VwGH vom 23.12.2015, 2012/13/0007

VwGH vom 23.12.2015, 2012/13/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der M Handelsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch die Niederösterreichische Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. Nachf. KG in 2344 Maria Enzersdorf, Riemerschmidgasse 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1146-W/10, miterledigt RV/1145-W/10, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2006 sowie Kapitalertragsteuer für das Jahr 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH bilanziert zu einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 31. März. Sie hatte im Streitzeitraum den Großhandel mit festen Brennstoffen und Mineralölerzeugnissen zum Unternehmensgegenstand. Die Streitpunkte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren resultieren aus den steuerlichen Feststellungen einer über den Zeitraum 2005 bis 2007 durchgeführten Außenprüfung (Prüfungsbericht vom ).

Tz. 1 des Prüfungsberichtes hat eine "Ausschüttung 2005" zum Gegenstand. Laut einem Abtretungsvertrag vom habe die bisherige Gesellschafterin, die ungarische Gesellschaft C.E., ihren Hälfteanteil an die nunmehrige Alleingesellschafterin Mag. M.R. veräußert. Als Kaufpreis sei ein Betrag von EUR 27.500,--

vereinbart worden. Gleichzeitig sei im Abtretungsvertrag (§ 7) ausbedungen worden, dass ein Betrag in Höhe von EUR 104.700,-- als "Gewinn-aconto" für das Geschäftsjahr 2004/2005 an C.E. ausbezahlt werde. Der Betrag sei am überwiesen worden. Erst im Mai 2006 sei der Beschluss über die Ausschüttung an C.E. gefasst worden; "weitere gesellschaftsrechtliche Beschlüsse über die Ausschüttung wurden nicht gefasst". Der ausbezahlte Betrag von EUR 104.700,-- sei auf Grund des in der Saldenliste zum ausgewiesenen vorläufigen Gewinns ("bzw. 50 % von EUR 209.483,76") bemessen worden. Der tatsächliche Gewinn des Wirtschaftsjahres 2004/2005 habe EUR 179.144,68 betragen. Der ausgeschüttete Betrag sei auf Grund "§ 94a EStG Mutter-Tochterrichtlinie" nicht der Kapitalertragssteuer unterworfen worden. Der Gesellschaftsvertrag habe keine Bestimmung betreffend (alineare) Ausschüttungen enthalten. Die im § 7 des Abtretungsvertrages vereinbarte Vorgangweise werde seitens der Betriebsprüfung als - "zwar unternehmensrechtlich unzulässige" - Ausschüttung gewertet. Im Zeitpunkt der Vereinbarung seien die Beteiligungsverhältnisse "50:50" gewesen. Gewinnausschüttungen abweichend von den Beteiligungsverhältnissen setzten voraus, dass eine solche alineare Gewinnverteilung gesellschaftsvertraglich festgelegt werde und eine ausreichende wirtschaftliche Begründung vorliege. Davon sei im Beschwerdefall nicht auszugehen. Der gesamte Vorgang sei "im Zusammenhang mit der Anteilsabtretung zu sehen und ist als weitergeleitetes Veräußerungsentgelt zu werten". Der "50 %-Anteil der Ausschüttung von EUR 104.700,--" sei Mag. M.R. zuzurechnen und damit der Kapitalertragsteuer zu unterwerfen ("KESt-pflichtige Ausschüttung" somit EUR 52.350,--).

