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VwGH vom 24.03.2015, 2012/15/0042

VwGH vom 24.03.2015, 2012/15/0042

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Hohenecker, über die Beschwerde der Wohnungseigentümergemeinschaft des Hauses EZ 8 in K, vertreten durch die Brand Rechtsanwälte GmbH in 1020 Wien, Schüttelstraße 55, Carre Rotunde, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom , Zl. RV/0433-K/07, betreffend Umsatzsteuer 2001 und 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die zur Umsatzsteuer veranlagt wird.

Aus Anlass einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass verschiedene in den Jahren 2001 und 2002 den Eigentümern weiterverrechnete Aufwendungen die Garagen beträfen und daher nicht nur nach Maßgabe des Aufteilungsschlüssels, sondern zur Gänze dem Normalsteuersatz zu unterziehen seien, weil sich diese Leistungen nicht auf Wohnzwecken dienende Liegenschaftsteile bezögen.

Das Finanzamt erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die genannten Jahre.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin insbesondere ein, dass die Aufteilung der Aufwendungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zwingend nach den Anteilen, wie sie im Grundbuch eingetragen seien, zu erfolgen habe. Eine nach diesem Gesetz auch mögliche geänderte Aufteilungsvereinbarung sei von den Miteigentümern im gegenständlichen Fall nicht getroffen worden. Solcherart sei es gesetzwidrig, wenn die Richtlinien des Finanzamtes eine vom Aufteilungsmaßstab nach dem WEG abweichende Regelung vorsähen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend wird ausgeführt, die gegenständliche Wohnanlage bestehe aus einem achtstöckigen, unterkellerten Gebäude, einem Parkdeck mit Garagenboxen sowie einer Tiefgarage. Die Tiefgarage befinde sich niveaugleich mit dem Keller unter dem direkt an das Gebäude anschließenden Parkdeck mit absperrbaren Garagen. Der Lift führe in den Keller bis auf die Ebene der Tiefgarage, welche unterirdisch betreten werden könne. Es bestehe verbüchertes Wohnungseigentum sowohl an den 40 Wohneinheiten als auch an den insgesamt 26 Garagenplätzen. Die Eigentümer der Garagen(-plätze) seien gleichzeitig auch (Mit )Eigentümer von Wohnungen, außenstehende Garageneigentümer seien nicht vorhanden. Da eine der Wohnungen als Büro genutzt werde, liege hinsichtlich dieser Wohnung keine Nutzung zu Wohnzwecken vor. Von den gesamten Nutzwertanteilen entfielen 89,98 % auf Wohnungen, 7,433 % auf Garagen und 2,587 % auf das Büro.

Im Jahr 2001 habe die Beschwerdeführerin 67.539,56 S netto in eine Garagenwarnanlage investiert. Im Zusammenhang mit dem Austausch des Tiefgaragentores seien im Jahr 2002 insgesamt 27.159,24 EUR netto an Investitionen für ein Garagentor, Mauer-, Elektriker- und Malerarbeiten angefallen.

Strittig sei, ob die eindeutig nur den Garagenplätzen zuzuordnenden weiterverrechneten Kosten der Investitionen zur Gänze mit dem Normalsteuersatz zu versteuern seien oder entsprechend dem Aufteilungsmaßstab nach Nutzwertanteilen auch mit dem begünstigten Steuersatz.

Die Beschwerdeführerin habe die an die Eigentümer der Garagenplätze weiterverrechneten Aufwendungen den Nutzwertanteilen entsprechend als steuerpflichtig behandelt. § 32 WEG definiere die zur Verteilung gelangenden Aufwendungen nicht. Aufwendungen, die im Einzelinteresse oder im Interesse einer Gruppe von Wohnungseigentümern getätigt werden, müssen ohne Einbeziehung in die Verteilungsordnung des § 32 WEG von diesen getragen werden. Die Aufwendungen für die Garagenwarnanlage und die mit dem Austausch des Tiefgaragentores verbundenen Kosten würden unzweifelhaft nur im Interesse einer klar abgrenzbaren Gruppe, nämlich für die Eigentümer von Garagenplätzen, getätigt. Das von der Beschwerdeführerin herangezogene , spräche nach Ansicht der belangten Behörde für den Standpunkt des Finanzamtes. In diesem Urteil habe der OGH erkannt, dass Stromkosten für im Wohnungseigentum stehende Garagen und Abstellplätze keine allgemeinen Teile der Liegenschaft betreffen würden. Dies unabhängig davon, wie die Kosten ermittelt würden. Diese Kosten wären ausschließlich nur den betroffenen Eigentümern anzulasten. Gleiches gelte auch für die aufgelaufenen und nur diesen Eigentümern zuzurechnenden Verwaltungskosten.

