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VwGH vom 15.11.2007, 2005/03/0233

VwGH vom 15.11.2007, 2005/03/0233

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl VwSen-500116/2/KI/Pe, betreffend Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr (mitbeteiligte Partei: CW in L, vertreten durch Dr. Marcus Zimmerbauer, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Mitterfeldstraße 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte beantragte mit Eingabe vom die Ausstellung einer EU-Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr für ein Kraftfahrzeug.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom abgewiesen. Der Landeshauptmann stellte dazu fest, dass der Mitbeteiligte nicht über eine Konzession zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes im grenzüberschreitenden Güterverkehr verfüge, wohl aber über die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Spediteure einschließlich der Transportagenten". Er sei daher lediglich berechtigt, die in § 170 Abs 1 GewO 1994 geregelten Arten der Beförderung von Gütern durchzuführen, da nur diese von der in § 4 Abs 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) enthaltenen Ausnahme von der Konzessionspflicht nach § 2 GütbefG umfasst seien. Aus § 170 Abs 1 GewO 1994 lasse sich nicht ableiten, dass Spediteure zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes im grenzüberschreitenden Güterverkehr berechtigt seien. Die Verordnung (EWG) Nr 881/92 gelte nach Artikel 1 Abs 1 nur für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den in der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken. Da Spediteure gerade nicht zur Durchführung des grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehrs berechtigt seien, sei auch die zitierte Verordnung (EWG) Nr 881/92 auf Spediteure nicht anzuwenden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung des Mitbeteiligten Folge und änderte den Bescheid dahingehend ab, dass dem Ansuchen des Mitbeteiligten um Ausstellung einer EU-Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr für ein Kraftfahrzeug stattgegeben wurde.

Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des § 1 Abs 1 und 3, § 2 Abs 1 und § 7 Abs 1 GütbefG in folgender Weise:

"5.2. Schon aus den Erwägungsgründen zur Verordnung (EWG)

Nr. 881/92 ist zu entnehmen: 'Die Schaffung einer gemeinsamen

Verkehrspolitik erfordert u.a. die Aufstellung gemeinsamer Regeln

für den Marktzugang im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr im

Gebiet der Gemeinschaft. ... Hinsichtlich der

Durchführungsbestimmungen zur Zugangsregelung erscheint es

zweckmäßig, die Ausübung des grenzüberschreitenden

Güterkraftverkehrs von einer nicht kontingentierten

gemeinschaftlichen Transportlizenz abhängig zu machen. ... Im

Rahmen der mit dieser Verordnung eingeführten neuen Marktorganisation empfiehlt es sich, bestimmte Beförderungen aufgrund ihrer besonderen Eigenart auch in Zukunft von der Regelung über die Gemeinschaftslizenz und anderen Beförderungsgenehmigungen auszunehmen. Außerdem sind die Bedingungen für die Erteilung und den Entzug dieser Lizenzen sowie die von ihnen betroffenen Beförderungen, die Geltungsdauer und die Einzelheiten ihrer Verwendung zu bestimmen.'

Art. 1 Abs. 1 der zitierten Verordnung bestimmt, dass diese Verordnung für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken gilt. Art. 2 der Verordnung definiert den grenzüberschreitenden Verkehr. Art. 3 der Verordnung bestimmt, dass der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz unterliegt. Die Gemeinschaftslizenz wird von einem Mitgliedstaat gemäß den Art. 5 und 7 jedem gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmer erteilt, der in einem Mitgliedstaat gemäß dessen Rechtsvorschriften niedergelassen ist und in diesem Mitgliedstaat gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und dieses Mitgliedstaates über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist.

Gemäß Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Verordnung (EG) Nr. 484/2002 lehnen die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaates die Erteilung oder Erneuerung der Gemeinschaftslizenz durch eine mit Gründen versehene Entscheidung ab, wenn die in Art. 3 Abs. 2 bzw. Abs. 3 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Mitgliedstaaten garantieren, dass jeder, der eine Gemeinschaftslizenz beantragt oder besitzt, gegen die Entscheidung der zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaates, durch die ihm die Lizenz verweigert oder entzogen wird, Berufung einlegen kann (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung).

