VwGH vom 13.04.2010, 2008/05/0223
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. des X, 2. der Y, 3. der Z Besitz- und Verwaltungs GmbH, alle in Q, alle vertreten durch Gradischnig Gradischnig, Rechtsanwälte GmbH in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 7-V-STLB-87-3/11/2008, betreffend Enteignung nach dem Kärntner Straßengesetz 1991 (mitbeteiligte Partei: Land Kärnten, Landesstraßenverwaltung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom wurde dem Land Kärnten (Landesstraßenverwaltung) gemäß §§ 11 und 57 des Kärntner Straßengesetzes 1991 die Bewilligung zur Durchführung des Straßenbauvorhabens betreffend die B 87, W-Straße - Q, im Bereich der Gemeinde G bei km 14, über eine Länge von rund 22 m (nähere Bezeichnung: Baulos "Zufahrt H-Kreuzungsausbau"), Ortschaft Q, nach Maßgabe des eingereichten, einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektes mit dem technischen Bericht vom Mai 2008 erteilt.
Mit Eingabe vom beantragte das Land Kärnten (Landesstraßenverwaltung) die Einlöse der für dieses Straßenbauvorhaben erforderlichen Grundflächen in der KG 75071 Q nach Maßgabe des bewilligten Straßenbauprojektes unter Bezugnahme auf den technischen Bericht vom Mai 2008 und den Grundeinlöseplan vom . Betroffen von dieser Einlöse sind 48 m2 des im Miteigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstückes Nr. 1244/3 Baufläche der Liegenschaft EZ 336, KG Q; weiters wurde eine vorübergehende Grundinanspruchnahme von 8 m2 dieses Grundstückes begehrt.
Mit den Beschwerdeführern konnte keine einvernehmliche vertragliche Regelung betreffend der Grundeinlöse dieser Grundstücksteile erzielt werden.
Die Beschwerdeführer wendeten gegen die Enteignung ein, dass kein Bedarf für das bewilligte Straßenbauvorhaben vorliege. Wie schon aus der Bezeichnung des Bauloses "Zufahrt H-Kreuzungsausbau" ersichtlich sei, lägen ausschließlich Interessen des Unternehmens H vor, den Kreuzungsbereich der B 87 im gegenständlichen Bereich auszubauen, um diesen Kreuzungsbereich mit Schwerfahrzeugen schneller durchfahren zu können. Die Breite des derzeitigen Kreuzungsbereiches ermögliche allen Schwerfahrzeugen das Befahren dieser Kreuzung. Der gesamte Kreuzungsbereich sei durch die Brücke seit Jahrzehnten überschwemmungsgefährdet. Ohne Schutz der bestehenden Baumreihe, die entfernt werden solle, wäre das Gebäude der Beschwerdeführer durch Geröll und Holz aus dem überfluteten Sbach gefährdet. Ohne Enteignung der beantragten Grundflächen wäre der verkehrstechnisch nicht notwendige "Beschleunigungszweck" auch dadurch erreichbar, dass der (Gemeinde )Weg 1589/4 im nördlichen Bereich der gegenständlichen Kreuzung nach Nordwesten hin bis zur Bachmauer verbreitert werde.
Der von der belangten Behörde beigezogene technische Amtssachverständige für Straßenbauwesen erstattete nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle am folgendes Gutachten:
"Die B 87 W-Straße ist eine regionale Verkehrsverbindung mit besonderer Bedeutung für den Fremdenverkehr sowohl für den Kfzals auch für den Radverkehr. Sie verbindet das A- mit dem D-tal und verläuft durch das G. Der Beginn der B 87 W-Straße liegt an der B 100 D-straße (Str.km. 67,00) und endet in H an der B 111 Btalstraße (Str.km. 31,00) und hat eine Gesamtlänge von 26,702 km.
Beschreibung des Bestandes:
Das Projekt liegt zur Gänze im Ortsgebiet von Q und ist daher mit 50 km/h beschränkt. Die B 87 W-Straße weist in diesem Bereich einen JDTV von 2.510 KFZ/24 Std. und einen JDTLV von 102 KFZ/24 Std. auf.
