VwGH vom 21.01.2015, 2012/10/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des S B in W, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. N-106069/10-2012-Hag/Gre, betreffend naturschutzrechtlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auf, den gesetzmäßigen Zustand auf dem näher bezeichneten Grundstück durch die Entfernung eines Bauwagens (Container auf Rädern) mit den Außenabmessungen von 7 m x 2,5 m bis wiederherzustellen.
Begründend führt die belangte Behörde aus, dass das gegenständliche Grundstück im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen sei. Wie sich aus dem erstinstanzlichen Verfahren ergäbe, habe sich auf dem gegenständlichen Grundstück früher ein Hüttenbauwerk befunden, welches jedoch entfernt worden sei. Etwa im Jahr 2006 sei ein ehemaliger Bauwagen (Container auf Rädern) mit den Außenabmessungen 7 m x 2,5 m auf dem ehemaligen Standplatz der Hütte aufgestellt worden. Um diesen Containerwagen herum sei nach den vom beigezogenen Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz angefertigten Fotos bereits ein Bewuchs feststellbar. Der Baucontainer sei zwar durch das Entfernen des "Aufbockens" und der Bremsklötze jederzeit wieder mobil zu machen, eine tatsächliche Fahrbewegung in den vergangenen Jahren habe jedoch nicht festgestellt werden können, auf eine dauernde Aufstellung lasse auch der vorhandene Bewuchs um den Container schließen. Unter Verweis auf die hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/06/0084) stelle die Aufstellung eines Containers nach der Oberösterreichischen Bauordnung (Oö. BauO) die Errichtung eines Gebäudes dar, für welches eine Baubewilligung im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 1 Oö. BauO erforderlich sei. Gemäß der zitierten Gesetzesbestimmung sei es für die Bewilligungspflicht auch ohne Belang, für welche Dauer und für welchen Zweck das Bauvorhaben bestimmt sei, sowie, ob eine feste Verbindung mit dem Boden geschaffen werde. Auch unabhängig davon, ob der Container für Lager- oder Wohnzwecke verwendet werde, liege ein bewilligungspflichtiges Gebäude vor. Es sei somit der Tatbestand des § 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 erfüllt und wäre daher die Aufstellung des Containerwagens der Behörde anzuzeigen gewesen.
Dem Gutachten des Sachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz sei eindeutig zu entnehmen, dass der Containerwagen aufgrund des Standortes inmitten einer ansonsten agrarisch geprägten Landschaft mit kleinen Waldgebieten, Bachufergehölzen sowie zahlreichen Teichanlagen einen wesentlichen, anthropogen geprägten Eingriff in das Landschaftsbild darstelle. Die den Containerwagen umgebenden kleineren Gehölze repräsentierten keine effektive Sichtschutzwirkung, vordringlich nicht im Winterhalbjahr, wenn die Laubgehölze keine Belaubung aufwiesen. Wäre dieser Containerwagen nicht vorhanden, ergäbe sich aus der Distanz betrachtet das Bild einer kleinen Waldinsel um den bestehenden Fischteich, wobei die zahlreichen Einbauten und vorhandenen Objekte zumindest partiell optisch durch den Gehölzbestand abgeschirmt werden würden, da sie auch von bedeutend geringerer Dimension als der Containerwagen wären. Der intensiv grün gestrichene Containerwagen beeinträchtige das lokale Landschaftsbild wesentlich und stelle einen deutlich wahrnehmbaren anthropogenen Fremdkörper dar. Selbst unabhängig von einer anderen Farbgebung würde dieser geometrische Bau als Fremdkörper wirken. Ein wesentlicher Eingriff in das Landschaftsbild sei somit gegeben. Laut der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Stellungnahme des fischereifachlichen Amtssachverständigen handle es sich beim verfahrensgegenständlichen Fischteich um eine ausgesprochene Hobbyteichanlage, welche zudem nicht im Rahmen von landwirtschaftlichen Betrieben fischereilich genutzt werde. Die Ertragslage des Teiches sei als so gering einzustufen, dass ein Hüttenobjekt für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung weder für nötig erachtet werde, noch im Hinblick auf den geringen fischereilichen Ertrag als verhältnismäßig eingestuft werden könne.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung mit Beschluss vom , B 234/12-3, ablehnte und diese mit Beschluss vom , B 234/12-6, über nachträglichen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.
In der nach Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Beschwerdeführer replizierte darauf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 (Oö. NSchG 2001), LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl. Nr. 30/2010, haben folgenden Wortlaut:
"§ 6
Anzeigepflichtige Vorhaben und Verfahren
(1) Der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden sowie die Errichtung von Stützmauern und freistehenden Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,5 m
1. im Grünland (§ 3 Z 6) außerhalb von geschlossenen Ortschaften oder
...
sind - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - vor
ihrer Ausführung der Behörde anzuzeigen.
...
(3) Die Behörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Anzeige die Ausführung des Vorhabens zu untersagen, wenn das angezeigte Vorhaben den öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft (§ 14 Abs. 1 Z 1). Die Untersagungsfrist ist gewahrt, wenn die Behörde den Bescheid am letzten Tag der achtwöchigen Frist nachweisbar abfertigt, z.B. der Post zur Zustellung übergibt. Das Vorhaben ist nicht zu untersagen, wenn der Anzeigende öffentliche oder private Interessen glaubhaft macht, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.
...
§ 58
Besondere administrative Verfügungen
(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.
(2) Von Verfügungen gemäß Abs. 1 ist Abstand zu nehmen, wenn das Vorhaben nur unwesentlich von der Bewilligung oder der Anzeige oder einem gemäß § 6 Abs. 4 erlassenen Bescheid abweicht.
