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VwGH vom 06.09.2011, 2008/05/0178

VwGH vom 06.09.2011, 2008/05/0178

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des Dr. L W in Wien, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 64-4310/2006, betreffend Versagung einer Einlösung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Zum angefochtenen Bescheid

1. Mit Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer als Eigentümer der EZ 1457 KG L um die Einlösung der - neben anderen Grundstücken dieser EZ inneliegenden - Grundstücke 166/1 und 166/2 gegen Entschädigung gemäß § 59 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO). Diese Grundstücke seien als Bauland ausgewiesen und bebaut gewesen, im Zug der Flächenwidmung sei diese Widmung durch eine Widmung Grünland - Erholungsgebiet Park ersetzt worden. Damit seien die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 BO erfüllt.

Der mit diesem Antrag befasste Amtssachverständige gab mit Schreiben vom folgende Stellungnahme ab:

"Die Liegenschaft EZ 1475 (früher EZ 878) bestehend aus den Grundstücken 163, 164/1, 164/2, 165/1, 166/1 und 166/2 ist altbebaut: Früher befand sich auf diesem Areal eine Mühle (Wirtschaftsgebäude auf Grundstück 164/1, Wohnhaus auf Grundstück 166/1) und später ein Teil der H-Werke (Chemische Fabrik). Jedenfalls bildeten die Grundstücke 163, 164/1, 164/2, 165/1, 166/1 und 166/2 stets eine grundbücherliche und eine wirtschaftliche Einheit, weshalb sie gemeinsam als Bauplatz im Sinne des Art. III BO anzusehen sind.

Mit PD 1759 wurde im Bereich der Grundstücke 166/1 und 166/2 die Widmung Parkschutzgebiet festgesetzt, wobei damals eine Bebauung unter Schonung des wesentlichen Baumbestandes in der Bauklasse I bis zu 10 % des Flächenausmaßes zulässig war.

Anlässlich der Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes mit PD 6136 wurde das gesamte Areal der Liegenschaft EZ 1475 als Erholungsgebiet - Parkanlage, Grundfläche für öffentliche Zwecke gewidmet.

Mit dem derzeit geltenden Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan PD 7472 ist die Widmung Erholungsgebiet - Parkanlage lediglich in einem Teilbereich der Liegenschaft EZ 1475 festgesetzt, während für den restlichen Bereich Gemischtes Baugebiet, Betriebsbaugebiet gewidmet ist.

Folglich sind die Grundstücke 166/1 und 166/2 als Teil des Bauplatzes auf der Liegenschaft EZ 1475 anzusehen und es fällt entsprechend PD 7472 nur ein Teil dieses Bauplatzes in das Erholungsgebiet - Parkanlage. Da auf der verbleibenden Restfläche weiterhin ein Bauplatz geschaffen werden kann (und derzeit in dem zur Zl. MA 64 - 1501/2005 anhängigen Verfahren geschaffen wird), steht gem. § 59 Abs. BO kein Einlösungsanspruch zu.

Maßgebliches Plandokument:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
PD 7472
Gemeinderatsbeschluss vom , Pr.Zl. 5093/2004 GSV
PD 6658
Gemeinderatsbeschluss vom , Pr.Zl. 148 GPS/95
PD 6136
Gemeinderatsbeschluss vom , Pr.Zl. 4231/92
PD 5180
Gemeinderatsbeschluss vom , Pr.Zl. 2224/73
PD 4009
Gemeinderatsbeschluss vom , Pr.Zl. 2260/63
PD 2783
Gemeinderatsbeschluss vom , Pr.Zl. 595/55
PD 1759
Genehmigung durch den amtsf. Stadtrat der Verwaltungsgruppe IV am , Abt. IV/4(G 15) 1617/34"

Hiezu äußerte sich die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom dahingehend, dass der EZ 1475 die Bauplatzeigenschaft mit einem Flächenausmaß von 12.588 m2 zugeschrieben würde, die jetzt genehmigte Baufläche aber weniger als die Hälfte betrage und damit ein Einlösungsanspruch nach der BO bestehe. Dazu stellte der Amtssachverständige mit Schreiben vom Folgendes fest:

"Die bebaubare Fläche des nun zur Zl. MA 64 - 1501/2005 beantragten Bauplatzes (Fläche = 7433 m2) beträgt entsprechend den festgesetzten Baufluchtlinien tatsächlich nur 2725 m2 und somit weniger als die Hälfte der ursprünglich bebaubaren Fläche. Allerdings bezieht sich diese Bestimmung des § 59 Abs. 1 BO nur auf Bauplätze, die nach dem genehmigt wurden, was jedoch für den gegenständlichen Bauplatz nicht zutrifft.

Außerdem wird hingewiesen, dass im Falle eines Anspruches gem. § 59 Abs. 1 BO stets der gesamte Bauplatz und nicht nur Teile von diesen einzulösen wären. Im vorliegenden Fall müsste der Antragsteller (sofern der Bauplatz nach dem genehmigt worden wäre) sein zur Zl. MA 64 - 1501/2005 anhängiges Grundabteilungsansuchen zurückziehen und die Einlösung des gesamten Bauplatzes bestehend aus den Grundstücken 163, 164/1, 164/2, 165/1, 166/1 und 166/2 beantragen. Denn die in die Parkanlage fallenden Teilflächen der gegenständlichen Liegenschaften wären nach Genehmigung und grundbücherlicher Durchführung der anhängigen Abteilung MA 64 - 1501/2005 nicht mehr als Teil des Bauplatzes, sondern als Teil eines Trennstückes im Grünland, Erholungsgebiet - Parkanlage anzusehen, womit wiederum kein Einlösungsanspruch bestehen würde.

Maßgebliches Plandokument:

PD 7472 Gemeinderatsbeschluss vom ,

Pr.Zl. 5093/2004-GSV"

Mit Schreiben vom ersuchte daraufhin der Beschwerdeführer "zur Beschaffung von weiteren Unterlagen um ruhend Stellung des Verfahrens".

2. Mit Schreiben vom suchte der Beschwerdeführer um die Fortsetzung des Verfahrens an. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Das Gst. 166 in U wurde mit Kaufvertrag vom 14.01.1852 von W erworben und ging mit Vertrag vom 08.04.1865 und der Erklärung vom 06.10.1866 in den Besitz von E S und etwa 1881 in den seiner Erben über.

Bei der Neuanlage des Grundbuches etwa um 1880 wurde das Gst. 166 u.a. in die EZ 60 übertragen und in weiterer Folge als Gste. 166/1 und 166/2 in die EZZ 79, 887 und letztendlich in die EZ 1475 abgeschrieben.

Mit AB 4216 aus 1885 wurde das Gst. 166 in die Gste. 166/1 Garten und 166/2 Bauarea geteilt. Ein AB aus 1889 zeigt die Gste. 162/., 163/. und 164 als 'Einheit', nicht jedoch in Verbindung mit den Gsten. 166/1 und 166/2.

Mit Bescheid vom wurde für das Wohnhaus Gst. 166/2 die Neuerrichtung einer Senkgrube bewilligt (die alte Senkgrube wurde stillgelegt). Es ist dies die einzige aufliegende Baubewilligung bei der diese Gste. und nur diese angeführt sind.

Dieses Wohnhaus wurde im Krieg von Bomben zerstört und etwa Ende der 1940er Jahre abgetragen.

Zur Erhaltung des schönen Baumbestandes auf der Liegenschaft Gste. 165/1 und 166/1 wird mit PD 1759 vom die Widmung 'Parkschutzgebiet' festgesetzt, in welchem unter Schonung des Baumbestandes eine Bebauung in Bkl. I bis 10% des Flächenausmaßes zulässig ist (aus Motivenbericht). Damit wurden die bestehende/bestandene Bebauung und der parkähnliche Garten berücksichtigt. Diese Widmung bestand bis PD 5180 aus 1973. Der Grund der Abänderung war eine geplante Streckenführung der B 13a. Im bebaubaren Bereich (Gst. 166/2) wurde die Straße derart verbreitert, dass sie durch das Gebäude führte. Für den Rest der Liegenschaft wurde die Widmung 'Spk' festgesetzt, eine Widmung entsprechend der Nutzung bzw. des Zustandes.

