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VwGH vom 15.09.2009, 2008/06/0005

VwGH vom 15.09.2009, 2008/06/0005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde


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1.
des A, 2. des B, 3. der C Gesellschaft m.b.H., 4. des D,
5.
des E, 6. der F KG, 7. des F, 8. der G, 9. der Internationalen Kulturvereinigung H, 10. der Verlassenschaft nach I, 11. des J,
12. des K, 13. des L, und 14. der M, die Drittbeschwerdeführerin in X, alle anderen Beschwerdeführer in Y, alle vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 013763/2007-18, betreffend Verlust der Parteistellung im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: W GmbH in Y, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben je zu gleichen Teilen der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte beantragte mit dem am beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz eingelangten Ansuchen die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für den Zubau und die Sanierung des auf den Grundstücken Nr. 134/9, 134/10, 134/11, 134/18 und 134/19, KG Q, befindlichen Verwaltungsgebäudes und den Neubau der Tiefgarage. Das Bauvorhaben umfasst die Durchführung von (inneren und äußeren) Umbauten beim bestehenden 10-geschoßigen Büro- und Verwaltungsgebäude, die Errichtung eines 11-geschoßigen Zubaues an dieses Gebäude, die Errichtung einer Tiefgarage für 239 Pkw, die Errichtung von Stützmauern und von Geländeveränderungen sowie den Abbruch des Kühlturmes und des (dreigeschoßigen) Gebäudes "Datenverwaltung".

In einem Aktenvermerk vom stellte die erstinstanzliche Baubehörde fest, dass als Eigentümer von im 30-m-Bereich liegenden Grundstücken im vorliegenden Bauverfahren ca. 171 Personen zur mündlichen Verhandlung zu laden wären. Da mehr als 100 Personen an der Verwaltungssache beteiligt seien, sei eine Kundmachung durch Edikt gemäß § 44a Abs. 1 AVG zulässig.

Die Beschwerdeführer sind unbestritten Eigentümer von Grundstücken, die innerhalb einer Entfernung von 30 m zu den Grenzen der Baugrundstücke gelegen sind; sie haben nie bestritten, dass mehr als 100 Personen an der Verwaltungssache beteiligt sind.

In der Ediktalladung vom wurde das verfahrensgegenständliche Bauansuchen der Mitbeteiligten und der Gegenstand des Ansuchens samt einer kurzen Beschreibung des Bauvorhabens bekannt gegeben und die Anberaumung der mündlichen Verhandlung am kundgemacht.

Weiters ist darin Folgendes ausgeführt:

"Innerhalb von sechs Wochen ab Kundmachung dieses Edikts können bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden.

Wurde ein Antrag durch Edikt kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben. § 42 Abs. 3 AVG ist sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung in der Sache, bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist."

Weiters wurde darauf hingewiesen, dass der Antrag und die übrigen Unterlagen innerhalb der Einwendungsfrist an der angegebenen Stelle während der Parteienverkehrszeit zur Einsicht aufliegen. Das Edikt enthält auch den Hinweis, dass in diesem Verfahren Zustellungen durch Edikt vorgenommen werden können.

Dieses Edikt wurde am im redaktionellen Teil der Tageszeitungen "Kleine Zeitung" und "Standard" und im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" verlautbart. Zusätzlich wurde das Edikt über sechs Wochen an der Amtstafel des Rathauses der Landeshauptstadt Graz und an der Amtstafel des Bezirksamtes für den 2. Bezirk angeschlagen sowie ins Internet gestellt.

Am fand die mündliche Verhandlung in dem vorliegenden Bauverfahren statt. Die Beschwerdeführer waren dazu nicht erschienen.