Auf der B 87 W-Straße gibt es in Str.km. 24,95 die Einbindung einer öffentlichen Straße (vlg. S-bachstraße), in Form einer T-Kreuzung, welche den dahinterliegenden Sportplatz und den Gewerbebereich erschließt. Durch die zu gering gewählten Ausbauparameter ist das konfliktfreie Begegnen beim Ein- und Ausfahren nicht möglich. Im Besonderen ist das Einfahren von der B 87 W-Straße in die Kreuzung aus Richtung H für den Schwerverkehr nur unter Ausnutzung der Gegenfahrbahn der B 87 W-Straße möglich. Das Ausfahren aus der Kreuzung in die B 87 W-Straße in Richtung Atal ist für den Schwerverkehr wie auch für den PKW-Verkehr ebenfalls nur unter Ausnutzung der Gegenfahrbahn der B 87 W-Straße zu bewerkstelligen.
Im Süd-Osten der Einbindung befindet sich ein Baumbestand parallel entlang der B 87 W-Straße, welcher das notwendige geforderte freie Sichtfeld nicht gewährleistet.
Entlang der Gemeindestraße befindet sich ein Gerinne (Sbach), welches im Einbindebereich durch eine Brücke auf der B 87 W-Straße gequert wird. Diese Brücke stellt einen Hochpunkt in der B 87 W-Straße dar. Das auf der Brücke befindliche Geländer schränkt ebenso das geforderte Sichtfeld ein.
Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich eine Busbucht, ebenso befinden sich an beiden Seiten des Gerinnes, gegenüber von der gegenständlichen Einfahrt, Zufahrten.
Beschreibung des Vorhabens:
Es ist geplant, den Trichter der Zufahrt zu erweitern, damit, wie in den Plänen dargestellt, die Zu- und Abfahrt in das aufzuschließende Gebiet so möglich ist, dass das Befahren der Gegenfahrbahn der B 87 W-Straße nicht mehr notwendig wird. Der rechte Rand der Zufahrt aus Blickrichtung der B 87 W-Straße wird mit einem Radius R=12 m ausgebildet, der linke Fahrbahnrand mit einer Radienfolge von 6 m und 26,50 m. Für diese Maßnahme ist es notwendig, auch die in diesem Bereich bestehende Brücke auf der B 87 W-Straße zu adaptieren.
Die im Osten der Zufahrt bestehende Baumreihe wird entfernt, um die erforderliche Freihaltung des Sichtfeldes zu gewährleisten.
C.) Gutachten:
...
a) ...
Laut Bericht 'Unfallhäufungsstellen Kärnten 2007' vom Kuratorium für Verkehrssicherheit existiert zwar keine Unfallhäufigkeitsstelle im zu untersuchenden Bereich, aber wie bereits in der Beschreibung des Bestandes ausgeführt, bedingen die nicht vorhandenen Ausbauparameter der Kreuzung im vorgelegten Projekt ein Befahren der Gegenfahrbahn der B 87 W-Straße. Ebenso wird durch die Notwendigkeit der Brückenadaption das Sichtfeld frei gemacht. ...
b) Im vorgelegten Projektsbereich befindet sich eine Kreuzung mit einer dort bestehenden Gemeindestraße, welche, wie aus dem Projekt hervorgeht und oben in der 'Beschreibung des Bestandes' beschrieben, zu geringe Radien hat für die konfliktfreie Abführung des begegnenden Schwerverkehrs wie auch teilweise für den PKW-Verkehr. Durch die Verbesserung der Zufahrtssituation wird die Verkehrssicherheit in diesem Bereich wesentlich gehoben. Die Hebung der Verkehrssicherheit ist ein verkehrspolitisches Ziel des Landes Kärnten.
c) Es handelt sich im gegenständlichen Bereich um eine bestehende Kreuzung, welche durch Adaption der Aus- und Einfahrtsradien verbessert wird. Durch Entfernen des Baumbestandes wird das geforderte Sichtfeld frei gehalten. Da unwesentliche Veränderungen im Bestand durchgeführt werden müssen, handelt es sich um die günstigste Linienführung und die beste Trassenvariante, sowie die einzige Ausführungsvariante, die in diesem Kreuzungsbereich möglich ist.
d) Das zur Bewertung vorliegende Projekt ist nachvollziehbar aufgebaut. Auf Grund der sehr geringen baulich zu setzenden Maßnahmen unter Verwendung der zu sanierenden bestehenden Anlage ist es als die wirtschaftlichste Lösung anzusehen.
