VwGH vom 06.07.2011, 2010/06/0159

VwGH vom 06.07.2011, 2010/06/0159

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des JM in H, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B-12.10- G389/2010-13, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. KW in G; 2. LW in G; 3. Gemeinde G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragten die erst- und zweitmitbeteiligte Partei (Bauwerber) die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Schweinestalles mit Güllegrube und Futtersilos auf den Grundstücken Nr. 2591 und Nr. 2513/2, EZ 26, KG G. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des im Nordosten an das Grundstück Nr. 2591 angrenzenden Grundstückes Nr. 131.

Im Akt befindet sich eine immissionstechnische Beurteilung der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein vom . Darauf aufbauend hat die medizinische Sachverständige Dr. P. ein Gutachten vom abgegeben.

Am fand die mündliche Bauverhandlung statt, bei der zunächst festgehalten wurde, dass das Grundstück Nr. 2591 als Dorfgebiet, jenes Nr. 2513/2, getrennt durch einen Weg, als Freiland gewidmet ist. Die Güllegrube solle auf jenem Grundstück errichtet werden, das als Freiland ausgewiesen sei. Die Futtersilos und das Stallgebäude sollten im Rahmen eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes auf der Liegenschaft mit der Widmung Dorfgebiet errichtet werden.

Der Beschwerdeführer erhob bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen dahingehend, dass durch den Erweiterungsbau die ortsübliche Geruchsbelästigung überschritten werde und dies auch eine wesentliche und unzumutbare gesundheitliche Beeinträchtigung bedeute. Durch den Zubau werde die Geruchszahl um fast 100 % erhöht. Der Beschwerdeführer bzw. dessen Rechtsvorgänger hätten bis vor zwei Jahren über 40 Jahre lang ein Gasthaus betrieben, mit dessen Inbetriebnahme jederzeit wieder gerechnet werden müsse, oder aber auch mit der Errichtung von Wohnungen. Eine Erhöhung der Geruchszahl sei sowohl für Gäste als auch für neue Bewohner unzumutbar und würde eine gesundheitliche Beeinträchtigung bedeuten. Im Hinblick darauf, dass in G. bereits insgesamt sieben bis acht Landwirtschaften mit Schweinehaltung betrieben würden, sei naturgemäß auch die bereits bestehende Beeinträchtigung durch die Geruchszahl von Bedeutung. Durch die geplante Erhöhung sei auch eine Erhöhung der Gesamtbelastung gegeben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung mehrerer Auflagen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Bescheid vom dahingehend berichtigt, dass das Datum dieses Bescheides "" zu lauten habe.

Der Beschwerdeführer erhob gegen die Baubewilligung Berufung.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom (erster Vorstellungsbescheid) wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers Recht gegeben, der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wegen Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde verwiesen.

Mit Eingabe vom änderten die Bauwerber ihr Projekt dahingehend, dass die Abluftschächte anstatt mit einer Höhe von 8 m über Niveau mit einer Höhe von 10 m über Niveau ausgeführt werden sollten.