Mit Eingabe vom (eingelangt beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz am selben Tag) erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Bauvorhaben und stellten diverse weitere Anträge (wie auf Akteneinsicht, Zusendung von Gutachten und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung). Zur Rechtzeitigkeit der Einwendungen führten sie aus, dass ihr Rechtsvertreter anlässlich einer Besprechung am bei der Baubehörde erfahren habe, dass am in dieser Angelegenheit die Bauverhandlung stattgefunden habe. Sie hätten entgegen dem klaren Wortlaut des § 25 Stmk. BauG keine Ladung zu dieser Verhandlung erhalten. Nach ihrer Ansicht sei die Präklusionswirkung nicht eingetreten, weil die für den Eintritt der Präklusion maßgeblichen Kundmachungsvorschriften betreffend das Edikt und die mündliche Verhandlung gemäß § 44a AVG und § 44d AVG hinsichtlich der in § 25 Stmk. BauG normierten Vorgaben nicht eingehalten worden sei. Die in § 25 Abs. 1 Stmk. BauG vorgesehene persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten sei bei der Kundmachung eines Ediktes gemäß § 44a Abs. 3 AVG ein zusätzliches Kundmachungserfordernis.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz bewilligte das angeführte Bauvorhaben mit Bescheid vom unter Auflagen und wies die Einwendungen der Beschwerdeführer vom und die weiteren gestellten Anträge zurück. Sie führte zur Zurückweisung der Einwendungen der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, das Edikt habe gemäß § 44a Abs. 2 AVG den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens, eine Frist von mindestens sechs Wochen, innerhalb derer bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden könnten, den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b AVG, sowie den Hinweis enthalten, dass die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren durch Edikt vorgenommen werden könnten. Ausdrücklich sei im Edikt gemäß § 44b Abs. 1 AVG darauf hingewiesen worden, dass Personen ihre Stellung als Partei verlören, soweit sie nicht rechtzeitig, also innerhalb der sechswöchigen Einwendungsfrist, das sei im vorliegenden Fall vom bis zum gewesen, bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhöben.

Gemäß § 44a Abs. 3 zweiter Satz AVG sei der Inhalt des Ediktes, wenn in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen sei, darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im Übrigen könne die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. Die im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangende Verwaltungsvorschrift sei das Stmk. BauG 1995 in der Fassung der Novelle 2003. § 25 Stmk. BauG trage die Überschrift "Kundmachung und Ladung zur Bauverhandlung". Gemäß Abs. 1 erster bzw. letzter Satz habe die Anberaumung einer Bauverhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen bzw. sei, wenn noch andere Personen als Beteiligte - also unbekannte Beteiligte - in Betracht kämen, die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

§ 25 Abs. 1 Stmk. BauG unterscheide zwischen der Anberaumung einer Bauverhandlung durch persönliche Verständigung von bekannten Beteiligten und einer Kundmachung der Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder durch "Verlautbarungen" in der für amtliche Kundmachung der Behörde bestimmten Zeitung für nicht bekannte Beteiligte. Die Ladung zur Bauverhandlung für persönlich bekannte Beteiligte sei also von der Kundmachung durch Anschlag in der Gemeinde für nicht bekannte Beteiligte zu unterscheiden. Dies folge auch aus § 27 Abs. 1 Stmk. BauG, wonach ein Nachbar seine Stellung als Partei verliere, soweit er nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG erhebe, wenn eine Bauverhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung erfolgt sei und die Bauverhandlung zusätzlich in geeigneter Form kundgemacht worden sei.

Die in § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 (am in Kraft getreten) vorgesehene Derogationswirkung gegenüber von bestimmten Bestimmungen dieser Novelle abweichenden Vorschriften des Bundes oder der Länder habe im Geltungsbereich des Stmk. BauG § 24 Abs. 1 und 2 (Bauverhandlung), § 27 (Parteistellung) und § 33 Abs. 4 Z. 1 Stmk. BauG betroffen.

