VwGH vom 26.02.2015, 2012/15/0067

VwGH vom 26.02.2015, 2012/15/0067

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Beschwerde der W GmbH in B, vertreten durch die Convisio Völkermarkt Wirtschaftstreuhand - Steuerberatung OG in 9100 Völkermarkt, Klagenfurter Straße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0097-G/10, betreffend Vorsteuererstattung 2008, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mbH mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, beantragte am die Vergütung der Vorsteuer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2008. Sie legte hiezu die Kopie des Dienstgeber-Lohnkontos vor, in dem insbesondere Kosten für Nächtigung und "Diäten groß" verzeichnet waren.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde ausgesprochen, dass die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2008 mit 0 EUR erfolge. Begründend wurde ausgeführt, es sei grundsätzlich erforderlich, dass dem Erstattungsantrag die Rechnungen im Original sofort bei Antragstellung beigelegt würden, spätestens seien sie innerhalb der Sechsmonatsfrist vorzulegen. Da die Originalrechnungen nicht innerhalb dieser Frist vorgelegt worden seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung gegen diesen Bescheid. Eine Vorlage der Originalbelege sei nicht möglich, da es sich um pauschal abgerechnete Diäten und Nächtigungsgelder der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin handle, welche mehr als 183 Anwesenheitstage in Österreich hätten, in Österreich somit lohnsteuerpflichtig geworden seien und somit auch Anspruch auf die Diät von 26,40 EUR sowie auf Nächtigungsgeld von 15 EUR hätten. Die Korrektheit dieser pauschalen Entschädigungen sei durch eine Prüfung des Finanzamtes bestätigt worden. Das Dienstgeberlohnkonto, aus dem sich der Umfang der Diäten und Nächtigungsgelder ergebe, sei ebenfalls miteingereicht worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Das Finanzamt führte aus, ausländischen Unternehmern stehe kein Anspruch auf Vorsteuerabzug für Personalaufwendungen zu.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens sowie der anwendbaren Rechtslage führte die belangte Behörde aus, nach Ansicht der belangten Behörde würden die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Zeitnachweise und Arbeitsbestätigungen von Dienstnehmern (die an von der Beschwerdeführerin verschiedene Unternehmer gerichtet seien) keine geeigneten Unterlagen darstellen, die die Beschwerdeführerin zur Erstattung der Vorsteuern berechtigten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

§ 13 UStG 1994 (idF BGBl. I Nr. 45/2007) lautet (samt Überschrift):

"Vorsteuerabzug bei Reisekosten

§ 13. (1) Für eine im Inland ausschließlich durch den Betrieb veranlaßte Reise kann der Unternehmer - unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 12 - die auf die Mehraufwendungen für Verpflegung entfallende abziehbare Vorsteuer nur aus den nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften für die Gewinnermittlung festgesetzten Pauschbeträgen errechnen. Bei Aufwendungen für Nächtigung (einschließlich Frühstück) kann die abziehbare Vorsteuer entweder aus den für die Gewinnermittlung festgesetzten Pauschbeträgen errechnet oder in tatsächlicher Höhe durch eine Rechnung nachgewiesen werden. Aus den Pauschbeträgen ist die abziehbare Vorsteuer unter Anwendung des Steuersatzes nach § 10 Abs. 2 herauszurechnen.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten sinngemäß, soweit ein Unternehmer einem Arbeitnehmer, dessen Einkünfte dem Steuerabzug vom Arbeitslohn im Inland unterliegen, aus Anlass einer Dienstreise im Inland oder einer Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16b des Einkommensteuergesetzes 1988 im Inland die Mehraufwendungen für Verpflegung sowie die Aufwendungen für Nächtigung (einschließlich Frühstück) erstattet oder soweit der Unternehmer diese Aufwendungen unmittelbar selbst trägt. Sowohl im Falle der Erstattung der Mehraufwendungen für Verpflegung an den Arbeitnehmer als auch im Falle der unmittelbaren Verrechnung der Aufwendungen für die Verpflegung an den Unternehmer kann die abziehbare Vorsteuer nur aus den Tagesgeldern, die nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören oder gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b des Einkommensteuergesetzes 1988 steuerfrei sind, ermittelt werden. Bei den Aufwendungen für Nächtigung (einschließlich Frühstück) kann die abziehbare Vorsteuer entweder aus den Nächtigungsgeldern, die nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören, errechnet oder in tatsächlicher Höhe durch eine Rechnung nachgewiesen werden. Werden für Nächtigung (einschließlich Frühstück) die tatsächlichen Aufwendungen nachgewiesen, so können die Rechnungen auch auf den Namen der Person lauten, von der die Reise ausgeführt worden ist.

