VwGH vom 23.02.2018, Ra 2017/03/0015
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW- 103/040/7523/2015-11, betreffend Kostenersatz für das Einschreiten bei Selbstauslösung von akustischen Alarmanlagen (mitbeteiligte Partei: W V GmbH in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit mit ihm die Kostenvorschreibung nach § 5 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien, ABl. Nr. 49/1994, behoben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte ist Inhaberin einer von ihr in W, R-Straße 52, betriebenen Parfümerie, die mit einer akustische Signale abgebenden Alarmanlage gesichert ist. Am gegen 21.00 Uhr löste die Außensirene der Alarmanlage in Intervallen von etwa 5 Minuten wiederkehrend aus und erregte dadurch störenden Lärm, ohne dass eine Gefahr für das Eigentum der Mitbeteiligten bestanden hätte (es handelte sich um Fehlalarme). Von den einschreitenden Exekutivbeamten, die den Verantwortlichen des Geschäftslokals nicht erreichen konnten, wurde daraufhin die W Feuerwehr beigezogen, von der durch Abklemmen bzw. Durchtrennen eines Kabels der Alarm abgestellt wurde. Die dafür von der Feuerwehr ausgestellte Rechnung vom weist für diesen Einsatz an Kosten für ein "Rüstlöschfahrzeug" auf Basis einer Zeitdauer von 29 Minuten a EUR 7,90 einen Betrag von EUR 229,10 aus.
2 Mit Bescheid der Revisionswerberin vom wurde daraufhin der Mitbeteiligten (neben einem im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Pauschalbetrag für Fehlalarme nach § 92a SPG) gemäß § 5 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 49/1994 (i.d.F. auch Alarmanlagen-Verordnung), ein Betrag von EUR 229,10 als Kostenersatz vorgeschrieben.
3 Mit dem nun insoweit in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde statt und behob den Kostenausspruch (ersatzlos); die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
4 Das Verwaltungsgericht legte dieser Entscheidung - abgesehen von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - zu Grunde, dass beim gegenständlichen Einsatz die Beiziehung eines befugten Gewerbetreibenden "kein Thema" gewesen sei; gegen eine solche Beiziehung sprechende Umstände seien nicht hervorgekommen. Die Beiziehung eines Sicherheitstechnikunternehmens hätte - ausgehend von Ermittlungen des Verwaltungsgerichts - im gleichen Zeitausmaß zur Nachtzeit "zwischen rund 130 und 145 Euro gekostet". Der Einsatz der Feuerwehr erweise sich daher als "unverhältnismäßig": Durch die Formulierung in § 1 Z 2 der genannten Verordnung, worin die "Beiziehung sachkundiger Personen (z.B. befugte Gewerbetreibende, Pannendienste von Autofahrervereinigungen)" vorgesehen werde, habe der Verordnungsgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass in erster Linie "Experten aus dem privatwirtschaftlichen Bereich" heranzuziehen seien. Da es sich aber um eine demonstrative Aufzählung handle, sei der Einsatz der Feuerwehr nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Befinde sich etwa die Sirene an einem Ort, der nur durch eine besonders lange Leiter erreicht werden könne, komme der Einsatz der Feuerwehr in Frage. Die "vom Verordnungsgeber vorgegebene Priorität" sei daher im Ergebnis ohne Not missachtet worden. Dies wäre dann nicht weiter problematisch, wären die dadurch entstandenen Kosten in etwa gleich hoch gewesen, was aber nicht zutreffe. Hinzu trete, dass die in § 3 der Alarmanlagen-Verordnung vorgegebene Verpflichtung zur unverzüglichen Verständigung (grundsätzlich fernmündlich oder mündlich) unterlassen worden sei, wodurch die Mitbeteiligte über mehrere Wochen in Unkenntnis darüber gewesen sei, dass ihre Alarmanlage deaktiviert worden sei. Weil die Alarmanlagen-Verordnung "nicht entsprechend angewandt" worden sei, könne der Mitbeteiligten der Kostenersatz für den Feuerwehreinsatz nicht vorgeschrieben werden.
5 Die ordentliche Revision sei mangels Vorliegens von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich (soweit es die Kostenvorschreibung für den Feuerwehreinsatz betrifft) die vorliegende (außerordentliche) Revision mit dem Antrag, das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, in eventu es dahin abzuändern, dass der Mitbeteiligten die Kosten für den Feuerwehreinsatz in Höhe von EUR 229,10 vorgeschrieben würden.