Die Garagenplätze dienten unstrittig nicht Wohnzwecken.

Auch aus dem , Tellmer Property , ergebe sich keine andere Betrachtung. Darin habe der EuGH entschieden, dass eine Leistung dann als Nebenleistung zu qualifizieren sei, wenn sie keinen allgemeinen Zweck, sondern das Mittel darstelle, um die Hauptleistung in Anspruch zu nehmen. Nach herrschender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung könne eine Garagenvermietung nicht einmal im weitesten Sinn als Nebenleistung und daher als begünstigt zu versteuernde Vermietung angesehen werden. Eine Qualifizierung der Garagierung als Nebenleistung könne nach Ruppe/Achatz , UStG4, Tz 403 zu § 6 nur in Ausnahmefällen Platz greifen, etwa dann, wenn mit jeder Wohneinheit ein Garagen- oder Parkplatz verbunden und mit der Ver- bzw. Anmietung einer Wohnung automatisch das Nutzungsrecht an diesem Stellplatz verknüpft sei. Da im gegenständlichen Fall erst ein gesondertes Wohnungseigentum an den jeweiligen Stellplätzen hätte begründet werden müssen und auch nicht alle Eigentümer von Wohnungen einen Stellplatz hätten erwerben können bzw. manche Wohnungseigentümer auch mehrere Stellplätze in ihr Eigentum übertragen erhielten, könne von einer die Wertung als Nebenleistung rechtfertigenden Verbundenheit nicht einmal ansatzweise gesprochen werden.

Auch stelle ein in der Innenstadt einer Landeshauptstadt gelegener Garagenplatz angesichts der evidenten Parkraumknappheit geradezu ein Paradebeispiel für eine Hauptleistung dar, die für interessierte Kunden auch ohne jeglichen Bezug zu einer Eigentumswohnung einen eigens abgrenzbaren, gesondert bewertbaren und wirtschaftlich sinnvollen Zweck erfüllen könne.

Wenn der EuGH in der Rechtssache Tellmer Property schon bloße Reinigungsleistungen nicht mehr als unselbständige Nebenleistungen zur Vermietung von Grundstücken, sondern als eigenständige Hauptleistung angesehen habe, müsse dies umso mehr für die im gesonderten Eigentum stehenden Garagenplätze einer Wohnungseigentumsanlage gelten.

Auch dem Eventualantrag der Beschwerdeführerin, verschiedene bisher dem Normalsteuersatz unterzogene Aufwendungen, die keinen direkten Bezug zur Garagierung hätten (Lift, Müll, Kaltwasser und Kanalisation), zur Gänze begünstigt zu besteuern, komme keine Berechtigung zu. Denn mit dem Lift könnten auch die Tiefgarage und die Garagenboxen erreicht werden. Auch entspräche es der Lebenserfahrung, dass an den in der Tiefgarage und den Parkboxen abgestellten Fahrzeugen immer wieder Reinigungsarbeiten unter Verwendung des den Wohnungseigentümern bereitgestellten Kaltwasseranschlusses erfolgten. Eng damit in Zusammenhang stünden die auch für die Garagen und Tiefgaragenplätze vorhandenen Kanalisationseinrichtungen. Abwasser falle nicht nur anlässlich von Autowäschen an, sondern etwa auch im Winter aus Schneeablagerungen, welche über die Kanalisation entsorgt würden. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass in Tiefgaragen oder Garagenboxen Müll anfalle, sodass eine anteilsmäßige Zurechnung der Kosten der Müllabfuhr erfolgen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung kommt Wohnungseigentumsgemeinschaften Unternehmereigenschaft zu, weil sie einerseits im eigenen Namen nach außen auftreten, Leistungen in Auftrag geben und bezahlen und andererseits dadurch nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig werden, dass sie von den einzelnen Mit- und Wohnungseigentümern den auf sie entfallenden Anteil an den Kosten erheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0129, mit weiteren Nachweisen sowie Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig , UStG-ON2, § 10 Rz 67/1, und Ruppe / Achatz , UStG4, § 10 Tz 79).