(3) Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen oder deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug vom Arbeitslohn fallen, können aus Anlaß einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung (§ 11) an sie gesondert ausgewiesen werden. Im Falle der Mehraufwendungen für Verpflegung darf ein Vorsteuerabzug jedoch höchstens von den nach Abs. 1 und 2 als Tagesgeld festgesetzten Pauschbeträgen ermittelt werden.

(4) Die nach den vorstehenden Absätzen errechneten Vorsteuerbeträge können nur abgezogen werden, wenn über die Reise ein Beleg ausgestellt wird, welcher über Zeit, Ziel und Zweck der Reise, die Person, von der die Reise ausgeführt worden ist, und über den Betrag Aufschluß gibt, aus dem die Vorsteuer errechnet wird. Die Verpflichtung zur Ausstellung eines eigenen Beleges für Zwecke des Vorsteuerabzuges entfällt, wenn die erwähnten Angaben bereits aus den für die Erhebung der Einkommensteuer (Lohnsteuer) erforderlichen Unterlagen hervorgehen."

§ 13 UStG 1994 enthält spezielle Regeln über den Vorsteuerabzug bei bestimmten Reisekosten (Verpflegungs- und Nächtigungsaufwand) und sieht hiezu insbesondere vor, dass die abziehbare Vorsteuer aus in einkommensteuerrechtlichen Vorschriften festgesetzten Pauschbeträgen zu errechnen ist oder - betreffend Nächtigungsaufwand - errechnet werden kann. Ein Vorsteuerabzug aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise ist nur unter den im § 13 UStG 1994 näher geregelten Voraussetzungen möglich (vgl. Ruppe/Achatz , UStG4, § 13 Tz 5; vgl. auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Gesetz BGBl. Nr. 410/1988, 627 BlgNR 17. GP, 8).

Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 UStG 1994 können Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen "oder" deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug von Arbeitslohn fallen, aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung an sie gesondert ausgewiesen werden. Daraus ist - aufgrund der Verknüpfung der Nebensätze mit "oder" - abzuleiten, dass Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen, Vorsteuern betreffend Reisekosten ihrer Arbeitnehmer auch dann nicht aus einkommensteuerrechtlichen Pauschbeträgen errechnen können, wenn die Einkünfte dieser Arbeitnehmer dem Steuerabzug vom Arbeitslohn im Inland unterliegen.

Die Beschwerdeführerin hatte einen Antrag auf Vergütung der Vorsteuer "für nicht im Inland ansässige Unternehmer" gestellt. Weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde (dort wird - zum Sachverhalt - ausgeführt, es handle sich um einen Antrag "für ausländische Unternehmer, welche in Österreich nicht steuerpflichtig sind") wird geltend gemacht, dass die Beschwerdeführerin der inländischen Einkommensbesteuerung unterläge. Somit kann die Beschwerdeführerin auch betreffend Reisekosten ihrer Arbeitnehmer, deren Einkünfte dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung gesondert ausgewiesen werden.

Das Unionsrecht enthält keine dem § 13 UStG 1994 vergleichbare Vorschrift (vgl. Ruppe/Achatz , aaO Tz 6). Soweit diese Bestimmung eine Vereinfachung der Steuererhebung bezweckt, bedürfte sie einer Genehmigung durch den Rat (vgl. Art. 27 Abs. 1 und 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsamens Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG), bzw. Art. 394 und 395 Abs. 1 der Richtlinie des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (2006/112/EG)). Eine derartige Genehmigung liegt nicht vor.

§ 13 Abs. 1 und 2 UStG 1994 sieht eine pauschale Ermittlung von Vorsteuern aus Reisekosten vor. Diesen pauschalen Beträgen müssen aber keine tatsächlichen Aufwendungen in dieser Höhe gegenüberstehen; dem Vorsteuerabzug steht insoweit auch keine von einem Unternehmer abgeführte Umsatzsteuer gegenüber (vgl. Doralt , RdW 1998/2, 111). Eine derartige pauschale Regelung, die nicht gewährleisten kann, dass die Mehrwertsteuer, die als in der vom Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gezahlten Erstattung enthalten gilt, tatsächlich einer Mehrwertsteuer entspricht, die für mit Zwecke der Tätigkeiten des Arbeitgebers zusammenhängende Ausgaben entrichtet worden ist, widerspricht den unionsrechtlichen Regelungen über den Vorsteuerabzug (vgl. , Kommission/Niederlande , Rn 57; vgl. hiezu auch Ehrke , ELR 2001, 422 f). Vor diesem Hintergrund bleibt die Möglichkeit einer zur Ausdehnung des Anwendungsbereiches der pauschalen Vorsteuerermittlung führende Interpretation verschlossen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am