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VwGH vom 22.11.2005, 2005/05/0255

VwGH vom 22.11.2005, 2005/05/0255

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde

1. der Friederike Blüml und 2. des Rudolf Blüml, beide in Kremsmünster, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR- 013537/2-2005-Ri/Vi, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Kremsmünster), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer haben mit Eingabe vom die beabsichtigte Ausführung der Errichtung eines Pkw-Abstellplatzes mit einer abgrenzenden Stützmauer im Bereich ihres Wohnhauses in Kremsmünster auf einem ihnen gehörigen Grundstück angezeigt. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde gemäß § 25a Abs. 1a unter Hinweis auf § 35 Abs. 2 O.ö. Bauordnung 1994, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, festgestellt, dass gegen die Ausführung dieses Bauvorhabens kein Einwand besteht, wenn die in der Niederschrift vom enthaltenen Bedingungen und Auflagen eingehalten werden. Das Bauvorhaben wurde in der Niederschrift vom näher beschrieben. Es handelt sich um einen asphaltierten Pkw-Abstellplatz mit einer Fläche von 120 m2. Zur Abgrenzung dieser Abstellfläche sollte projektsgemäß entlang der östlichen Grundgrenze eine Stützmauer mit einer Länge von 14,40 m und einer Höhe von ca. 1,40 m errichtet errichtet werden. Im Anschluss an diese Mauer war auf Höhe des Kellergeschosseinganges eine weitere Stützmauer mit einer Länge von 12,85 m und einer Höhe von 2,35 m vorgesehen. Zur Aufschließung des Hauszuganges war eine Stahlbetonstiege projektiert.

