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VwGH vom 04.09.2012, 2012/12/0007

VwGH vom 04.09.2012, 2012/12/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Zens, die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des HF in Z, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den

2. Spruchabschnitt des Bescheides der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 1 - 255/2011, betreffend Vorrückungsstichtag und besoldungsrechtliche Stellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß §§ 8, 12 und 113 Abs. 10 GehG gebührt dem Beschwerdeführer ab ein Gehalt der Verwendungsgruppe L2a2, Gehaltsstufe 9, mit nächster Vorrückung am .

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am geborene Beschwerdeführer steht als Landeslehrer (Berufsschuloberlehrer) in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien.

Mit Wirksamkeit vom wurde er auf die Planstelle eines Lehrers der Verwendungsgruppe L2a2 an Berufsschulen in Wien ernannt; mit Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom wurde als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers der festgesetzt, womit der Beschwerdeführer die besoldungsrechtliche Stellung der Gehaltsstufe 7 der Verwendungsgruppe L2a2 erlangte. Die nächste Vorrückung wurde im zitierten Bescheid mit ausgewiesen.

In seinem an den Stadtschulrat für Wien gerichteten Formularantrag vom beantragte der Beschwerdeführer die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und seiner daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung gemäß § 113 Abs. 10 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 idF BGBl. I Nr. 82/2010 (im Folgenden: GehG), sowie die Nachzahlung von Bezügen aus diesem Anlass.

Mit Eingabe vom begehrte der Beschwerdeführer aufgrund Säumnis des Stadtschulrates für Wien den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde.

Nach Aufforderung der belangten Behörde vom gab der Stadtschulrat für Wien in seiner Note vom unter Anschluss der Berechnungsblätter bekannt, dass sich der Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers nach durchgeführter Neuberechnung um 45 Tage verbessere, sich aber keine Änderung in der Gehaltsstufe und im Vorrückungstermin ergebe.

Mit Erledigung vom räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Gehör zu ihrem Schreiben vom und den Schreiben des Stadtschulrates für Wien vom und unter Anschluss der Berechnungsblätter ein.

Dazu äußerte sich der nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom folgendermaßen:

"Der Zuschrift entnehme ich, dass mein Vorrückungsstichtag um 45 Tage verbessert werden (wohl gemeint: wird) und nunmehr der sein soll. Als Vorrückungstermin wird der angegeben und zugrunde gelegt, dass ich mich vom an für 5 Jahre in der Gehaltsstufe 1 befunden hätte.

Das entspricht nicht einer echten Anrechnung von Vordienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres und damit auch nicht der einschlägigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes. Ich mache in diesem Zusammenhang insbesondere geltend, dass es bei mir um eine Zeit geht, in welcher ich als Lehrling beschäftigt war und stehe auf dem Standpunkt, dass es sachwidrig ist, dies anrechnungsmäßig gleich wie eine Schulzeit zu behandeln. Die Lehre war Anstellungserfordernis und es ist auch zu beachten, dass ich anders als ein Schüler (einer AHS etc.) im wesentlichen nicht eine Leistung des Staates für eine Ausbildung empfangen habe, sondern als Lehrling bereits produktiv tätig war und sogar hingenommen habe, dass ich mit 18 Jahren den Startnachteil hatte, keine Matura zu haben. Es ist weiters darauf hinzuweisen, dass in voller Übereinstimmung mit diesen Unterschieden nach dem ASVG schon bisher Lehrlingszeiten für die Pension anrechenbar gewesen sind.

All dem wäre nun gehörig Rechnung zu tragen gewesen, während in Wahrheit offensichtlich nur eine Scheinaktion beabsichtigt ist, eine Scheinerfüllung der Vorgaben des EuGH. Es ist darauf hinzuweisen, dass nach dessen Judikatur auch indirekte Diskriminierung daraus resultierend, dass zwar nicht explizit verbotswidrig an ein bestimmtes Merkmal, wie etwa Geschlecht oder Staatsbürgerschaft angeknüpft wird, aber an ein solches Merkmal, welches bei der zu schützenden Gruppe (Frauen, Ausländer) viel häufiger vorkommt, als bei der anderen Gruppe (Männer, Inländer). Ein typisches Beispiel dafür wäre, wenn Mautgebühren zwar nicht nach der Staatsangehörigkeit des Fahrzeugeigentümers differenziert würden, aber nach dessen Wohnsitz oder Zulassungsort.

Genau in diesem Sinne wird hier die altersbezogene Diskriminierung dadurch fortgesetzt, dass die Vorrückung in der ersten Gehaltsstufe erst nach 5 Jahren stattfindet. Das trifft naturgemäß weit überwiegend die jungen Arbeitnehmer im Hinblick auf den Zusammenhang damit, dass diese Verlängerung der ersten Vorrückungsdauer Hand in Hand ging mit der Anrechnung von Vordienstzeiten der 15. bis 18. Lebensjahre.

Ich stehe daher auf dem Standpunkt, dass die Bezug habende Bestimmung § 8 Abs. 1 2. Teilsatz (gemeint: Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54, im Folgenden GehG) als dem Gemeinschaftsrecht widersprechend nicht angewendet werden darf. Entgegen den mir mit der Zuschrift vom übermittelten Unterlagen ist daher auch für die Vorrückung von der 1. in die 2. Gehaltsstufe nur ein Zeitraum von 2 Jahren zugrunde zu legen und dem entsprechend meine laufende Einstufung um 3 Jahre besser anzusetzen als vorgesehen.

