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VwGH vom 24.03.2010, 2008/03/0132

VwGH vom 24.03.2010, 2008/03/0132

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der T H in S, vertreten durch Föger Pall Rechtsanwälte in 6300 Wörgl, Josef-Speckbacherstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom , Zl uvs-2008/26/1433-7, betreffend Übertretungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe es als Direktorin und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma I Ltd., D, Vereinigtes Königreich, zu verantworten, dass durch diese Gesellschaft jeweils eine elektronische Post (SMS) zu Zwecken der Direktwerbung zu näher bestimmten Zeitpunkten im Zeitraum vom bis mit näher genannten Texten ohne vorherige Einwilligung des Empfängers KW in L, der Verbraucher im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG ist, an dessen näher genannte Telefonnummer zugesendet worden sei.

Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 107 Abs 2 Z 1 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) in Verbindung mit § 109 Abs 3 Z 20 TKG 2003 begangen. Über sie wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 900,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt.

2.1. In der Begründung des angefochtenen Bescheides legte die belangte Behörde nach einer Wiedergabe des erstinstanzlichen Schuldspruchs zunächst das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin dar:

Die Beschwerdeführerin habe einen "Verstoß gegen den Grundsatz zur Erforschung der materiellen Wahrheit" geltend gemacht und vorgebracht, die Erstbehörde hätte aus Eigenem Nachforschungen dahin tätigen müssen, ob der Anzeiger, der Empfänger der in Rede stehenden SMS, KW, nicht von sich aus Handlungen gesetzt habe, die es der Beschwerdeführerin bzw der Firma I Ltd. erlaubten, eine elektronische Post an ihn zu senden. Sie hätte dabei abklären müssen, ob der Anzeiger oder eine Person, die Zugriff auf sein Mobiltelefon hatte, zuvor von sich aus an die Firma der Beschwerdeführerin herangetreten sei, ob der Anzeiger wirklich die notwendige Sorge dafür getragen habe, dass sein Mobiltelefon nicht missbräuchlich durch Dritte verwendet werden könne und ob sich der Anzeiger bei Abgabe seiner Anzeige schlichtweg in einem Irrtum befunden habe. Die Erstbehörde hätte auch abklären müssen, ob es der Beschwerdeführerin bzw der ihr zurechenbaren Firma I Ltd. zum Tatzeitpunkt in technischer Hinsicht überhaupt möglich gewesen sei, das Versenden der elektronischen Post an die Mobiltelefonnummer des Anzeigers zu verhindern und ob die Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt alle erdenklichen und ihr zumutbaren Maßnahmen gesetzt habe, um ein allfällig fehlgehendes Anwählen von Mobiltelefonnummern zu vermeiden.

Die Erstbehörde habe dies unterlassen und solcherart gegen ihre Verpflichtung verstoßen, den Sachverhalt vollständig und unter Beachtung sämtlicher Beweisergebnisse zu erheben. Die Erstbehörde habe aber auch gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung verstoßen, zumal sie jedenfalls verpflichtet gewesen wäre, klar nachvollziehbar darzulegen, auf Grund welcher Überlegungen den Angaben des Anzeigers geglaubt, den anders lautenden Rechtfertigungen der Beschwerdeführerin aber kein Glaube geschenkt würde. In der Berufung sei auch die Feststellung der Erstbehörde, wonach die Beschwerdeführerin es zu verantworten habe, dass jeweils eine elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung zum Zeitpunkt und mit dem Text wie in der angeschlossenen Anzeige angegeben, ohne vorherige Einwilligung des Empfängers diesem zugesendet wurde, als unrichtig bekämpft worden und eingewendet worden, dass der "Straftenor" nicht die notwendigen Mindesterfordernisse beinhalte.

