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VwGH vom 16.09.2009, 2008/05/0077

VwGH vom 16.09.2009, 2008/05/0077

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des K R in Wien, vertreten durch Dr. Reinhard Langner, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Hütteldorferstraße 124, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-752/001-2007, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge in 2452 Mannersdorf am Leithagebirge, Hauptstraße 48), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit Ansuchen vom die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung von drei Zweifamilienhäusern auf den als Bauland-Wohngebiet gewidmeten Grundstücken Nr. 2319/14 der Liegenschaft EZ 2709 und 2319/15 der Liegenschaft EZ 713, beide Mannersdorf am Leithagebirge.

Mit Bescheid des im Devolutionswege zuständig gewordenen Stadtrates der Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge vom wurde dieser Antrag abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass ein Anrainer nicht zur Verhandlung geladen worden sei, die Baugrundstücke nicht zusammengelegt worden seien und deshalb die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung nicht möglich sei. Ein Gebäude dürfe nicht über eine Grundstücksgrenze gebaut werden (Hinweis auf § 49 NÖ Bauordnung 1996). Die eingereichten Baupläne bezögen sich u.a. auf das Grundstück Nr. 2319/13, welches nicht im Eigentum des Bauwerbers stünde. Im Übrigen widerspräche das Bauvorhaben dem Ortsbild (Hinweis auf die §§ 54 bis 56 NÖ Bauordnung 1996).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung hinsichtlich des Versagungsgrundes der Nichteinladung eines Nachbarn zur Bauverhandlung durch die Baubehörde erster Instanz (Spruchpunkt I.), hinsichtlich des Versagungsgrundes der falschen Bezeichnung eines Grundstückes auf den Einreichplänen (Spruchpunkt II.), hinsichtlich des Versagungsgrundes der Nichtübereinstimmung des Bauvorhabens mit den Bestimmungen der §§ 54 und 56 NÖ Bauordnung 1996 (Spruchpunkt III.) Folge gegeben und insoweit der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Stadtgemeinde zurückverwiesen.

Im Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Versagungsgrundes der mangelnden Zusammenlegung der Grundstücke Nr. 2319/14 und Nr. 2319/15 abgewiesen.

Bezüglich des in Beschwerde gezogenen Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde in der Begründung aus, dass gemäß § 23 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 in dem Fall, dass durch das geplante Bauwerk eine Grundstücksgrenze überbaut werde und keine Ausnahme nach § 49 Abs. 1 vierter Satz leg. cit. vorliege, eine Baubewilligung "nur mit der aufschiebenden Bedingung der Vorlage eines Grundbuchsbeschlusses über die Vereinigung der betroffenen Grundstücke oder Grundstücksteile bei der Baubehörde vor Baubeginn erteilt werden" dürfe. Ein Bauwerber, der beabsichtige, eine Grundstücksgrenze mit einem Bauwerk zu überbauen, könne demnach kein Recht darauf ableiten, dass ihm eine Auflage bzw. eine aufschiebende Bedingung zum Nachweis der Vereinigung der betroffenen Grundstücke erteilt werde. Die diesbezüglichen Einwendungen des Beschwerdeführers gingen ins Leere. Die Devolutionsbehörde habe daher dem Beschwerdeführer aus dem Grund der Nichtvereinigung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke die baubehördliche Bewilligung zu Recht versagt.

Gegen Spruchpunkt IV. dieses Bescheides richtet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Erteilung einer Baubewilligung unter der aufschiebenden Bedingung der Vorlage eines Grundbuchsbeschlusses über die Vereinigung der betroffenen Grundstücke bei der Baubehörde vor Baubeginn im Sinne des § 23 Abs. 2 der NÖ Bauordnung" verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und führt aus, dass aus § 23 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1996 sehr wohl ein Recht des Bauwerbers abzuleiten sei, bei Vorliegen der übrigen für die Erteilung der Baubewilligung erforderlichen Voraussetzungen eine Baubewilligung mit aufschiebender Bedingung der Vorlage eines Grundbuchsbeschlusses über die Vereinigung der betroffenen Grundstücke bei der Baubehörde vor Baubeginn erteilt zu erhalten.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1996

haben folgenden Wortlaut:

"§ 20

Vorprüfung

(1) Die Baubehörde hat bei Anträgen nach § 14 vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben

1. die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstückes, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder Aufschließungszone,


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2.
der Bebauungsplan,
3.
eine Bausperre,
4.
die Unzulässigkeit der Erklärung des betroffenen Grundstückes im Bauland zum Bauplatz,
5.
ein Bauverbot nach § 11 Abs. 5 oder
6.
eine Bestimmung dieses Gesetzes, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, des NÖ Kleingartengesetzes, LGBl. 8210, oder einer Durchführungsverordnung zu einem dieser Gesetze
entgegensteht.
...

(3) Wenn die Baubehörde eines der im Abs. 1 angeführten Hindernisse feststellt, hat sie den Antrag abzuweisen. ...

...

§ 23

Bewilligung

(1) Die Baubehörde hat über einen Antrag der Baubewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.