7 Das Verwaltungsgericht legte die Revision unter Anschluss der Verfahrensakten vor.
8 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist aus dem in ihrer Zulässigkeitsbegründung geltend gemachten Grund (Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Zulässigkeit des Zuziehens der Feuerwehr bei einem Vorgehen nach § 1 Abs. 1 Z 2 der Alarmanlagen-Verordnung) zulässig; sie ist auch begründet.
10 Die Revisionsgründe machen - auf das Wesentliche zusammengefasst - Folgendes geltend:
11 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts normiere die Alarmanlagen-Verordnung, ausgehend vom Wortlaut der Regelung im Einklang mit den Erläuterungen des Normsetzers, keine "Priorität" der Beiziehung von "Experten aus dem privatwirtschaftlichen Bereich" gegenüber einer Befassung der Feuerwehr. Vielmehr ziele diese Verordnung darauf, Regelungen zu schaffen, um Belästigungen der Bevölkerung durch ausgelöste Alarmanlagen ehestmöglich hintanzuhalten bzw. so schnell und so sicher wie möglich abzustellen. Schon die gebotene Raschheit verlange primär den Einsatz der W Feuerwehr, könne doch durch deren Nachrichtenzentrale jene Besatzung zur Örtlichkeit beordert werden, die am schnellsten vor Ort sein könne. Die auf das Erfordernis einer Verhältnismäßigkeitsprüfung hinauslaufende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts führe zudem dazu, dass die einschreitenden Organe trotz der Zeitnot gezwungen wären, mehrere Vergleichsangebote möglichst in der Nähe befindlicher Unternehmen einzuholen. Die Praxis habe gezeigt, dass beigezogene Gewerbetreibende aus technischen Gründen gezwungen seien, nachträglich die Feuerwehr anzufordern, weil sie zum Abstellen der Hausalarmanlage in die Haus- bzw. Wohnhausanlage gelangen müssten. Von daher erweise es sich keineswegs als zielführend, generell ein Sicherheitstechnikunternehmen zum Abstellen der Hausalarmanlage anzufordern, könne doch damit nicht sichergestellt werden, dass ohne Beiziehung der Feuerwehr jedenfalls der Alarm erfolgreich abgestellt werden könne. Eine gegebenenfalls fehlende Verständigung des Geschäftsverantwortlichen nach § 3 der Verordnung (die hier aber ohnedies erfolgt sei) könne nicht den Entfall des Kostenersatzanspruchs bewirken. An dieses Vorbringen knüpft die Revisionswerberin - näher ausgeführte - Verfahrensrügen.
12 Dieses Vorbringen ist zielführend.
13 Die von der Revisionswerberin mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vorgenommene Kostenvorschreibung stützt sich auf die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend das Einschreiten bei Selbstauslösung von akustischen Alarmanlagen, ABl. Nr. 49/1994 i.d.F. ABl. Nr. 32/2012. Die maßgebenden Bestimmungen dieser Verordnung lauten:
"§ 1. (1) Den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes werden zur Beendigung einer durch selbstauslösende akustische Alarmanlagen (z B in Geschäftsräumlichkeiten, in Wohnhäusern, in Wohnungen, an Kraftfahrzeugen) hervorgerufenen störenden, für den Eigentumsschutz augenblicklich nicht oder nicht mehr erforderlichen Lärmerregung folgende Befugnisse eingeräumt:
1. den Eigentümer oder einen sonstigen
Verfügungsberechtigten der durch die Alarmanlage geschützten Sache, im Falle der Auslösung einer akustischen Alarmanlage an Kraftfahrzeugen den Zulassungsbesitzer unverzüglich zu verständigen und zur sofortigen Abstellung der Alarmanlage aufzufordern;
2. für den Fall, daß der Eigentümer oder sonstige
Verfügungsberechtigte der geschützten Sache (Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeugs) nicht aufgefordert werden konnte, oder er nicht die Möglichkeit hat, die Alarmanlage, mit welcher der Lärm erregt wird, rechtzeitig abzustellen, diese selbst abzustellen oder außer Betrieb zu setzen oder erforderlichenfalls durch Beiziehung sachkundiger Personen (z B befugte Gewerbetreibende, Pannendienste von Autofahrervereinigungen) abstellen oder außer Betrieb setzen zu lassen;
3. für den Fall, daß ein Außerbetriebsetzen (Z 2) nicht möglich ist oder unverhältnismäßige Kosten oder einen unverhältnismäßig hohen Schaden verursachen würde, die Entfernung der beweglichen Sache, an der die Alarmanlage angebracht ist, an einen anderen Ort zu veranlassen, an dem der von der Alarmanlage erzeugte Lärm voraussichtlich nicht als störend empfunden werden kann.