(3) Trifft eine Verpflichtung gemäß Abs. 1 nicht den Grundeigentümer, hat dieser die zu ihrer Erfüllung notwendigen Maßnahmen zu dulden.
(4) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Behörde auch die unverzügliche Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bescheidmäßig verfügen.
(5) Die Abs. 1 bis 4 sind sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild oder in den Naturhaushalt gemäß §§ 9 oder 10 und bei verbotenen Werbeeinrichtungen gemäß § 13 anzuwenden."
Der angefochtene Bescheid geht - zusammengefasst - von der Annahme aus, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Container um ein "Gebäude" handle, dessen Aufstellung der Behörde gemäß § 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 anzuzeigen gewesen wäre. Gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz kam die Behörde zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer durch die Aufstellung des beschriebenen Containerwagens ein Gebäude iSd § 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 errichtet und dadurch einen wesentlichen Eingriff in das Landschaftsbild verursacht habe, wobei der Beschwerdeführer keine öffentlichen oder privaten Interessen glaubhaft habe machen können, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen würden, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass eine Bewirtschaftung des Teiches keine baulichen Anlagen erfordere.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass die Aufstellung eines Bauwagens (mobiler Container), der über Achsen und Räder verfüge und "jederzeit beweglich" sei, nicht als "Neubau eines Gebäudes" iSd § 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 zu verstehen sei. Das Abstellen von Fahrzeugen sei vielmehr unter § 5 Z 17 Oö. NSchG 2001 einer "eigenen, speziellen Regelung" unterworfen.
Dem ist Folgendes zu entgegnen: Einer Bewilligungspflicht unterliegen gemäß § 5 Z 17 Oö. NSchG 2001 außerhalb von genehmigten Campingplätzen das Auf- und Abstellen von Verkaufswagen, Mobilheimen, Wohnwagen oder sonstigen Fahrzeugen, die für Wohnzwecke eingerichtet sind. Keine Bewilligung ist für solche Fahrzeuge erforderlich, die in einer Entfernung von bis zu 40 m von einem Wohngebäude sowie für Fahrzeuge, die im Rahmen einer Baustelleneinrichtung für die Dauer der Bauausführung auf- bzw. abgestellt werden.
Der vorliegende Sachverhalt lässt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers weder unter den Bewilligungsnoch unter den Ausnahmetatbestand subsumieren, dies auch deshalb, weil der Bauwagen dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers nach nicht für Wohnzwecke, sondern für die Bewirtschaftung seiner Fischereianlage verwendet wird. Da der gegenständliche Bauwagen von § 5 Z 17 Oö. NSchG 2001 nicht erfasst ist, fällt er nach Maßgabe der baurechtlichen Bestimmungen unter den Gebäudebegriff des § 2 Z 20 Oö. BauTG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0119). Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides kann daher aus der Nicht-Anwendung des § 5 Z 17 Oö. NSchG 2001 nicht abgeleitet werden.
Auch bei der rechtlichen Beurteilung der Frage, ob der gegenständliche Bauwagen als "Gebäude" der Anzeigepflicht des § 6 Oö. NSchG 2001 unterliegt, steht die belangte Behörde mit der hg. Rechtsprechung im Einklang: So hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit einem fahrbaren Doppelcontainer bereits ausgesprochen, dass es für eine Bewilligungspflicht gemäß § 24 Abs. 4 der Oö. BauO ohne Belang sei, für welche Dauer und für welchen Zweck das Bauvorhaben bestimmt sei und ob eine feste Verbindung mit dem Boden geschaffen werden solle. Eine feste Verbindung mit dem Boden (auch eine "kraftschlüssige" Verbindung) hat der Verwaltungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt eines entsprechend großen Gewichts bejaht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/10/0235, mwN). Im gegenständlichen Fall vertrat die belangte Behörde zwar die Ansicht, dass der Baucontainer durch "Entfernen des Aufbockens" und der Bremsklötze wieder mobil gemacht werden könne, eine tatsächliche Fahrbewegung habe in den vergangenen Jahren jedoch nicht festgestellt werden können; auch der vorhandene Bewuchs um den Container lasse auf eine dauerhafte Aufstellung schließen, was gleichfalls für eine feste Verbindung des gegenständlichen Baucontainers mit dem Boden spricht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0119).
Wenn der Beschwerdeführer kritisiert, dass die belangte Behörde seinem Antrag auf Einholung bzw. Ergänzung von Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass der gegenständliche Bauwagen keiner Genehmigungs- bzw. Anzeigepflicht im Sinne des Oö. NSchG 2001 unterliege, sowie zum Beweis dafür, dass der gegenständliche Bauwagen im Falle der Genehmigungsbzw. Anzeigepflicht tatsächlich genehmigungsfähig bzw. nicht zu untersagen wäre, nicht entsprochen habe, ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um von der Behörde zu beurteilende Rechtsfragen handelt, die einer gutachterlichen Beurteilung durch Sachverständige nicht zugänglich sind.
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die auf die Stellungnahme des fischereifachlichen Amtssachverständigen gestützte Feststellung der belangten Behörde wendet, dass es sich bei der Fischteichanlage des Beschwerdeführers um eine "Hobby-Anlage" handle und keine landwirtschaftliche Nutzung vorliege, ist ihm entgegenzuhalten, dass er dem Gutachten des Amtssachverständigen weder konkret, noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegentritt.
Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Beweisanträgen des Beschwerdeführers nicht entsprochen, wird schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil die Beschwerde es unterlässt, konkret darzulegen, zu welchen abweichenden Feststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Mängel andernfalls hätte kommen müssen.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am