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (Art. 15 der Verordnung).

Entscheidende Rechtsfrage - die von der belangten Behörde negativ entschieden wurde - ist daher, ob der Berufungswerber nach den im Staat des Standortes des Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt ist (vgl. § 7 Abs. 1 Einleitungssatz GütbefG) bzw. im Niederlassungsmitgliedstaat gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und dieses Mitgliedstaats über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92).

Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung ist dies zu bejahen.

Gemäß § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 Z 2 GütbefG bedarf der Spediteur gemäß § 124 Z 19 GewO 1994 keiner Konzession nach dem GütbefG. (Dieser zitierten Bestimmung entspricht nunmehr die Bestimmung des § 94 Z 63 GewO 1994.) Gemäß § 375 Abs. 4 GewO 1994 gelten bis zu einer entsprechenden Neuregelung im Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 und im GütbefG 1995 die Bestimmungen der GewO 1994 idF vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2002 weiter.

Gemäß § 124 Z 15 GewO 1994 gehören die Spediteure einschließlich der Transportagenten zu den nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben.

Gemäß § 170 Abs. 1 GewO 1994 sind die Spediteure einschließlich der Transportagenten zu den in Z 1 bis 3 näher angeführten Leistungen "auch" berechtigt. Neben diesen angeführten Rechten der Spediteure befinden sich die Regelungen über die Spediteure im HGB.

§§ 407ff HGB regeln das Speditionsgeschäft. Gemäß § 407 Abs. 1 HGB ist Spediteur, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Güterversendungen durch Frachtführer oder durch Verfrachter von Seeschiffen für Rechnung eines anderen (des Versenders) im eigenen Namen zu besorgen.

Gemäß § 412 HGB ist der Spediteur befugt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, die Beförderung des Gutes selbst auszuführen. Macht er von dieser Befugnis Gebrauch, so hat er zugleich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. Dazu führt Heinz Krejci, Grundriss des Handelsrechtes, Manz Verlag, Seite 409 ff, aus: 'Die Zunahme des Warenverkehrs, insbesondere auch des internationalen, verschafft dem Speditionsgeschäft eine zentrale Bedeutung im Wirtschaftsleben. Meist wird das Speditionsgeschäft nicht isoliert betrieben, sondern gemeinsam mit dem Lager- und Frachtgeschäft. Die großen Speditionsfirmen sind also in der Regel zugleich auch

Lagerhalter und Frächter . ... Der Spediteur organisiert demnach

die Güterbeförderung, während der Frachtführer sie ausführt. Der Spediteur selbst befördert grundsätzlich keine Güter, kann freilich überdies Frachtführer sein und in den von ihm zu schließenden Frachtvertrag selbst eintreten.' Zur Abgrenzung des Spediteurs gegenüber dem Frachtführer wird weiters ausgeführt, dass man diesbezüglich in der Praxis mitunter auf erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten stößt, weil Spediteure oft nicht nur Organisationsaufgaben übernehmen. Im Zweifel entscheidet das Gesamtbild der für den einen oder anderen Vertrag sprechenden Elemente.