Tz. 2 des Prüfungsberichtes beschäftigt sich mit der Kürzung des Vorsteuerabzuges. Die liechtensteinische Gesellschaft B.C. sei Lieferant von Gas gewesen, das in Waggons von Tschechien direkt nach Österreich geliefert worden sei. B.C. sei beim Finanzamt Graz-Stadt registriert gewesen und habe mit österreichischer UID und Steuernummer fakturiert. Der aus den Rechnungen in Anspruch genommene Vorsteuerabzug in Höhe von rund EUR 68.000,-- sei zu versagen gewesen, weil es sich bei B.C. um eine Domizilbzw. Sitzgesellschaft gehandelt habe. Bei der Anschrift in Liechtenstein habe es sich um ein so genanntes "Massendomizil" gehandelt. Die Verwaltungsrätin habe ihren Wohnsitz in Prag gehabt. Es sei "kein Eintrag" in das liechtensteinische Gewerberegister erfolgt, weil laut den Angaben der Verwaltungsrätin eine Gewerbebewilligung nicht erforderlich gewesen sei, da die Geschäfte nur außerhalb von Liechtenstein stattgefunden hätten. Die Rechnungsbeträge seien auf ein Bankkonto in Prag überwiesen und der Großteil des Schriftverkehrs sei über eine tschechische Fax-Nummer abgewickelt worden. Von der Beschwerdeführerin sei eingewendet worden, dass von ihr alle "nur erdenklichen Schritte zur Verifikation" der B.C. unternommen worden seien ("Firmenbucheintragung, FA-St.Nr. und UID-Nummer wurden überprüft"). Dem sei jedoch entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführerin auf Grund der Umstände hätte auffallen müssen, dass die tatsächliche Geschäftsführung nicht von Liechtenstein, sondern von Tschechien aus vorgenommen worden sei. Da zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung keine Geschäftstätigkeit am Sitz der Gesellschaft in Liechtenstein entfaltet worden sei, seien keine zum Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 UStG 1994 erforderlichen Rechnungen im Sinne des § 11 UStG 1994 (der u.a. Angaben über den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmens verlange) vorgelegen. Der Vorsteuerabzug sei daher zu versagen gewesen.

Gegen die auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Bescheide betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2006 und Kapitalertragsteuer für das Jahr 2005 erhob die Beschwerdeführerin jeweils mit Schriftsätzen vom Berufung.

Zur Umsatzsteuer brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie sei im Streitzeitraum von B.C. mit Flüssiggas beliefert worden, das in Kesselwaggons direkt von Tschechien nach Österreich verbracht worden sei (Endabnehmer sei eine Gesellschaft in Linz gewesen). Da alle für den Vorsteuerabzug notwendigen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien (Vorliegen von Lieferungen und ordnungsgemäßen Rechnungen) sei der Vorsteuerabzug geltend gemacht worden. Dass die einzige Verwaltungsrätin (= Geschäftsführerin) der liechtensteinischen Gesellschaft ihren Wohnsitz in Tschechien gehabt habe, sei nicht weiters auffällig gewesen. Für die Beschwerdeführerin hätten sich keine Anzeichen ergeben, dass die Adresse "falsch sein musste", wobei auch zusätzliche Maßnahmen gesetzt worden seien, um sicher zu gehen, dass die Rechnungen ordnungsgemäß seien. Der Sinn der Bestimmung des § 11 UStG 1994 über den Namen und der Adresse des Lieferanten bestehe darin, dass der liefernde Unternehmer eindeutig identifizierbar sei. Diese Voraussetzung sei aber erfüllt, weil das Finanzamt den Lieferanten "eindeutig identifizieren konnte" (B.C. sei unter ihrem Namen und ihrer Adresse auch beim Finanzamt Graz-Stadt registriert). Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb diese Adresse überhaupt falsch sein solle. Es gebe jedenfalls keine andere Adresse der liechtensteinischen Gesellschaft und im "Kommunikationszeitalter, wo Manager (besonders auch in der globalisierten Mineralölbranche) ständig um die Welt reisen und gleichzeitig mittels E-Mail und Mobiltelefonen Geschäfte abschließen", gingen die Argumente des Finanzamtes ins Leere. Um Flüssiggaslieferungen durchführen zu können, benötige man außerdem spezielle amtliche Dokumente. Schon aus diesem Grund sei davon auszugehen gewesen, dass ein korrektes Geschäft vorliege und alle Angaben auf den Rechnungen stimmten. In von der Prüferin angesprochenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes sei der leistende Unternehmer überhaupt nicht auffindbar gewesen oder es sei unklar gewesen, welcher Unternehmer überhaupt eine Lieferung durchgeführt habe (die auf der Rechnung "angegebene Firma war gar nicht existent und/oder die Umsatzsteuer wurde vom Lieferanten nicht an das Finanzamt abgeführt"). Alle diese Punkte träfen im Beschwerdefall nicht zu. Es seien alle Beteiligten für das Finanzamt genau identifizierbar gewesen und die österreichische Finanzbehörde habe im Zusammenhang mit diesen Lieferungen auch keine Steuerausfälle gehabt.