Gutachterlicher Schluss:
Das vorgelegte Projekt hat zwar auf Grund der Örtlichkeit den Arbeitstitel 'Zufahrt H, Kreuzungsausbau', ist aber tatsächlich eine Maßnahme zur Hebung der Verkehrssicherheit auf der B 87 W-Straße und für alle Verkehrsteilnehmer, da im derzeitigen Bestand das Ein- und Ausfahren von Schwerfahrzeugen von und auf die B 87 W-Straße nur unter Ausnutzung der gesamten Fahrbahnbreite (mit Gegenverkehr) zu bewerkstelligen ist.
Abschließend wird festgestellt, dass das zu beurteilende Projekt den geltenden Richtlinien und Vorschriften entspricht. Der vollständige und nachvollziehbare Aufbau des Projektes lässt den Schluss zu, dass es sich hiebei um die für die vorhandenen Gegebenheiten (Gerinne mit Brückenbauwerk, T-Kreuzung mit zu geringen Radien, minimaler Bauaufwand, minimalste Inanspruchnahme von privaten Grundflächen, usw.) einzige und technisch beste sowie wirtschaftlichste Straßenbauvariante handelt."
Auf Grund der Stellungnahme der Beschwerdeführer ergänzte der Sachverständige sein Gutachten dahingehend, dass für die Berechnung der Einfahrtsradien der Euro-LKW zu Grunde gelegt worden sei und dies eine übliche Berechnungsmethode nach den zu Grunde gelegten Vorschriften und Richtlinien für den Straßenbau (RVS) darstelle. Im gegenständlichen Bereich gebe es gegenüberliegend der Zufahrt S-bachstraße eine Einbindung in eine Gemeindestraße und zu einer Privatzufahrt. Die Einbindung in die Gemeindestraße sei nicht Projektsgegenstand.
In seiner schriftlichen Gutachtensergänzung vom führte der Sachverständige in Erwiderung des Vorbringens des Beschwerdeführers weiters aus, dass im Projekt keine Fahrzeuge von einer Länge von 30 m berücksichtigt worden seien, da es sich bei solchen Fahrzeugen um Sonderfahrzeuge (Langgutfuhren) handle, welche ohne entsprechende gesonderte Genehmigung der hiefür zuständigen Straßenbehörde generell nicht am öffentlichen Verkehr teilnehmen dürften. Im Bedarfsfalle werde für solche Fahrzeuge eine Sondergenehmigung erteilt, welche gegebenenfalls an Auflagen und Bedingungen geknüpft werde. Solche Fahrzeuge müssten bei der gegenständlichen Kreuzung auch in Zukunft reversieren bzw. zum Abbiegen von der Bundesstraße den Gegenverkehrsbereich beanspruchen. Nach den geltenden verkehrsrechtlichen Bestimmungen dürften Schwerlastfahrzeuge unter gewöhnlichen Umständen eine Länge von 16,50 m (Euro-LKW) nicht überschreiten. Der Begriff Euro-LKW stelle in der Zwischenzeit einen allgemein üblichen Terminus in der Straßenplanung dar. Da solche langen Fahrzeuge ganz generell für den öffentlichen Verkehr in Österreich zugelassen seien und damit auf allen öffentlichen Straßen führen, seien diese als Parameter für eine verkehrstechnische Beurteilung heranzuziehen. In die Gemeindestraße könnten auf der B 87 aus Osten kommende LKWs derzeit nicht den technischen und verkehrssicherheitstechnischen Erfordernissen entsprechend und damit für den allgemeinen Verkehr gefahrlos einfahren. Der Grund hiefür liege darin, dass bei der derzeitigen Situation praktisch kein Einfahrts- bzw. Ausfahrtsradius gegeben sei, welcher (für Euro-LKWs) ausreiche; damit bestünden derzeit die geschilderten negativen Verkehrsverhältnisse im Kreuzungsbereich. Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft und Technik bzw. den Bestimmungen der RVS sei für eine technisch einwandfreie und damit verkehrssicherheitstechnisch ordnungsgemäße Straßenabzweigung (von einer Bundesstraße in einen untergeordneten Straßenzug) auf ein solches Fahrzeug Rücksicht zu nehmen. Das vorliegende Projekt beinhalte nun die Herstellung eines dem Stand der Technik und Wissenschaft entsprechenden Kreuzungsbereiches, indem es vorsehe, dass der gegenständliche östliche Einfahrtstrichter mit einem Radius von 12 m ausgestaltet werden solle. Dass dies ausreichend sei, werde durch die Darstellung der Schleppkurven im technischen