(2) Sofern dies zur Erfüllung der ihnen im Abs. 1 Z 2 und 3 eingeräumten Befugnisse erforderlich ist, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Grundstücke und Räume zu betreten. Sind diese versperrt, haben sie die Befugnis, diese zu öffnen oder öffnen zu lassen. Diese Befugnisse finden auf Kraftfahrzeuge und Wohnanhänger sinngemäß Anwendung.
§ 2. Eigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte der durch die Alarmanlage geschützten Sache (Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen), die von der Lärmerregung Kenntnis erlangt haben, sind verpflichtet, unverzüglich selbst für die Abstellung der Alarmanlage zu sorgen.
§ 3. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind, wenn sie die Außerbetriebsetzung der Alarmanlage oder die Entfernung des Gegenstandes, an dem die Alarmanlage angebracht ist, veranlaßt haben, verpflichtet, den Eigentümer der geschützten Sache, bei Kraftfahrzeugen den Zulassungsbesitzer unverzüglich zu verständigen. Die Verständigung hat grundsätzlich fernmündlich oder mündlich zu erfolgen. Ist die Verständigung auf diese Weise nicht möglich, so hat sie durch die Landespolizeidirektion Wien unverzüglich schriftlich zu erfolgen, falls eine Abgabestelle im Sinne des § 4 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 357/1990, bekannt ist oder ohne Schwierigkeiten ermittelt werden kann.
...
§ 5. Das Abstellen oder das Außerbetriebsetzen der Alarmanlage sowie das Entfernen und Aufbewahren von beweglichen Sachen erfolgt auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt der Lärmerregung Eigentümer der durch die Alarmanlage geschützten Sache, bei einem zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeug dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind über Aufforderung der Behörde vom Eigentümer der geschützten Sache (Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen) unbeschadet zivilrechtlicher Ersatzansprüche zu bezahlen. Wird die Bezahlung der Kosten verweigert, sind diese durch die Landespolizeidirektion Wien mit Bescheid vorzuschreiben."
14 In den Erläuterungen zu dieser Verordnung wird u. a. Folgendes ausgeführt:
"I. Allgemeiner Teil
In letzter Zeit vermehren sich die Fälle, in denen sich akustische Alarmanlagen in Gebäuden und Kraftfahrzeugen selbsttätig einschalten und dadurch eine störenden Lärmregung hervorgerufen wird.
Um Belästigungen der Bevölkerung zu vermeiden, besteht ein dringender Bedarf, für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Die Praxis der Bundespolizeidirektion Wien bestand in diesen Fällen bisher - ohne gesicherte Rechtsgrundlage - darin, die Feuerwehr oder in letzter Zeit, Pannendienste (ÖAMTC oder ARBÖ) zu verständigen, welche auf Kosten der Zulassungsbesitzer die Alarmanlage abstellten.
Diese Vorgangsweise wurde, da eine gesicherte Rechtsgrundlage die Frage der Haftung für Schäden nicht geregelt hat, von der Bundespolizeidirektion Wien untersagt.
§ 1 Abs. 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetz (WLSG) räumt Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zwecks Abstellung oder zur Vermeidung einer drohenden Fortsetzung ungebührlicherweise störenden Lärmes ein, Gegenstände, mit denen der Lärm erregt wird, sicherzustellen oder, sofern dies wegen der Beschaffenheit des Gegenstandes oder aus anderen Gründen nicht möglich ist, in geeigneter Weise außer Betrieb zu setzen.
Die durch das Auslösen von akustischen Alarmanlagen hervorgerufene Lärmerregung ist zweifellos als störend zu bezeichnen. Lärm ist dann störend, wenn er wegen seiner Art und/oder Intensität geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören.