Im Übrigen stehe ich auf dem Standpunkt, dass hinsichtlich der Zeit, die ich puncto Pflichtschulbesuch dadurch versäumt habe, dass mein Geburtstag nach dem 30.6. gelegen ist () eine Vollanrechnung stattzufinden hat und daher diesbezüglich statt 45 Tagen 90 Tage zugrunde zu legen sind. Dies insbesondere auch im Hinblick darauf, dass ich im Anschluss an den Pflichtschulbesuch eine Lehre absolvierte, die sich zeitlich entsprechend verschoben hat und die Anstellungserfordernis war."

Mit Note vom wurde dem Beschwerdeführer unter Anschluss der Berechnungsgrundlagen des Stadtschulrates für Wien zur Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und der Aufforderung allfällige Gegenbeweise beizubringen neuerlich Gehör eingeräumt; dazu hielt der Beschwerdeführer in seiner (weiteren) Stellungnahme vom seine bereits mit Eingabe vom geäußerten Bedenken vollinhaltlich aufrecht und wies dabei auch auf eine nicht nachvollziehbare Verschlechterung seines Jubiläumsstichtages um zwei Jahre hin.

In Wahrnehmung der im Devolutionsweg übergegangenen Zuständigkeit setzte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom den Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers für die Verwendungsgruppe L2a2 mit fest (Spruchabschnitt 1) und sprach aus, dass dem Beschwerdeführer ab ein Gehalt der Verwendungsgruppe L2a2, Gehaltsstufe 9 mit nächster Vorrückung am gebühre (Spruchabschnitt 2). In der Sache führte die belangte Behörde nach Schilderung des Verfahrensganges, Ausführungen zur Zulässigkeit des Devolutionsantrages und Darstellung der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus ( Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof ):

"Der Beschwerdeführer verwendete für den Antrag vom auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung das in der Verordnung festgelegte Formular. Im Hinblick auf Seite 2 dieses Formulars ('Hier listen Sie bitte lückenlos sämtliche Zeiten zwischen dem 30. Juni des Jahres, in dem Sie Ihr

9. Schuljahr vollendet haben (oder hätten, wenn Sie Ihre Schulpflicht bereits mit 8 Schuljahren absolviert haben) und ihrem

18. Geburtstag auf. (..)') ist zunächst zu bemerken, dass der Beschwerdeführer sowohl Zeiträume vor seinem 18. Geburtstag (' bis - keine Tätigkeit' und ' bis - Lehrling/Raiffeisen Lagerhaus') als auch Zeiten nach dem 18. Geburtstag ( bis - Lehrling Raiffeisen/Lagerhaus' und ' bis - Austrian Airlines/Angestellter') anführte.

Der am geborene Beschwerdeführer hat am sein neuntes Schuljahr absolviert.

Infolge der Neuregelung der Vordienstzeitenanrechnung durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 sind ihm - wie auch der am übermittelten 'Übersicht VDZ-Neuanrechnungsantrag' zu entnehmen ist - folgende nach dem und vor Vollendung des 18. Lebensjahres (= ) liegende Zeiten zusätzlich als Vordienstzeiten anzurechnen:

1. Seine Lehrzeit im Lehrberuf Kraftfahrzeugmechaniker vom bis im Ausmaß von drei Jahren gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. aa GehG zur Gänze,

2. Der restliche Teil seiner Lehrzeit vom bis im Ausmaß von drei Monaten und einem Tag als sonstige Zeit gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. bb GehG zur Hälfte, da gemäß § 12 Abs. 1a erster Satz GehG das Ausmaß der gemäß Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. aa vor gesetzten Zeiten insgesamt drei Jahre nicht übersteigen darf.

Hinsichtlich der Anrechnung der nach Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Vordienstzeiten (= Zeiten ab dem ) ergibt sich im Vergleich zu den mit Bescheid des Stadtschulrates vom angerechneten Zeiten keine Änderung. So wurden z.B. die Zeit vom bis unverändert zur Hälfte und die Zeit des Präsenzdienstes von bis unverändert zur Gänze angerechnet. Auch die bei der Austrian Airlines zurückgelegte Berufspraxis im Bereich der Luftfahrzeugwartung vom bis wurde - entsprechend der bisherigen Berechnung - bis zum Höchstausmaß von zwei Jahren zur Gänze berücksichtigt (§ 12 Abs. 1 Z 7 lit. a GehG). Dies geschah beim Beschwerdeführer durch Vollanrechnung der Zeit vom bis . Die restliche bei Austrian Airlines verbrachte Zeit wurde als sonstige Zeit (§ 12 Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. bb GehG) dem Beschwerdeführer für die Vorrückung zur Hälfte angerechnet.

Insgesamt war dem Beschwerdeführer somit ein Zeitraum von insgesamt drei Jahren und 16 Kalendertagen (wohl gemeint: 45 Kalendertagen) zusätzlich anzurechnen, wodurch sich mit Wirksamkeit ( = Tag des In-Kraft-Tretens der Novelle zum Gehaltsgesetz 1956, BGBl. I Nr. 82/2010) als neuer Vorrückungsstichtag der (Vorrückungstermin: ) ergibt.