Zur Kapitalertragsteuer brachte die Beschwerdeführerin in der Berufung vor, sie sei von Mag. M.R. und der ungarischen Gesellschaft mit einem Beteiligungsverhältnis von je 50 % gegründet worden. Bei der Firmengründung sei es die Grundidee gewesen, dass beide Gesellschafter in etwa gleich viel für die Beschwerdeführerin beitragen sollten. Da dies schließlich nicht mehr der Fall gewesen sei, sei es zur Trennungsvereinbarung gekommen. C.E. habe der Trennungsvereinbarung (Abtretungsvertrag vom ) unter der Bedingung zugestimmt, dass "ihr Anteil an allen in der Vergangenheit erzielten und noch nicht ausgeschütteten Gewinne zunächst an sie ausgeschüttet wird und ihr Anteil am Stammkapital um EUR 27.500,--" an Mag. M.R. abgetreten werde. Um den der ungarischen Gesellschaft zustehenden Anteil am Bilanzgewinn feststellen zu können, sei zum eine Zwischenbilanz erstellt worden. Diese habe einen ausschüttungsfähigen Gewinn von rund EUR 209.000,-- ergeben, womit sich ein Anteil von 50 % mit gerundet EUR 104.700,-- errechnet habe. Es sei daher vereinbart worden, den anteiligen Gewinn (50 % des zum festgestellten Gewinns) an C.E. auszuschütten. Der Betrag sei am als Anzahlung an die ungarische Gesellschaft überwiesen worden. Nach der Feststellung des Bilanzgewinnes zum sei diese Ausschüttung auch gesellschaftsrechtlich durchgeführt worden. Da nicht genügend liquide Mittel im Unternehmen vorhanden gewesen seien, sei beschlossen worden, vom Bilanzgewinn zum nur die bereits vereinbarte Gewinnausschüttung an die ungarische Gesellschaft vorzunehmen und den auf Mag. M.R. entfallenden Teil des Gewinns vorübergehend nicht auszuschütten. Als es der Beschwerdeführerin wirtschaftlich wieder besser gegangen sei, sei die Gewinnausschüttung an Mag. M.R. nachgeholt worden. Die Gesellschafter müssten zwar grundsätzlich ihren Gewinnanteil entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis erhalten. Mit Zustimmung der Gesellschafter sei allerdings auch eine ungleichmäßige Gewinnverteilung zulässig. Es sei wirtschaftlich nachvollziehbar, dass der ausscheidende Gesellschafter nur dann dem Ausscheiden aus der GmbH zustimme, wenn ihm noch der bis zum Ausscheiden aus der Gesellschaft anfallende anteilige Gewinn ausgeschüttet werde. Der bereits beschriebene Vorgang der anteiligen Gewinnausschüttung auf Grund der zum erstellten Zwischenbilanz an den ausscheidenden Gesellschafter sei damit gerechtfertigt gewesen. Eine (teilweise) Zurechnung der an C.E. durchgeführten Ausschüttung an M.R. sei weder rechtlich noch wirtschaftlich nachvollziehbar.

Nach Durchführung einer Berufungsverhandlung gab die belangte Behörde den beiden Berufungen mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.

Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 könne ein Unternehmer jene Vorsteuerbeträge abziehen, die - so die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides zur Umsatzsteuer 2006 - von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 leg. cit.) für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden seien, an ihn gesondert ausgewiesen würden. Nach § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 müssten Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Diese Angaben dienten nicht nur zur Kontrolle, ob der Leistungsempfänger eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung von einem anderen Unternehmer erhalten habe, sondern auch der Sicherstellung der Besteuerung beim leistenden Unternehmer. Eine "Ungreifbarkeit des Leistungserbringers" sei das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner einlasse. Wenn Rechnungen Name und Anschrift eines Leistenden enthielten, der unter dem angegebenen Namen oder unter der angegebenen Anschrift "nicht existiere", dann fehle es am Rechnungserfordernis des Namens und der Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers. Unter Anschrift im Sinne des § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 sei nicht eine bloße Zustelladresse zu verstehen, sondern eine Geschäftsanschrift, an der das leistende Unternehmen die tatsächliche Geschäftstätigkeit entfalte.