Der zuständige Bauamtsleiter der mitbeteiligten Marktgemeinde hat in einem Aktenvermerk vom festgehalten, dass im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführer ein Carport mit einer Fläche von ca. 90 m2 zugebaut worden ist.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde den Beschwerdeführern gemäß § 49 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, aufgetragen, innerhalb von vier Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides um die Erteilung der Baubewilligung für den konsenslos errichteten Zubau anzusuchen, widrigenfalls innerhalb einer weiteren Frist von acht Wochen die konsenslos errichtete Baumaßnahme zu entfernen oder der frühere Zustand wieder herzustellen ist.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, dass die Baubehörde zwar richtig festgestellt habe, dass es sich bei dem Bau um die Errichtung eines Carports handle; diese bauliche Anlage sei jedoch nicht als Gebäude zu qualifizieren. Der Abstellplatz, welcher mit einem Schutzdach versehen worden sei, stelle keine raumbildende Anlage dar und sei daher keine bewilligungspflichtige Baumaßnahme. Da kein allseits umschlossener Raum gebildet worden sei, liege auch kein Bau im Sinne des § 24 Abs. 1 Z. 2 O.ö. Bauordnung 1994 vor. Die Überdachung der Abstellfläche sei weder baubewilligungspflichtig, noch sei hiefür eine Bauanzeige erforderlich.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Ergänzend stellte die Berufungsbehörde fest, dass anlässlich eines Ortsaugenscheines am noch keinerlei bewilligungspflichtige Baumaßnahmen festgestellt und noch keine baulichen Anlagen vorgefunden worden seien, die auf die Errichtung eines Carports hingedeutet hätten. Es seien lediglich Umfassungsmauern (Stützmauern) für die bauliche Abgrenzung eines Pkw-Abstellplatzes errichtet gewesen. Es sei davon auszugehen, dass das gegenständliche Carport in den darauf folgenden Wochen nach dem bzw. etwa in den Monaten November 2003 bis Jänner 2004 errichtet worden sei. Das nunmehr errichtete Carport habe eine überdachte Fläche von ca. 90 m2 und weise einen unsymmetrischen Grundriss auf. In Nord-Südrichtung sei die Außenmauer ca. 9,30 m lang, die Breite (Gebäudeerstreckung West-Ost) betrage im Gebäudemittel ca. 8,60 m. An der ostseitigen Grundgrenze betrage die Gebäudelänge inklusive Außenmauer ca. 11,30 m. Ausgehend von den festgestellten Ausmaßen sei von einer baubehördlichen Bewilligungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 O.ö. Bauordnung 1994 auszugehen, weil der Bau geeignet sei, schädliche Umwelteinwirkungen herbeizuführen bzw. das Orts- und Landschaftsbild zu stören.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden. Offenkundig sei, dass für die werkgerechte Herstellung des gegenständlichen Objektes fachtechnische Kenntnisse erforderlich seien; das Carport sei somit als Bau im Sinne des § 2 Abs. 2 O.ö. Bautechnikgesetz zu qualifizieren. Es fehle in den oberösterreichischen Bauvorschriften zwar eine ausdrückliche gesetzliche Definition des Begriffs "Carport". Darunter sei aber jedenfalls auch ein mit einem Schutzdach versehener Abstellplatz im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. Bautechnikgesetz zu verstehen. Auf Grund der festgestellten Größe und der Ausführung des beschwerdegegenständlichen Carports sei davon auszugehen, dass dieses geeignet sei, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 2 Z. 36 O.ö. Bautechnikgesetz herbeizuführen. Die von einem Carport der vorliegenden Dimension und konkreten Ausführung aus dem Gesichtspunkt seiner Standfestigkeit ausgehende abstrakte Eignung, Gefahren für Menschen herbeizuführen, sei gegeben. Auch sei ein Bau dieser Größenordnung und Ausführung grundsätzlich abstrakt geeignet, das Orts- und Landschaftsbild zu stören. Für die Frage der Bewilligungspflicht nach § 24 Abs. 1 Z. 2 O.ö. Bauordnung 1994 komme es allein auf die abstrakte Eignung des Baus an, die beschriebenen Gefahren herbeizuführen, oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie vertreten in ihrer Beschwerde die Rechtsauffassung, dass für den vom Bauauftrag erfassten Bau auch keine Bewilligungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 O.ö. Bauordnung 1994 bestehe. Es bestünden keinerlei konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das Carport geeignet wäre, "schädliche Umwelteinwirkungen" herbeizuführen. Hiefür fehlten auch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen. Es erscheine geradezu denkunmöglich, derartige schädliche Umwelteinwirkungen durch den Bau anzunehmen. Es liege für die gegenständliche Fläche eine rechtskräftige Baubewilligung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vor. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die gegenständliche Fläche zwar zum Abstellen von Kraftfahrzeugen verwendet werden dürfe, die Errichtung eines Carports aber unzulässig sein soll. Durch die Errichtung des Carports werde die Möglichkeit, auf der gegenständlichen Fläche Kraftfahrzeuge abzustellen, nicht erweitert. Schon auf Grund der Situierung der Liegenschaft der Beschwerdeführer könnten schädliche Umwelteinwirkungen durch das Carport ausgeschlossen werden. Die Liegenschaft sei nämlich einerseits von Wald andererseits von einem unbebauten Feld umgeben. Im Übrigen grenze die Liegenschaft an eine öffentliche Verkehrsfläche und an ein unbebautes Grundstück. Die angrenzenden Nachbarn hätten keinerlei Einwendungen erhoben. Die Behörden hätten keine Ermittlungen für ihre Annahme, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch das Carport herbeigeführt werden könnten, durchgeführt. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2000/05/0081, sei die Bewilligungspflicht von Carports der hier zu beurteilenden Art verneint worden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 70/1998, (Oö. BauO) bedarf, sofern die §§ 25 und 26 leg. cit. nichts anderes bestimmen (diese Paragraphen betreffen die anzeigepflichtigen und bewilligungsfreien Vorhaben), die Errichtung und wesentliche (umbaugleiche) Änderung sonstiger Bauten über oder unter der Erde, die auf Grund ihrer Verwendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen herbeizuführen oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören, einer Baubewilligung.

Gemäß § 2 Z. 2 Oö. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 67/1994, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 103/1998, (Oö. BauTG) ist ein Bau eine bauliche Anlage, zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind.

Gemäß § 2 Z. 36 leg. cit. sind schädliche Umwelteinwirkungen Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im Besonderen für die Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen.

Wie im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0081, handelt es sich bei der hier zu beurteilenden baulichen Anlage um ein Carport (überdachte Pkw-Abstellfläche), die zumindest an einer Seite offen ist. Zutreffend gingen daher die Behörden davon aus, dass dieser Bau weder als eine Garage (gemäß § 2 Z. 19 Oö. BauTG ein Gebäude(-teil), das (der) überwiegend zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt ist) noch als ein Gebäude (gemäß § 2 Z. 20 Oö. BauTG ein begehbarer überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Meter) zu qualifizieren ist, weil ein Gebäude im Sinne der Definition des Oö. BauTG ein allseits umschlossener Raum sein muss (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0081).