Dass die Liegenschaft nach dem Krieg nicht mehr entsprechende den Bebauungsbestimmungen bebaut wurde, mag daran liegen, dass die H kein Interesse an einem Wohnhaus hatte und die Gste. 166/1 und 166/2 in betrieblicher Hinsicht nicht mit den östlich gelegenen Gsten. zusammenhängen.

Mit PD 6136 wurde für die Gste. 166/1 und 166/2 die Widmung wieder abgeändert und mit PD 7472 für Gst. 166/2 und einen Großteil des Gstes. 166/1 die Widmung 'Erholungsgebiet - Parkanlage' festgesetzt.

Die ursprüngliche Bauplatzfläche betrug etwa 3050 m2, heute liegen etwa 490 m2 im Bauland, sind jedoch nicht bebaubar, da sie in der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche liegen.

Zusammenfassend sind die Gste. 166/1 und 166/2 als Bauplatz im Sinne des Art. III BO für Wien anzusehen, da


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
das Gst. etwa ab 1885 mit einem Wohnhaus bebaut war,
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1940 eine Baubewilligung für den Neubau einer Senkgrube erteilt wurde,
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das PD 1795 die bestehende/bestandene Bebauung berücksichtigt (Widmung bis 1973),
-
eine Einfriedungsmauer um diese Gste. besteht, während die angrenzenden Gste. lediglich eingezäunt sind,
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auf allen vorhandenen Unterlage die Gste. 166/1 und 166/2 separat behandelt werden.
Ein 'wirtschaftlicher' Zusammenhang (Bauplatz) mit den restlichen Grundstücken der EZ 1475 besteht nicht, da die Gste. 166/1 und 166/2 in den verschiedensten Einlagen waren und 1973 anscheinend nur aus
organisatorischen/verwaltungstechnischen Gründen mit MA 64 - 4071/73 in die EZ 1475 abgeschrieben wurden (die Gste. der EZ 1475 liegen nördlich der Sgasse, die anderen, ebenfalls der H gehörenden Gste. südlich der Sgasse)."
Dieses Schreiben wurde dem Amtssachverständigen mit der Bitte übermittelt zu beurteilen, ob die bisherigen Stellungnahmen vom und vom bei Berücksichtigung des Schreibens vom aufrecht erhalten werden könnten.
Mit seinem Schreiben vom kommt der Sachverständige unter näherer - vom angefochtenen Bescheid übernommenen - Begründung zum Ergebnis, dass die Stellungnahmen aus dem Jahr 2006 unverändert aufrechterhalten würden.
3.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das eingangs genannte Einlösungsansuchen gemäß § 59 Abs. 1 BO ab.
Nach Wiedergabe dieser Norm wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides Folgendes ausgeführt:
"Die zehn Grundstücke der Einlage 1475 (inklusive der Grundstücke 166/1 und 166/2) bilden bereits seit mehr als 120 Jahren eine wirtschaftliche Einheit in der selben Einlage des Grundbuches L.
Bereits zum Zeitpunkt der Neuanlage des Grundbuches Anfang der 1880er Jahre lagen die Grundstücke 162/2 (Mühlbach), 163/1 (Acker), 163/2 (Wiese), 164 (Bauarea), 165/2 (Mühlbach) und 166 (Garten) in der gemeinsamen Einlage 79.
-
Mit TZ 4216/1885 wurde nach Errichtung des Wohnhauses die Parzelle 166 in die Parzellen 166/1 (Garten) und 166/2 (Bauarea) geteilt.
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Die Flurgrundstücke 162/4 (Weide) und 162/5 (Weide) wurden in den Jahren 1888 und 1897 aus der Einlage 78 ab- und der Einlage 79 zugeschrieben.
Zur TZ 1762/1899 wurden sämtliche o.g. Parzellen der Liegenschaft EZ 79 (inkl. der Grundstücke 166/1 und 166/2) in die Einlage 60 abgeschrieben.