In den überwiegenden Fällen liegt jedoch kein Verhalten vor, das jene Rücksichten vermissen lässt, die im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß und demnach auch keine Ungebührlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 WLSG. Daher sind auch die Voraussetzungen für die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens, was bei Anwendung des § 1 Abs. 2 WLSG jedenfalls erforderlich wäre, nicht gegeben.
Ein weiterer Punkt, der gegen die Anwendung des § 1 Abs. 2 WLSG spricht, besteht darin, daß das WLSG keine Regelung des Kostenersatzes enthält.
Es erscheint daher notwendig, das Einschreiten und die Vorgangsweise bei selbstauslösenden Alarmanlagen mittels Verordnung zu regeln.
Der Regelungsinhalt der Verordnung stellt sich als Angelegenheit der örtlichen Sicherheitspolizei dar, in der die Gemeinde das Recht hat, ortspolizeiliche Verordnungen zu erlassen (Art. 118 Abs. 3 Z 3 und Abs. 6 B-VG).
...
II. Besonderer Teil
Zu § 1 Abs. 1:
§ 1 Abs. 1 regelt die Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Falle der Selbstauslösung akustischer Alarmanlagen.
Akustische Alarmanlagen sind vornehmlich in Wohnräumen, Wohnungen, Geschäftsräumlichkeiten, aber auch an Kraftfahrzeugen installiert. Aus diesem Grunde wird zwischen Eigentümer oder sonstigen Verfügungsberechtigten der durch die Alarmanlage geschützten Sache und Zulassungsbesitzer bei an Kraftfahrzeugen angebrachten Alarmanlagen unterschieden.
In den Ziffern 1 bis 3 des § 1 wird vom Grundsatz des möglichst geringsten Eingriffes in fremde Rechte ausgegangen. Daher ist primär eine Verständigungspflicht des Eigentümer, Verfügungsberechtigten der geschützten Sache bzw. Zulassungsbesitzer vorgesehen (Z 1), sollte es dieser Person nicht möglich sein, rechtzeitig (innerhalb angemessener Frist) die Alarmanlage abzustellen oder außer Betrieb zu setzen, ist eine Außerbetriebsetzung durch sachkundige Personen zu veranlassen (Z 2). Als letzte Möglichkeit ist die Entfernung des Gegenstandes an einen Ort zu veranlassen, an dem das Ertönen der Alarmanlage keinen störenden Lärm erregen kann (Z 3). Die unter Z 3 angeführte Vorgangsweise wird sich im wesentlichen auf Kraftfahrzeuge oder Wohnwagen beziehen. Die Entfernung wird in diesen Fällen durch die Feuerwehr bzw. Magistratsabteilung 48 erfolgen, welche die Kraftfahrzeuge auf einen Abstellplatz für abgeschleppte Fahrzeuge verbringen werden."
15 Die wiedergegebenen Materialien machen deutlich, dass es dem Normsetzer darum ging, eine rechtliche Basis für das Abstellen von durch Alarmanlagen verursachten störenden Lärms zu schaffen, weil die bestehenden Regelungen nach dem WLSG (LGBl. Nr. 51/1993) nicht ausreichten. Diese pönalisierten zwar die Erregung ungebührlicherweise störenden Lärms (§ 1 Abs. 1 Z 2 WLSG) und ermöglichten Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, zum Zweck der Abstellung oder zur Vermeidung einer drohenden Fortsetzung ungebührlichen störenden Lärms Gegenstände sicherzustellen bzw. außer Betrieb zu setzen (Abs. 2). Da in der Regel aber ein durch eine Fehlfunktion verursachter störender Lärm einer Alarmanlage nicht als "ungebührlich" bewertet werden kann (vgl. zu diesem Tatbestandsmerkmal nur etwa ) boten die Regelungen des WLSG keine ausreichende Handhabe zur Erreichung des Ziels, durch Fehlfunktionen von Alarmanlagen verursachten störenden Lärm abzustellen.
16 Nach der Alarmanlagen-Verordnung ist es primär der Verfügungsberechtigte selbst, der für die Abstellung der Alarmanlage zu sorgen hat, wenn er von der Lärmerregung Kenntnis erlangt hat (§ 2 leg. cit.). Um dies zu bewirken, verpflichtet demgemäß § 1 Abs. 1 Z 1 leg. cit. die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorrangig zur Verständigung des Verfügungsberechtigten.