Gegen die Beschwerdeführerin seien mehrfach Verwaltungsstrafverfahren wegen behaupteter Vergehen nach dem TKG 2003 anhängig, wobei im Berufungsverfahren im Rahmen des nachgeholten Ermittlungsverfahrens bereits hervorgekommen sei, dass die Beschwerdeführerin infolge technischer Fehler bzw Unzulänglichkeiten bei der von ihr beauftragten Firma D, dabei handle es sich um jenen technischen Dienstleister, welcher die SMS-Anbindungen an diverse Mobilfunknetze anbiete, keinerlei Verschulden für allfällige Fehlsendungen von elektronischer Post treffe. Es hätte daher schon die Erstbehörde feststellen müssen, dass die Beschwerdeführerin mangels konkreter Möglichkeiten zur Verhinderung der Zuleitung der verfahrensgegenständlichen SMS, sofern diese überhaupt ohne Willen des Anzeigers versendet worden sei, keinerlei Verschulden daran treffe. Die Beschwerdeführerin habe die Einvernahme des Zeugen J H zum Beweis dafür beantragt, dass die Beschwerdeführerin an der Versendung der verfahrensgegenständlichen SMS keinerlei Verschulden treffe, weiters die Beischaffung von konkret genannten Verwaltungsstrafakten betreffend Verwaltungsstrafverfahren nach dem TKG 2003.

Die Beschwerdeführerin habe in der Berufung zudem geltend gemacht, dass ihre Bestrafung selbst unter Zugrundelegung des von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalts zu Unrecht erfolgt sei, weil auch ohne vorherige Einwilligung des Empfängers die Zusendung einer elektronischen Post dann erlaubt sei, wenn der kumulative Sachverhalt gemäß § 107 Abs 3 Z 1 bis 3 TKG 2003 verwirklicht sei. Es könne dem bekämpften Straferkenntnis nicht entnommen werden, dass eine Zustimmung des Empfängers überhaupt notwendig gewesen wäre. Feststellungen, welche das Tatbestandssubstrat des § 107 Abs 3 Z 1 bis 3 TKG 2003 ausschließen würden, seien der Erstentscheidung nicht zu entnehmen.

2.2. In der Folge legte die belangte Behörde dar, dass sie Beweis aufgenommen habe durch Einsicht in den erstinstanzlichen Strafakt und Einvernahme des Zeugen KW, des Empfängers der gegenständlichen SMS, in der mündlichen Berufungsverhandlung vom . Weiters seien antragsgemäß Akten betreffend Berufungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin eingesehen und verlesen worden. Diese Akten hätten insbesondere Zeugenaussagen des J H, des K E und des G T von der Firma D beinhaltet. Schlussendlich seien Erhebungen dazu angestellt worden, wer zu den Tatzeitpunkten Diensteanbieter hinter den betreffenden Mehrwertnummern gewesen sei; diese Ermittlungsergebnisse seien in der mündlichen Berufungsverhandlung vom dargestellt worden.

2.3. Im Weiteren stellte die belangte Behörde fest, dass KW, wohnhaft in L, als Besitzer eines Mobiltelefons mit näher genannter Nummer zwischen und SMS mit näher genannten Inhalten - wie "Hi mein süßer Tiger hast du heute zeit für mich dass du mich von hinten nehmen, so richtig nehmen kannst denn ich bin extrem geil auf dich ruf mich an ..." - zugesendet erhalten habe, welche durch die Firma I Ltd. an ihn versendet worden seien. Die Versendung sei von Tirol aus erfolgt, wo der Server dieser Gesellschaft seinen Standort hatte und habe. KW habe keine Einwilligung zur Zusendung dieser SMS-Nachrichten erteilt. Die Firma I Ltd. habe die Kontaktinformation, also die Mobiltelefonnummer des KW, auch nicht im Zusammenhang mit einer von dieser Gesellschaft an KW erbrachten Dienstleistung oder einen Verkauf an KW erhalten. Die Beschwerdeführerin sei Direktorin der Firma I Ltd. und dies auch schon im Jahr 2005 gewesen.