In weiterer Folge erstattete der Sachverständige Ing. Mag. H. ein Immissionsgutachten vom . Darin beschrieb er die bestehenden Stallgebäude der Bauwerber und deren Bewilligungen, bei einigen Baulichkeiten gab er an, dass diese gemäß § 40 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (Stmk. BG) als rechtmäßiger Bestand anzusehen seien. Sodann stellte er die beabsichtigten Änderungen und die Tierhaltung näher dar. In seinem Gutachten ermittelte er auf der Grundlage der "Vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen" vom Dezember 1995 die Geruchszahl G. Für die gesamte Hofstelle betrage diese bei theoretisch maximaler Belegung G = 99. Unter Berücksichtigung, dass maximal fünf Sechstel der Zuchtsauenplätze infolge der notwendigen Umstallungen belegt sein könnten, ergebe sich eine Geruchszahl von G = 97. Für den bisherigen Stallgebäudebestand errechne sich eine Geruchszahl von G = 83. Auf Grund von Unterlagen der Gemeinde bestünden Vergleichsbetriebe mit Geruchszahlen von G = 141 und für Hofstellen, die teilweise im Freiland lägen, auch wesentlich darüber. Ergänzend könne noch auf Immissionsgutachten in anderen Dorfgebieten der Gemeinde und der angrenzenden Gemeinde O. zurückgegriffen werden. Unter Heranziehung dieser Vergleichsbetriebe könne festgehalten werden, dass sich die Immissionen aus der Hofstelle der Bauwerber im ortsüblichen Ausmaß bewegten. Des Weiteren legte der Gutachter dar, unter Geruchsschwelle verstehe man jene richtungsmäßige Entfernung, außerhalb derer in der Regel Gerüche des Emittenten nicht mehr wahrgenommen würden. Unter Einbeziehung der Faktoren nach der Vorläufigen Richtlinie vom Dezember 1995 (Windrichtungsverteilung und geländeklimatologische Daten) stellte der Sachverständige die Geruchsschwellengrenzen nach Himmelsrichtungen im Einzelnen dar. Die Belästigungsgrenze liege bei etwa 50 % der Geruchsschwelle und markiere eine Zone, innerhalb derer Gerüche zunehmend auch als unangenehm empfunden würden, was jedoch noch keine Aussage über eine Gesundheitsgefährdung beinhalte. Eine Berechnung von Schutzabständen erübrige sich, da innerhalb der Geruchsschwelle keine Widmungskategorie mit widmungsbezogenem Immissionsschutz vorhanden sei. Festzuhalten sei, dass im neuen Stall durch die hohen Luftaustrittsöffnungen, verbunden mit den hohen Abluftgeschwindigkeiten infolge Zentrallüftung, eine Überhöhung der austretenden Luft im Nahebereich zum Tragen komme und somit in der Regel (ausgenommen extreme Niederdrucklagen) im Nahebereich der Hofstelle die belastete Luft aus dem neuen Stall nicht in bodennahe Schichten gelange. Kumulation sei, wenn überhaupt, infolge der gegebenen Dimensionen, Abstände und unterschiedlichen Höhen der Emissionspunkte in maßgeblichem Ausmaß lediglich in Richtung Nordwest bzw. Südost mit bestehenden anderen Nachbarbetrieben zu erwarten.

In weiterer Folge erstattete die medizinische Sachverständige Dr. P. das Gutachten vom . Die Fragestellung bestehe darin, ob eine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Beeinträchtigung der Nachbarn oder eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn durch Geruchsemissionen zu erwarten sei. Nach dem Leitfaden "AGU" im Auftrag der Umweltanwältin des Landes Steiermark werde der Begriff "Belästigung" dahingehend definiert, dass jede wahrnehmbare Immission vom gesunden, normal empfindenden Menschen im konkreten Fall als Belästigung empfunden werde und damit eine Störung des Wohlbefindens bewirken könne. Das Empfinden einer Belästigung sei individuell sehr unterschiedlich. Die Wahrnehmung einer Immission stelle aber nicht notwendigerweise eine Belästigung dar. Zum Belästigungserleben komme es insbesondere, wenn die Immission emotional negativ bewertet werde. Einzuschließen in diese Kategorie seien Störungen bestimmter höherer Funktionen und Leistungen (z.B. geistige Arbeit, Lärm- und Konzentrationsfähigkeit, Sprachkommunikation). Nach Erläuterung der Begriffe "Gesundheitsgefährdung" und "Gesundheitsschädigung" führte die Sachverständige sodann aus, generell gehe intensives und lange dauerndes Belästigungsempfinden mit Stress, psychosozialen Reaktionen (z.B. aggressiven Handlungen) oder negativ erlebten Änderungen der Lebensweise einher und könne in weiterer Folge zu (stressbedingten) organischen Leiden führen. Im Hinblick auf mögliche Schadwirkungen durch langdauernden Stress ohne ausreichende Kompensationsmechanismen etc. sei somit schwere, länger anhaltende Belästigung als Gefährdung der Gesundheit zu sehen. Eine unzumutbare Belästigung sei dann anzunehmen, wenn ein unüblich hoher Anteil der Betroffenen über den Geruch klage (z.B. mehr als 15 %). Die Konzentration der Riechstoffe müsse über der für die Geruchsschwelle notwendigen Konzentration liegen, damit ein Geruchseindruck entstehe. Die Geruchswahrnehmung werde meist durch Stoffgemische, die bis zu einige 100 geruchsaktive Substanzen beinhalten könnten, verursacht. So wie bei anderen Sinneswahrnehmungen seien auch bei der Geruchswahrnehmung neben den Reizcharakteristika (Reizqualität, Reizintensität) physiologische Eigenschaften der Person sowie psychosoziale Aspekte für die Art der Geruchswahrnehmung und ihrer Bewältigung verantwortlich. Die Erhöhung der Geruchszahl von 83 auf 99 bzw. 97 sei geringfügig, und die Geruchszahl liege deutlich unterhalb jener von 141 für rechtmäßig bestehende Betriebe im selben Dorfgebiet. Bei Lokalaugenscheinen am und am habe die Sachverständige feststellen können, dass Gerüche aus der Schweinehaltung bereits an Stellen in der mitbeteiligten Gemeinde wahrnehmbar seien, die teilweise deutlich außerhalb der vom immissionstechnischen Sachverständigen für den Betrieb der Bauwerber nach Errichtung des Schweinestallneubaues errechneten Geruchsschwellen lägen. Schlüssige Zusammenhänge zwischen Schweinestallgeruchsemissionen und psychovegetativen Reaktionen seien im vorliegenden Fall nicht herzustellen und medizinisch auch nicht begründbar. Dies deswegen, weil es sich bei der mitbeteiligten Gemeinde um ein Dorfgebiet handle, in dem die Tierhaltung und die daraus entstehenden Geruchsemissionen zu einem wesentlichen Bestandteil gehörten und, wie auch der immissionstechnische Sachverständige festgestellt habe, ortsüblich seien. Unter Anwendung der Grundsätze der Wahrnehmungsphysiologie sowie der Wahrnehmung der Sachverständigen anlässlich der Lokalaugenscheine sei daher festzustellen, dass durch die gegenständlichen Baumaßnahmen keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Beeinträchtigung der Nachbarn und keine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn durch Geruchsemissionen zu erwarten seien.