Eine Baubewilligung ist zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 angeführten Bestimmungen besteht.

...

(2) Der Baubewilligungsbescheid hat zu enthalten:

Die Angabe des bewilligten Bauvorhabens und

die Vorschreibung jener Auflagen, durch deren Erfüllung den Bestimmungen der in § 20 Abs. 1 Z. 6 angeführten Gesetze und Verordnungen entsprochen wird. ...

Mit Auflagen darf die Baubehörde insbesondere die Vorlage von Berechnungen, Befunden und Bescheinigungen von staatlich autorisierten oder akkreditierten Stellen, Ziviltechnikern oder Gewerbeberechtigten zum Nachweis der Einhaltung von Vorschriften und technischen Regeln vorschreiben.

Ist aus den der Baubehörde vorgelegten Bauplänen (§ 19) ersichtlich, dass durch das geplante Bauwerk eine Grundstücksgrenze überbaut wird und keine Ausnahme nach § 49 Abs. 1 vierter Satz vorliegt, dann darf eine Baubewilligung nur mit der aufschiebenden Bedingung der Vorlage eines Grundbuchsbeschlusses über die Vereinigung der betroffenen Grundstücke oder Grundstücksteile bei der Baubehörde vor Baubeginn erteilt werden.

...

§ 49

Anordnung von Bauwerken auf dem Grundstück

(1) Über eine Baufluchtlinie sowie in einem Bauwich darf grundsätzlich nicht gebaut werden. ...

Eine Grundstücksgrenze darf - mit Zustimmung der betroffenen Grundstückseigentümer - nur überbaut werden


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-
durch bauliche Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden nicht gleicht, und
-
durch Bauwerke über Verkehrsflächen oder Gewässer, sofern keine brandschutztechnischen Bedenken bestehen, sowie
-
durch Ver- und Entsorgungsanlagen und
-
in den Fällen des § 52 Abs. 1 und 4.
..."
Aus der dargestellten Rechtslage folgt, dass eine Baubewilligung zu erteilen ist, wenn kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 NÖ Bauordnung 1996 angeführten Bestimmungen besteht.
Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren. Es ist der in den Einreichplänen und in den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0297). Die Baubewilligung ist demnach ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, der einen auf seine Erlassung gerichteten, von einer hiezu legitimierten Partei gestellten Antrag voraussetzt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/0740). Der Bauwerber besitzt daher einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten baubehördlichen Bewilligung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.
Besteht kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 NÖ Bauordnung 1996 angeführten Bestimmungen, besitzt daher der Bauwerber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der von ihm beantragten Baubewilligung.
Dem Baubewilligungsbescheid können, soweit dies im Gesetz vorgesehen ist, Nebenbestimmungen beigesetzt werden. Hierbei handelt es sich um Willensäußerungen der Behörde, die in Form von Bedingungen, Auflagen, Befristungen oder Widerrufsvorbehalten zum Hauptinhalt des Bescheides hinzutreten können (vgl. hiezu Antoniolli/Koja , Allgemeines Verwaltungsrecht3, S. 551 f).
§ 23 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 sieht solche Nebenbestimmungen ausdrücklich vor.
Die in § 23 Abs. 2 letzter Absatz NÖ Bauordnung 1996 vorgesehene Nebenbestimmung wird vom Gesetzgeber ausdrücklich als "aufschiebende Bedingung" bezeichnet.
Für eine Bedingung ist es charakteristisch, dass der Bestand der Bewilligung vom ungewissen Eintritt eines künftigen Ereignisses, sei es aufschiebend, sei es auflösend, abhängt. Eine aufschiebende Bedingung liegt vor, wenn das Wirksamwerden der Bewilligung vom ungewissen Eintritt eines künftigen Ereignisses abhängig ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/03/0072, mwN).
Unter den Voraussetzungen, die an eine aufschiebende Bedingung zu stellen sind, ist daher die Anordnung in § 23 Abs. 2 dritter Satz NÖ Bauordnung 1996 vom Gesetzgeber zutreffend als aufschiebende Bedingung bezeichnet worden. Diese Bedingung soll den Abschluss des Baubewilligungsverfahrens ermöglichen, hindert jedoch den Baubeginn bis zum Eintritt der Vorlage eines Grundbuchsbeschlusses über die Vereinigung der betroffenen Grundstücke oder Grundstücksteile (vgl. hiezu Hauer/Zaussinger7 , NÖ Baurecht, Anm. 17 zu § 23 BO, S. 371).
Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung, dass der Beschwerdeführer bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 zweiter Satz NÖ Bauordnung 1996 keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baubewilligung hätte, weil durch das geplante Bauwerk eine Grundstücksgrenze überbaut würde, trifft daher nicht zu. Die Anordnung in § 23 Abs. 2 letzter Absatz NÖ Bauordnung 1996, dass bei Erteilung der Baubewilligung unter den dort genannten Voraussetzungen eine aufschiebende Bedingung zu erteilen sei, richtet sich an die Baubehörde, die demnach die Baubewilligung nur unter Vorschreibung dieser Nebenbestimmung erteilen darf.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008 Wien, am