Bericht des Projektes nachgewiesen. Ein Einbiegen in die südliche Gemeindestraße werde ohne Benützung der Gegenfahrbahn nicht möglich sein. Projektsbestandteil sei jedoch die Anbindung der Gemeindestraße in Richtung Nord-Ost, über welche der Sportplatz sowie ein Gewerbegebiet aufgeschlossen werde. Im weiteren Einzugsbereich gebe es sowohl vor als auch nach der beschriebenen Zufahrt entlang der gesamten B 87 W-Straße Zufahrten, welche auf Grund der örtlichen Situation bzw. auf Grund der Zunahme des Verkehrs seit dem Ausbau der Straße nicht mehr ideal seien. Es stehe im Ermessen des Antragstellers, solche Zufahrten zu adaptieren. Ziel solcher Adaptionen müsse sein, solche Kreuzungen an den Stand der Technik anzupassen; genau das solle mit dem vorliegenden Projekt erreicht werden. Die Gesamtbaukostensumme des Projektes betrage brutto rund EUR 80.000,--. Die Abflusssituation des S-baches werde durch die geplante "Baumaßnahme" weder verbessert noch verschlechtert. Durch das Projekt werde somit die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs wesentlich erhöht bzw. würden die derzeit bestehenden ungünstigen Verkehrsverhältnisse verbessert.
Die Beschwerdeführer gaben hiezu eine Stellungnahme ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde antragsgemäß die Enteignung der beanspruchten Grundflächen ausgesprochen und den Beschwerdeführern eine näher bestimmte Entschädigung hiefür zugesprochen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, das bewilligte Straßenprojekt stelle eine Maßnahme zur Hebung der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer auf der B 87 W-Straße dar, da im derzeitigen Bestand das Ein- und Ausfahren von Schwerfahrzeugen von und auf der B 87 nur unter Ausnutzung der gesamten Fahrbahnbreite (mit Gegenverkehr) zu bewerkstelligen sei. Auf Grund des straßenbautechnischen Amtssachverständigengutachtens stehe fest, dass die Notwendigkeit der vorliegenden Grundinanspruchnahme gegeben sei. Der Sachverständige habe darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Vorhaben um die für die vorhandenen Gegebenheiten einzige und technisch beste sowie wirtschaftlichste Straßenbauvariante handle. Die beanspruchten Grundflächen stellten das unbedingt notwendige Mindestmaß für die Realisierung des Vorhabens dar. Eine Enteignung sei schon dann zulässig, wenn durch die Baumaßnahmen ungünstige Verkehrsverhältnisse verbessert werden können. Dies werde im Beschwerdefall durch die Adaption der Aus- und Einfahrtsradien sowie durch das Entfernen des Baumbestandes, welches eine Erweiterung des Sichtfeldes mit sich bringe, gewährleistet. Die vorgenommene Enteignung sei durch die straßenrechtliche Bewilligung gedeckt. Insoweit die Beschwerdeführer auf die Gefahren von Hochwasser verwiesen, sei dem entgegen zu halten, dass eine lose Baumreihe von vier Bäumen keinesfalls einen Schutz im Falle von Hochwasserereignissen darstelle. Der Sachverständige habe begründet dargelegt, dass die Abflusssituation des S-baches durch die Baumaßnahme nicht verschlechtert werde. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, dass vom Antragsteller im Falle der Entfernung der Bäume auf seine Kosten eine 50 m lange und 2 m hohe Stützmauer in Vollbeton errichtet werden müsse, sei nicht nachvollziehbar, da die Beschwerdeführer selbst ausgeführt hätten, dass eine Baubewilligung für die Schutzmauer bereits bei der Gemeinde beantragt worden sei, aber auf Grund der Kosten der Entfernung der Bäume die Errichtung der Mauer noch nicht erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Folgende Bestimmungen des Kärntner Straßengesetzes 1991 - K-StrG, LGBl. Nr. 72/1991, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 80/2006, sind im Beschwerdefall von Bedeutung:
"§ 1
Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für alle öffentlichen Straßen mit Ausnahme der Bundesstraßen.