Mit Eingabe vom gab der Beschwerdeführer zur Projektänderung und zu den Gutachten des Ing. Mag. H. und der Dr. S. eine Stellungnahme ab.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers erneut keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom mit der Maßgabe bestätigt, dass die Abluftschächte anstatt mit einer Höhe von 8 m über Niveau nunmehr mit einer Höhe von 10 m über Niveau zur Ausführung gelangten.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom (zweiter Vorstellungsbescheid) wurde der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wegen Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde verwiesen.

In weiterer Folge erstattete der Sachverständige Ing. Mag. H. ein (ergänztes) Immissionsgutachten vom . Darin stellte er zunächst erneut den vorhandenen Bestand und dessen Rechtmäßigkeit dar, ebenso die Veränderungen durch das geplante Bauvorhaben. Er gelangte wiederum zu einer Erhöhung der Geruchszahl von 83 auf 99 bzw. 97. Auf Grund von Unterlagen der Gemeinde bestünden Vergleichsbetriebe mit Geruchszahlen von 141 im selben Dorfgebiet, wobei der Betrieb der Bauwerber eine günstigere kleinklimatologische Lage aufweise, da er den Talwinden besser ausgesetzt sei. Für Hofstellen, die mit Stallungen teilweise im Freiland lägen, bestünden Geruchszahlen auch über diesem Wert. Ergänzend könne auf Immissionsgutachten in anderen Dorfgebieten der Gemeinde und der angrenzenden Gemeinde O. zurückgegriffen werden, die auf demselben Niveau lägen. Unter Verwendung dieser Vergleichsbetriebe könne gesagt werden, dass sich die Hofstelle der Bauwerber im ortsüblichen Ausmaß bewege. Der Vergleichsbetrieb befinde sich außerhalb der Geruchsschwelle des Betriebes der Bauwerber ca. 390 m nördlich im selben Dorfgebiet. Der östlich der Hofstelle gelegene rinderhaltende Betrieb weise eine Geruchszahl von unter 20 auf und emittiere ausschließlich über Fenster. In der Folge legte der Gutachter erneut die Geruchsschwellen und die Belästigungsgrenzen unter Berücksichtigung der meteorologischen Daten und der geländemeteorologischen Bewertung dar. Für die weitere Beurteilung des Betriebes sei zu berücksichtigen, dass im neuen Stall durch die hohen Luftaustrittsöffnungen, verbunden mit den hohen Abluftgeschwindigkeiten infolge Zentrallüftung, eine Überhöhung der austretenden Luft zum Tragen komme und somit in der Regel (ausgenommen extreme Niederdrucklagen) im Nahebereich der Hofstelle die belastete Luft aus dem neuen Stall nicht in bodennahe Schichten gelange. Ein Schutzabstand zum Wohngebiet von 140 m werde eingehalten, es sei sichergestellt, dass bestehende Siedlungsgebiete des Wohngebietes nicht ungebührlich von Geruchsimmissionen durch den Betrieb der Bauwerber beeinträchtigt würden. Der Intensität der Geruchsbelastung könne die zeitliche Möglichkeit bzw. Wahrscheinlichkeit dieser Einwirkung ergänzend hinzugefügt werden. In näher angeführten Richtungen vom Emittenten aus gesehen (Schutzrichtung) bestehe in näher angeführten Zeitprozenten die Möglichkeit der Beaufschlagung der oben angeführten Intensitäten (Geruchsschwelle, Belästigungsgrenze) für die errechneten Abstände, wobei der Gutachter in die verschiedenen Windrichtungen Prozentzahlen nach zwei Windrosen ausweist. Zur Auswertbarkeit sei festzuhalten, dass es sich bei dieser Definition nicht um Jahresgeruchsstunden handle. Diese seien aus der österreichischen Beurteilungsrichtlinie nicht ableitbar.