17 Erst dann, wenn dieser nicht erreicht werden kann oder selbst nicht in der Lage ist, die Alarmanlage rechtzeitig (also "unverzüglich"; vgl. § 2) abzustellen, kommen die Regelungen nach § 1 Abs. 1 Z 2 bzw. Z 3 leg. cit. zum Tragen. Insofern normiert die Verordnung also eine Priorität, nämlich eine Handlungspflicht des Verfügungsberechtigten und eine diese sichernde Verständigungspflicht der einschreitenden Organe.
18 Die wie dargestellt nur subsidiär zum Tragen kommende Regelung nach Z 2 normiert auch ihrerseits eine Priorität, nämlich die Ermächtigung der einschreitenden Organe, die Alarmanlage selbst abzustellen bzw. außer Betrieb zu setzen. Nur für den Fall, dass ihnen dies nicht möglich ist (vgl. "erforderlichenfalls"), sind von ihnen zwecks Abstellens bzw. Außerbetriebsetzens der Alarmanlage "sachkundige Personen" beizuziehen.
19 Zur Beiziehung "sachkundiger Personen" samt dem damit verbundenen Kostenaufwand hat es also nur dann zu kommen, wenn einerseits ein Abstellen der Alarmanlage durch den Verfügungsberechtigten selbst oder einen unmittelbar von ihm Beauftragten misslingt (sei es, dass er gar nicht erreicht werden kann, sei es, dass er dazu nicht in der Lage ist), und wenn andererseits auch die einschreitenden Organe dazu nicht in der Lage sind. Nur dann kann nämlich die Beiziehung der "sachkundigen Personen" als "erforderlich" i.S.d. § 1 Abs. 1 Z 2 letzter Halbsatz leg. cit. angesehen werden.
20 Der Alarmanlagen-Verordnung ist aber nicht zu entnehmen, dass "in erster Linie Experten aus dem privaten Bereich" heranzuziehen seien: Schon der Wortlaut der Regelung ("z.B.") macht deutlich, dass es bei der Nennung von befugten Gewerbetreibenden und Pannendiensten nur um eine beispielsweise Aufzählung von als "sachkundig" angesehenen Personen bzw. Einrichtungen handelt. Hinzu tritt, dass in den Erläuterungen, die die Schaffung einer Rechtsgrundlage für das erforderliche Einschreiten zwecks Abstellens einer Alarmanlage als vordringliches Ziel der Regelung nennen, auch die bestehende "Praxis" angesprochen wird, wonach bisher Feuerwehr bzw. Pannendienste zwecks Abstellens der Alarmanlage verständigt wurden. Wenn nun durch die Neuregelung diese Praxis auf eine gesicherte Rechtsgrundlage gestellt werden soll, ohne dass etwa eine vom Verwaltungsgericht angenommene Priorität Privater angesprochen wird, besteht umso weniger Grund für die Annahme, die Beiziehung der Feuerwehr sei nach der Konzeption der Alarmanlagen-Verordnung bloß subsidiär gegenüber "privaten Experten" zulässig.
21 Gleichwohl erlaubt die Alarmanlagen-Verordnung nicht etwa - schrankenlos - die Beiziehung irgendwelcher "sachkundiger Personen" zwecks Abstellens einer Alarmanlage: Vielmehr stellt § 1 Abs. 1 Z 2 leg. cit., wie schon oben dargelegt, ausdrücklich darauf ab, ob eine solche Beiziehung "erforderlich" ist. Die Erforderlichkeit ist dabei allerdings nicht danach zu beurteilen, ob sich im Nachhinein herausstellt, dass etwa ein Betreten des mittels Alarmanlage gesicherten Objekts zwecks Abstellens der Alarmanlage nicht erforderlich war, oder dass ein anderes Unternehmen die erforderlichen Leistungen billiger erbracht hätte als das tatsächlich beigezogene.
22 Vielmehr ist, ausgehend vom Ziel der Regelung, unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den die Allgemeinheit störenden, für den Eigentumsschutz nicht (mehr) erforderlichen Lärm rasch und sicher abzustellen, entscheidend, welche Erfordernisse ex ante, aus Sicht der einschreitenden Organe (die im Regelfall nicht über nähere Kenntnisse betreffend Aufbau und Funktionsweise der zu beurteilenden, störenden Lärm verursachenden Alarmanlage verfügen) bestehen, um das Ziel zu erreichen.