Das Stmk. BauG habe weder vor noch nach der Novelle 2003 Regelungen über Großverfahren enthalten. Da die im vorliegenden Zeitpunkt in Geltung stehenden Bestimmungen des Stmk. BauG keine Regelungen über Großverfahren enthielten, seien die Bestimmungen der §§ 44a bis 44g AVG uneingeschränkt anzuwenden. Dies habe wiederum zur Folge, dass die einwendenden Beschwerdeführer ihre Stellung als Partei verloren hätten, da sie nicht innerhalb der sechswöchigen Frist ab Kundmachung des Ediktes schriftlich Einwendungen erhoben hätten. Die Anträge seien daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass ausschließlicher Prüfungsgegenstand die Frage sei, ob die erstinstanzliche Behörde zutreffend vom Vorliegen der Präklusion ausgegangen sei. Entgegen dem Berufungsvorbringen sei eine persönliche Verständigung aller der Behörde bekannt gewordenen Nachbarn nicht mehr Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge gemäß § 42 Abs. 1 AVG, da dieser als Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge nämlich nicht normiere, dass § 41 Abs. 1 AVG eingehalten, sondern dass die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG (und in der nach den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form) kundgemacht worden sei. Sei dies der Fall, dann betreffe die Präklusionswirkung (Verlust der Parteistellung) auch jene Personen, die - als "bekannte Beteiligte" - von der Behörde persönlich zu laden gewesen wären (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0169, dieses Erkenntnis sei - auch wenn es zu § 356 Abs. 1 GewO ergangen sei - vollinhaltlich auf § 25 Abs. 1 Stmk. BauG in der Fassung der Novelle 2003 anzuwenden, da in beiden Bestimmungen die persönliche Ladung der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und der Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke bzw. die Anberaumung einer Bauverhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten - also die Pflicht zu persönlicher Verständigung - normiert sei).

Entscheidend sei, ob die mündliche Verhandlung gemäß der für Ediktalladungen relevanten Bestimmung des § 42 Abs. 1 zweiter Satz AVG unter Androhung der Rechtsfolge zusätzlich zum Edikt noch in einer in den Verwaltungsvorschriften geregelten besonderen Form kundgemacht worden sei, die sich wiederum aus den Materiengesetzen ergebe. Die im vorliegenden Fall erfolgte Kundmachungsform übertreffe die vom Materiengesetzgeber an erhöhte Publizitätserfordernisse gestellten Anforderungen.

Sämtliche Kundmachungsschritte einschließlich der Veröffentlichung in den drei Zeitungen, des Anschlages des Edikts an zwei Amtstafeln und die Abrufbarkeit des Edikts auf der Homepage der Landeshauptstadt Graz seien aktenkundig dokumentiert. Die belangte Behörde habe keine Zweifel, dass die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG zusätzlich in der nach den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht worden sei. Demgemäß habe der Verlust der Parteistellung auch jene Personen betroffen, die von der Behörde persönlich zu laden gewesen wären, wobei sich im Hinblick auf die ordnungsgemäße Kundmachung des Edikts auch niemand darauf berufen habe können, "er habe auf Grund einer längeren Ortsabwesenheit vom Vorhaben keine Kenntnis erlangt" (Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen zur AVG-Novelle 1998, S 32 zu § 44a AVG). Da innerhalb der 6-Wochen-Frist, die am begonnen und am Freitag, dem um 24.00 Uhr, geendet habe, keine Einwendungen erhoben worden seien, habe die erstinstanzliche Behörde zutreffend Präklusion (den Verlust der Parteistellung) angenommen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall kommt, soweit es die Ediktalladung, die Kundmachung der mündlichen Verhandlung und die mündliche Verhandlung betrifft, das AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 zur Anwendung.

Gemäß § 41 Abs. 1 AVG hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

§ 42 Abs. 1 AVG sieht vor, dass, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, dies zur Folge hat, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

Wenn eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung kundgemacht wurde, so erstreckt sich gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung kann eine Person, die glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist.

§ 44a, § 44b Abs. 1 und § 44d AVG sind die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen über das Großverfahren, die wie folgt lauten:

"Großverfahren

§ 44a. (1) Sind an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt, so kann die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen.

(2) Das Edikt hat zu enthalten:

1. den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens;

2. eine Frist von mindestens sechs Wochen, innerhalb derer bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden können;


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3.
den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b;
4.
den Hinweis, dass die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.

(3) Das Edikt ist im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weit verbreiteter Tageszeitungen und im "Amtsblatt der Wiener Zeitung" zu verlautbaren. Ist in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen, so ist der Inhalt des Edikts darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im Übrigen kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. In der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner ist die Kundmachung durch Edikt nicht zulässig.

