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VwGH 25.06.2013, 2012/08/0246

VwGH 25.06.2013, 2012/08/0246

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Im Falle des Vorliegens einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ändert auch die Innehabung eines Gewerbescheins nichts am Eintritt der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG (Hinweis: E , 1546/57; E , 2007/08/0041).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/08/0145 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der Gebrüder H, Fenster, Türen, Tore Erzeugungs- und Handels GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Peter Vögel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK- 424850/0001-II/A/3/2010, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. J L in Wien, 2. Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3,

3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65-67), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Erstmitbeteiligte in der Zeit vom bis , vom bis , vom bis und vom bis auf Grund seiner Tätigkeit bei der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-)versicherungspflicht und der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei.

Sie ging von folgendem Sachverhalt aus:

Am hätten Organe des Zollamtes Wien eine Kontrolle betreffend illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung durchgeführt, bei der mehrere ausländische Staatsangehörige - darunter auch der Erstmitbeteiligte - betreten worden seien. Der Erstmitbeteiligte habe im Personenblatt angegeben, seit "" (richtig: ) als Schlosser für die Gebrüder H gegen einen Lohn von EUR 10,-- pro Stunde mit einer Arbeitszeit von acht bis zehn Stunden tätig zu sein. Als Wohnadresse sei die Firmenadresse eingetragen worden. Als seinen Chef habe er Herrn Z (handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gebrüder H. Schlosserei Tore und Antrieb GmbH) angegeben.

Der Erstmitbeteiligte habe beim Zollamt Wien niederschriftlich angegeben, dass er Rechnungen für die "Firma H" ausstellte. Es gäbe einen Block in der "Firma H", der Buchhalter hätte gesagt, er solle das ausfüllen. Er hätte eine Arbeit mit Arbeitsbewilligung haben wollen. Sein Freund T wäre der Dolmetsch am Magistrat gewesen, um ihm beim Ansuchen für den Gewerbeschein zu helfen.

Herr T habe beim Zollamt Wien niederschriftlich ausgesagt, Herr H (der handelsrechtliche Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft) hätte ihm gesagt, er solle mit den ungarischen Staatsbürgern zum Magistrat fahren, und angegeben, welche Art von Gewerbeschein er ausstellen lassen solle.

Am habe der Erstmitbeteiligte bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Folgendes ausgesagt:

"Ich erhalte seit Aufträge von der Firma Gebrüder H Schlosserei. Davor gehörte die Schlosserei zur Firma H Gebrüder Fenster, Türen und Tore (beschwerdeführende Gesellschaft), für welche ich ebenfalls tätig war und fallweise noch bin.

Meine Tätigkeit aus der Montage von Toren und Zäunen besteht. Ich arbeite mit meinem eigenen Werkzeug und fahre mit meinem eigenen PKW auf die Baustellen. Herr Z ruft mich an, wenn er Arbeit für mich hat. Die Arbeit habe ich innerhalb einer Frist von einer Woche (abhängig vom Auftragsvolumen) zu erledigen. Ich kann Aufträge jederzeit ablehnen, was in der Praxis selten vorkommt. Das Honorar richtet sich nach der Auftragssumme. Ich stelle Honorarnoten und habe meinen Rechnungsblock bei Libro gekauft.

Ich kann mich nicht vertreten lassen, kann allerdings Hilfskräfte bestellen, die ich selbst bezahlen müsste. Dies ist jedoch in der Praxis nicht vorgekommen. Herr Z erteilt mir keine Weisungen, ich muss mich jedoch an die Kundenwünsche halten. Diesbezüglich wird die Arbeit auch kontrolliert."

Des Weiteren stellte die belangte Behörde fest, dass sich die Gebrüder H Schlosserei GmbH aus der Gebrüder H, Fenster, Türen, Tore Erzeugungs- und Handels GesmbH - der beschwerdeführenden Gesellschaft - herausgelöst habe und am ins Firmenbuch eingetragen worden sei. Die beschwerdeführende Gesellschaft sei zu 100% an ihr beteiligt.

