VwGH vom 22.11.2012, 2012/15/0138

VwGH vom 22.11.2012, 2012/15/0138

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der M G in I, vertreten durch die Dr. Christian Fuchs Rechtsanwalt GmbH in 6020 Innsbruck, Sillhöfe 7/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0654-I/08, betreffend Körperschaftsteuer 2003 bis 2007 und Körperschafsteuervorauszahlungen 2008, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der beschwerdeführenden GmbH - sie ist seit 1980 im Firmenbuch (vormals Handelsregister) eingetragen - im Instanzenzug Mindestkörperschaftsteuer iSd § 24 Abs. 4 KStG 1988 für die Jahre 2003 bis 2007 und entsprechende Körperschaftsteuervorauszahlungen 2008 vorgeschrieben.

In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, nach § 24 Abs. 4 Z 1 erster Satz KStG 1988 in den für die Streitjahre geltenden Fassungen hätten unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer in Höhe von 5% eines Viertels der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals zu entrichten.

Unbeschränkt steuerpflichtig seien gemäß § 1 Abs. 2 KStG 1988 Körperschaften, die im Inland ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz hätten. Gemäß § 4 Abs. 1 KStG 1988 seien Körperschaften ab jenem Zeitpunkt steuerpflichtig, in dem die Rechtsgrundlage festgestellt sei und sie erstmalig nach außen in Erscheinung träten. Nach § 4 Abs. 2 KStG 1988 seien Körperschaften bis zu jenem Zeitpunkt steuerpflichtig, in dem die Rechtspersönlichkeit untergehe.

Die Beschwerdeführerin sei eine im Firmenbuch "als bestehend" eingetragene GmbH. Unzweifelhaft sei sie iSd § 4 Abs. 1 KStG 1988 nach außen hin in Erscheinung getreten, sodass die unbeschränkte Steuerpflicht entstanden sei. Die belangte Behörde habe zwar mangels Vorlage von Unterlagen nicht feststellen können, in welchem Ausmaß die Beschwerdeführerin jemals tätig geworden sei. Für die Steuerpflicht genüge es aber ohnedies, wenn erkennbare rechtliche Beziehungen irgendwelcher Art zu Dritten entfaltet worden seien. Eine nach außen erkennbare Tätigkeit sei beispielsweise bereits die Eröffnung eines Bankkontos für die Einzahlung des Stammkapitals der GmbH, die Vornahme einer Geldtransaktion für die Gesellschaft oder die Anmeldung der Registrierung in einem öffentlichen Register (Hinweis auf Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger , KStG 1988,

§ 4 Rz 22; Achatz/Bieber , in Achatz/Kirchmayr (Hrsg.), KStG

§ 4 Tz 9). Derartige wirtschaftliche Aktivitäten seien von der

Beschwerdeführerin vorgenommen worden. So gehe aus der Vorhaltsbeantwortung vom , aus dem in der Berufung verwiesenen Schreiben vom sowie aus den beim Firmenbuch eingereichten Daten der Bilanzen hervor, dass die Beschwerdeführerin über ein Bankkonto, Bankguthaben und Vorräte verfüge, Vorschüsse für künftige Leistungen erbracht habe und Verbindlichkeiten aufweise. Die Steuerpflicht der Beschwerdeführerin und damit die Verpflichtung zur Entrichtung einer Mindestkörperschaftsteuer seien daher zweifelsfrei gegeben.

Der Einwand in der Berufung, wonach die Beschwerdeführerin lediglich einen "Mantel" ohne jegliche Geschäftstätigkeit darstelle und daher nicht der Mindestkörperschaftsteuer unterliege, könne der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Selbst wenn man von der behaupteten Untätigkeit der Beschwerdeführerin ausgehe, unterliege sie der Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs. 4 KStG.