§ 44b. (1) Wurde ein Antrag durch Edikt kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben. § 42 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Der Antrag, die Antragsunterlagen und die vorliegenden Gutachten der Sachverständigen sind, soweit sie nicht von der Akteneinsicht ausgenommen sind, während der Einwendungsfrist bei der Behörde und bei der Gemeinde zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Beteiligten können sich hievon Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen. Erforderlichenfalls hat die Behörde der Gemeinde eine ausreichende Anzahl von Kopien zur Verfügung zu stellen.

§ 44d. (1) Die Behörde kann eine mündliche Verhandlung gemäß § 44a Abs. 3 durch Edikt anberaumen, wenn der Antrag gemäß § 44a Abs. 1 kundgemacht worden ist oder gleichzeitig kundgemacht wird.

(2) Das Edikt hat zu enthalten:

1. den Gegenstand der Verhandlung, eine Beschreibung des Vorhabens und einen etwaigen Zeitplan;

2. Ort und Zeit der Verhandlung."

Gemäß § 82 Abs. 7 AVG treten alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die u.a. von den §§ 42, 43, 44, 44a bis 44g in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 abweichen, mit Ablauf des außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem kundgemacht worden sind (§ 41 Abs. 1 AVG ist in dieser Übergangsbestimmung nicht angeführt).

Im vorliegenden Beschwerdefall ist weiters das Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG) in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003, anzuwenden.

Mit der am in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 78/2003 wurde u.a. § 25 betreffend die Kundmachung und Ladung zur Bauverhandlung und § 27 über die Parteistellung neu erlassen. Sie enthalten teils abweichende Regelungen von § 41 Abs. 1 AVG und § 42 AVG in der Fassung der Novelle 1998.

Gemäß § 25 Abs. 1 Stmk. BauG hat die Anberaumung einer Bauverhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. In der Folge nennt diese Bestimmung die Personen, die insbesondere als bekannte Beteiligte gelten, darunter die Nachbarn, die der Behörde durch das auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit hin überprüfte Verzeichnis nach § 22 Abs. 2 Z. 4 bekannt geworden sind (Z. 5 dieser Bestimmung). (Dem Bauansuchen ist gemäß § 22 Abs. 2 Z. 4 Stmk. BauG ein Verzeichnis der Grundstücke, die bis zu 30,0 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, jeweils mit Namen und Anschriften der Eigentümer dieser Grundstücke anzuschließen.) Der letzte Satz des § 25 Abs. 1 Stmk. BauG sieht vor, dass, wenn noch andere Personen als Beteiligte (also nicht bekannte Beteiligte) in Betracht kommen, die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen ist.

§ 27 Abs. 1 Stmk. BauG sieht vor, dass, wenn eine Bauverhandlung gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz und zusätzlich in geeigneter Form kundgemacht wurde, dies zur Folge hat, dass ein Nachbar seine Stellung als Partei verliert, soweit er nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhebt. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Nachbar von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung erstreckt sich die in Abs. 1 bezeichnete Rechtsfolge (Verlust der Parteistellung), wenn eine Bauverhandlung nicht gemäß § Abs. 1 kundgemacht wurde, nur auf jene Nachbarn, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Bauverhandlung erhalten haben.

Abs. 3 dieser Bestimmung sieht eine Quasi-Wiedereinsetzung für den Fall vor, dass eine Kundmachung im Sinne des § 27 Abs. 1 Stmk. BauG kundgemacht worden ist und ein Nachbar dennoch nicht rechtzeitig Einwendungen erhebt.

Die Beschwerdeführer machen geltend, dass § 25 Stmk. BauG durch die Novelle 2003 neu erlassen worden sei. Es handle sich dabei um eine Bestimmung, die im Sinne des § 82 Abs. 7 AVG nach dem kundgemacht worden sei. Das bedeute entweder, dass die Regelungen des AVG für Großverfahren im Verfahren nach dem Stmk. BauG mangels entsprechender Anordnung des Baugesetzgebers seit der Novelle 2003 nicht mehr angewendet werden dürften, oder dass die im neu gefassten § 25 Stmk. BauG enthaltenen besonderen Vorgaben auch im Rahmen eines Großverfahrens nach den § 44a ff AVG jedenfalls berücksichtigt werden müssten. Beides sei nicht geschehen.

