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von:
1. Nebengebäuden (mit Ausnahme von Garagen), landesüblichen Zäunen, Folientunnel, Hagelnetzanlagen, Flachsilos, Beregnungsanlagen u.dgl., jeweils nur im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft, sofern keine Nachbarrechte im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 und 2 berührt werden;
...
(4) Durch baubewilligungsfreie Vorhaben dürfen Bau- und Raumordnungsvorschriften, wie insbesondere festgelegte Bauflucht-, Baugrenz- und Straßenfluchtlinien, sowie die Vorschriften über Abstände nicht verletzt werden."
§ 40 Stmk. BauG lautet:
"§ 40
Rechtmäßiger Bestand
(1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem errichtet wurden.
(2) Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem und errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.
(3) Die Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 ist über Antrag des Bauwerbers oder von Amts wegen zu beurteilen. Dabei ist die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, hat die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung.
(4) Wird das Feststellungsverfahren von Amts wegen eingeleitet, ist der Objekteigentümer zu beauftragen, die erforderlichen Projektunterlagen binnen angemessener Frist bei der Behörde einzureichen."
Nach § 41 Abs. 3 Stmk. BauG hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. (Bauanzeige) zu erteilen.
Soweit im Beschwerdefall erheblich, ist ein Bau "vorschriftswidrig" im Sinne dieser Bestimmung, wenn er u. a. sowohl zum Zeitpunkt seiner Errichtung als auch nunmehr konsensbedürftig war bzw. ist, ein entsprechender Baukonsens aber nicht gegeben ist. "Vorschriftswidrig" im Sinne des § 41 Abs. 3 Stmk. BauG können auch baubewilligungsfreie bauliche Anlagen sein, wenn sie Bau- und Raumordnungsvorschriften im Sinne des § 21 Abs. 4 leg. cit. verletzen, so auch Abstandsvorschriften (siehe dazu aus jüngerer Zeit beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0119, mwN).
Die Beurteilung der Frage, ob das fragliche Objekt, das als "bauliche Anlage" im Sinne des § 40 Abs. 2 Stmk. BauG anzusehen ist, zum Zeitpunkt seiner Errichtung im Jahr 1983 bewilligungsfähig gewesen wäre, ist gemäß Abs. 3 leg. cit. (insbesondere) nach den damals geltenden Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 (BO), vorzunehmen, die damals in der Fassung LGBl. Nr. 55/1977 galt (oder auch allenfalls, je nachdem, wie die Errichtung dieses Bauteils zeitlich zu situieren ist, in der Fassung LGBl. Nr. 9/1983, wobei es aber auf diese Unterscheidung im Beschwerdefall nicht ankommt).
Welche Abstände Gebäude einzuhalten hatten, ergab sich aus § 4 BO, wobei hier die Abs. 1 und 2 relevant sind (im maßgeblichen Zeitraum - 1983 - beide in der Stammfassung).
Nach § 4 Abs. 1 BO mussten Gebäude entweder unmittelbar aneinander gebaut werden oder voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Wurden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinander gebaut, musste ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergab. Eine Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrundgrenze errichtet wurde, musste von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, als die Anzahl der Geschoße, vermehrt um 2, ergab. Bei Gebäuden ohne die übliche Geschoßeinteilung errechnete sich die Geschoßanzahl aus der Gebäudehöhe in Metern, geteilt durch 3.
Nach Abs. 2 leg. cit. konnte, soweit hier erheblich, die Baubehörde bei Gebäuden auf einem und demselben Bauplatz auch geringere Abstände der Gebäude voneinander, "bei kleineren, ebenerdigen, unbewohnten Bauten von untergeordneter Bedeutung, wie z. B. bei Geräteschuppen, Kleingaragen, Waschküchen, Holzlagen u. dgl., überdies auch geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen zulassen".
Wie die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben hat, bedeutet der Umstand, dass im Jahr 1983 ein früherer Bestand durch das nunmehrige Objekt ersetzt wurde, den Untergang des (allenfalls) bestandenen Konsenses (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/06/0176, mwN). Der Umstand, dass, wie die Beschwerdeführer vorbringen, das neue Objekt in seiner Situierung und Dimension dem früheren entspreche, vermag daran nichts zu ändern.