Nach dem Vorbringen in der Berufungsverhandlung habe sich ein Linzer Unternehmen betreffend die Lieferung von Mineralölprodukten an die Beschwerdeführerin gewandt, die über die ihr in Tschechien bekannte Verwaltungsrätin mit B.C. Kontakt aufgenommen habe. Im November 2004 sei es zu einem Vertragsabschluss ("Contract for Deliveries") gekommen. Auf Grund dieses (im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen) Vertrages habe die Beschwerdeführerin in (Eisenbahn )Kesselwagen abgefülltes Flüssiggas eingekauft, worüber (im angefochtenen Bescheid im Einzelnen angeführte) Rechnungen aus dem Jahr 2005 vorlägen. Nach den "obigen Rechtsausführungen" sei zu beurteilen gewesen, ob B.C. an der angeführten Anschrift in Liechtenstein eine Geschäftstätigkeit ausgeübt habe. Bei der liechtensteinischen Gesellschaft habe es sich um eine Domizilbzw. Sitzgesellschaft gehandelt. Die tschechische Verwaltungsrätin sei die (einzige) Geschäftsführerin gewesen. Ein "eigener Geschäftsapparat bzw. eine eigene Geschäftstätigkeit" sei "für Außenstehende am Platze nicht ersichtlich" gewesen. Die Geschäftsaktivitäten seien durch die Verwaltungsrätin abgewickelt worden, die ihren Wohnsitz in Prag gehabt habe. Aus der Geschäftsabwicklung selbst sei für die Beschwerdeführerin nicht ersichtlich gewesen, dass eine (bzw. welcher Teil der) Geschäftstätigkeit in bzw. von Liechtenstein aus ausgeübt worden sei. Auf Grund des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, dass B.C. an ihrer Domizil- und Rechnungsadresse in Liechtenstein keine Geschäftstätigkeit ausgeübt habe. Dem Vorbringen, wonach entsprechend der seitens der österreichischen Finanzbehörde erteilten UID-Nummer der Beweis des Vorliegens einer "ordnungsgemäßen Firma" erbracht worden sei, könne insoweit gefolgt werden, als die (rechtliche) Existenz der B.C. als liechtensteinische Corporation gemeint sei. Auf Grund der Registrierung beim Finanzamt Graz-Stadt könne nicht darauf geschlossen werden, dass B.C. die Geschäftstätigkeit tatsächlich am auf den Rechnungen angegebenen ausländischen Ort bzw. Firmensitz ausgeübt habe. Der Vorsteuerabzug sei damit nicht zu gewähren gewesen.

Zur Kapitalertragsteuer 2005 ("Ausschüttung") wird im angefochtenen Bescheid festgehalten, dass die Einkommensteuer bei inländischen Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben werde (Kapitalertragsteuer). Bei diesen Kapitalerträgen handle es sich nach § 93 Abs. 2 leg. cit. u. a. um Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen oder sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. In der Begründung des angefochtenen Bescheides findet sich (nach einer wörtlichen Wiedergabe des Gesellschaftsvertrages aus dem Jahr 2001 und des Abtretungsvertrages vom ) weiters die Feststellung, dass die Bank am von der Beschwerdeführerin beauftragt worden sei, eine Auslandsüberweisung an die ungarische Gesellschaft C.E. mit einem Betrag von EUR 104.700,-- durchzuführen (als Verwendungszweck sei angegeben worden: "Anzahlung Gewinnausschüttung Abtretungsvertrag vom "). Sodann lautet die Begründung des angefochtenen Bescheides wie folgt:

"Die Prüferin traf folgende Feststellungen: Der ausbezahlte Betrag (EUR 104.700,-) wurde aufgrund des in der Saldenliste zum ausgewiesenen vorläufigen Gewinnes (bzw. 50% von EUR 209.483,76) bemessen. Der tatsächliche Gewinn des Wj. 2004/05 betrug EUR 179.144,68.