Dieses Vorbringen der Beschwerdeführer ist nicht zielführend.

§ 25 Stmk. BauG betrifft die Regelung der Kundmachung und Ladung zur Bauverhandlung. Es handelt sich dabei um eine dem § 41 AVG gleichartige Regelung. § 41 AVG ist in der Übergangsbestimmung des § 82 Abs. 7 AVG nicht angeführt, ist also von dieser Übergangsbestimmung nicht erfasst. Abgesehen davon treffen §§ 44a ff AVG eigene Regelungen für Großverfahren. § 44a Abs. 1 AVG sieht am Beginn eines solchen Großverfahrens vor, dass die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen kann.

§ 44a Abs. 3 AVG regelt dann die Kundmachung eines solchen Ediktes. § 44b Abs. 1 AVG normiert eine eigene im Rahmen eines mit Edikt eingeleiteten Großverfahrens vorgesehene Präklusionswirkung mit der Folge des Verlustes der Parteistellung. § 44b Abs. 1 AVG sieht vor, dass in einem solchen mit Edikt eingeleiteten Großverfahren auch die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung mit einem Edikt gemäß § 44a Abs. 3 AVG zulässig ist. Der Steiermärkische Baurechtsgesetzgeber wollte in der Novelle 2003 in § 24 Abs. 1 und 2 und im § 27 Stmk. BauG Regelungen treffen, die im Sinne der Übergangsbestimmung des § 82 Abs. 7 AVG sich an § 39 Abs. 2 AVG bzw. § 42 AVG grundsätzlich orientieren, aber auch Abweichungen davon anordnen (175 BlgLT 14. GP, 6 f).

Aus dem Umstand, dass der Steiermärkische Baurechtsgesetzgeber in § 27 Abs. 1 Stmk. BauG nach dem in der Übergangsbestimmung des § 82 Abs. 7 AVG genannten Zeitpunkt im Sinne des Art. 11 Abs. 2 B-VG eine zum AVG (nämlich § 42 Abs. 1 AVG) abweichende Regelung geschaffen hat, kann nicht geschlossen werden, dass der Landesgesetzgeber damit die Anwendung der Regelungen des AVG über das Großverfahren (§§ 44a ff AVG) ausschließen wollte. Für diese Annahme bieten auch die Gesetzesmaterialien zur Novelle 2003, LGBl. Nr. 78, (vgl. die schon angeführten Materialien) keinerlei Grundlage. Der Landesgesetzgeber ging davon aus, dass § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Stmk. BauG (betreffend die Bauverhandlung), § 27 leg. cit. betreffend die Parteistellung und § 33 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. (betreffend die Vorgangsweise bei unvollständig bzw. mangelhaft belegter Anzeige) gemäß § 82 Abs. 7 AVG derogiert worden sei. Diese Bestimmungen sollten zur leichteren Lesbarkeit des baurechtlich spezifischen Verfahrensrechtes und für den besseren Rechtszugang für den Bürger neu erlassen werden, wobei sich der Landesgesetzgeber weitgehend an den Regelungen des AVG orientierte.

Weiters meinen die Beschwerdeführer, dass aus § 44a Abs. 3 AVG betreffend die Erfordernisse der Kundmachung des Ediktes abzuleiten sei, dass im vorliegenden Fall die besonderen Kundmachungserfordernisse der Verwaltungsvorschriften, nämlich des § 25 Stmk. BauG, einzuhalten seien. Dies ergebe sich nach Ansicht der Beschwerdeführer daraus, dass § 44a Abs. 3 zweiter Satz AVG anordne, dass - wenn in den Verwaltungsvorschriften (hier dem Stmk. BauG) für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen sei - der Inhalt des Ediktes darüber hinaus in dieser Form kundzumachen sei. Damit sei nach Ansicht der Beschwerdeführer klar gestellt, dass, wenn es in einem Materiengesetz besondere Kundmachungs- und Ladungsvorschriften gebe, diese zusätzlich zur öffentlichen Verlautbarung einzuhalten seien. Durch den Verweis auf § 44a Abs. 3 AVG in § 44 d Abs. 1 AVG sei klar gestellt, dass diese Vorgabe auch für die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung im Großverfahren gelte. § 25 Abs. 1 Stmk. BauG sehe die persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten vor. Nach Ansicht der Beschwerdeführer verstehe der Landesgesetzgeber in der Novelle 2003 unter Kundmachung die persönliche Verständigung u.a. der "30-m-Nachbarn". Der Begriff Kundmachung werde vom Gesetzgeber als Synonym für persönliche Verständigung verstanden.