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Mit Anmeldungsbogen (AB) 49/1905 (TZ 2337/1905), ein unmaßstäblicher Handriss (Feldaufnahmeskizze), wurden nach Errichtung neuer Gebäudetrakte die gemeinsamen Grenzen der Parzellen 162/1, 163/1, 163/2, 164 und 165/1 überarbeitet; so entstanden die neu konfigurierten Parzellen 162/1, 163, 164 und 165/1.
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Mit TZ 1207/1906 wurde die Parzelle 164 in die Parzellen 164/1 und 164/2 unterteilt.
Mit TZ 2327/1920 (Kaufverträge vom 6. und ) wurden die Parzellen 162/2, 162/4, 162/5, 163, 164/1, 164/2, 165/1, 165/2, 166/1 und 166/2 in die neu eröffnete Einlage 878 abgeschrieben.
Mit Bescheid vom , Zl. MA 64 - 4071/173 sowie TZ 84/74, wurden diese zehn Grundstücke (wieder inklusive der Grundstücke 166/1 und 166/2) von der EZ 878 in die neu eröffnete Einlage 1475 abgeschrieben.
Hinsichtlich der im Ansuchen angesprochenen Einfriedungen ist festzuhalten, dass in sämtlichen im Vermessungsamt Wien aufliegenden Mappendarstellungen von 1868 bis 1929 die gesamte Liegenschaft EZ 79, später EZ 60 bzw. EZ 878, inklusive der Grundstücke 166 bzw. 166/1 und 166/2 von einer gemeinsamen Einfriedung umgeben dargestellt wird. Ob und in welchen Bereichen es sich dabei um eine Mauer oder einen Zaun auf dem Mauersockel handelt, ist jedoch nicht mehr feststellbar.
Im AB 33/1913 vom zeigt ein 'Situations-Plan der Chem. Fabrik W' eine detaillierte Übersicht über die Nutzung der einzelnen Gebäude der gesamten chemischen Fabriksanlage sowie der angeschlossenen Wohn- und Aufenthaltsräume: darin wird das Gebäude auf Grundstück 166/2 genauso wie das Gebäude auf Grundstück 164/1 mit der Bezeichnung 'Wohnungen' (Legende Nr. 122) angeführt.
Die angeführten Punkte führen zu dem Schluss, dass die Grundstücke 166/1 und 166/2 zumindest seit Neuanlage des Grundbuches eine Einheit gemeinsam mit den anderen Grundstücken der Einlage bilden und damit die Grundstücke 163, 164/1, 164/2, 165/1, 166/1 und 166/2 gemeinsam als ein Bauplatz im Sinne des Artikels III BO anzusehen sind.
Der Umstand, dass in einem AB (in diesem Fall ein Handriss einer Feldaufnahme) sowie in einem Lageplan zur Herstellung einer Senkgrube nur ein Teilausschnitt einer Liegenschaft (Einlage) dargestellt wird, ist (auch heute noch) die übliche Vorgehensweise bei der Verfassung von Handrissen und Kanalplänen und lässt nicht den Schluss zu, dass es sich bei dem jeweilig dargestellten Ausschnitt um eine 'separate Einheit' handelt."
Daran anschließend gelangte die belangte Behörde zur Beurteilung, dass folglich die Grundstücke 166/1 und 166/2 als Teil des Bauplatzes auf der Liegenschaft EZ 1475 anzusehen seien und nur ein Teil dieser Anlage in die Widmungskategorie "Grünland - Erholungsgebiet - Parkanlage" falle. Da auf der verbleibenden Restfläche weiterhin ein Bauplatz geschaffen werden könne, bestehe kein Einlösungsanspruch gemäß § 59 Abs. 1 BO.
II. Zum Beschwerdeverfahren
1.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Durch den Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Zuerkennung einer Entschädigung hinsichtlich der Einlösung "gemäß § 50 BauO für Wien" (gemeint wohl: § 59 leg. cit.) verletzt.
2.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.