Diese Feststellungen waren wortgleich bereits in der Niederschrift über die Schlussbesprechung gem. § 149 Abs. 1 BAO anlässlich der Außenprüfung, unterfertigt mit dem Vermerk, dass die in dieser Niederschrift angeführten Prüfungsfeststellungen ausführlich besprochen wurden, getroffen worden (Niederschrift, BP-Akt, 13ff).

Diesen Feststellungen wurde in der Berufung Folgendes entgegengesetzt: Daher wurde zum eine Zwischenbilanz erstellt, die einen Gewinn in Höhe von EUR 209,483,76 ausgewiesen hat. Aufgrund dieser Bilanz wurde beschlossen von diesem Bilanzgewinn die Hälfte (das sind EUR 104.700) an den ausscheidenden Gesellschafter (entsprechend seinem Beteiligungsverhältnis) auszuschütten. Auch anlässlich der Berufungsverhandlung wurde von einem Bilanzgewinn gesprochen: Als der eine Gesellschafter ausgeschieden ist, beanspruchte der Ausgeschiedene die Auszahlung ihres Stammanteils und den aufgrund einer Zwischenrechnung ermittelten Bilanzgewinn.

Im Arbeitsbogen befinden sich entsprechend den Feststellungen in der Niederschrift über die Schlussbesprechung und dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung Saldenlisten 'April - Dezember 2004' (AB 576ff).

Mit der Datierung '200605' wurde von Mag. M.R., der Alleingesellschafterin der Gesellschaft, folgender Beschluss unterfertigt (AB 528):

Beschluss

Die Gesellschafter der (Beschwerdeführerin) beschließen im Umlaufwege den folgenden

Gewinnverteilungsbeschluss:

1. Vom Bilanzgewinn wird ein Betrag von EUR 104.700,00 an den

ehemaligen Gesellschafter (C.E) ... Budapest, ausgeschüttet.

Unterschrift der Gesellschafter:

Unterschrift Mag. M.R.

Die (Beschwerdeführerin) bilanzierte zum 31. März eines jeden

Jahres.