In einer Stellungnahme vom führte die medizinische Sachverständige Dr. P. aus, die Ergänzungen im immissionstechnischen Gutachten vom hätten keinerlei Auswirkungen auf die im immissionstechnischen Gutachten vom getroffenen Schlussfolgerungen gehabt. Dies bedeute, dass es zu keiner Änderung der immissionsrelevanten technischen Daten und damit zu keiner Änderung der Geruchszahl komme. Damit verbunden sei auch keine Änderung der Geruchsschwellen sowie der Belästigungsgrenzen. Aus diesem Grunde sei ein neues medizinisches Sachverständigengutachten nicht erforderlich. Das medizinische Gutachten vom und die darin getroffenen Schlussfolgerungen blieben, abgesehen von einigen näher genannten Ergänzungen und Änderungen, vollinhaltlich aufrecht.

An Ergänzungen und Änderungen führte die Sachverständige aus, die Ausführungen zur Kumulation entfielen zur Gänze. Die allgemeinen Ableitungsbedingungen seien einzuhalten, was der Fall sei. Dadurch, dass nach der Projektsänderung die Abluftschächte 4 m über First geführt würden und die Ausblasgeschwindigkeit bei Sommerluftrate 9,5 m pro Sekunde und bei Winterluftrate 7 m pro Sekunde betrage, werde verhindert, dass im Nahebereich der Hofstelle geruchsbelastete Luft in bodennahe Schichten gelange. Das Objekt des Beschwerdeführers befinde sich im Norden der Hofstelle der Bauwerber. Die Windwirkungsrichtung Norden habe eine Häufigkeit von lediglich 3,9 %. Eine Ausbreitung geruchsbeladener Abluft zum Grundstück des Beschwerdeführers weise daher einen prozentualen Anteil nach Windrichtungen von lediglich 3,9 % auf und sei damit vernachlässigbar gering. Dasselbe gelte für den für diese Windrichtung geringen Anteil an Calmen. Beim Betrieb des geplanten Schweinestalles ergebe sich eine Erweiterung der Geruchsschwelle zwischen 12 m und 17 m, während sich die Belästigungsgrenze zwischen 7 m und 9 m nach außen verschiebe. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es durch den Einbau von Abluftschächten 4 m über First und mit einer Ausblasgeschwindigkeit bei Sommerluftrate von 9,5 m pro Sekunde und bei Winterluftrate von 7 m pro Sekunde in sämtlichen Ausbreitungsrichtungen zu einer Verdünnung der geruchsbeladenen Abluft komme, bleibe die Schlussfolgerung, dass das ortsübliche Ausmaß übersteigende oder unzumutbare Beeinträchtigungen der Nachbarn oder eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn durch Geruchsimmissionen nicht zu erwarten sei, aufrecht.