...
§ 3
Einteilung der öffentlichen Straßen (Straßengruppen und deren Reihung)
(1) Öffentliche Straßen im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a sind folgende Straßengruppen in der nachstehenden Reihung:
1. Landesstraßen, das sind
a) Straßen, die wegen ihrer Bedeutung für den Verkehr oder die Wirtschaft des Landes oder größere Teile des Landes mit Landesgesetz zu Landesstraßen erklärt werden (Landesstraßen L);
b) Straßen, die wegen ihrer über die Voraussetzungen der lit. a hinausgehenden Bedeutung für den überregionalen Verkehr, insbesondere der Verbindung mit anderen Bundesländern oder mit dem Ausland, mit Landesgesetz zu Landesstraßen erklärt werden (Landesstraßen B);
...
§ 6
Begriffsbestimmungen
(1) Unter Herstellung von Straßen im Sinne dieses Gesetzes sind der Neubau, einschließlich der Übernahme in der Natur bereits bestehender Straßen, an denen kein Gemeingebrauch besteht, in die Erhaltungspflicht, Ausbau, Umbau, die Umlegung und sonstige Verbesserungen öffentlicher Straßen und der Straßenerhaltung, die Instandhaltung, Pflege (technisch-wirtschaftliche Betreuung), die Wahrnehmung und Vertretung der Straßeninteressen zu verstehen.
...
§ 7
Straßenerhaltungspflicht
(1) Die Straßenerhaltungspflicht, das ist die Verpflichtung zur Herstellung und Erhaltung öffentlicher Straßen, trifft
1. bei Landesstraßen das Land;
...
4. bei Gemeindestraßen die Gemeinde;
...
§ 8
Umfang der Straßenerhaltungspflicht
(1) Alle öffentlichen Straßen im Sinne des § 2 Abs 1 lit a sind so herzustellen und so zu erhalten, daß sie, soweit nicht hinsichtlich ihrer Benützung verkehrspolizeiliche Einschränkungen bestehen, von allen Gattungen von Fahrzeugen sowie von Fußgängern bei Beachtung der Straßenverkehrsvorschriften und unter Bedachtnahme auf die durch Witterungseinflüsse und Elementarereignisse bedingten Umstände ohne Gefahr benützbar sind. Bei Gemeindestraßen und Verbindungsstraßen ist diese Verpflichtung auf die auf diesen Straßen gewöhnlich vorkommenden Fahrzeuge beschränkt. Bei Landesstraßen ist auf die Grundsätze der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unter Beachtung des schonenden Umganges mit Natur und Landschaft Bedacht zu nehmen.
(2) Die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straßen im Sinne des Abs. 1 hat nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten zu erfolgen. Diese Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn die Herstellung und Erhaltung den von der Landesregierung herausgegebenen und von ihr anerkannten technischen Richtlinien und Sicherheitsvorschriften entsprechen.
...