Bei der Ermittlung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers ab ist zu berücksichtigen, dass gemäß § 8 Abs. 1 GehG der Zeitraum für die Vorrückung in die zweite in jeder Verwendungsgruppe in Betracht kommende Gehaltsstufe fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre beträgt. Infolge dessen gebührt dem Beschwerdeführer ab (wohl gemeint: 2004) ein Gehalt der Verwendungsgruppe L 2a2, Gehaltsstufe 9, mit nächster Vorrückung am . In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass sich infolge der Verjährungsfrist (§ 13 Abs. 1 iVm § 113 Abs. 13 GehG) eine Bezugsnachzahlung frühestens ab ergeben kann.

Im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer vor, dass es sachwidrig sei die Zeit seiner Beschäftigung als Lehrling wie eine Schulzeit zu behandeln, zumal die Lehre Anstellungserfordernis gewesen sei und Lehrlinge anders als Schüler bereits produktiv tätig seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen auf eine Verfassungswidrigkeit der Anrechnungsbestimmungen abzielt, jedoch das Amt der Wiener Landesregierung seine Entscheidungen alleine auf dem Boden der bestehenden Gesetzeslage zu treffen hat und zur Klärung verfassungsrechtlicher Fragen nicht berufen ist.

Dem Einwand des Beschwerdeführers , dass für die Vorrückung von der ersten in die zweite Gehaltsstufe entgegen § 8 Abs. 1 GehG nur ein Zeitraum von zwei Jahren zu Grunde zu legen und seine laufende Einstufung um drei Jahre besser anzusetzen sei, ist der Wortlaut dieser Bestimmung entgegen zu halten, worin ausdrücklich vorgesehen ist, dass der für die Vorrückung in die zweite Gehaltsstufe erforderliche Zeitraum (nunmehr) fünf Jahre beträgt.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass hinsichtlich der Zeit, die er puncto Pflichtschulbesuch dadurch versäumt habe, dass sein Geburtstag nach dem 30. Juni gelegen sei (Geburtsdatum: ), eine Vollanrechnung stattzufinden habe und daher diesbezüglich statt 45 Tagen 90 Tage zugrunde zu legen seien. Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages - nach dem klaren Gesetzeswortlaut - nicht das konkrete Geburtsdatum der Beamtin bzw. des Beamten relevant ist, sondern der 30. Juni des Jahres, in dem sie bzw. er nach der Aufnahme in die erste Schulstufe die neunte Schulstufe absolviert hat bzw. hätte (§ 12 Abs. 1 GehG).

Insoweit der Beschwerdeführer auf seinen Jubiläumsstichtag Bezug nimmt, ist ihm zu entgegnen, dass dieser nicht verfahrensgegenständlich ist."

Gegen diesen Bescheid, insoweit in seinem Spruch festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführers ab ein Gehalt der Verwendungsgruppe L2a2, Gehaltsstufe 9, mit nächster Vorrückung , gebührt, richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach der Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers mit festgesetzt wird, blieb vom Beschwerdeführer unbekämpft. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Spruchabschnittes mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 1, Art. 2 und Art. 6 der nach ihrem Art. 20 am in Kraft getretenen Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden: RL) lauten (auszugsweise):

"Artikel 1

Zweck

Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.

Artikel 2

Der Begriff 'Diskriminierung'

(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet 'Gleichbehandlungsgrundsatz', dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

a) liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn

eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

Artikel 6

Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters

(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind, und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

a) Die Festlegung besonderer Bedingungen für den

Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen;

b) die Festlegung von Mindestanforderungen an das

Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile;

…"

Nach Art. 18 Abs. 1 der RL hatte Österreich diese bis

spätestens umzusetzen.

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom , C-88/08 - Hütter , festgestellt, dass die Art. 1, 2 und 6 der RL dahingehend auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die, um die allgemeine Bildung nicht gegenüber der beruflichen Bildung zu benachteiligen und die Eingliederung jugendlicher Lehrlinge in den Arbeitsmarkt zu fördern, bei der Festlegung der Dienstaltersstufe von Vertragsbediensteten des öffentlichen Dienstes eines Mitgliedstaates die Berücksichtigung von vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Dienstzeiten ausschließt.

Der EuGH formuliert im Urteil Hütter in Rn 37 und 38:

"37 Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 bedeutet der 'Gleichbehandlungsgrundsatz', der mit ihr durchgesetzt werden soll, dass es 'keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 (der Richtlinie) genannten Gründe geben darf'. Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie liegt eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des Abs. 1 vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person.

38 Eine nationale Regelung wie die des Ausgangsverfahrens behandelt aber Personen, die ihre Berufserfahrung, wenn auch nur teilweise, vor Vollendung des 18. Lebensjahres erworben haben, weniger günstig als Personen, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres eine gleichartige Berufserfahrung vergleichbarer Länge erworben haben. Eine solche Regelung begründet eine Ungleichbehandlung von Personen aus Gründen des Alters, in dem sie ihre Berufserfahrung erworben haben. Wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sachverhalt zeigt, kann dieses Kriterium dazu führen, dass zwei Personen, die die gleiche Ausbildung abgelegt und die gleiche Berufserfahrung erworben haben, allein wegen ihres unterschiedlichen Alters ungleich behandelt werden. Eine solche Vorschrift begründet damit eine Ungleichbehandlung, die unmittelbar auf das Kriterium des Alters im Sinne des Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 abstellt."