Der Verfassungsgerichtshof habe sich bereits wiederholt mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 auseinandergesetzt und u.a. im Erkenntnis vom , B 2195/97, ausgesprochen, dass gegen die Regelung des § 24 Abs. 4 KStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/1997, die inhaltlich den für die streitgegenständlichen Jahre anzuwendenden Fassungen entspreche, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. Auch das Unionsrecht stehe der Mindestkörperschaftsteuer nicht entgegen, wie dies der , ausgesprochen habe.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 169/12, abgelehnt und dabei auf seine Rechtsprechung zur Mindestkörperschaftsteuer (insbesondere VfSlg. 15.060/1997 und 19.449/2011) verwiesen. Er hat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof wird vorgebracht, die beschwerdeführende GmbH habe ein "ruhender Mantel" sein sollen und sei "zuletzt nicht mehr aktiviert" worden. Die Beschwerdeführerin verfüge über keine Gewerbeberechtigung und habe daher keine Geschäftstätigkeit entwickelt. Sie habe keine Einkünfte lukriert. Sie werde auch in Zukunft keine Einkünfte erzielen. Im Übrigen sei diese Steuer im Ergebnis eine Registersteuer, die gegen die EG-Richtlinie betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital verstoße.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Zutreffend führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass die Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs. 4 KStG 1988 an das Bestehen der unbeschränkten Steuerpflicht iSd § 1 Abs. 2 KStG 1988 anknüpft. Die Mindeststeuerpflicht beginnt gemäß § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 mit dem Tag des Eintretens in die unbeschränkte Steuerpflicht.

Den Beginn der Steuerpflicht regelt § 4 Abs. 1 KStG 1988. Bei juristischen Personen des privaten Rechts iSd § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 beginnt sie, wenn die Rechtsgrundlage "festgestellt" ist und die juristische Person erstmalig nach außen in Erscheinung tritt (vgl. Schuchter in Achatz/Kirchmayr (Hrsg.), KStG § 24 Tz 72f). Dieses In-Erscheinung-Treten erfordert eine nach außen hin erkennbare Tätigkeit. Darunter fällt beispielsweise bereits die Eröffnung eines Bankkontos, das der Einzahlung des Stammkapitals zu dienen bestimmt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 84/13/0239).

Die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, wonach die Beschwerdeführerin eine Bankbeziehung eröffnet hat, wird in der Beschwerde nicht bekämpft. Bereits damit ist eine nach außen hin erkennbare Betätigung der Beschwerdeführerin gegeben. Da die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 24 Abs. 4 KStG 1988 unstrittig erfüllt sind, ist es somit nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde die Steuerpflicht nach § 24 Abs. 4 KStG 1988 angenommen hat.

Der , Schmid , zu Recht erkannt, dass eine Abgabe wie die Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs. 4 KStG 1988 nicht gegen Art. 10 der Richtlinie 69/335/EWG betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital verstößt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0032).

Die in der Beschwerde zitierte Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2008/7/EG vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital entspricht der Vorgängerbestimmung des Art. 10 lit. c der Richtlinie 69/335/EWG. Zu dieser Bestimmung hat der in den Rn 22 und 23 ausgeführt, dass die Mindestkörperschaftsteuer keinen formellen Zusammenhang mit der Eintragung einer Gesellschaft in das Firmenbuch aufweist und solcherart kein Konflikt mit dieser Richtlinienbestimmung gegeben ist. Das gilt in gleicher Weise in Bezug auf die Richtlinie 2008/7/EG.

Die Beschwerde nennt schließlich auch die auf "Kapitalzuführungen" abstellende Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2008/7/EG. Dass aber die Mindestkörperschaftsteuer, die für jedes Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht einer Kapitalgesellschaft erhoben wird, nicht einen Vorgang voraussetzt, der eine Bewegung von Kapital - in Form einer Übertragung oder einer Erhöhung - betrifft, hat der EuGH ebenfalls unzweifelhaft bereits in Rn 19 und 20 seines Urteils vom ausgesprochen. Schon deshalb ist der gerügte Verstoß gegen die genannte Richtlinie somit nicht gegeben.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am