§ 11
Bewilligung von Straßenherstellungen
(1) Die Straßenverwaltung (§ 61 Abs. 1) bedarf zur Herstellung (§ 6) öffentlicher Straßen einer Bewilligung der Straßenbehörde (§ 57). Das gilt nicht für Straßenverbesserungen geringfügiger Art. 2) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die beabsichtigte Herstellung den Grundsätzen der §§ 8 Abs. 1 und 2 und 9 Abs. 1 sowie dem Verkehrsbedürfnis entspricht und auf allfällige, in Aktionsplänen gemäß § 62e vorgesehene Maßnahmen Bedacht nimmt.
(2a) Parteien des Verfahrens sind außer dem Antragsteller nur die örtlich in Betracht kommenden Gemeinden und nur hinsichtlich des Standpunktes der öffentlichen Interessen der gefahrlosen Benützbarkeit der Straßen und des örtlichen Verkehrsbedürfnisses.
...
§ 27
Allgemeines
(1) Straßenkreuzungen sind so herzustellen und zu erhalten, dass sie den Anforderungen des kreuzenden Verkehrs genügen und den Bestimmungen des § 8 Abs. 1 entsprechen. Dazu gehören insbesondere die Herstellung und die Erhaltung der durch die Kreuzung erforderlichen baulichen Anlagen (Straßenüberbrückungen, Straßenunterführungen, Straßenverbreiterungen, Einbindungsarme, sichtfreie Stellungen) und der nach den Straßenverkehrsvorschriften erforderlichen Einrichtungen.
(2) Bei Kreuzungen von Straßen verschiedener Straßengruppen oder von öffentlichen Straßen mit nichtöffentlichen Straßen gilt als kreuzende Straße die niedriger gereihte, als gekreuzte Straße die höher gereihte (§ 3). Dabei reiht jede öffentliche Straße vor eine nichtöffentliche Straße.
§ 28
Bestehende Straßenkreuzungen
(1) Wenn Verbesserungen an den baulichen Anlagen bestehender Kreuzungen öffentlicher Straßen verschiedener Straßengruppen notwendig werden, haben sie die Erhaltungspflichtigen der gekreuzten Straßen herzustellen; die Kosten sind von den Erhaltungspflichtigen beider Straßen zu gleichen Teilen zu tragen.
...
...
§ 36
Enteignung
Gegenstand und Umfang
(1) Das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung dinglicher und obligatorischer Rechte und solchen kann im Wege der Enteignung von der Straßenverwaltung in Anspruch genommen werden für
a) die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straßen (§ 4)
...
§ 37
Entschädigung
(1) Dem Enteigneten gebührt für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile Schadloshaltung (§ 1323 ABGB). ...
(2) Enteigneter ist der Eigentümer des Gegenstandes der Enteignung, andere dinglich Berechtigte, sofern das dingliche Recht mit einem nicht der Enteignung unterworfenen Gegenstand verbunden ist, sowie der dinglich und obligatorisch Berechtigte (insbesondere der Nutzungs- und Bestandsberechtigte), sofern dieses Recht für sich allein Gegenstand der Enteignung ist.
§ 38
Verfahren
(1) Die Enteignung ist von der Straßenverwaltung für Landes-, Bezirks- und Eisenbahnzufahrtsstraßen sowie für überregionale Radwege bei der Landesregierung, für Gemeindestraßen und Verbindungsstraßen bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu beantragen. ...
(2) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet bei Landes-, Bezirks- und Eisenbahnzufahrtsstraßen sowie bei überregionalen Radwegen die Landesregierung, bei Gemeindestraßen und Verbindungsstraßen die Bezirksverwaltungsbehörde unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954.
...
(5) Gegen die Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung ist die Berufung an die Landesregierung zulässig. Eine Berufung gegen die im Verwaltungswege zuerkannte Entschädigung ist unzulässig; doch kann jeder der beiden Teile, wenn er sich durch diese Entscheidung benachteiligt erachtet, binnen drei Monaten nach dem Eintritt der Rechtskraft des Enteignungserkenntnisses die Feststellung des Betrages der Entschädigung beim Landesgericht begehren. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt der Bescheid hinsichtlich der Entschädigung außer Kraft.
...