2.4. Im Rahmen der Beweiswürdigung legte die belangte Behörde zusammengefasst Folgendes dar:

Dass die in Rede stehenden SMS an das Mobiltelefon des KW gesendet worden seien, sei auf Grund der schriftlichen Anzeige des KW und seiner Einvernahme als Zeuge im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung festzustellen gewesen. Er habe dargelegt, wie er bei der Anzeigeerstattung vorgegangen sei, dass er nämlich, wie ihm von der Fernmeldebehörde auf Grund seiner Beschwerde geraten worden sei, den Inhalt der SMS samt Sendedatum und Mehrwertnummer direkt vom Handy abgeschrieben habe.

Für die belangte Behörde stehe auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens weiter fest, dass die in den SMS genannten Mehrwertnummern im interessierenden Zeitraum der I Ltd. zur Nutzung überlassen worden seien. Dies habe sich zunächst schon bei der Prüfung durch das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland ergeben, wie die handschriftlichen Anmerkungen auf den einzelnen Anzeigen zeigten, und zur Übermittlung der Anzeige an das (örtlich zuständige) Fernmeldebüro für Tirol und Vorarlberg geführt.

Hinsichtlich der Mehrwertnummer 0930/72, 0930/82 und 0930/79 habe die T GmbH über Anfrage mitgeteilt, dass diese Mehrwertnummern im interessierenden Zeitraum vom bis von der I Ltd. betrieben worden seien; für die belangte Behörde habe keine Veranlassung bestanden, die Richtigkeit dieser Angabe eines langjährig im Bereich der Telekommunikation tätigen Unternehmens anzuzweifeln.

Hinsichtlich der Nummer 0930/89 liege eine vom stammende RTR-Abfrage vor, aus der sich ergebe, dass die I Ltd. an diesem Tag Diensteanbieterin hinter dieser Nummer gewesen sei. Das gleiche Ergebnis hätten die Erhebungen durch das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland nach Einlangen der Anzeige erbracht, sodass für die belangte Behörde feststehe, dass diese Nummer auch am von der I Ltd. genutzt worden sei, zumal sich keine Anhaltspunkte für einen Wechsel des Betreibers innerhalb der kurzen Zeitraums zwischen der erfolgten RTR-Abfrage und der Weiterleitung der Anzeige ergeben hätten.

Im Rahmen der Beweiswürdigung sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Beschwerdeführerin, obwohl sie von dem gegen sie erhobenen Tatvorwurf bereits mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom Kenntnis erlangt habe, erstmals in der Berufungsverhandlung am die Nutzung der im Spruch angeführten Mehrwertnummern durch die I Ltd. bestritten habe. Es wäre aber zu erwarten gewesen, dass dann, wenn die betreffenden Nummern im relevanten Zeitraum tatsächlich ein anderer Diensteanbieter genutzt hätte, dies bereits von Anfang an geltend gemacht würde. Tatsächlich habe sich das Verteidigungsverhalten der Beschwerdeführerin bislang aber darauf beschränkt, die Zulässigkeit der SMS-Zusendungen zu behaupten. Nur darin habe die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom eine Unrichtigkeit des gegen sie erhobenen Tatvorwurfs erkannt (arg: "der Vorwurf .... ist insofern unrichtig, ..."), womit sie indirekt aber die Nutzung der Mehrwertnummern durch die I Ltd. bzw die Zusendung der SMS an die betreffende Mobiltelefonnummer zugestanden habe. Auch dieses Verhalten habe die belangte Behörde in der Überzeugung bestärkt, dass die in Rede stehenden Nummern zu den jeweiligen Tatzeitpunkten tatsächlich von der I Ltd. genutzt worden seien und dass es sich beim "nunmehrigen, wenige Tage vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist erstatteten Vorbringen bloß um eine Schutzbehauptung handelt".