23 Es wird daher von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (etwa: Ort der Anbringung der Sirene, Erfordernis des Betretens des verschlossenen Objekts etc.) abhängen, welche Experten beizuziehen sind und über welche Fachkenntnisse und Ausrüstungsgegenstände sie verfügen müssen, damit - ex ante gesehen - die rasche und sichere Abstellung der Alarmanlage gewährleistet ist.
24 Wenn § 5 leg. cit. anordnet, dass das Abstellen der Alarmanlage "auf Kosten" des Eigentümers der durch die Alarmanlage geschützten Sache erfolgt, so bedeutet dies nach dem Gesagten, dass der Eigentümer jene Kosten zu ersetzen hat, die dadurch entstanden sind, dass unter Einhaltung der eben dargestellten (Prioritäts)-Vorgaben des § 1 leg. cit. eine befugte Person tätig werden musste, um die Alarmanlage abzustellen. Wurde etwa gar nicht der Versuch unternommen, den Verfügungsberechtigten zu verständigen (damit dieser selbst die Alarmanlage abstellt), dürften ihm nicht unter Berufung auf § 5 leg. cit. die Kosten für die Beiziehung eines Dritten vorgeschrieben werden. Gleiches hätte zu gelten, wenn den einschreitenden Organen selbst ohne weiteres das Abstellen der Alarmanlage möglich gewesen wäre und sie dessen ungeachtet die Beiziehung eines Dritten veranlassten, oder auch dann, wenn ein von vornherein als untauglich zu erkennendes Unternehmen beigezogen wurde. Hingegen kann gegen die Kostenvorschreibung nach § 5 leg. cit. nicht erfolgreich eingewendet werden, dass ein über die Erfordernisse für das Öffnen eines verschlossenen Objekts verfügendes Unternehmen bzw. eine solche Einrichtung - wie die Feuerwehr - beigezogen wurde, und sich nachträglich etwa herausstellte, dass ein Öffnen zwecks Abstellung der Alarmanlage gar nicht möglich war.
25 Für diese Sichtweise spricht auch Folgendes:
26 Das Abstellen einer störenden, für den Eigentumsschutz nicht (mehr) erforderlichen Lärm verursachenden Alarmanlage i. S.d. Regelungen der Alarmanlagen-Verordnung weist gewisse Parallelen zur Geschäftsführung im Notfall gemäß § 1036 ABGB auf. Das Tätigwerden der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. der von diesen beigezogenen Sachkundigen erfolgt - auch - im Interesse des Verfügungsberechtigten: Dieser ist es, den primär die Verpflichtung trifft, unverzüglich selbst für die Abstellung der Alarmanlage zu sorgen (§ 2 Alarmanlagen-Verordnung). Er ist es auch, der (als Inhaber der störenden Anlage) gegebenenfalls einem Untersagungsanspruch nach § 364 Abs. 2 ABGB ausgesetzt ist, sind für die Bestimmung der Schranken erlaubten Lärms doch regelmäßig die Grundsätze des § 364 Abs. 2 ABGB heranzuziehen.
27 Werden aber mit dem Abstellen der Alarmanlage (auch) die Interessen des Verfügungsberechtigten gewahrt, erscheint es angebracht, bei Auslegung des § 5 Alarmanlagen-Verordnung, wonach das Abstellen der Alarmanlage "auf Kosten" des Eigentümers der durch die Alarmanlage geschützten Sache erfolgt, auch die Aufwandersatzregelungen des ABGB betreffend Geschäftsführung ohne Auftrag in den Blick zu nehmen:
28 Nach § 1036 ABGB hat der Geschäftsherr bei Geschäftsführung im Notfall den notwendigen und zweckmäßigen Aufwand zu ersetzen, und zwar selbst dann, wenn die Bemühung ohne Verschulden erfolglos geblieben ist. Danach ist also der zur Schadensabwendung notwendige und zweckmäßige Aufwand, auch wenn der Erfolg ohne Verschulden fehlgeschlagen ist, zu ersetzen. Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Aufwands ist nach den Verhältnissen zu beurteilen, wie sie sich einem objektiven Dritten in der Lage des Geschäftsführers zur Zeit der Geschäftsführung darstellen (vgl. ).