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III. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.
Art. III BO lautet wie folgt:
"ARTIKEL III

(1) Die Bestimmungen der §§ 11, 20, 58 und 74 der Bauordnung gelten auch für bereits vor Wirksamkeit dieses Gesetzes ergangene Bescheide. Abteilungs- und Baubewilligungen aber, die nach den bisherigen gesetzlichen Vorschriften noch nicht erloschen sind, jedoch nach den Bestimmungen dieser Bauordnung schon erloschen wären oder innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlöschen würden, behalten ihre Gültigkeit für den Rest ihrer bisherigen Dauer, längstens jedoch für ein Jahr vom Tage des Inkrafttretens des Gesetzes. Die im § 74 bestimmte Frist für die Vollendung von Bauten beginnt für die unter Wirksamkeit der bisherigen Gesetze begonnenen Bauten mit dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

(2) Grundstücke, die nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen durch eine rechtswirksam gewordene behördliche Abteilungsbewilligung ausdrücklich zum Zwecke der Bebauung geschaffen worden sind, gelten auch im Sinne dieses Gesetzes als Bauplätze.

(3) Die Bestimmungen des § 13 haben auf Abteilungen keine Anwendung zu finden, die vor Wirksamkeit dieses Gesetzes bereits von den Grundbuchsgerichten bewilligt worden sind.

(4) Die Bestimmungen des § 50 gelten auch dann, wenn die Gemeinde vor Wirksamkeit dieses Gesetzes Grundflächen für neue Verkehrsflächen gegen Entgelt erworben hat.

(5) Auf bereits bestehende Baulichkeiten, für die vor Wirksamkeit dieses Gesetzes eine Baubewilligung erteilt worden ist, haben die Bestimmungen des § 48 und jene Bestimmungen Anwendung zu finden, die die Anwendung auf bestehende Baulichkeiten ausdrücklich vorsehen.

(6) Außerdem haben auch die Bestimmungen der §§ 93 Abs. 3, 96 Abs. 2, 101 Abs. 2, 107 Abs. 1 und 126 Abs. 4 für bestehende Baulichkeiten zu gelten. Die auf Grund des X. und XI. Abschnittes zu erlassenden Verordnungen haben auch zu bestimmen, ob und inwieweit diese Vorschriften auf bereits bestehende bauliche Anlagen Anwendung finden. In dieser Hinsicht können jedoch bauliche Änderungen nur so weit verlangt werden, als sie aus öffentlichen Rücksichten unbedingt notwendig sind.

(7) § 90 Abs. 5 ist auf bestehende Baulichkeiten anzuwenden, wenn bewilligungspflichtige Bauführungen mehr als die Hälfte der im Gebäude befindlichen Wohnungen und Betriebseinheiten betreffen."

§ 59 Abs. 1 BO idF LGBl. Nr. 18/1976 lautet wie folgt:

"Einlösung von Liegenschaften

§ 59. (1) Fällt ein Bauplatz oder Baulos nach einer Abänderung des Bebauungsplanes zur Gänze in eine Verkehrsfläche oder in eine Grundfläche für öffentliche Zwecke oder wird die Widmung Bauland zur Gänze durch eine andere Widmung ersetzt, hat der Eigentümer gegen die Gemeinde einen Anspruch auf Einlösung gegen Entschädigung. Derselbe Anspruch besteht, wenn nur ein Teil des Bauplatzes oder Bauloses von einer solchen Abänderung des Bebauungsplanes betroffen wird und aus den verbleibenden Restflächen ein Bauplatz oder Baulos im Sinne des § 16 dieses Gesetzes nicht geschaffen werden kann oder die bebaubare Fläche eines nach dem genehmigten Bauplatzes oder Bauloses um mehr als die Hälfte beschränkt wird."