Ing. H (der handelsrechtliche Gesellschafter der beschwerdeführenden Gesellschaft) habe am gegenüber der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Folgendes angegeben:

"Im November 2005 wurde die Firma Gebrüder H Schlosserei von der Firma Gebrüder H, Fenster, Türen, Tore GmbH getrennt. Dadurch kam es zu dem Umbau der Lagerhalle in W., welcher von Jänner bis März 2006 durchgeführt wurde.

Herr L (der Erstmitbeteiligte) war bis als Stahlbauschlosser für unser Unternehmen tätig. Er verrichtete seine Tätigkeiten als Dienstnehmer sowohl in der Werkstatt der Firma H als auch auf diversen Baustellen.

Von Mai 2005 bis Oktober 2005 war er als Werkvertragnehmer für mich tätig. Er führte seine Tätigkeit ausschließlich auf Baustellen durch. Er arbeitete mit seinen eigenen Betriebsmitteln. Lediglich die Tore und größere Materialien bekam er von der Firma zur Verfügung gestellt.

Die Tore und Zäune werden von den Lieferanten der Firma H auf die Baustellen gebracht. Davor oder danach wird der Auftrag an Herrn L vergeben. Ein Endfertigungstermin wird fallweise pönalisiert. Wenn Herr L den Auftrag nicht übernehmen kann, wird ein anderes Subunternehmen beauftragt. Wenn der den Auftrag übernimmt, muss er sich an den von der Firma H festgelegten und im Werkvertrag fixierten Fertigstellungstermin halten.

Herr L konnte sich vertreten lassen und auch Hilfskräfte bestellen. Diese hätte er selbst bezahlen müssen. Er hätte ihn nicht davon in Kenntnis setzen müssen. Er musste keine bestimmten Arbeitszeiten einhalten, jedoch musste er sich an die Baustellenzeiten halten. Er habe sich vor der Ausübung der Tätigkeiten nicht im Unternehmen oder auf den Baustellen melden müssen. Er sei keiner Verschwiegenheitsverpflichtung und keinem Konkurrenzverbot unterlegen gewesen. Er habe für Schäden gehaftet."

Der Erstmitbeteiligte habe am vor der Einspruchsbehörde Folgendes ausgesagt:

"Ich habe weder in Österreich noch in Ungarn eine eigene Werkstätte als Schlosser. Ich habe mich zunächst auf Arbeitssuche begeben und war dann ab April 2005 als Privatunternehmer in Österreich tätig.

Welche Auftraggeber ich hatte, kann ich heute nicht mehr angeben, da ich mich nicht genau daran erinnern kann. Seit zwei oder drei Jahren, genau kann ich das nicht angeben, bin ich bei der Firma Gebrüder H Schlosserei GmbH als Dienstnehmer tätig.

Ich bin hin und wieder bei der Firma H eingesprungen, das heißt, dass ich im Auftrag der Firma H auf Baustellen gearbeitet habe und wenn etwas nicht genau gepasst hat, in die Schlosserei der Firma H gefahren bin, um es richtig zuzuschneiden. Die Aufträge habe ich von Herrn Z erhalten. Vermutlich hat er mir auch erklärt, welche Arbeiten auf welcher Baustelle durchzuführen sind. Ich habe dann auf den Baustellen gearbeitet, wenn ich wollte. Ich glaube, dass es von Seiten der Firma H keine zeitlichen Vorgaben, bis zu welchem Termin der Auftrag erledigt sein sollte, gegeben hat. Ich bin mit dem eigenen Auto auf die Baustelle gefahren. Bei Fertigstellung erfolgte manchmal eine Übernahme durch Mitarbeiter der Firma H. Zu einer Nachbesserung ist es nie gekommen, weil meine Arbeit immer in Ordnung war. Auf den Baustellen habe ich nicht nur Schlosserarbeiten ausgeführt, sondern auch z.B. Fenster und Türen eingebaut. Für alle diese Tätigkeiten habe ich immer mein eigenes Werkzeug (Bohrmaschine, Schleifmaschine und Handwerkzeuge) benützt.

Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich Aufträge der Firma H abgelehnt habe. Wenn ich einen Auftrag angenommen habe, habe ich ihn auch immer durchgeführt.