§ 61
Straßenverwaltung
(1) Straßenverwaltung im Sinne dieses Gesetzes ist die mit der Sorge für die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straßen, insbesondere ihrer technischen und wirtschaftlichen Pflege und Instandhaltung sowie der Wahrnehmung und Vertretung des Straßeninteresses, betraute Körperschaft. Diese ist bei den Landes- , Bezirks- und Eisenbahnzufahrtsstraßen das Land, bei überregionalen Radwegen hinsichtlich der Erhaltung der Gemeinden, durch deren Gebiet, und bei den Gemeindestraßen und Verbindungsstraßen die Gemeinde.
..."
Das beschwerdegegenständliche Straßenbauvorhaben bezieht sich auf die B 87 W-Straße, welche nach Anlage II des Kärntner Straßengesetzes 1991 im Verzeichnis der Landesstraßen B eingetragen ist.
Die Beschwerdeführer bestreiten das öffentliche Interesse am gegenständlichen Straßenbauvorhaben, weil kein konkreter Bedarf am Ausbau der bestehenden Kreuzung im Sinne des bewilligten Straßenbauvorhabens bestehe. Wie schon aus der Bezeichnung des Bauloses "Zufahrt H-Kreuzungsausbau" ersichtlich sei, läge der Ausbau der Kreuzung ausschließlich im Interessen des Unternehmens H. Der gesamte Kreuzungsbereich sei durch die bestehende Brücke seit Jahrzehnten überschwemmungsgefährdet. Ohne Schutz der bestehenden Baumreihe würde im Falle eines Hochwassers ihr Objekt durch Geröll und Holz aus dem überfluteten S-bach schwerstens beschädigt werden.
Die Enteigneten können nach dem Kärntner Straßengesetz 1991 sowohl hinsichtlich der Notwendigkeit als auch der Zweckmäßigkeit der Straßenführung ihre Einwendungen im Enteignungsverfahren geltend machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0100, VwSlg. Nr. 16.413/A).
Eine Enteignung ist nur dann durch das allgemeine Wohl gerechtfertigt, wenn ein konkreter Bedarf gegeben ist, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, das Objekt der Enteignung überhaupt geeignet ist, diesen Bedarf zu decken, und der Bedarf anders als durch die Enteignung nicht gedeckt werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0138).
Bei Klärung der Frage, ob ein Straßenbauprojekt das Notwendigkeitskriterium erfüllt, ist zu berücksichtigen, dass die Notwendigkeit einer Enteignung zumindest schon dann gegeben ist, wenn durch Baumaßnahmen ungünstige Verkehrsverhältnisse verbessert werden können (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/05/0005).
Auf Grund des von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten, nicht als unschlüssig zu erkennenden straßenbautechnischen Amtssachverständigengutachtens steht fest, dass das bewilligte Straßenbauvorhaben eine Maßnahme zur Hebung der Verkehrssicherheit der die B 87 W-Straße benutzenden Verkehrsteilnehmer ist. Dies insbesondere deshalb, da im derzeitigen Bestand das Ein- und Ausfahren von Schwerfahrzeugen von und auf die B 87 im Bereich der gegenständlichen Kreuzung (sofern sie Richtung Osten fahren) nur unter Ausnutzung der gesamten Fahrbahnbreite zu bewerkstelligen ist; dies bedeutet, dass diese Fahrzeuge auch die Gegenfahrbahn benützen müssen. Auf Grund der vorliegenden, von der belangten Behörde in einem mängelfreien Verfahren gewonnenen Ermittlungsergebnisse steht zweifelsfrei fest, dass mit dem bewilligten Straßenbauvorhaben die Anpassung der Kreuzung an den heutigen Stand der Straßenbautechnik und Wissenschaft erreicht wird. Für die vorgesehenen Straßenbaumaßnahmen sind die enteigneten Grundstücksteile der Beschwerdeführer unbedingt erforderlich.