Auf Grund der Aussage des Zeugen KW sei die belangte Behörde auch zur Überzeugung gelangt, dass dieser keine Einwilligung zur Zusendung derartiger SMS erteilt habe. Laut Aussage des - im Unternehmen der Beschwerdeführerin tätigen - Zeugen JH in einem weiteren Berufungsverfahren, dessen Akt antragsgemäß eingesehen und verlesen worden sei, werde der Kunde bei der telefonischen Inanspruchnahme eines Erotikdienstes der I Ltd. vom jeweiligen Gesprächspartner gefragt, ob er mit der Zusendung von SMS-Nachrichten einverstanden sei. KW habe nun aber glaubwürdig ausgesagt, keinen Mehrwertdienst kontaktiert zu haben und hätten sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine dritte Person ohne Wissen von KW bei einer Mehrwertnummer der I Ltd. angerufen habe. Zudem habe die Beschwerdeführerin keine Nachweise für die Inanspruchnahme eines Erotik-Telefondienstes vorgelegt. Wenn sie diesbezüglich in vorangegangenen Verfahren auf technische Probleme verwiesen habe, könne dies schon deshalb nicht überzeugen, weil sie in anderen Fällen sehr wohl derartige Anrufsprotokolle vorgelegt habe. Da also KW keine Dienstleistungen der I Ltd. in Anspruch genommen habe, sei auch auszuschließen, dass die betreffende Gesellschaft die Kontaktinformation auf diesem Weg erhalten habe. Der Umstand, dass die betreffende Anlage, mit der die Versendung der SMS vorgenommen wurde, ihren Standort am Sitz der I Ltd. in Tirol habe und auch schon im Jahr 2005 gehabt habe, ergebe sich auf Grund der Angaben der Zeugen JH und KE im Berufungsverfahren zur Zl uvs-2007/26/2109. Unstrittig sei, dass die Beschwerdeführerin im Tatzeitraum Direktorin und damit das zur Vertretung nach Außen berufene Organ der I Ltd. gewesen sei. Von der Einvernahme des Zeugen JH habe abgesehen werden können, weil in der Berufung nicht näher dargelegt worden sei, zu welchen das Verschulden ausschließenden Umständen dieser Zeuge befragt werden solle und das Beweisthema auch in der Berufungsverhandlung nicht präzisiert worden sei; zudem habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin auf die Einvernahme dieses Zeugen ausdrücklich verzichtet. Dem Beweisantrag auf Einvernahme des Zeugen GT sei wegen geklärter Sachlage ebenfalls nicht zu entsprechen gewesen.

2.5. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte die belangte Behörde zunächst die maßgebenden Rechtsvorschriften dar und führte dann aus, dass es sich beim Empfänger KW zweifelhaft um einen Verbraucher im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG handle. Die ihm zugegangenen SMS seien Zusendungen zu Zwecken der Direktwerbung gewesen, was von der belangten Behörde näher ausgeführt wurde.

Auch wenn für die Einwilligung in die Zusendung derartiger SMS eine bestimmte Form nicht vorgesehen sei, die Zustimmung daher auch mündlich und konkludent zum Ausdruck gebracht werden könne, stehe auf Grund des Ermittlungsverfahrens doch kein Sachverhalt fest, der als auch bloß konkludente Zustimmung zur Zusendung der in Rede stehenden SMS verstanden werden könnte. Die belangte Behörde legte weiter dar, dass die in § 107 Abs 3 TKG 2003 normierten Voraussetzungen für die Zusendung von SMS-Nachrichten ohne Einwilligung des Empfängers nicht vorgelegen hätten.