Mit dem am herausgegebenen Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert wurden (vgl. BGBl. I Nr. 82/2010) sollten die bundesgesetzlichen Regelungen über die einstufungswirksame Anrechnung von Vordienstzeiten an die Gleichbehandlungsrichtlinie, konkretisiert durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , C-88/08, Hütter , angepasst werden.

Dies geschah insbesondere durch die Novellierung der §§ 8 und 12 GehG.

§ 8 Abs. 1 und 2 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 lautet:

"Vorrückung

§ 8. (1) Für die Vorrückung ist der Vorrückungsstichtag maßgebend. Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, beträgt der für die Vorrückung in die zweite in jeder Verwendungsgruppe in Betracht kommende Gehaltsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre.

(2) Die Vorrückung findet an dem auf die Vollendung des zwei- oder fünfjährigen Zeitraumes folgenden 1. Jänner oder 1. Juli statt (Vorrückungstermin), sofern sie nicht an diesem Tage aufgeschoben oder gehemmt ist. Die zwei- oder fünfjährige Frist gilt auch dann als am Vorrückungstermin vollstreckt, wenn sie vor dem Ablauf des dem Vorrückungstermin folgenden 31. März beziehungsweise 30. September endet.

…"

§ 12 GehG in dieser Fassung lautet (auszugsweise):

"Vorrückungsstichtag

§ 12. (1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären, unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze,
2.
sonstige Zeiten, die
a)
die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a erfüllen, zur Gänze,
b)
die die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a nicht erfüllen,
aa)
bis zu 3 Jahren zur Gänze und
bb)
bis zu weiteren 3 Jahren zur Hälfte.

(1a) Das Ausmaß der gemäß Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. aa und Abs. 2 Z 6 voran gesetzten Zeiten und der gemäß Abs. 2 Z 4 lit. d voran gesetzten Lehrzeiten darf insgesamt drei Jahre nicht übersteigen. …

(2) Gemäß Abs. 1 Z 1 sind voranzusetzen:

7. die Zeit

a) eines abgeschlossenen Studiums an einer Akademie

oder an einer den Akademien verwandten Lehranstalt, das für den Beamten Ernennungserfordernis gewesen ist, sowie die zurückgelegte Berufspraxis, wenn sie nach den jeweils geltenden Prüfungsvorschriften für die Erlangung der Lehrbefähigung für eine Verwendung in der Verwendungsgruppe L 2a 2 vorgeschrieben war, in beiden Fällen bis zum Höchstausmaß von insgesamt zwei Jahren, sofern jedoch das Studium lehrplanmäßig länger dauert, bis zum Höchstausmaß des lehrplanmäßig vorgesehenen Studiums,

(3) Zeiten gemäß Abs. 1 Z 2, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten können jedoch höchstens in folgendem Ausmaß zur Gänze berücksichtigt werden:

(3a) Zeiten gemäß Abs. 3 sind jedenfalls zur Gänze zu

berücksichtigen,

1. soweit sie bereits im unmittelbar vorangegangenen

Bundesdienstverhältnis nach Abs. 3, nach § 26 Abs. 3 oder 3a VBG

oder nach einer gleichartigen Bestimmung einer anderen

Rechtsvorschrift zur Gänze berücksichtigt worden sind und

2. der Beamte bei Beginn des öffentlich-rechtlichen

Dienstverhältnisses nach wie vor die hiefür maßgebende Verwendung ausübt. …"

§ 113 Abs. 10 und 11 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 lautet:

"§ 113. …

(10) Eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung aufgrund der §§ 8 und 12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 erfolgt nur auf Antrag und nur in denjenigen Fällen, in denen die bestehende besoldungsrechtliche Stellung durch den Vorrückungsstichtag bestimmt wird. Antragsberechtigt sind auch Empfängerinnen und Empfänger von wiederkehrenden Leistungen nach dem Pensionsgesetz 1965.

(11) Auf Personen, die keinen korrekten Antrag nach Abs. 10 und 12 stellen oder für die gemäß Abs. 10 eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages nicht zu erfolgen hat,

1. sind die §§ 8 und 12 Abs. 1 weiterhin in der am geltenden Fassung anzuwenden und

2. ist § 12 Abs. 1a nicht anzuwenden."

Gemäß § 175 Abs. 66 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 traten §§ 8 und 12 leg. cit. in der Fassung dieses Bundesgesetzes (rückwirkend) am in Kraft.

§ 8 Abs. 1 und 2 GehG in der am geltenden

Fassung BGBl. Nr. 306/1981 lautete:

"Vorrückung

§ 8. (1) Der Beamte rückt nach jeweils zwei Jahren in die nächsthöhere für ihn vorgesehene Gehaltsstufe vor. Für die Vorrückung ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, der Vorrückungsstichtag maßgebend.