Die Bezahlung wurde im Vorhinein in Form einer Pauschale vereinbart. Ich habe meistens nach Erledigung des Auftrags der Firma H Rechnungen gelegt."

Der Erstmitbeteiligte verfüge, so die belangte Behörde weiter, seit über den Gewerbeschein "Zusammenbau von Messe- und Ausstellungsständen ohne statische Funktion aus vorgefertigten Teilen unter Verwendung von einfachen Werkzeugen". Er sei von der beschwerdeführenden Gesellschaft in der Zeit vom bis , vom bis und vom bis als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet gewesen.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Beschäftigung als Schlosser bei der Gebrüder H Schlosserei Tore und Antrieb GmbH in der Zeit vom bis  mit Unterbrechungen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei. Während der Unterbrechungen habe er laut den vorliegenden Rechnungen und den Aussagen des Herrn Ing. H für die beschwerdeführende Gesellschaft gearbeitet. Eben diese Zeiträume seien Sache des gegenständlichen Berufungsverfahrens.

Die sich im Versicherungsakt befindlichen Rechnungen des Erstmitbeteiligten an die beschwerdeführende Gesellschaft bezögen sich auf das Anfertigen von Blindstöcken, Grundieren der Oberfläche, Montieren von Blindstöcken und Fensterbrettern, Montieren von Fensterrahmen mit Unterkonstruktion.

Seit sei der Erstmitbeteiligte als Arbeiter der Gebrüder H Schlosserei Tore und Antrieb GmbH als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet. Laut ZMR-Anfrage vom sei er in der Zeit vom bis in der G-gasse 3 in W. gemeldet, und als Unterkunftsgeber scheine Herr Ing. H auf.

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlaubten, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden könne.

Laut den vorgelegten Rechnungen in Verbindung mit der Aussage des Erstmitbeteiligten selbst habe die Tätigkeit im Montieren von Fensterrahmen, Fensterbrettern und Blindstöcken bzw. in der Anfertigung von Blindstöcken und Grundieren der Oberfläche bestanden. Die Tätigkeit falle sohin zweifellos "in diese Kategorie", sodass die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit nicht näher geprüft werden habe müssen, sondern sich aus den Umständen der genannten Tätigkeit ergebe.

Es gebe im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Erstmitbeteiligte je über eine eigene Unternehmensstruktur verfügt bzw. ein typisches Unternehmerwagnis zu tragen gehabt habe. Er verfüge über kein eigenes Büro bzw. eine Werkstätte. Vielmehr sei er seit 2003 laufend für die beschwerdeführende Gesellschaft bzw. für die Gebrüder H Schlosserei Tore und Antrieb GmbH tätig gewesen.

Auf Grund der Bezahlung einer Pauschale sei auch nicht anzunehmen, dass er die Möglichkeit gehabt hätte, an der Festlegung des Entgelts in irgendeiner Weise kalkulatorisch mitzuwirken. Da er offensichtlich auch über keine Angestellten verfügt habe, sei davon auszugehen, dass die Arbeit von ihm persönlich erbracht worden sei. Darüber hinaus sei ihm am Firmensitz eine Unterkunft zur Verfügung gestellt worden, ohne dass er regelmäßig Mietzahlungen zu leisten gehabt habe. Diese Tatsache verstärke die Bindung des Erstmitbeteiligten an die beschwerdeführende Gesellschaft zusätzlich und runde das Bild der persönlichen Abhängigkeit ab.

Der Erstmitbeteiligte habe vor dem Zollamt Wien ausgesagt, dass es bei der Firma H einen Rechnungsblock gebe, welchen er auszufüllen gehabt habe. Dies sei ihm vom Buchhalter aufgetragen worden. Es sei sohin eher davon auszugehen, dass der Erstmitbeteiligte dem Schein nach selbstständig tätig gewesen sei.

Die belangte Behörde gehe auch davon aus, dass der Erstmitbeteiligte in den Betrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft eingegliedert gewesen sei, zumal auf Baustellen u. a. eine zeitliche Fixierung der Arbeitsabläufe unumgänglich sei, wenn der Betrieb der Baustelle nicht gestört werden solle. Herr Ing. H habe darüber hinaus angegeben, dass der Erstmitbeteiligte an die Öffnungszeiten der Baustelle gebunden gewesen sei.