Schied die (C.E.) am aus der Gesellschaft aus,


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-
waren neun Monate und drei Wochen des Wirtschaftsjahres 2004/2005 verstrichen und
-
mussten bis zum Ende dieses Wirtschaftsjahres noch zwei Monate und eineinhalb Wochen verstreichen.
Nach § 35 Abs. 1 GmbHG unterliegt der Beschlussfassung durch die Gesellschafter u.a. die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verteilung des Bilanzgewinns, falls letzterer im Gesellschaftsvertrag einer besonderen Beschlussfassung von Jahr zu Jahr vorbehalten ist, der Beschlussfassung durch die Gesellschafter.
Nach § 76 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsanteile übertragbar und vererblich.
Unter Punkt VII.2. des Gesellschaftsvertrages wurde vereinbart, dass der Geschäftsanteil nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter übertragbar und teilbar ist
Gemäß § 82 Abs. 2 GmbHG erfolgt die Verteilung des Bilanzgewinns in Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nach Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen.
Unter Punkt VII.1. des Gesellschaftsvertrages wurde vereinbart, dass sich der Geschäftsanteil nach der Höhe der übernommenen Stammeinlage bestimmt.
Der Gesellschaftsvertrag behält die Verteilung des Bilanzgewinnes einer Beschlussfassung durch die Gesellschafter nicht vor. Der Dividendenanspruch der Gesellschafter entstand daher mit der Feststellung des Jahresabschlusses (vgl. Reich - Rohrweg: Das österreichische GmbH-Recht, Band I Rz. 3/200).
Gewinnausschüttungsbeschlüsse auf der Basis von Zwischenabschlüssen stehen mit dem Gesetz nicht im Einklang und sind jedenfalls im Falle einer groben Verletzung von Bilanzierungsvorschriften nichtig (Reich - Rohrwig, aaO., Rz 3/238).
Sind keine abweichenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen vorhanden, steht bei Verkäufen von GmbH-Geschäftsanteilen der Gewinn des laufenden Geschäftsjahres allein dem Käufer zu; dies ergibt sich schon daraus, dass der Anspruch auf Auszahlung des Gewinnes demjenigen zusteht, der im Zeitpunkt der maßgeblichen Beschlussfassung (Feststellung des betreffenden Jahresabschlusses (keine Beschlussfassung über die Gewinnverwendung, weil gesellschaftsvertraglich nicht vorgesehen)) den betreffenden Geschäftsanteil hält.
Gesellschaftsrechtliches Grundprinzip ist, dass Ausschüttungen nur auf Grundlage eines nach den gesetzlichen Regeln auf- und festgestellten Jahresabschlusses getätigt werden dürfen.
Soll der Anteilsverkäufer (die ausgeschiedene (C.E.)) an dem bis zum Ausscheiden erwirtschafteten noch nicht ausgeschütteten Gewinn beteiligt sein, ist daher zu beurteilen, auf welche Weise dies im Zuge der Anteilsveräußerung umzusetzen ist (war): Dies erfolgt über variable Kaufpreisberechnungsmechanismen (siehe zu gängigen Kaufpreisberechnungsansätzen Kammerlander, Kaufpreisfestsetzung, in Polster-Grüll et al. (Hrsg) Handbuch Mergers
Acquisitions (2007), S 837ff).
Wird eine solche Vorgangsweise unterlassen, kommt es zu einer konstruierten (weil ohne Vorhandensein eines Jahresabschlusses erfolgenden) Zwischengewinnausschüttung.
Wenn zugunsten des Standpunktes der (Beschwerdeführerin) auf den Artikel: Asymmetrische Gewinnausschüttungen bzw. die zugrunde liegende Berufungsentscheidung verwiesen wird, ist auszuführen:
Jener Artikel befasst sich mit nicht verhältniswahrenden - nicht nach dem Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen vorgenommenen - Gewinnausschüttungen; er enthält jedoch keine Auseinandersetzungen bezüglich der Frage, ob Ausschüttungen vor der Feststellung des Jahresabschlusses zulässig sind.
Ins Treffen geführt wird die Bestimmung des § 54a Aktiengesetz:
Diese Bestimmung lautet: Abschlagszahlung auf den Bilanzgewinn
Der Vorstand kann mit Zustimmung des Aufsichtsrates nach Ablauf der Hälfte des Geschäftsjahres an die Aktionäre einen Abschlag auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn bis zur Hälfte der durchschnittlichen Jahresdividende der letzten drei Jahre zahlen, soweit diese Abschlagszahlungen in dem auf Grund einer Zwischenbilanz festgestellten Ergebnis des abgelaufenen Geschäftshalbjahres zuzüglich eines allfälligen Gewinnvortrags und abzüglich eines allfälligen Verlustvortrags Deckung finden und ausschüttungsfähige Rücklagen in der Höhe der ausgezahlten Beträge bestehen bleiben.
Die Auszahlung im Jänner 2005 wurde, wie oben ausgeführt, auf Grund des in der Saldenliste (April - Dezember 2004) zum ausgewiesenen vorläufigen Gewinnes vorgenommen und erfolgte lange vor dem Entstehen des Dividendenanspruches. Selbst unter der (sachverhaltsbezogen nicht gedeckten) Annahme der Erstellung einer Zwischenbilanz konnte die in § 54a Aktiengesetz vorgesehene Vorgangsweise nicht vorgenommen werden, weil es an einer entsprechenden Bestimmung im GmbHG fehlt. Im Übrigen wurde der seitens der (Beschwerdeführerin) (im Interpretationswege - mittels Analogieschluss) beanspruchten Anwendung des § 54a Aktiengesetz vom Finanzamt der Verweis auf Strukturunterschiede zwischen einer AG und einer GmbH entgegen gesetzt (weshalb nicht von einer zu schließenden Gesetzeslücke des GmbHG auszugehen ist)."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

In dem hinsichtlich Umsatzsteuer zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangenen Erkenntnis vom , 2010/13/0185, auf dessen Entscheidungsgründe nach § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass auch eine Domizilgesellschaft Unternehmer sein kann, wenn sie nachhaltig Leistungen gegen Entgelt erbringt. Sinn der Gesetzesbestimmung über die Rechnungsausstellung nach § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 sei es, dass der Rechnung eindeutig jener Unternehmer zu entnehmen sei, der tatsächlich geliefert oder geleistet habe, um - auch im Sinne des Unionsrechts - eine "genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden" (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch das , EU:C:2012:549, Toth , Rn. 30).