(2) Die Vorrückung findet an dem auf die Vollendung des zweijährigen Zeitraumes folgenden 1. Jänner oder 1. Juli statt (Vorrückungstermin), sofern sie nicht an diesem Tage aufgeschoben oder gehemmt ist. Die zweijährige Frist gilt auch dann als am Vorrückungstermin vollstreckt, wenn sie vor dem Ablauf des dem Vorrückungstermin folgenden 31. März beziehungsweise 30. September endet.

…"

§ 12 Abs. 1 und 2 GehG in der am geltenden Fassung des Deregulierungsgesetzes-Öffentlicher Dienst, BGBl. I Nr. 119/2002, lautete (auszugsweise):

"§ 12. (1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, daß - unter Ausschluß der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 - dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze,
2.
sonstige Zeiten,
a)
die die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a erfüllen, zur Gänze,
b)
die die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a nicht erfüllen, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte.

(2) Gemäß Abs. 1 Z 1 sind voranzusetzen:

7. die Zeit

a) eines abgeschlossenen Studiums an einer Akademie

oder an einer den Akademien verwandten Lehranstalt, das für den Beamten Ernennungserfordernis gewesen ist, sowie die zurückgelegte Berufspraxis, wenn sie nach den jeweils geltenden Prüfungsvorschriften für die Erlangung der Lehrbefähigung für eine Verwendung in der Verwendungsgruppe L 2a 2 vorgeschrieben war, in beiden Fällen bis zum Höchstausmaß von insgesamt zwei Jahren, sofern jedoch das Studium lehrplanmäßig länger dauert, bis zum Höchstausmaß des lehrplanmäßig vorgesehenen Studiums, …"

§ 113 Abs. 9 GehG idF des Deregulierungsgesetzes-Öffentlicher Dienst, BGBl. I Nr. 119/2002 (Absatzbezeichnung nach der Dienstrechts-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 176), lautet:

"(9) Auf Aufnahmen in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, die vor dem erfolgen, ist anstelle des § 12 Abs. 3 und 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 119/2002 § 12 Abs. 3 in der bis zum geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."

§ 12 Abs. 3 GehG in seiner am geltenden Fassung lautete:

"(3) Zeiten gemäß Abs. 1 Z 2, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können mit Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten sind jedoch ohne Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport zur Gänze zu berücksichtigen,

1. soweit sie bereits im unmittelbar vorangegangenen

Bundesdienstverhältnis nach dem ersten Satz, nach § 26 Abs. 3 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 oder nach einer gleichartigen Bestimmung einer anderen Rechtsvorschrift zur Gänze berücksichtigt worden sind und

2. der Beamte bei Beginn des öffentlich-rechtlichen

Dienstverhältnisses nach wie vor die hiefür maßgebende Verwendung ausübt."

Die das Kernstück der mit BGBl. I Nr. 82/2010 geschaffenen Neuregelung bildenden Bestimmungen werden von nachstehenden Intentionen des Bundesgesetzgebers getragen (vgl. dazu die ErläutRV zur genannten Novelle, 781 BlgNR XXIV. GP, 4 f):

"Die Anrechnung von Vordienstzeiten wird zeitlich nach unten begrenzt durch den 1. Juli desjenigen Jahres, in dem ein neunjährige Schulpflicht tatsächlich oder fiktiv vollendet wurde; dies gilt damit etwa auch für Personen mit tatsächlich kürzerer (nur acht Schuljahre Schulpflicht 1966, längere tatsächliche Schulpflicht in einigen EU-Mitgliedstaaten). Dadurch werden in einer Durchschnittsbetrachtung bei Vorliegen entsprechender anrechenbarer Zeiten vor dem vollendeten 18. Lebensjahr - insbesondere kommen Dienst- und Lehrzeiten bei einer Gebietskörperschaft in Betracht sowie Schulzeiten, wenn eine bestimmte Schulausbildung ein Ernennungserfordernis bildet - drei Jahre an zusätzlichen Vordienstzeiten angerechnet. Bei der Qualität der anzurechnenden Zeiten selbst erfolgt keine Änderung (§ 12 Abs. 1 GehG, § 26 Abs. 1 VBG).

Zur Wahrung der bestehenden besoldungsrechtlichen Stellung werden sämtliche Gehaltstabellen um drei Jahre verlängert. Erreicht wird dies durch eine Verlängerung der Vorrückungsdauer von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppe um drei Jahre. Im Biennalsystem beträgt der für die Vorrückung in die Gehaltsstufe 2 erforderliche Zeitraum in Zukunft damit fünf statt bisher zwei Jahre (§ 8 Abs. 1 GehG, § 19 Abs. 1 VBG).

Die besoldungsrechtliche Stellung von Bediensteten mit entsprechenden zusätzlich anrechenbaren Zeiten vor dem 18. Lebensjahr ändert sich damit grundsätzlich nicht. Um eine Verschlechterung der besoldungsrechtlichen Stellung derjenigen Bediensteten auszuschließen, die nicht über entsprechende anrechenbare Zeiten vor dem vollendeten 18. Lebensjahr verfügen, werden in Zukunft bis zu drei Jahre 'sonstiger' Zeiten zur Gänze für die Vorrückung angerechnet. Die Zeit zwischen Abschluss der Schulpflicht und Vollendung des 18. Lebensjahres ist damit entweder als an sich anrechenbare Zeit oder als sonstige Zeit für die Vorrückung anzurechnen (§ 12 Abs. 1 GehG, § 26 Abs. 1 VBG), womit die Verlängerung der Gehaltstabellen um drei Jahre grundsätzlich ausgeglichen wird. Die bereits bestehende Halbanrechnung sonstiger Zeiten im Ausmaß von bis zu drei Jahren bleibt unberührt.