Der technische Amtssachverständige für Straßenbauwesen hat in seinem Gutachten auch begründet und nachvollziehbar nachgewiesen, dass für die Verbesserung der Verkehrssituation an dieser Kreuzung ebenso das Entfernen des bestehenden Baumbestandes erforderlich ist. Diese Maßnahme ist erforderlich, um das geforderte Sichtfeld für die Verkehrsteilnehmer freizuhalten. Fest steht auch, dass das Bauvorhaben unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit die beste Ausführungsvariante darstellt.
Der Amtssachverständige hat auch eingehend erläutert begründet, warum der Projektswerber bei Ausgestaltung der Kurvenradien der Kreuzung zutreffend Lkw-Fahrzeuglängen von 16,50 m (sog. Euro-LKW) zugrundegelegt hat.
Mit ihren Ausführungen, dass sich die in die B 87 von Nordosten einmündende Gemeindestraße auf 5 m verenge und in diesem Bereich eine Begegnung von Lkws nicht möglich sei, zeigen die Beschwerdeführer keinen Sachverhalt auf, der eine Unzulässigkeit der Enteignung bewirken könnte. Ziel der bewilligten Straßenbaumaßnahme ist, die Verkehrssicherheit auf der B 87 zu verbessern. Dies wird durch die Verbreiterung des Einmündungstrichters der Kreuzung erreicht.
Die Behauptung der Beschwerdeführer, die Verbreiterung des Einmündungstrichters der Kreuzung diene ausschließlich einem Anrainer, wurde durch die Ermittlungsergebnisse im Verfahren vor der belangten Behörde widerlegt.
Dem Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen sind die Beschwerdeführer nur mit allgemein gehaltenen Behauptungen, nicht jedoch auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. In diesem Gutachten hat der straßenbautechnische Amtssachverständige auch nachvollziehbar begründet, dass sich durch die zur Verbesserung der Sichtverhältnisse auf der B 87 erforderliche Beseitigung der auf dem Grundstück der Beschwerdeführer befindlichen vier Bäume die Abflusssituation des neben der Kreuzung fließenden S-baches keinesfalls verschlechtern werde. Die belangte Behörde konnte auf Grund der Ergebnisse des Verfahrens jedenfalls in unbedenklicher Weise zum Schluss kommen, dass die bestehende Baumreihe keinen Schutz im Falle von Hochwasserereignissen darstellt. Die vom Beschwerdeführer als Alternative zum vorliegenden Projekt vorgeschlagene Verbreiterung der in die B 87 von Nordosten einmündende Gemeindestraße ist im Hinblick auf die Ermittlungsergebnisse nicht geeignet, die durch die bewilligte Verbreiterung des Einmündungstrichters verbesserte Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Der belangten Behörde kann keine Rechtswidrigkeit zur Last gelegt werden, wenn sie im Hinblick auf das vorliegende Sachverständigengutachten nicht näher auf weitere Alternativen eingegangen ist.
Nicht nachvollziehbar und unbegründet ist die Behauptung der Beschwerdeführer, dass auf Grund der Ausführung des bewilligten Straßenbauvorhabens auf der Gemeindestraße Verkehrsteilnehmer einer erhöhten Unfallgefahr ausgesetzt seien.
Insoweit die Beschwerdeführer ausführen, durch das bewilligte Straßenbauvorhaben werde ihnen ein wesentlicher finanzieller Schaden dadurch entstehen, weil sie nunmehr in der Gemeindestraße nicht mehr wie bisher für ihren Gewerbebetrieb LKWs zum Be- und Entladen aufstellen könnten, sprechen sie die Höhe der Entschädigung an. Fragen der Höhe der Enteignungsentschädigung sind aber im Hinblick auf die sukzessive Gerichtszuständigkeit einer Beurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen.
Da somit feststeht, dass durch die bewilligten Baumaßnahmen im hier maßgeblichen Bereich der Kreuzung der B 87 mit einer Gemeindestraße bestehende ungünstige Verkehrsverhältnisse verbessert werden und den bewilligten Baumaßnahmen eine Ausführungsvariante zu Grunde liegt, welche die Beschwerdeführer nur im unbedingt notwendigen Maße beeinträchtigt, erweist sich die ausgesprochene Enteignung als frei von Rechtsirrtum.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
PAAAE-74443