Es ist daher auch der mit Gewerbeberechtigung nach der GewO ausgestattete Spediteur gemäß §§ 407 und 412 HGB zur Durchführung des gewerblichen grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt. Er unterliegt daher gemäß § 1 Abs. 1 GütbefG den Bestimmungen des GütbefG (mit Ausnahme der Konzessionspflicht nach dem GütbefG aufgrund der bereits zitierten Ausnahmeregelung). Es ist daher der Berufungswerber auch nach den im Staat des Standortes des Unternehmens (hier Österreich) geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt (vgl. § 7 Abs. 1 Einleitungssatz GütbefG) und bedarf daher für den Verkehr über die Grenze einer Gemeinschaftslizenz. Diese Anforderung deckt sich im Übrigen auch mit Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92. Eine Ausnahmeregelung für eine Befreiung von der Gemeinschaftslizenz gemäß Anhang II zur Verordnung (EWG) Nr. 881/92 ist für Spediteure nicht vorgesehen. Weil daher die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Gemeinschaftslizenz vorliegen, war dem Ansuchen des Berufungswerbers stattzugeben und es ist die Gemeinschaftslizenz zu erteilen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 131 Abs 2 B-VG iVm § 21a GütbefG gestützte Amtsbeschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Mitbeteiligte, der Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Spediteure einschließlich der Transportagenten", nicht aber einer Konzession für die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr) gemäß § 2 Abs 2 Z 2 GütbefG ist, Anspruch auf Ausstellung einer Gemeinschaftslizenz gemäß Art 3 der Verordnung (EWG) Nr 881/92 des Rates vom über den Zugang zum Güterkraftverkehr in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten in der Fassung der Verordnung (EG) Nr 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom (im Folgenden: VO 881/92) hat.

2. Die VO 881/92 gilt nach ihrem Art 1 Abs 1 für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken. Nach Art 3 Abs 1 der VO 881/92 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

Art 3 Abs 2 der VO 881/92 lautet:

"(2) Die Gemeinschaftslizenz wird von einem Mitgliedstaat gemäß den Artikeln 5 und 7 jedem gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmer erteilt, der