Die Beschwerdeführerin als Direktorin und damit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der I Ltd. sei für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese Gesellschaft verantwortlich und hätte sohin tatbildlich im Sinne der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung gehandelt. Dabei handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weshalb sie hätte glaubhaft machen müssen, dass sie an der Übertretung kein Verschulden treffe. Zu diesem Zweck wäre es erforderlich gewesen, ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen. Dies habe sie unterlassen. Nichts zu gewinnen sei für sie auch mit dem Hinweis auf EDV-Probleme bei der Firma D, weil sich nämlich auf Grund der antragsgemäß herangezogenen Aussage des Zeugen GT im Berufungsverfahren zu den Zlen uvs-2007/12/2901 und 2902 ergeben habe, dass die angeblich zu Fehlsendungen führende Systemumstellung jedenfalls erst nach Beginn der Zusendung der hier in Rede stehenden SMS-Nachrichten erfolgte. Ebensowenig zielführend sei der Hinweis des Zeugen JH im Berufungsverfahren zur Zl uvs-2007/26/2109, wonach es die Firma D übernommen habe, die SMS-Zusendungen mit einem "Stop-Code" zu versehen: Der Zeuge GT habe das Bestehen einer diesbezüglichen vertraglichen Verpflichtung der Firma D verneint, zudem sei in keiner Weise dargetan worden, wie seitens der für die SMS-Zusendungen verantwortlichen I Ltd. überprüft worden sei, dass diese Ergänzungen tatsächlich vorgenommen werden. Sollte sich die I Ltd. zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung tatsächlich eines Dritten bedient haben, hätte sie jedenfalls ein entsprechendes Kontrollsystem einrichten müssen, um die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben sicherzustellen. Solches sei aber nicht vorgebracht worden.

Da die betreffenden SMS mit Wollen der Beschwerdeführerin an den Anzeiger versendet worden seien, sei von vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen.

Die Rechtsansicht, dass der Tatvorwurf im angefochtenen Straferkenntnis nicht den Mindestanforderungen entspreche, könne nicht geteilt werden, zumal das inkriminierte Verhalten in einer Weise beschrieben worden sei, dass es zweifelsfrei unter die als verletzt angesehene Rechtsvorschrift zu unterstellen sei. Insbesondere erweise es sich auch als zulässig, dass im Spruch zur Umschreibung des Tatverhaltens auf eine dem Straferkenntnis beigeschlossene Anlage (die Anzeige) Bezug genommen werde.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

3.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2003, BGBl I Nr 70/2003 idF vor der Novelle BGBl I Nr 133/2005 (TKG 2003), lauten - auszugsweise - wie folgt:

"§ 107. ...

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - an Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 Konsumentenschutzgesetz ohne vorherige Einwilligung des Empfängers ist unzulässig, wenn


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder
2.
an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

(3) Eine vorherige Zustimmung für elektronische Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

3. der Kunde klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation von vornherein bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen.

...

§ 109 ...

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37000 Euro zu bestrafen, wer

...

20. entgegen § 107 Abs. 2 und 4 elektronische Post zusendet;

..."

2. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin als Direktorin das zur Vertretung nach außen berufene Organ der I Ltd. jedenfalls im Zeitraum vom bis (Erhalt der in Rede stehenden SMS-Nachrichten durch KW) war. In der Beschwerde wird auch nicht mehr in Abrede gestellt, dass der Empfänger der SMS-Nachrichten, bei denen es sich unstrittig um Direktwerbung im Sinne des § 107 Abs 2 Z 1 TKG 2003 handelte, den Zusendungen nicht zugestimmt hatte und Konsument war.

3.1. Die Beschwerde macht geltend, dass dem Spruch des durch den angefochtenen Bescheid insoweit bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht entnommen werden könne, welche konkreten Tathandlungen der Beschwerdeführerin zur Last gelegt würden. Er erfülle daher nicht die Mindesterfordernisse des § 44a VStG. Sie bringt dazu vor, dass wohl dem (ersten) Straferkenntnis vom , das - mangels Bestehen einer Zustellvollmacht des als Empfänger bezeichneten Rechtsanwalts - nicht wirksam zugestellt worden sei, die Anzeigen beigeschlossen gewesen seien, nicht aber dem Straferkenntnis vom .

Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzustellen, dass die Beschwerdeführerin in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom den nun behaupteten Umstand (Nichtanschluss der Anzeige, auf die aber gemäß dem Spruch des Straferkenntnisses verwiesen wurde) nicht geltend gemacht hat. Bei diesem also erstmals in der Beschwerde behaupteten Umstand handelt es sich daher um eine unzulässige Neuerung, weshalb dieses Vorbringen schon deshalb nicht zielführend ist.

