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VwGH vom 28.04.2006, 2005/05/0070

VwGH vom 28.04.2006, 2005/05/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Hertha Polster in Wien, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rathausstraße 13, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 113/03, betreffend Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 381,90 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, den Eigentümern der Baulichkeit auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien 9 gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) folgenden Auftrag:

"Sämtliche ohne baubehördlicher Bewilligung durchgeführten baulichen Abänderungen, nämlich das Aufstellen und Abtragen von Scheidewänden, das Ausbrechen und Abmauern von Türöffnungen, den Einbau von sämtlichen Dachflächenfenstern, sowie das Herstellen einer internen gewendelten Stiege mit einem durch eine Lichtkuppel abgedeckten Dachausstieg und das Anbringen eines Holzlattenrostes samt Geländer am hofseitig gelegenen Holzzementdaches, in den Räumen (3 Bodenräume, 1 Rollkammer, 1 Bügelzimmer, 1 Vorzimmer, 1 Abort und 2 Ateliers) im Dachgeschoss des an der hinteren Grundgrenze gelegenen Hoftraktes sind zu beseitigen und ist das Dach (Holzzement- und Falzziegeldach) wieder ordnungsgemäß herzustellen, sodass das gesamte Dachgeschoss des Hoftraktes wieder den bei der Baubehörde (MA 37/9) aufliegenden Konsensplänen und dem zugehörigen Baubescheid vom , Zl.: M. Abt. XIV - 1811/07 zur Gänze entspricht.

Die Maßnahmen sind binnen 6 Monate nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als Miteigentümerin der gegenständlichen Baulichkeit als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass im Spruch nach der Wendung "ohne baubehördlicher Bewilligung" die Wendung "bzw. ohne Bauanzeige" eingefügt wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, durch die Baumaßnahmen seien das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes sowie die Raumeinteilungen und Raumwidmungen verändert worden, sodass eine Bewilligung bzw. eine Kenntnisnahme einer Bauanzeige für die Veränderungen innerhalb des Wohnungsverbandes zu erwirken gewesen wäre. Das Baubewilligungsverfahren sei ein Projektgenehmigungsverfahren, in welchem es nicht darauf ankomme, welcher Zustand auf dem Grundstück bestehe, sondern darauf, welcher Zustand nach Verwirklichung des Projektes herbeigeführt werden solle. Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Bauauftrages zur Beseitigung von Konsenswidrigkeiten könne nur der Konsens, also der Bewilligungsbescheid samt den einen Bescheidbestandteil bildenden Einreichplänen, sein. Abweichungen von diesem Konsens seien vom gegenwärtigen (Mit-)Eigentümer zu beseitigen, unabhängig davon, ob dieser den Bau bereits in einem konsenswidrigen Zustand übernommen habe. Ein anhängiges Gerichtsverfahren, welches die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung einer Miteigentümerin und damit das Einreichen um nachträgliche baubehördliche Bewilligung bezwecke, rechtfertige nicht die Behebung eines Bauauftrages. Die Beschwerdeführerin habe nicht bestritten, dass die im erstinstanzlichen Bescheid angeführten baulichen Maßnahmen im beschriebenen Umfang ohne die erforderliche Baubewilligung bzw. Kenntnisnahme einer Bauanzeige durchgeführt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In ihrer Darstellung des Sachverhaltes bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe unter Vorlage der notwendigen Baupläne und unter Hinweis auf die Eigentumsverhältnisse und mit der Zustimmung der Eigentümer, mit Ausnahme der Minderheitseigentümerin Dr. DI S., den Antrag auf Baubewilligung gestellt. Nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am sei die beantragte Baubewilligung nicht erteilt, sondern ein "vorschriftswidriger Bau festgestellt" worden. Die Beschwerdeführerin erachtet den angefochtenen Bescheid deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde nicht festgestellt habe, inwieweit eine Bauführung "ohne baubehördliche Bewilligung" oder eine Bauführung "ohne Bauanzeige" vorliege. Die belangte Behörde hätte dazu auf die Einwendungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Notwendigkeit der Feststellung des Zustandes vom eingehen müssen. Die Beschwerdeführerin vertritt offenbar die Auffassung, dass ihr die belangte Behörde vor Bestätigung des gegenständlichen Auftrages die Möglichkeit hätte einräumen müssen, die fehlende Baubewilligung bzw. Bauanzeige nachträglich zu erwirken. Die Beschwerdeführerin hätte ausreichend belehrt werden müssen, damit sie die entsprechenden Anträge hätte einbringen können. Zudem wäre die belangte Behörde dazu verhalten gewesen, den Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung in eine Bauanzeige umzudeuten. Die belangte Behörde habe insbesondere nicht berücksichtigt, dass das gegenständliche Bauansuchen nur deswegen nicht bewilligt worden sei, weil die Zustimmung der Minderheitseigentümerin Dr. DI S. zur nachträglichen Baubewilligung nicht vorgelegen sei. Diese Zustimmung sei aber durch das Abstimmungsergebnis der Eigentümerversammlung vom ersetzt worden.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Sachverhaltsdarstellung auf ihr bisheriges Vorbringen, insbesondere im Berufungsverfahren, verweist und dieses zum Beschwerdeinhalt erhebt, ist ihr zunächst zu entgegnen, dass ein solcher Verweis nicht zulässig ist. Verweisungen auf den Inhalt eines in einem anderen Verfahren - insbesondere im Verwaltungsverfahren - eingebrachten Schriftsatzes stellen keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG dar und sind daher unbeachtlich (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom ; Zl. 93/13/0040).