In einer Stellungnahme vom äußerte sich der Beschwerdeführer weiterhin ablehnend.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers insoweit Folge gegeben, als die zur Bewilligung beantragte Projektänderung dahingehend, dass die projektgemäß vorgesehenen Abluftschächte anstatt mit einer Höhe von 8 m über Niveau nunmehr mit einer Höhe von 10 m über Niveau und 4 m über First und einer Ausblasgeschwindigkeit bei Sommerluftrate von 9,5 m pro Sekunde und bei Winterluftrate von 7 m pro Sekunde zur Ausführung gelangten, baubehördlich genehmigt werde, der erstinstanzliche Bescheid wurde in seinem sonstigen Umfang jedoch bestätigt.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung, die mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid (dritter Vorstellungsbescheid) als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, auf die im zweiten Vorstellungsbescheid beim immissionstechnischen Gutachten des Sachverständigen Ing. Mag. H. kritisierten Punkte sei nun im ergänzten immissionstechnischen Gutachten desselben Sachverständigen vom eingegangen worden. Insbesondere seien zur Ergebnisdarstellung einerseits die Tabellen zum bewilligten Bestand (Ist-Maß) und zum künftigen Bestand (Prognosemaß) ausgewiesen und ergänzende Grafiken zu den Belästigungsgrenzen bzw. Geruchsschwellen sowohl zum Ist- als auch zum Prognosemaß angefertigt worden. Die medizinisch relevanten Fakten seien in der neuerlichen medizinischen Beurteilung der Sachverständigen Dr. P. vom dargestellt worden. Seitens der medizinischen Sachverständigen seien auch die in der Vorstellungsentscheidung vom aufgezeigten offenen Fragen behandelt worden. Vor allem habe sie sich sehr genau auf die Windrichtungen bezogen und daraus die Geruchsintensität am Grundstück auch aus medizinischer Sicht einer Beurteilung unterzogen. Das medizinische Sachverständigengutachten sei schlüssig. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten allgemeinen Behauptungen könnten dieses schlüssige Gutachten nicht entkräften. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer künftig seinen Gasthausbetrieb wieder aufnehmen und Wohneinheiten oder Fremdenzimmer errichten wolle, vermöge an der Zulässigkeit des Bauprojekts nichts zu ändern, da im Rahmen der immissionstechnischen und medizinischen Beurteilung ohnedies auf die Auswirkungen der Immissionen auf das Grundstück des Beschwerdeführers eingegangen und diesbezüglich festgestellt worden sei, dass eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende oder unzumutbare Beeinträchtigung oder eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn durch Geruchsimmissionen nicht zu erwarten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass sich der immissionstechnische Gutachter bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit auf einen nach § 40 Abs. 1 Stmk. BauG als rechtmäßig anzusehenden Bestand bezogen habe. Bezüglich des als rechtmäßig anzusehenden Bestandes der vor dem errichteten Gebäude lägen jedoch keine Beweisergebnisse, insbesondere hinsichtlich der konsentierten Belagszahlen, vor. Die nunmehr ermittelten Immissionen könnten daher nicht ohne weiteres zu ortsüblichen erklärt werden, zumal nicht einmal feststehe, dass damals Schweine gehalten worden seien. Die tatsächliche Erhöhung der Geruchszahl durch den nunmehrigen Projektgegenstand sei viel höher als die angenommene. Es handle sich um eine schleichende Erhöhung der Geruchszahl. Auch im Umfeld liege dieselbe Entwicklung vor, dass nämlich seinerzeit nicht bewilligte Gebäude als bewilligt angenommen und ohne Prüfung ihrer ursprünglichen Verwendung als ortsübliche Schweineställe beurteilt würden. Im Übrigen hätten sich die Gutachter auf das ortsübliche Ausmaß der Immissionen beschränkt, während das zweite relevante Kriterium, nämlich die Zumutbarkeit der zusätzlichen Geruchsimmissionen, weitgehend unbeachtet geblieben sei. Es sei von den Gutachtern nicht darauf eingegangen worden, wie sich die Erhöhung der Geruchszahl auf die Beurteilung der Zumutbarkeit im Sinne des § 114 Abs. 4 Stmk. BauG auswirken könnte. Der technische Gutachter übergehe gänzlich, dass eine weitergehende ausführliche Beurteilung der Zumutbarkeit, wie sie von § 114 Abs. 4 Stmk. BauG ausdrücklich vorgeschrieben werde, jedenfalls erforderlich gewesen wäre. Damit sei auch das medizinische Gutachten unvollständig, da dieses auf dem immissionstechnischen Gutachten aufbaue.