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-
in einem Mitgliedstaat (nachstehend "Niederlassungsmitgliedstaat" genannt) gemäß dessen Rechtsvorschriften niedergelassen ist;
-
in diesem Mitgliedstaat gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und dieses Mitgliedstaats über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist."
Gemäß § 20 Abs 2 GütbefG werden Gemeinschaftslizenzen gemäß der VO 881/2 vom Landeshauptmann ausgestellt.
3. Der beschwerdeführende Bundesminister macht im Wesentlichen geltend, dass ein Spediteur entgegen der Ansicht der belangten Behörde auf Grund der Ausnahmeregelung des § 4 Abs 1 Z 2 GütbefG nicht uneingeschränkt zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr zugelassen sei und daher die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Gemeinschaftslizenz gemäß der VO 881/92 nicht erfülle. Ein Spediteur, der auch als Frachtführer auftrete und keine Konzession gemäß § 2 GütbefG für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen besitze, sei zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs nicht berechtigt.
Unter Hinweis auf die §§ 407 ff HGB, insbesondere § 407 Abs 1 HGB, führt der Beschwerdeführer aus, dass ein Spediteur die Güterversendung nicht selbst, sondern durch Frachtführer vornehme. Das Speditionsgeschäft inkludiere somit nicht auch die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen.
Ein Spediteur organisiere die Güterbeförderung, während der Frachtführer sie ausführe. Es sei also zwischen dem Spediteur (Organisator von Güterversendungen) und einem Frachtführer (Unternehmer, der die gewerbliche Beförderung von Gütern tatsächlich ausführe) zu differenzieren. Ein Spediteur sei zwar gemäß § 412 Abs 1 HGB befugt, die Beförderung des Gutes selbst auszuführen, gemäß Abs 2 habe er dabei die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. Diese Rechte und Pflichten bezögen sich unzweifelhaft auf die in den §§ 425 bis 451 HGB vorgegebenen Rechte und Pflichten eines Frachtführers. Neben diesen handelsrechtlichen Bestimmungen gebe es aber auch gewerberechtliche Regelungen über die Güterbeförderung, welche ein Frachtführer zusätzlich zu den Rechten und Pflichten des Handelsgesetzbuches zu beachten habe. Dies habe zur Folge, dass auch ein Spediteur, der als Frachtführer tätig werde, sämtliche Voraussetzungen, welche für die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes vorgegeben werden, zu erfüllen habe. Nach der Gewerbeordnung 1994 dürfe ein Spediteur auf Grund seiner Gewerbeberechtigung grundsätzlich nur in dem gemäß § 131 Abs 1 Z 1 GewO 1994 eingeschränkten Maß Güter selbst befördern. Wenn ein Spediteur darüber hinausgehend Güter befördere, sei er dem Gewerbe der Güterbeförderung zuzuordnen und unterliege sodann den Regelungen über dieses Gewerbe.
Nach § 2 Abs 1 und 2 GütbefG müsse ein Spediteur für die Beförderung von Gütern auch im durch § 131 Abs 1 Z 1 GewO 1994 beschränkten Umfang grundsätzlich eine Konzession nach dem GütbefG besitzen. § 4 Abs 1 Z 2 GütbefG bestimme jedoch, dass eine Konzession nach § 2 oder die Anmeldung eines besonderen Gewerbes nicht für die Beförderung von Gütern auf Grund einer Berechtigung für Spediteure gemäß § 124 Z 19 GewO 1994 (nunmehr § 94 Z 63 GewO 1994) erforderlich sei. Das Speditionsgeschäft umfasse nicht auch die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern in unbeschränktem Maß. Werde ein Spediteur als Frachtführer tätig und führe somit eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Sinne des GütbefG durch, könne er nicht mehr unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 1 Z 2 GütbefG subsumiert werden, weil er eine über die Organisationstätigkeit hinausgehende uneingeschränkte Güterbeförderung selbst ausführe. Diese Güterbeförderung könne auch nicht mehr unter § 131 Abs 1 Z 1 GewO 1994 eingeordnet werden. Daraus folge, dass ein Spediteur, welcher als Frachtführer auftrete, eine Konzession gemäß § 2 GütbefG für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen nach den nationalen Bestimmungen benötige.
Der beschwerdeführende Bundesminister verweist weiters darauf, dass die Richtlinie 96/26/EG über den Zugang zum Beruf des Güter- und Personenkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr sowie über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise für die Beförderung von Gütern und die Beförderung von Personen im Straßenverkehr und über Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit der betreffenden Verkehrsunternehmer, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/66/EG, durch das GütbefG und die Berufszugangs-Verordnung Güterkraftverkehr (BZGü-VO) in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sei. Die Kriterien der Zuverlässigkeit, finanziellen Leistungsfähigkeit und fachlichen Eignung seien in § 5 GütbefG normiert. Würde nun, wie die belangte Behörde meine, ein Spediteur, welcher als Frachtführer tätig werde, unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 1 Z 2 GütbefG subsumiert werden können, würde dies eine Umgehung der Bestimmungen und Ziele der Richtlinie 96/26/EG darstellen und wäre daher als gemeinschaftsrechtswidrig anzusehen, weil diesfalls die durch die Richtlinie vorgegebenen Kriterien auf einen Spediteur nicht angewendet und die Voraussetzungen der Zuverlässigkeit, finanziellen Leistungsfähigkeit und fachlichen Eignung nie nachgewiesen und überprüft würden. Wolle man dem Gesetzestext des GütbefG (in Verbindung mit den handelsrechtlichen und gewerberechtlichen Bestimmungen über den Spediteur) eine Auslegung unterstellen, wie sie die belangte Behörde gefunden habe, so wäre jedenfalls eine richtlinienkonforme Interpretation durchzuführen und das Güterbeförderungsgesetz nur soweit anzuwenden, als es der RL 96/26/EG entspräche. Daher könne ein Spediteur nur für die innerstaatliche Güterbeförderung berechtigt sein, da die gemeinschaftsrechtlichen Kriterien für eine grenzüberschreitende Güterbeförderung nicht nachgewiesen und überprüft würden. Auch auf Grund der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ergebe sich daher, dass ein Spediteur, welcher als Frachtführer auftrete und keine Berechtigung gemäß der Richtlinie 96/26/EG für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen besitze, zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs nicht berechtigt sei.
4. Dem Beschwerdevorbringen kommt Berechtigung zu:
Für den sich unmittelbar aus Art 3 der VO 881/92 ergebenden Anspruch auf Ausstellung einer Gemeinschaftslizenz ist - neben der hier nicht strittigen Frage der Niederlassung - entscheidend, ob es sich beim Antragsteller um einen gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmer handelt, der nach den österreichischen und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist.
Die belangte Behörde stützt sich dabei - ebenso wie der Mitbeteiligte - auf die Bestimmung des § 4 Abs 1 Z 2 GütbefG, die eine Ausnahme von der nach § 2 GütbefG für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen bestehenden Konzessionspflicht vorsieht.
Diese Bestimmungen des - im vorliegenden Fall in der Fassung BGBl I Nr 32/2002 anzuwendenden - GütbefG lauten wie folgt:
"Konzessionspflicht und Arten der Konzession