Bei dem verfahrensgegenständlichen Objekt handelt es sich gemäß dem vorliegenden Plan jedenfalls nicht um zwei Gebäude oder zwei Zubauten, mag das Objekt auch zwei Lagerräume umfassen, die jeweils von außen zugänglich sind; vielmehr handelt es sich dabei um einheitliches Objekt, das an den (gemauerten) Altbestand angebaut ist und daher noch am ehesten als Zubau bzw. Gebäudeteil zu qualifizieren ist (wobei es aber auf diesen Unterschied nicht entscheidend ankommt).
Das Objekt war jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Errichtung (1983) baubewilligungspflichtig, was (zutreffend) unstrittig ist. Da es sich dabei, rechtlich gesehen, um einen Neubau handelt (weil der Konsens für den beseitigten Altbestand untergegangen ist), hatte das Objekt auch die zum Zeitpunkt der Errichtung maßgeblichen Abstandsvorschriften einzuhalten (wegen des Unterganges eines allfälligen für den Altbestand gegebenen Konsenses können sich die Beschwerdeführer daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich kein Unterschied in der Situierung ergeben habe). Das Objekt hält aber den gemäß § 4 Abs. 1 BO erforderlichen Grenzabstand nicht ein, was die Beschwerdeführer auch nicht mehr bestreiten. Auch ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen, dass zum Nachbargrundstück die Dachtraufe über die Gebäudefront hinausragt. Schlösse die Gebäudefront unmittelbar an die Grundgrenze an, würde das Dach mit seiner Traufe die Grenze überragen (was nicht zulässig war), schlösse die Traufenlinie mit der Grundgrenze ab, befände sich die Gebäudefront nicht unmittelbar an der Grenze. Zwar konnte die Baubehörde gemäß § 4 Abs. 2 BO unter den dort genannten Voraussetzungen auch geringere Abstände zur Grenze zulassen (als nach Abs. 1 erforderlich), das kommt aber hier nicht in Betracht, weil es sich bei diesem Objekt auf Grund seiner Dimension nicht um einen "kleineren Bau" handelt und auch die Bestimmung des § 4 Abs. 2 BO nur auf selbständige Bauten angewendet werden kann (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/06/0196, und vom , Zl. 93/06/0259, mwN).
Die Beurteilung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, dass das verfahrensgegenständliche Objekt im Zeitpunkt seiner Errichtung nicht bewilligungsfähig war, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden. Ob aber das Objekt nunmehr bewilligungsfähig wäre, ist sowohl im Feststellungsverfahren gemäß § 40 als auch im Beseitigungsverfahren gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG nicht von Bedeutung.
Wie bereits dargelegt, können auch baubewilligungsfreie bauliche Anlagen (im Sinne des § 21 Stmk. BauG) "vorschriftswidrig" im Sinne des § 41 Abs. 3 leg. cit. sein, insbesondere, wenn sie die Abstandsvorschriften verletzen. Aus dem Hinweis der Beschwerdeführer auf § 13 Abs. 8 und Abs. 10 leg. cit. ist hier nichts zu gewinnen: Danach kann zwar die Baubehörde unter den dort genannten Voraussetzungen geringere Abstände "zulassen", eine solche Festlegung ist aber jedenfalls bislang nicht erfolgt, sodass das Objekt auch dann, wenn man es als baubewilligungsfrei ansehen sollte, wie die Beschwerdeführer möglicherweise meinen (was ausdrücklich dahingestellt bleiben kann), jedenfalls vorschriftswidrig im zuvor genannten Sinn ist (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0064).
Demnach kann auch der erteilte Beseitigungsauftrag nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Da sich somit schon aus dem Vorbringen in den Beschwerden ergibt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BauG Stmk 1995 §40; BauG Stmk 1995 §41 Abs3; BauO Stmk 1968 §4 Abs2; BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita; BauRallg; |
Schlagworte | Baubewilligung BauRallg6 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2008:2008060036.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAE-74690