Gemäß § 59 Abs. 7 BO entscheidet über die Zulässigkeit der Einlösung und über die Höhe der Entschädigung die Landesregierung; betreffend die Höhe der Entschädigung steht es jeder Partei des Einlösungsverfahrens frei, binnen drei Monaten ab Zustellung des Einlösungsbescheides die Entscheidung des ordentlichen Gerichts zu begehren.

2. Die Beschwerde vertritt (aufbauend auf einer Darstellung des historischen Kontextes) die Auffassung, dass die beiden in Rede stehenden Grundstücke 166/1 und 166/2 spätestens ab der TZ 4217/1885, mit der die Parzelle 166 in die Grundstücke 166/1 (Garten) und 166/2 (Bauarea) geteilt wurde, als (separater) Bauplatz iSd Art. III BO anzusehen seien. Sie wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass die in Rede stehenden Grundstücke 166/1 und 166/2 lediglich als Teile eines eine wirtschaftliche Einheit bildenden Bauplatzes gelten würden. Der BO sei der Begriff der wirtschaftlichen Einheit fremd. Maßgeblich sei vielmehr die Frage der Bauplatzeigenschaft anhand der Kriterien der BO (insbesondere mit Blick auf Art. III sowie §§ 16 und 17 leg. cit.). Dies zu prüfen habe die belangte Behörde unterlassen.

3. Die belangte Behörde hat den Spruch des angefochtenen Bescheids tragend darauf gestützt, dass die Grundstücke 166/1 und 166/2 zumindest seit Neuanlage des Grundbuchs eine Einheit gemeinsam mit den anderen Grundstücken der Einlage bildeten und damit gemeinsam mit den Grundstücken 163, 164/1, 164/2 und 165/1 als ein Bauplatz im Sinn des Art. III BO anzusehen seien. Nur ein Teil der aus allen diesen Grundstücken bestehenden EZ 1475 falle in die Widmungskategorie "Grünland - Erholungsgebiet - Parkanlage", auf dem verbleibenden Restfläche könne weiterhin ein Bauplatz geschaffen werden.

Art. III Abs. 2 BO verlangt aber die Klärung der Frage, ob ein Grundstück vor dem Inkrafttreten der BO mit (vgl. Art. VII BO sowie die Anmerkung hiezu bei Moritz , BauO für Wien, 4. Auflage, 2009, S 18) nach den bis dahin maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen durch eine rechtswirksam gewordene behördliche Abteilungsbewilligung ausdrücklich zum Zweck der Bebauung geschaffen wurde. Dazu ist es erforderlich, anhand der jeweils früher maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen näher aufzuzeigen, dass eine rechtswirksam gewordene behördliche Abteilungsbewilligung, diese Grundstücke betreffend, ausdrücklich zum Zweck der Bebauung erteilt wurde.

Im angefochtenen Bescheid fehlt eine nähere Begründung iS dieser Bestimmung für die dort als einheitlicher Bauplatz eingestuften Grundstücke. Damit kann nicht nachvollzogen werden, dass den Grundstücken auf der Liegenschaft EZ 1475 - wie die Behörde meint - (insgesamt) die Qualifikation als Bauplatz iSd Art. III Abs. 2 BO zukomme und daher die Grundstücke 166/1 und 166/2 als Teil des Bauplatzes auf der Liegenschaft EZ 1475 anzusehen seien. Auch vermögen etwa die sich auf das Grundstück 164/1 beziehenden Ausführungen in der Bescheidbegründung, dass das auf diesem Grundstück befindliche Gebäude mit der Bezeichnung "Wohnungen" im Jahr 1913 in einem "Situations-Plan" in AB 33/1913 angeführt werde, eine solche umfassende Begründung nicht zu ersetzen.

4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

6. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden. Wien, am