Das Zusammentreffen von anrechenbaren Zeiten vor dem vollendeten 18. Lebensjahr und von sonstigen Zeiten im Ausmaß von insgesamt mehr als drei Jahren würde zu einer sachlich kaum zu rechtfertigenden Verbesserung der besoldungsrechtlichen Stellung führen (Bsp.: Abschluss einer höheren Schule, dann Studium mit Überschreitung der Mindeststudiendauer um drei Jahre würde eine zusätzliche Anrechnung von sechs Jahren bewirken). Um dies auszuschließen, wird die Anrechnung von Schul- Lehr- und sonstigen Zeiten mit insgesamt viereinhalb Jahren beschränkt. Bei längerer Mindestdauer der Ausbildung (13. Schulstufe bei berufsbildenden höheren Schulen, mehr als drei Jahre Mindestlehrzeit bei bestimmten Lehrberufen) erhöht sich das Höchstausmaß entsprechend (§ 12 Abs. 1a GehG, § 26 Abs. 1a VBG).

Die Neuregelung vermeidet durch die Loslösung von jeglicher Anknüpfung der Anrechnung von Vordienstzeiten an ein bestimmtes Lebensalter jegliche direkte Altersdiskriminierung. Die Anbindung an den Abschluss der Schulpflicht könnte zwar infolge ihrer mittelbaren Altersabhängigkeit als mittelbare Diskriminierung betrachtet werden, sie ist aber durch ihren engen Zusammenhang mit europarechtlichen und innerstaatlichen Jugendschutzbestimmungen wohl sachlich gerechtfertigt und auch angemessen und erforderlich im Sinne des Art. 2 der Gleichbehandlungsrichtlinie.

Die neue Vollanrechnung von bis zu drei Jahren an 'sonstigen' Zeiten (das sind an sich nicht anrechenbare Zeiten) soll gewährleisten, dass die Zurücklegung der auf fünf Jahre verlängerten Eingangsgehaltsstufe 1 auch jenen Bediensteten ermöglicht wird, die nach Abschluss der neunten Schulstufe keine einschlägigen Zeiten aufweisen (zB Beschäftigung in der Privatwirtschaft, Abschluss einer höheren Schule, ohne dass dies ein Ernennungserfordernis darstellt). Die Deckelung der Schul-Lehr- und voll anrechenbaren sonstigen Zeiten soll rein aus sonstigen Zeiten resultierende und damit unangemessene Vorrückungsgewinne verhindern (…)

Eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages erfolgt zunächst nur auf Antrag. (…)

Ob die Rechtslage, auf deren Bestand bei der Antragstellung offensichtlich vertraut wurde und die im Wesentlichen in der Nichtanwendung der Altersbeschränkung bei sämtlichen Anrechnungstatbeständen zu bestehen schien, jemals in dieser Form bestanden hat - das Ausschlag gebende Urteil des EuGH bezieht sich etwa auf Dienstzeiten von Vertragsbediensteten und in keiner Weise auf Schulzeiten von Beamteninnen und Beamten - kann nunmehr dahingestellt bleiben, da die Rechtslage rückwirkend ab , dem Monatsersten nach dem mit festgelegten Ende der Umsetzungsfrist (Art. 18 der RL), richtlinienkonform neu gestaltet werden soll. Die vorliegenden Anträge beziehen sich damit auf eine jedenfalls nicht mehr bestehende Rechtslage."

Die zitierten Bestimmungen des GehG sind bzw. waren aus dem Grunde des § 106 Abs. 1 Z. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 auch auf Landeslehrer anwendbar.

Die mit BGBl. I Nr. 82/2010 geschaffene Rechtslage gilt uneingeschränkt für Beamte, deren Dienstverhältnis ab beginnt (im Folgenden: "Neubeamte"). Diejenigen Beamten, welche für die Anwendung der Neurechtslage auf eine Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages angewiesen sind (im Folgenden: "Altbeamte") können demgegenüber unter den in § 113 Abs. 10 GehG umschriebenen Voraussetzungen durch den dort geregelten Antrag die Anwendung der durch BGBl. I Nr. 82/2010 geschaffenen Rechtslage auf sie bewirken. Für Beamte, bei denen keine begehrte Neufestsetzung erfolgt, gilt die am bestandene Rechtslage weiter.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe trotz (unbekämpfter) Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages mit seine besoldungsrechtliche Stellung (ab Gehalt der Verwendungsgruppe L 2a 2, Gehaltsstufe 9, mit nächster Vorrückung am ) durch die Anwendung der unionsrechtswidrigen Bestimmungen des §§ 8 iVm 113 Abs. 10 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 unrichtig ermittelt.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

§ 8 Abs. 1 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 bestimmt im Beschwerdefall die Voraussetzungen der Vorrückung bzw. die Einreihung des Beschwerdeführers in die entsprechende Gehaltsstufe seiner Verwendungsgruppe; die Bestimmung wirkt sich folglich auf das Gehalt des Beschwerdeführers aus; damit regelt die Norm die Bedingungen für das Arbeitsentgelt im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. a und c RL, sodass die zitierte Richtlinie auf den Beschwerdefall Anwendung findet.