§ 2. (1) Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen darf nur auf Grund einer Konzession ausgeübt werden, sofern dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt (§ 4).

(2) Konzessionen dürfen nur für folgende Arten der gewerbsmäßigen Güterbeförderung erteilt werden:

1. für die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im innerstaatlichen Verkehr (innerstaatlicher Güterverkehr);

2. für die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr).

(3) Eine Konzession für den grenzüberschreitenden Güterverkehr berechtigt auch zur Ausübung des innerstaatlichen Güterverkehrs. Eine Konzession für den innerstaatlichen Güterverkehr berechtigt zu jeder Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, bei der Ausgangsort und Ziel der Fahrt im Inland liegen."

...

Ausnahmen von der Konzessionspflicht

§ 4. (1) Eine Konzession nach § 2 oder die Anmeldung eines besonderen Gewerbes ist nicht erforderlich:

...

2. für die Beförderung von Gütern auf Grund einer Berechtigung für Spediteure gemäß § 124 Z 19 GewO 1994."

Der Berechtigungsumfang der Spediteure gemäß § 124 Z 19 GewO 1994 (in der für den vorliegenden Fall gemäß § 375 Abs 4 GewO 1994 idF BGBl I Nr 111/2002 heranzuziehenden Fassung vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 111/2002) bestimmte sich im Hinblick auf die Beförderung von Gütern durch § 170 GewO 1994 in der Fassung vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 111/2002 (nunmehr - inhaltlich unverändert - § 131 GewO 1994):

"§ 170. (1) Die Spediteure einschließlich der Transportagenten (§ 124 Z 19) sind auch berechtigt:

1. zur Beförderung von Gütern zu und von der Station eines Eisenbahn-, Schifffahrts- oder Luftverkehrsunternehmens oder zu und von den Lagern und Sammelstellen des Spediteurs, wenn der Spediteur die Güter mit Frachtbrief einem solchen Unternehmen im eigenen Namen zur Beförderung zu übergeben hat oder im Frachtbrief als Empfänger der Güter angegeben ist oder vom im Frachtbrief angegebenen Empfänger mit der Abholung der Güter von der Station eines solchen Unternehmens beauftragt worden ist;


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2.
zur Lagerei;
3.
zur Geltendmachung von Forderungen an Transportunternehmen aus dem Frachtengeschäft (Frachtenreklamation) hinsichtlich der Güter, deren Beförderung der Spediteur besorgt hat.

(2) Gewerbetreibenden, die zu einer auf die Tätigkeiten der Transportagenten beschränkten Ausübung des Gewerbes gemäß § 124 Z 19 berechtigt sind, stehen die im Abs. 1 angeführten Rechte nicht zu."

Wer über eine Gewerbeberechtigung als Spediteur verfügt, ist daher gewerberechtlich nicht nur zur Organisation von Güterversendungen befugt, sondern daneben in eingeschränktem Umfang (und unter bestimmten formalen Voraussetzungen hinsichtlich des Frachtbriefs) auch zur Durchführung bestimmter - auf den Vor- und Nachlauf beschränkter - Güterbeförderungen, ohne dass er dazu einer Konzession nach dem GütbefG bedürfte.