29 Werden diese rechtlichen Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, so ergibt sich Folgendes: Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde erfolglos der Versuch einer Verständigung des Verfügungsberechtigten unternommen. Daraus ergibt sich zunächst - nur - die Kompetenz der einschreitenden Organe, die Anlage selbst abzustellen bzw. außer Betrieb zu setzen. Die weitere Feststellung, die einschreitenden Organe hätten "sich entschlossen, nicht selbst zu versuchen, die Außensirene abzustellen, sondern zu diesem Behufe die W Berufsfeuerwehr beigezogen", trägt den dargestellten Vorgaben der Alarmanlagen-Verordnung nicht Rechnung, ist doch für die zulässige Beiziehung Dritter Voraussetzung, dass die einschreitenden Organe selbst nicht über die erforderliche Sachkunde verfügen, die Alarmanlage abzustellen bzw. außer Betrieb zu setzen; dies ist also gegebenenfalls festzustellen. Erst dann, wenn - mangels eigener Sachkunde der einschreitenden Organe - zulässigerweise ein sachkundiger Dritter beigezogen wird, wären die für dessen Beiziehung aus ex ante Sicht notwendigen und zweckmäßigen Aufwendungen zu ersetzen. Selbst wenn, wie vom Verwaltungsgericht angenommen und von der Revision bestritten, die Beiziehung eines Sicherheitstechnikunternehmens "im gleichen Zeitausmaß zur Nachtzeit (nur) zwischen rund 130.-- und 145.-- Euro gekostet", erwiese sich der Einsatz der Feuerwehr nicht als "unverhältnismäßig". Entscheidend ist vielmehr, welche Erfordernisse ex ante bei verständiger Würdigung der Sachlage bestanden haben. Wurde danach zulässigerweise die Feuerwehr beigezogen, etwa weil nicht auszuschließen war, dass eine Öffnung des Objekts erforderlich sein werde, oder wegen der Lage einer außer Betrieb zu setzenden Außensirene, ist für die Beurteilung des Kostenersatzanspruchs Folgendes maßgebend:
30 § 5 Alarmanlagen-Verordnung ordnet diesbezüglich nur an, dass das Abstellen bzw. Außerbetriebsetzen "auf Kosten" des Verpflichteten erfolgt, ohne Näheres zur Kostenhöhe zu normieren. Mangels vertraglicher Vereinbarung über die Kostenhöhe ist es gerechtfertigt, die Höhe des Anspruchs unter Bedachtnahme auf den im § 1152 ABGB zum Ausdruck gebrachten Grundsatz, dass für erbrachte Dienst- oder Werkleistungen im Zweifel ein angemessenes Entgelt zu bezahlen ist, zu ermitteln. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. RIS Justiz RS0021636) ist jenes Entgelt als angemessen anzusehen, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das, was unter ähnlichen Umständen geleistet wird, ergibt. Dabei sind insbesondere die Anhaltspunkte, die das Gesetz dafür bietet, was angemessen sein soll, zu berücksichtigen (vgl. auch ). Soweit Tarife bestehen, sind in der Regel deren Ansätze als angemessenes Entgelt anzusehen (ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, vgl. nur etwa SZ 62/102 oder ).
31 Das Verwaltungsgericht hat - offenbar ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht - keine Feststellungen zu den nach dem oben Gesagten für die Beurteilung des Kostenersatzanspruchs für den strittigen Einsatz maßgebenden Umständen getroffen. Dies hätte gegebenenfalls auch ein Eingehen auf die Verordnung des Wiener Gemeinderats vom , PrZ. 680/03, betreffend die Festsetzung von Gebühren für Hilfeleistungen und Beistellungen durch die Feuerwehr der Stadt Wien, und die danach maßgebenden Tarifansätze erfordert. Es hat damit das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
32 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts mag ein Verstoß gegen die Verständigungspflichten nach § 3 Alarmanlagen-Verordnung gegebenenfalls Amtshaftungsansprüche begründen, er hat aber keinen Einfluss auf die - im Verwaltungsverfahren zu klärende - Kostenersatzpflicht nach § 5 leg. cit. 33 Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Schlagworte: | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.