Durch die Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass eine nationale Regelung, die Personen, die ihre Berufserfahrung, wenn auch nur teilweise, vor Vollendung des 18. Lebensjahres erworben haben, weniger günstig behandelt, als Personen, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres eine gleichartige Berufserfahrung vergleichbarer Länge erworben haben, eine (unmittelbare) Ungleichbehandlung von Personen aus Gründen des Alters, in dem sie ihre Berufserfahrung erworben haben, darstellt (vgl. EuGH Urteil Hütter , Rn 38).

Ungeachtet der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 82/2010 modifizierten Rechtslage besteht aber (nach wie vor) im Ergebnis eine gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a RL unzulässige Ungleichbehandlung von Zeiten vor bzw. nach der Vollendung des 18. Lebensjahres in Ansehung von "Altbeamten". Zwar können diese gemäß § 113 Abs. 10 GehG eine Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages beantragen (und damit die nach der Altrechtslage ausgeschlossene Berücksichtigung von Zeiten vor der Vollendung ihres 18. Lebensjahres erreichen); eine solche Option hat freilich ex lege zur Folge, dass diese Beamten dann auch dem Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 unterfallen, der eine Vorrückung von der ersten in die zweite Gehaltsstufe erst nach fünf Jahren - statt wie nach der Altrechtslage schon nach zwei Jahren - vorsieht.

Die damit neuerlich bewirkte Altersdiskriminierung liegt nun darin begründet, dass andere "Altbeamte", welche entsprechende anrechnungstaugliche Zeiten, jedoch im Gegensatz zu dem gleichfalls zu den "Altbeamten" zählenden Beschwerdeführer, erst nach dem 18. Lebensjahr erworben haben, auch unter Berücksichtigung der durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 für den Beschwerdeführer geschaffenen Optionsmöglichkeit, im Ergebnis besoldungsrechtlich weiterhin günstiger behandelt werden:

Diesen Beamten wurden solche Zeiten nämlich (schon) nach der Altrechtslage für die Ermittlung ihres Vorrückungsstichtages angerechnet. Bei Betrachtung dieser "Vergleichsbeamten" ist freilich zu beachten, dass nach der Altrechtslage die hier gegenständlichen Zeiten, bei denen es sich - wiewohl dabei Berufserfahrung gesammelt wurde - unstrittig um "sonstige Zeiten, die die Voraussetzungen des Abs. 3 oder 3a GehG nicht erfüllen", im Verständnis des § 12 Abs. 1 Z. 2 lit. b GehG in der am in Kraft gestandenen Fassung handelte (auch bestehen demnach keine Hinweise darauf, dass die in Rede stehenden Zeiten die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 GehG in seiner am in Kraft gestandenen Fassung, welcher gemäß § 113 Abs. 9 GehG auf den Beschwerdeführer in Ermangelung einer Optionserklärung weiterhin anzuwenden gewesen wäre, erfüllten), lediglich bis zum Höchstausmaß von drei Jahren und auch insoweit nur zur Hälfte anrechenbar waren. Für den "Vergleichsbeamten", der diese Zeiten nach seinem 18. Lebensjahr aufzuweisen gehabt hätte, wären sie also bis zu einem Ausmaß von eineinhalb Jahren vorrückungswirksam gewesen, für den Beschwerdeführer hingegen gar nicht. Der "Vergleichsbeamte" hätte daher (bei gleichzeitiger Ernennung zum ) ohne Option am die Gehaltsstufe 9, jedoch mit nächster Vorrückung in die Gehaltsstufe 10 schon am , erreicht. Demgegenüber ergab sich für den Beschwerdeführer, dass er - trotz Option - als Folge der damit eintretenden nachteiligen Auswirkungen der nur für Optanten gültigen Vorrückungsregel des § 8 Abs. 1 erster Satz GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 seine besoldungsrechtliche Stellung zum (Gehaltsstufe 9 mit nächster Vorrückung erst am ) nicht verbessern konnte, was ausschließlich auf die Zurücklegung der hier in Rede stehenden Zeiten vor seinem 18. Lebensjahr zurückzuführen war.

Der Gehaltsnachteil für den Beschwerdeführer liegt somit ausschließlich darin begründet, dass er einen Teil seiner Berufserfahrung schon vor dem 18. Lebensjahr erworben hat; diese Ungleichbehandlung stellt eine durch die Rechtsprechung des EuGH klargestellte Altersdiskriminierung dar (vgl. EuGH Urteil Hütter , Rn 38).