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH konnte im vorliegenden Beschwerdefall der Vorsteuerabzug nicht versagt werden. Es ist unstrittig, dass die in Rede stehenden Lieferungen von Flüssiggas an die Beschwerdeführerin (laut Beschwerde im Zuge von "Reihengeschäften") erbracht und von dieser auch für Zwecke ihres Unternehmens verwendet wurden. Dass die als Lieferantin auf den Rechnungen aufscheinende B.C. mit der dort angegebenen Anschrift für umsatzsteuerrechtliche Zwecke nicht greifbar (oder auch konkret nicht Lieferantin) gewesen wäre, geht aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor. Das Berufungsvorbringen, wonach die liechtensteinische Gesellschaft beim zuständigen österreichischen Finanzamt registriert gewesen sei und im Zusammenhang mit den gegenständlichen Leistungen auch keine Steuerausfälle zu beklagen gewesen seien, blieb im angefochtenen Bescheid unwidersprochen. Damit bestand aber auch kein Anhaltspunkt dafür, den Vorsteuerabzug deshalb zu versagen, weil dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht worden wäre (vgl. zu diesen Voraussetzungen beispielsweise die , EU:C:2014:69, Maks Pen , Rn. 26 ff, und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie zuletzt vom , C-277/14, EU:C:2015:719, PPUH Stehcamp , Rn. 48). In dem Urteil vom , das Kraftstoffeinkäufe von einem "nicht existenten Wirtschaftsteilnehmer" betraf, wies der EuGH außerdem darauf hin, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit auch an anderen Orten als dem Gesellschaftssitz ausgeführt werden könne. Dies gelte insbesondere für Lieferungen von Gegenständen, die im Rahmen mehrerer aufeinanderfolgender Verkäufe bewirkt würden (Urteil PPUH Stehcamp , EU:C:2015:719, Rn. 35).

Der angefochtene Bescheid ist somit hinsichtlich Umsatzsteuer 2006 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Nach § 93 Abs. 1 EStG 1988 (idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I Nr. 111/2010) wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2 leg. cit.) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3 leg. cit.) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).

Nach § 95 Abs. 4 leg. cit. hat der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens abzuziehen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 2011/15/0028). § 95 Abs. 4 leg. cit. enthält nähere Anordnungen dazu, wann Kapitalerträge für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen gelten (so etwa nach der Z 1 leg. cit. betreffend die Ausschüttung von Körperschaften nach Maßgabe der Beschlussfassung oder nach der Z 4 leg. cit. für andere Kapitalerträge nach Maßgabe des § 19 EStG 1988).

Die Regelungen des § 95 Abs. 4 EStG 1988 über den Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge bestimmen nicht nur den Zeitpunkt des Abzuges bzw. der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer, vielmehr knüpft sich daran gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO auch die Entstehung des Abgabenanspruches selbst (vgl. z.B. Fuchs in Hofstätter/Reichel , EStG Kommentar § 95 Tz 4).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde zur Kapitalertragsteuer für das Jahr 2005 die im Haftungsweg erfolgte Vorschreibung auf Grund des Berichtes der Außenprüfung vom bestätigt. Der - nicht immer leicht verständlich abgefasste - angefochtene Bescheid, der beispielsweise nur eine Auslandsüberweisung an die ungarische Gesellschaft am in Höhe von EUR 104.000,-- erwähnt, enthält in der oben im Wortlaut wiedergegebenen Begründung aber keine Auseinandersetzung mit dem für das Entstehen des Abgabenanspruches wesentlichen Tatbestandsmerkmal des Zeitpunktes des Zufließens der strittigen Kapitalerträge.

Wegen dieses offenbar in Verkennung der Rechtslage unterlaufenen Begründungsmangels erweist sich der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2005 als inhaltlich rechtswidrig (ohne dass auf das Vorbringen in der Beschwerde, in der die Zurechnung von 50 % der an die ungarische Gesellschaft geleisteten Zahlung als Gewinnausschüttung an die Gesellschafterin Mag. M.R. "sowie der damit gem. § 93 EStG verbundene Kapitalertragsteuerabzug" bekämpft wird, näher einzugehen war).

Der angefochtene Bescheid war damit insgesamt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am