Mit ihrem übrigen Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin offenbar, dass das Baubewilligungsverfahren und das Bauauftragsverfahren zwei voneinander getrennte Verfahren sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/0446). Im Beschwerdefall ist lediglich die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages gegenständlich, nicht aber die Bewilligungsfähigkeit der durchgeführten baulichen Maßnahmen.

Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) in der hier maßgebenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 41/2005 ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen.

Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 BO ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den aber ein solcher Konsens nicht vorliegt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0075). Bei Abweichungen von den Bauvorschriften können nach § 129 Abs. 10 BO Bauaufträge sowohl für bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige als auch bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0011). Mit anderen Worten setzt die Anwendung des § 129 Abs. 10 BO nicht einen bewilligungspflichtigen Bau voraus (anders zur Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0341) und ist eine bauliche Änderung auch dann als konsenswidrig zu qualifizieren, wenn sie ohne erforderliche Kenntnisnahme einer Bauanzeige erfolgte. Somit ergibt sich aber, dass es bei der Erteilung von Bauaufträgen nicht auf eine Differenzierung ankommen kann, ob für bauliche Maßnahmen eine Baubewilligung oder die Kenntnisnahme einer Bauanzeige erforderlich gewesen wäre, weshalb das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin ins Leere geht. Da es nach dem zuvor Gesagten für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Bauauftrages auf die Erforderlichkeit des Konsenses ankommt, vermag die Beschwerdeführerin auch mit ihrem Vorbringen zur unterlassenen Feststellung des Zustandes der Baulichkeit am eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun; dass dieser Zustand bewilligt gewesen wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nämlich nicht.

Ferner ist im baupolizeilichen Auftragsverfahren gemäß § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen, ob die Möglichkeit der Erwirkung einer nachträglichen Bewilligung oder Kenntnisnahme besteht, weshalb schon deshalb die belangte Behörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Zustimmung der Miteigentümer für ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren nicht zu berücksichtigen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0023).

Die belangte Behörde war auch nicht verpflichtet, der Beschwerdeführerin vor Erteilung des Bauauftrages die Möglichkeit einzuräumen, ein Baubewilligungsansuchen zu stellen bzw. eine Bauanzeige einzubringen. Selbst ein allfälliges noch nicht bescheidmäßig erledigtes entsprechendes Baubewilligungsgesuch bzw. eine noch nicht zur Kenntnis genommene Bauanzeige hätte die Erlassung des Auftrages nicht gehindert, wohl aber könnte ein solcher Auftrag während der Anhängigkeit eines derartigen Ansuchens um nachträgliche Bewilligung bzw. Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht vollstreckt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0279, mwN, sowie das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Soweit das Vorbringen der Beschwerdeführerin auf eine Verletzung der Manuduktionspflicht gerichtet ist, genügt es ihr zu entgegen, dass sie bereits im Verwaltungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten war und die Manuduktionspflicht iSd des § 13a AVG somit nicht verletzt sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/07/0166).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am