Ungeachtet dessen ist festzuhalten, dass die Aktenlage keinen Hinweis für das Zutreffen des behaupteten Umstands bietet.

3.2. Die Beschwerde macht weiter geltend, die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass die in Rede stehenden Mehrwertnummern "der Beschwerdeführerin bzw ihrem Unternehmen zuzurechnen" seien. Die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde, die sich im Wesentlichen auf "Auskünfte privater Firmen" stütze, sei unhaltbar.

Zu diesem Einwand ist klarzustellen, dass die belangte Behörde nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung unter sorgfältiger Berücksichtigung sämtlicher Beweisergebnisse zu begründen hatte, warum sie die in Rede stehende Feststellung trifft. Dem Verwaltungsgerichtshof kommt diesbezüglich lediglich eine Prüfung der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung zu (vgl das hg Erkenntnis eines verstärkten Senats vom , Zl 85/02/0053). Entgegen den Beschwerdeausführungen kann die (oben zusammengefasst wiedergegebene) Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als unschlüssig erkannt werden.

Es ist daher der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen, dass die in Rede stehenden Mehrwertnummern im Tatzeitraum der von der Beschwerdeführerin vertretenen I Ltd. zur Nutzung überlassen waren und dass durch diese Gesellschaft an den Empfänger KW die inkriminierten SMS-Nachrichten versandt worden sind.

3.3. Da es sich bei derartigen Übertretungen um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne von § 5 VStG handelt (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2003/03/0284), wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen, alles ihrer Entlastung Dienende vorzubringen, um zu beweisen, dass sie an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der diesbezüglichen Beurteilung der belangten Behörde, die (zusammengefasst) ausgeführt hat, die Beschwerdeführerin habe die Einrichtung eines ausreichenden Kontrollsystems gar nicht dargelegt, hat die Beschwerde nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Im Übrigen würde auch die Beifügung eines "Stop-Codes", mit dem der Empfänger der Nachricht weitere Übermittlungen unterbinden könnte, nichts an der Strafbarkeit der schon - ohne vorherige Zustimmung - erfolgten Übermittlung der Nachricht ändern, wenn nicht (kumulativ) sämtliche vom Versender der Nachricht zu beweisenden Tatbestandselemente des § 107 Abs 3 TKG vorliegen (vgl das bereits zitierte Erkenntnis Zl 2003/03/0284, sowie das Erkenntnis vom , Zlen 2008/03/0008, 0009).

3.4.1. Die Beschwerde macht geltend, mit Blick auf die Verkündung des angefochtenen Bescheids in der mündlichen Berufungsverhandlung vom seien jedenfalls die die Sachverhalte vom 1. Juni, 2. Juni und betreffenden drei Tatvorwürfe im Grunde des § 31 Abs 3 VStG verjährt. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid auch gar nicht dargelegt, warum hinsichtlich dieser Sachverhalte die Strafbarkeitsverjährung noch nicht eingetreten sein sollte.

3.4.2. Die belangte Behörde macht dazu - in der Gegenschrift -

geltend, dass im Beschwerdefall unter Berücksichtigung der Gleichartigkeit der Begehungsform und des engen zeitlichen und persönlichen Zusammenhangs von einem fortgesetzten Delikt auszugehen sei, was die Verjährung der Strafbarkeit der Einzelhandlungen hindere.

3.4.3. Der Verwaltungsgerichtshof hatte schon im zitierten Erkenntnis 2003/03/0284 die Frage zu beurteilen, unter welchen Voraussetzungen bei Übertretungen der vorliegenden Art von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist.