§ 26 Abs. 1 Stmk. BauG idF vor den Novellen LGBl. Nr. 49/2010 und Nr. 13/2011 lautet:

"§ 26

Nachbarrechte

(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlicherechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem

Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen
Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6.
die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Gemäß § 40 Abs. 1 Stmk. BauG gelten bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, als rechtmäßig, wenn sie vor dem errichtet wurden.
Gemäß § 23 Abs. 5 lit. f Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974 sind Dorfgebiete Flächen, die vornehmlich für Bauten land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in verdichteter Anordnung bestimmt sind, wobei auch Wohngebäude und Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner dienen, errichtet werden können.
Die Baulandkategorie Dorfgebiet gewährt keinen Immissionsschutz, sodass ein Nachbarrecht gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG nicht besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/06/0119).
Die vom Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen betreffend Geruchsbelästigungen sind aber als Einwendungen im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG zu sehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0295).
§ 13 Abs. 12 Stmk. BauG in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 lautet:

"(12) Lässt der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten oder ist dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich, hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben."

Mit der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 erhielt § 13 Abs. 12 Stmk. BauG folgenden Wortlaut:

"(12) Lässt der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine unzumutbare oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarn erwarten oder ist dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich, hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben."

Mit der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 wurden ferner dem § 114 Stmk. BauG die Absätze 2 bis 4 angefügt, wobei gemäß Abs. 2 Z. 2 unter anderem Nachbarn durch Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung, Gestank oder Lästlinge bei landwirtschaftlichen Betriebsanlagen nicht unzumutbar oder das ortsübliche Ausmaß übersteigend belästigt werden dürfen. Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des Abs. 2 zumutbar sind, ist gemäß § 114 Abs. 4 Stmk. BauG in der Fassung der genannten Novelle danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen auswirken.

Dem Beschwerdeführer war bereits seit dem Gutachten vom bekannt, dass der vorhandene Bestand auf der Liegenschaft der Bauwerber teilweise als im Sinne des § 40 Abs. 1 Stmk. BauG rechtmäßig angesehen wurde. Er hat die diesbezüglichen Sachverhaltsgrundlagen im Verwaltungsverfahren nicht bestritten, sondern lediglich in seiner Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom ausgeführt, dass es bezüglich der bisherigen Geruchszahl "keine objektiven Bewilligungsbescheide" gebe. Dem Beschwerdevorbringen, dass im Zusammenhang mit der bestehenden Immissionsbelastung zu Unrecht von rechtmäßigen Bauten im Sinne des § 40 Abs. 1 Stmk. BauG ausgegangen worden sei, weil nicht feststehe, dass seinerzeit eine Schweinehaltung (und gegebenenfalls mit welcher Belegung) vorgelegen sei, steht daher das vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot entgegen.

Wenn sich der Beschwerdeführer auf § 114 Abs. 4 Stmk. BauG bezieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung, die Belästigungen aus landwirtschaftlichen Betriebsanlagen regelt, erst mit der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 eingeführt wurde. § 114 Abs. 2 bis 4 Stmk. BauG in der Fassung dieser Novelle sind gemäß § 120a Abs. 9 Stmk. BauG (in der Fassung dieser Novelle) mit in Kraft getreten. Gemäß § 119g Stmk. BauG (in der Fassung der genannten Novelle) sind die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle anhängigen Verfahren aber nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen.

§ 114 Abs. 2 bis 4 Stmk. BauG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 kommen daher im vorliegenden Verfahren nicht zur Anwendung. Auch § 13 Abs. 12 Stmk. BauG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 kommt daher im vorliegenden Verfahren nicht zum Tragen.