Gemäß § 10 Abs. 2 Z 4 lit. d UStG 1994 ermäßigt sich die Steuer auf 10 % für die Leistungen von Personenvereinigungen zur Erhaltung, Verwaltung oder zum Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht und die Wohnzwecken dienen, ausgenommen eine als Nebenleistung erbrachte Lieferung von Wärme.

Mit der Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z 4 lit. d UStG 1994 soll eine Gleichbehandlung von Wohnungsmietern und Wohnungseigentümern hinsichtlich des Steuersatzes für die Betriebskosten herbeigeführt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/13/0220).

Wohnzwecken dienen Grundstücke, wenn sie dazu bestimmt sind, in abgeschlossenen Räumen, einschließlich Nebenräumen, privates Leben zu ermöglichen, wenn sie Menschen somit auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft gewähren (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0116). Autoabstellplätze oder Garagen sind nicht dazu bestimmt, in abgeschlossenen Räumen privates Leben zu ermöglichen und insofern den persönlichen Wohnbedürfnissen zu dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/13/0119).

Der EuGH hat im Urteil vom , C-251/05, Talacre Beach Caravan Sales Ltd ., ausgesprochen, es sei unionsrechtlich zulässig, dass der Gesetzgeber einen aus mehreren Komponenten bestehenden einheitlichen Umsatz zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Steuersatz unterwirft. Insoweit wird auch der Grundsatz, dass die (unselbständige) Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt, von dem Aufteilungsgebot verdrängt (vgl. in diesem Sinne auch das Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes vom , XI R 3/11). Unionsrechtlich beruht der ermäßigte Steuersatz (nur) für die Vermietung zu Wohnzwecken auf der der Republik Österreich ursprünglich im Beitrittsvertrag zugestandenen Übergangsbestimmung des Art. 28 Abs. 2 lit. j RL 77/388/EWG (6. RL) idF der RL 2000/17/EG des Rates vom , ABl L 84/24 (vgl. nunmehr Art. 117 Mehrwertsteuersystemrichtlinie, 2006/112/EG). Damit war es zulässig, unabhängig von der im Mittelpunkt des Beschwerdevorbringens stehenden Frage des Vorliegens eines einheitlichen Umsatzes, den ermäßigten Steuersatz nur auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke zu beziehen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom mit weiteren Nachweisen).

Die Beschwerde verweist weiters - wie schon im Verwaltungsverfahren - auf die "zwingende Aufteilungsregel des § 32 WEG", aus der - folge man der Ansicht der belangten Behörde - jene Eigentümer von Wohnobjekten schlechter gestellt würden, die nicht gleichzeitig Eigentümer von PKW-Abstellplätzen seien. Mangels anderslautender Vereinbarung der Eigentümergemeinschaft seien sämtliche Erhaltungsaufwendungen für die Liegenschaft entsprechend dem Verhältnis der Nutzwerte von allen Eigentümern zu tragen. Dies schließe Aufwendungen ein, die für den Garagenkomplex an sich getätigt würden; auch diese seien von jenen Eigentümern mitzutragen, die selbst nicht Eigentümer von Abstellplätzen seien.

Erteilt die Wohnungseigentumsgemeinschaft den Auftrag zur Sanierung der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht und die nicht Wohnzwecken dienen, und verrechnet sie diese an die einzelnen Wohnungseigentümer weiter, kann nicht entscheidend sein, ob die Wohnungseigentümer die Kosten im Verhältnis ihrer Nutzwerte zu tragen haben oder ob ein anderer Aufteilungsschlüssel vereinbart wurde. Der ermäßigte Steuersatz ist auf die Erhaltung jener Teile und Anlagen der Liegenschaft, die nicht Wohnzwecken dienen, nicht anwendbar. Dass es sich bei den gegenständlichen Aufwendungen um solche handelt, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Die von der Beschwerde relevierte "Schlechterstellung" von Wohnungseigentümern, die selbst nicht Eigentümer eines PKW-Abstellplatzes sind, resultiert aus dem angewandten Aufteilungsschlüssel und nicht daraus, dass bestimmte nicht für Wohnzwecke getätigte Aufwendungen nicht mit dem begünstigten Steuersatz versteuert werden dürfen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am