Auch diesem Vorbringen der Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist festzustellen, dass für den Eintritt der Rechtswirkungen eines Ediktes gemäß § 44a Abs. 3 AVG die im ersten Satz dieser Bestimmung geforderten Kundmachungen maßgeblich sind, nämlich die Verlautbarung des Ediktes im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weit verbreiteter Tageszeitungen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung. So wird im Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses zu der Novelle des AVG (BGBl. I Nr. 158/1998; 167 BlgNR 20. GP, 32f) ausgeführt, dass Rechtswirkungen lediglich das Edikt selbst entfalte, das sei das gemäß § 44a Abs. 3 erster Satz AVG in den Tageszeitungen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Verlautbarte. Gemäß § 44a Abs. 3 zweiter Satz sei - so wird in diesem Bericht ausgeführt - in der in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form lediglich der Inhalt des Edikts kundzumachen, von dieser zusätzlichen Kundmachung gingen also keine Rechtswirkungen aus (vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 44a Rz 15 und Rz 17). Schon im Hinblick darauf kann dahingestellt bleiben, ob alle Beschwerdeführer als bekannte Beteiligte zu qualifizieren wären. Aus § 44b Abs. 1 AVG betreffend die Regelung der Präklusionswirkung im Großverfahren ergibt sich in gleicher Weise wie aus § 42 Abs. 1 AVG (neben der Regelung des § 41 Abs. 1 AVG über die persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten), dass die in § 25 Abs. 1 Stmk. BauG normierte persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten keine Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolgen gemäß § 44b Abs. 1 AVG im Großverfahren ist (vgl. zu dieser Problematik zu § 41 Abs. 1 und § 42 Abs. 1 AVG das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0169).

Abgesehen davon kann aus dem Verweis in § 44a Abs. 3 zweiter Satz AVG auf die in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung vorgesehene besondere Form in Verbindung mit der Regelung des § 25 Stmk. BauG nicht abgeleitet werden, dass damit auf das Erfordernis der persönlichen Verständigung der bekannten Beteiligten verwiesen ist. Die Regelung des § 25 Stmk. BauG enthält - wie dies die Überschrift bereits angibt - Regelungen betreffend die Kundmachung bzw. die Ladung zur Bauverhandlung. Wenn diese Bestimmung die Anberaumung einer Bauverhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten - wie dies auch § 41 Abs. 1 AVG vorsieht - regelt, handelt es sich dabei unzweifelhaft um eine Regelung über die Ladung zur Bauverhandlung. Dem gegenüber enthält § 25 Abs. 1 letzter Satz eine Regelung über die Kundmachung einer Bauverhandlung, wenn dort angeordnet ist, dass für andere Personen als bekannte Beteiligte die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen ist.

Im vorliegenden Fall wurden die Kundmachungsvorschriften gemäß § 44a Abs. 3 erster Satz AVG eingehalten. Darüber hinaus hat es noch im Sinne des § 25 Abs. 1 letzter Satz Stmk. BauG den Anschlag an der Amtstafel am Rathaus der Landeshauptstadt Graz bzw. an der Amtstafel des Bezirksamtes des II. Bezirkes der Landeshauptstadt Graz und auch die Bekanntmachung im Internet auf der Homepage der Landeshauptstadt Graz gegeben. Das Edikt wurde somit ordnungsgemäß im Sinn des § 44a Abs. 3 erster Satz AVG kundgemacht. Dies hat gemäß § 44b Abs. 1 AVG zur Folge, dass Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben. Die Beschwerdeführer haben unbestritten innerhalb der vorgeschriebenen sechswöchigen Frist nach der Kundmachung des Ediktes am bei der Behörde keine schriftlichen Einwendungen erhoben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am