Diesbezüglich hat er Folgendes ausgeführt:

"Um von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, müssen nach der hg. Rechtsprechung Einzelakte von einem einheitlich vorgefassten Willensentschluss, von einem so genannten Gesamtvorsatz getragen sein, d.h. der Täter muss von vornherein ein bestimmtes Endziel ins Auge gefasst haben, das er durch die Begehung mehrerer Teilakte, somit schrittweise erreichen will. Von einem solchen Gesamtvorsatz kann daher nur dann gesprochen werden, wenn der Täter den erstrebten Enderfolg von Anfang an in seinen wesentlichen Umrissen erfasst hat, sodass sich die einzelnen Akte zu dessen Erreichung nur als Teilhandlungen eines (von vornherein gewollt vorhandenen) Gesamtkonzeptes darstellen. Erst dieser innere Zusammenhang lässt die Einzelakte nur als sukzessive Verwirklichung des einheitlich gewollten Ganzen erscheinen. Demnach reicht der allgemeine Entschluss, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, nicht aus, um subjektiv Fortsetzungszusammenhang zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/10/0045).

Im vorliegenden Fall liegt der unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmens, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, zweifellos ein Gesamtkonzept im Hinblick auf eine bestimmte Dienstleistung zu Grunde. Zu prüfen ist jedoch, ob auch die - in Verfolgung des unternehmerischen Gesamtkonzepts - begangenen gesetzwidrigen Einzelhandlungen vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts zu einer Einheit zusammentreten.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist es im Beschwerdefall unerheblich, dass die Zusendung der SMS-Nachrichten automatisiert wurde und ein unmittelbarer Willensentschluss daher nicht bei jeder SMS-Versendung erforderlich ist. Die Automatisierung von Prozessabläufen entbindet den Beschwerdeführer nicht von der Beachtung der die unternehmerische Tätigkeit regelnden Verwaltungsvorschriften; richtet er den Geschäftsbetrieb so ein, dass Übertretungen von Verwaltungsvorschriften auf Grund der vorgenommenen Automatisierung nicht vermeidbar sind, so kommt dies dem allgemeinen Entschluss gleich, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei sich bietenden Gelegenheiten zu begehen (vgl. dazu das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom ). Der vom Beschwerdeführer behauptete Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung liegt daher mangels fortgesetzten Delikts nicht vor."

Eine Anwendung der dargelegten Grundsätze auf den Beschwerdefall führt zum Ergebnis, dass die Übersendung der vorliegenden vier SMS-Nachrichten an den Empfänger KW als Teilakte eines fortgesetzten Delikts zu beurteilen sind, weshalb die Übersendung der Nachricht vom die Verjährung der Strafbarkeit der unmittelbar vorangegangenen Zusendungen hindert:

Zu dem Gesamtkonzept der Unternehmenstätigkeit der von der Beschwerdeführerin vertretenen Gesellschaft (Übersendung von SMS-Nachrichten zu Werbezwecken) tritt im Beschwerdefall ein enger zeitlicher Zusammenhang und vor allem der Umstand, dass die Zusendung jeweils an den gleichen Empfänger gerichtet ist, der den Zusendungen zuvor nicht zugestimmt hat. In einem derartigen Fall ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die Behörde von einem fortgesetzten Delikt ausgeht und eine Gesamtstrafe verhängt (vgl diesbezüglich schon das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0143, dem ebenfalls die Bestrafung wegen der Zusendung unerwünschter SMS-Nachrichten in mehreren Fällen in einem engen zeitlichen Zusammenhang an einen Empfänger zu Grunde lag).

Vor diesem Hintergrund erweist sich das Verjährung geltend machende Beschwerdevorbringen als nicht zielführend.

3.5. Dies gilt schließlich auch für die Verfahrensrüge, welche die Unterlassung der Einvernahme des Zeugen GT rügt. Der Beschwerdeführerin gelingt es nämlich - insbesondere vor dem Hintergrund, dass dieser Zeuge bereits in einem weiteren, ebenfalls die Beschwerdeführerin wegen des Vorwurfs einer Übertretung des § 107 Abs 2 Z 1 TKG 2003 betreffenden Verfahren in einer Berufungsverhandlung vernommen wurde, wobei die diesbezüglichen Protokolle antragsgemäß in der nunmehrigen Berufungsverhandlung verlesen wurden - nicht, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen.

4. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden: Eine solche hat schon von der belangten Behörde - einem Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK - stattgefunden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am