An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass die hier in Rede stehenden Zeiten der vom Beschwerdeführer gesammelten Berufserfahrung nach den Vorrückungsregeln als "sonstige Zeiten" gelten, die auch nicht dem § 12 Abs. 3 oder 3a GehG unterfallen (weil es sich zwar auch um Zeiten im Verständnis des § 12 Abs. 1 Z. 7 lit. a GehG handelt, der Beschwerdeführer aber zusätzlich zu den hier in Rede stehenden Zeiten schon mehr als 2 Jahre solcher Zeiten aufzuweisen hatte). Dennoch geht es hier um Zeiten der "Berufserfahrung" im Verständnis der zitierten Rechtsprechung des EuGH. Im Übrigen begründete es aber auch eine unionsrechtlich verpönte Altersdiskriminierung, wenn man die (gänzliche oder teilweise) Anrechenbarkeit "sonstiger" - auch für die Berufserfahrung gänzlich irrelevanter - Zeiten bis zu einem Höchstausmaß von drei Jahren davon abhängig unterschiedlich gestalten wollte, ob diese Zeiten vor oder nach der Vollendung des 18. Lebensjahres des Beamten gelegen sind. Auch dies würde dazu führen, dass ein (älterer) Beamter nur deshalb, weil er solche Zeiten nach der Vollendung seines 18. Lebensjahres aufzuweisen hat, trotz gleicher Ausbildung und beruflicher Erfahrung besoldungsrechtlich günstiger behandelt würde als ein (jüngerer) Beamter, der solche Zeiten nach der Vollendung des 18. Lebensjahres nicht aufzuweisen hat und deshalb auf die Anrechnung davor gelegener solcher Zeiten angewiesen wäre.

Mit § 8 Abs. 1 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 wird damit die durch den EuGH im Urteil Hütter festgestellte Altersdiskriminierung zu Lasten jener "Altbeamter", die über (nunmehr) anrechenbare - vor dem 18. Lebensjahr erworbene - Zeiten verfügen, ungeachtet der ihnen offen stehenden Möglichkeit eine Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages gemäß § 113 Abs. 10 GehG zu beantragen, fortgeschrieben.

Eine Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung im Sinn des Art. 6 RL ist für den Verwaltungsgerichtshof weder aus dem angefochtenen Bescheid oder der Gegenschrift noch auch aus den Gesetzesmaterialien erkennbar. Dem in der Gegenschrift zitierten Aufsatz R. Rebhahns , Altersdiskriminierung bei Nichtanrechnung der Lehrzeit vor Vollendung des 18. Lebensjahres, DRdA 4/2011 342 ff, sind keine Ausführungen zu entnehmen, die sich mit der hier interessierenden Frage, ob ungeachtet der Einführung der Optionsmöglichkeit gemäß § 113 Abs. 10 GehG für "Altbeamte" weiterhin eine Diskriminierung innerhalb dieser Gruppe vorliegt oder nicht, beschäftigen würden.

Mit § 8 Abs. 1 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 hat der Bundesgesetzgeber die Erfordernisse der RL unzulänglich umgesetzt. Das dort umschriebene Diskriminierungsverbot ist inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt; es ist daher nach der Judikatur des EuGH unmittelbar wirksam. Dies bedeutet, dass Art. 2 und Art. 6 RL Vorrang vor der innerstaatlichen Bestimmung des § 8 Abs. 1 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 genießt, soweit sich diese Bestimmung in diskriminierender Weise auswirkt. Belastendes nationales Recht, das in einer konkreten Konstellation im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht steht, wird für diese Konstellation verdrängt. Die Verdrängungswirkung des Unionsrechts hat zur Folge, dass die nationale gesetzliche Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Die Verdrängung erreicht dabei bloß jenes Ausmaß, das gerade noch hinreicht, um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/15/0064).

Unter diesem Gesichtspunkt bewirkt der Vorrang des Unionsrechts, dass § 8 Abs. 1 erster Satz GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 vom Unionsrecht insoweit verdrängt wird, als er eine Diskriminierung des optierenden Beschwerdeführers gegenüber dem oben beschriebenen nicht optierenden "Vergleichsbeamten" bewirkt, also (bloß) insoweit als er für den Beschwerdeführer als Optanten (nunmehr rückwirkend) eine Vorrückungsdauer für das Erreichen der zweiten Gehaltsstufe vorsieht, welche dreieinhalb Jahre übersteigt.

Hiedurch wird den Vorgaben des Unionsrechts zur Gänze entsprochen und bleibt die Anordnung des nationalen Gesetzgebers nicht in größerem Ausmaß als erforderlich unbeachtet.

Die belangte Behörde, die im Rahmen ihrer Zuständigkeit amtswegig die gesamte Rechtsordnung zu prüfen hat, was auch die Frage ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht, im Besonderen mit Art. 2 und Art. 6 der RL umfasste (vgl. zur Verpflichtung von Verwaltungsbehörden, das Unionsrecht von Amts wegen zu beachten, etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0259), wäre gehalten gewesen, für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts Sorge zu tragen, indem sie im erforderlichen Ausmaß jede ihm entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts - im konkreten Beschwerdefall die Bestimmung des § 8 Abs. 1 erster Satz GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 - unangewendet lässt (vgl. das , Nimz , Rn 19).

Da die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 letzter Fall in Verbindung mit Abs. 3a VwGG idF BGBl. I Nr. 51/2012 hier vorliegen, hat der Verwaltungsgerichtshof von der dort enthaltenen Ermächtigung, in der Sache zu entscheiden, Gebrauch gemacht. Dabei war der angefochtene Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Termin für die Vorrückung in die Gehaltsstufe 10 bereits mit festzulegen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am