Das nach Handels- bzw. Unternehmungsrecht gegebene grundsätzliche Selbsteintrittsrecht des Spediteurs (nunmehr § 412 Abs 1 UGB), auf das sich die belangte Behörde beruft, ändert nichts an den gewerberechtlichen Voraussetzungen, die im Falle dieses Selbsteintritts - der nach § 412 Abs 2 UGB auch dazu führt, dass der Spediteur die Rechte und Pflichten des Frachtführers oder Verfrachters hat - gegeben sein müssen. Beschränkt sich der Selbsteintritt daher nicht auf die Beförderung im Vor- bzw Nachlauf im Sinne des § 170 Abs 1 GewO 1994 (idF vor der Novelle BGBl I Nr 111/2002, nunmehr § 131 Abs 1 GewO 1994), so ist nach dem GütbefG zusätzlich zur Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Spediteure auch eine Konzession nach dem GütbefG erforderlich.

Die eingeschränkte Befugnis zur Durchführung bestimmter Güterbeförderungen ohne Konzession nach § 2 GütbefG, welche dem Spediteur demnach zukommt, führt nicht dazu, dass dieser nach den Bestimmungen des GütbefG zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt wäre. Die belangte Behörde führt in der Gegenschrift dazu aus, dass die Bestimmung des § 170 Abs 1 GewO 1994 nicht danach differenziere, ob die dem Spediteur nach dieser Bestimmung gewerberechtlich erlaubte Güterbeförderung innerstaatlich oder grenzüberschreitend sei, und der Mitbeteiligte als Spediteur demnach auch zur grenzüberschreitenden Beförderung berechtigt sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Art 3 der VO 881/92 verlangt, dass der Güterkraftverkehrsunternehmer "gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und dieses Mitgliedstaats über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist". Damit bezieht sich diese Bestimmung auf die Richtlinie 96/26/EG über den Zugang zum Beruf des Güter- und Personenkraftverkehrsunternehmers, die unter anderem für den Zugang zum Beruf des Güterkraftverkehrsunternehmers - und nur für diesen kommt die Ausstellung einer Gemeinschaftslizenz nach Art 3 der VO 881/92 in Betracht - bestimmte Anforderungen aufstellt, welche in Österreich im GütbefG sowie in der dazu ergangenen Berufszugangs-Verordnung Güterkraftverkehr (BZGü-VO) umgesetzt wurden (vgl § 27a Z 1 GütbefG und § 18 BZGü-VO).

Die in § 4 Abs 1 Z 2 GütbefG enthaltene Ausnahmebestimmung, die Spediteure zur Durchführung bestimmter Güterbeförderungen berechtigt und damit auch vom Nachweis der Voraussetzungen für den Berufszugang insbesondere nach § 5 GütbefG iVm der BZGü-VO entbindet, kann daher schon vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Richtlinie 96/26/EG - die eine entsprechende Ausnahmeregelung für den grenzüberschreitenden Verkehr nicht vorsieht - nur dahingehend verstanden werden, dass sich diese Berechtigung auf den innerstaatlichen Verkehr beschränkt.

Hinzu kommt, dass nach § 7 GütbefG ("Verkehr über die Grenze") der grenzüberschreitende Verkehr nur bestimmten dort genannten Unternehmern gestattet ist. § 7 Abs 1 GütbefG lautet wörtlich:

"§ 7. (1) Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland ist außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:


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1.
Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,
2.
Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom ,
3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,
4. auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.
Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs. 4 ergangen ist."
Auch aus dieser Bestimmung ergibt sich daher, dass neben Unternehmen mit einem nicht im Inland gelegenen Standort, welche die hier genannten Voraussetzungen erfüllen, nur Inhaber einer Konzession nach § 2 GütbefG zum Verkehr über die Grenze befugt sind und die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 1 Z 2 GütbefG daher nur für den innerstaatlichen Verkehr in Betracht kommt.
Die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Ausstellung einer Gemeinschaftslizenz gemäß Art 3 VO 881/92 an den Mitbeteiligten erweist sich daher als rechtswidrig, da der Mitbeteiligte nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und Österreichs über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers auf Grund der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der "Spediteure einschließlich der Transportagenten" ohne Vorliegen einer Konzession nach § 2 Abs 2 Z 2 GütbefG nicht zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am