Wenn auch die Flächenwidmung "Dorfgebiet" keinen Immissionsschutz vorsieht, kommt einem Nachbarn allerdings im Ergebnis gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG ein gewisser Immissionsschutz zu, der unabhängig von der Flächenwidmung gegeben ist. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass ein Schweinestall in der Widmungskategorie "Dorfgebiet" grundsätzlich zulässig ist, muss der Begriff des ortsüblichen Ausmaßes von Immissionen im Sinne des örtlich zumutbaren Ausmaßes von Immissionen verstanden werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/06/0125). Als ortsübliches Ausmaß ist das gemessen an der Widmung (hier: Dorfgebiet) örtlich zumutbare Maß an Immissionen ausschlaggebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0279).

Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass sich auch dann, wenn die Schweinehaltung ganz allgemein und auch ein Betrieb der gegenständlichen Größenordnung in der Gemeinde ortsüblich ist und auch im Hinblick auf die Geruchszahl als ortsüblich angesehen werden kann, trotzdem auf Grund besonderer Umstände, wie auf Grund der konkreten räumlichen Gegebenheiten in Bezug auf die Nachbarschaft, Belästigungen oder eine Gefährdung ergeben können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0137).

Grundsätzlich ist zur Frage der Ortsüblichkeit davon auszugehen, dass sich diese nicht allein aus dem Umstand, dass Schweinehaltung schlechthin im gegenständlichen Gebiet üblich ist, ergibt. Sie ist vielmehr schon dann zu bejahen, wenn auch an anderer Stelle des Beurteilungsgebietes eine im Großen und Ganzen aus dem Blickwinkel des Schutzes der Interessen von Nachbarn vergleichbare Immissionsbelastung rechtmäßigerweise besteht. Dies wird etwa dann anzunehmen sein, wenn bereits ein Betrieb mit vergleichbaren nachbarrelevanten Geruchsimmissionen aus bau- und raumordnungsrechtlicher Sicht rechtmäßig vorhanden ist. Dies wird aber auch dann anzunehmen sein, wenn die rechtmäßig bestehende Immissionsbelastung über das in der Widmung Dorfgebiet zulässige Ausmaß an Geruchsimmissionen hinausgeht und die zusätzlichen projektbedingten Immissionen dieses Istmaß an Geruchsimmissionen unberührt lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/06/0081).

Innerhalb von Landwirtschaftszonen, in denen landwirtschaftliche Nutztierhaltung grundsätzlich zulässig ist, ist die Beurteilung des Ausmaßes der Geruchsimmissionen nach der Vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen vom Dezember 1995 auf Grund einer vergleichenden Standortbewertung vorzunehmen. Anhand der widmungsbedingten typischen und üblichen Auswirkungen der Nutztierhaltung in Landwirtschaftszonen werden nach dieser Richtlinie mit Hilfe dieses qualitativen Kriteriums die zu erwartenden Immissionen beurteilt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0279; zur Heranziehbarkeit dieser Richtlinie vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/06/0095, und vom , Zl. 2006/06/0170).

Ausgehend von der dargestellten hg. Judikatur ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides in Zweifel zu ziehen. Besondere Umstände, die trotz Ortsüblichkeit der Schweinehaltung im Dorfgebiet und von den Sachverständigen genannten vorhandenen Vergleichsbetrieben den Nachbarn in seinem geltend gemachten Recht verletzen könnten, liegen nicht vor und werden von ihm auch nicht dargelegt. Im Gegenteil wurde von den Sachverständigen besonders darauf hingewiesen, dass die Abluftschächte mit ihrer Höhe und ihrer Ausblasegeschwindigkeit eine Verdünnung der geruchsbeladenen Abluft bewirkten, und verhinderten, dass im Nahebereich der Hofstelle geruchsbelastete Luft in bodennahe Schichten gelangte. Es sind ferner das Ist-Maß der Emissionen und das Prognosemaß hinsichtlich des künftigen Bestandes von den Sachverständigen dargelegt worden, einschließlich der Belästigungsgrenzen bzw. Geruchsschwellen. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, das die genannten Äußerungen der Sachverständigen in Frage stellt. Dass es entgegen seiner Ausführungen im vorliegenden Fall nicht auf § 114 Abs. 2 bis 4 Stmk. BauG idF der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 ankommt, wurde bereits erwähnt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am