Das als Bau zu qualifizierende Carport ist gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 Oö. BauO dann bewilligungspflichtig, wenn zu dessen werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind und seine Errichtung auf Grund der Verwendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung geeignet ist, schädliche Umwelteinwirkungen herbeizuführen oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören. (Der hier zu beurteilende Bau lässt sich keinen der in § 25 Oö. BauO als anzeigepflichtig genannten Bauvorhaben und auch nicht den in § 26 Oö. BauO als bewilligungs- und anzeigefrei genannten Bauvorhaben zuordnen.)

Bei der Beurteilung des Erfordernisses der fachtechnischen Kenntnisse zur werkgerechten Herstellung eines Baus kommt es nicht auf die subjektiven Fachkenntnisse des Bauführers an, sondern darauf, ob die werkgerechte Errichtung der baulichen Anlage objektiv das Vorliegen eines wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse bzw. fachtechnischer Kenntnisse verlangt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0092). Für die werkgerechte Herstellung eines Carports der hier zu beurteilenden Art sind fachtechnische Kenntnisse offenkundig schon deshalb als erforderlich anzusehen, weil bei nicht werkgerechter Herstellung Einsturzgefahr besteht und sohin eine Gefährdung von Personen und Sachen nicht auszuschließen ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/05/0139, und vom , Zl. 2004/05/0111). Im Hinblick auf die Offenkundigkeit des Erfordernisses fachtechnischer Kenntnisse zur werkgerechten Herstellung des Objektes bedurfte es im Beschwerdefall hiezu keines Beweises durch Sachverständige (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/10/0001).

Im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0239, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits näher begründet ausgeführt, dass in der im § 2 Z. 36 Oö. BautechnikG enthaltenen Definition des Begriffes Umwelteinwirkungen auch die Frage der Standfestigkeit des Baus enthalten ist. Die Behörden konnten daher im Beschwerdefall unbedenklich davon ausgehen, dass unter dem Blickwinkel der Umwelteinwirkungen gemäß § 2 Z. 36 Oö. BautechnikG vom beschwerdegegenständlichen Bauvorhaben wegen der zu fordernden Standfestigkeit und möglichen Einsturzgefahr Gefahren für Menschen ausgehen können, die die Bewilligungspflicht von Bauvorhaben gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 Oö. BauO indizieren. Auch ist es keinesfalls von vornherein ausgeschlossen, dass das hier zu beurteilende Carport das Orts- und Landschaftsbild stören kann. Zutreffend sind daher die Behörden von einer Bewilligungspflicht der hier zu beurteilenden baulichen Anlage gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 Oö. BauO ausgegangen.

Für die Frage der Bewilligungspflicht nach § 24 Abs. 1 Z. 2 Oö. BauO kommt es nur darauf an, ob der zu beurteilende Bau geeignet ist, die vom Gesetz für die Bewilligungspflicht geforderten Tatbestandsmerkmale (hier: Herbeiführung schädlicher Umwelteinflüsse oder Störung des Orts- und Landschaftsbildes) herbeizuführen. Ob der Bau tatsächlich schädlich ist oder das Orts- und Landschaftsbild stört oder nicht, ist erst im Baubewilligungsverfahren zu prüfen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0239).

Im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0081, hat der Verwaltungsgerichtshof nur ausgeführt, dass ein Carport nicht als (Neben-)Gebäude zu qualifizieren ist. Die Frage der Bewilligungspflicht eines Carports nach § 24 Abs. 1 Z. 2 Oö. BauO war nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

Stellt aber die Baubehörde wie im Beschwerdefall fest, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wurde, hat sie gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen oder gegebenenfalls den vorigen Zustand wieder herzustellen.

Der auf § 49 Abs. 1 Oö. BauO gestützte Bauauftrag, der den Beschwerdeführern auch die Möglichkeit eingeräumt hat, nachträglich eine Baubewilligung zu beantragen, erweist sich somit als frei von Rechtsirrtum.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am