Angesichts der durchgeführten Arbeiten hätten sich Weisungen an den Erstmitbeteiligten erübrigt, weil dieser von sich aus gewusst habe, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu verhalten habe bzw. das Weisungsrecht in gleicher Weise im Bestehen von Kontrollrechten (auch mitunter genannt: "Stille Autorität" des Arbeitgebers) zum Ausdruck komme.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Abhängigkeit sei festzuhalten, dass diese ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel finde. Bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen sei sie die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Im vorliegenden Fall sei unstrittig, dass sämtliches Baumaterial von der beschwerdeführenden Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden sei. Das jeweils beigebrachte Werkzeug schließe ein Dienstverhältnis nicht aus.

Das Vorhandensein eines Gewerbescheins schließe jedenfalls ein Dienstverhältnis nicht aus, da ein Gewerbeschein allein nur die Berechtigung ausdrücke, ein solches auszuüben, aber nicht bedeute, dass der Gewerbescheininhaber unabhängig von der tatsächlichen Gestaltung der Tätigkeit eine selbstständige Tätigkeit ausübe. Aus den Aussagen des Erstmitbeteiligten und von Herrn S gehe überdies hervor, dass Letzterer die Gewerbeanmeldung für den Erstmitbeteiligten erledigt habe, und zwar im Auftrag von Herrn Ing. H. Dies runde auch das Bild einer Scheinselbstständigkeit ab. Weiters sei zu entgegnen, dass die Innehabung solcher Gewerbescheine nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Teil eines verbreiteten Missbrauchs der Gewerbeordnung sei, der zur Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse diene.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber - ebenso wie ausdrücklich die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt - Abstand genommen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Versicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; dazu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0217, mwN).

2. Bei den vom Erstmitbeteiligten durchgeführten (Montage-)Tätigkeiten handelt es sich um manuelle Hilfstätigkeiten im Sinne dieser Rechtsprechung, die in organisatorischer Einbindung in den Betrieb bzw. die Baustellen der beschwerdeführenden Gesellschaft erbracht worden sind. Atypische Umstände, die einer Beurteilung als abhängige Beschäftigung entgegen stehen würden, sind im Beschwerdefall nicht zu sehen, zumal der Erstmitbeteiligte nach den Feststellungen der belangten Behörde weder über eine eigene betriebliche Organisation oder über nennenswerte Betriebsmittel verfügt hat noch eigene unternehmerische Entscheidungen treffen konnte oder in der Art eines selbständig am Markt auftretenden Unternehmers seine Tätigkeiten erfolgreich angeboten hat, mag er auch - wie er am gegenüber der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angegeben hat - außer für die beschwerdeführende Gesellschaft und deren Tochtergesellschaft noch für ein weiteres Unternehmen tätig gewesen sein. Auch ein "Büro" in Ungarn würde daran nichts ändern, zumal ein Formular "E 101" nach der (im Beschwerdefall zeitraumbezogen noch anwendbaren) Verordnung (EWG) Nr. 572/72, welches (eine selbständige Tätigkeit des Erstmitbeteiligten in Ungarn) bescheinigt hätte, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund einer dort ausgeübten selbständigen Tätigkeit ungarischem Sozialversicherungsrecht unterlag, nicht vorgelegt wurde. Hinsichtlich der Frage der Verfügung über eigene Betriebsmittel rügt die beschwerdeführende Gesellschaft zwar, dass die belangte Behörde nicht festgestellt habe, welche Werkzeuge vom Erstmitbeteiligten beigestellt worden seien, legt aber selbst nicht dar, dass es sich um nicht nur geringwertige Wirtschaftsgüter gehandelt habe, mit denen sich der Erstmitbeteiligte - insbesondere durch Aufnahme in das Betriebsvermögen - eine unternehmerische Infrastruktur geschaffen habe (vgl. zum Begriff der "wesentlichen Betriebsmittel" auch das -

zu § 4 Abs. 4 ASVG ergangene - hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0163, mwN).

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Erstmitbeteiligte - wie die Beschwerde behauptet - der beschwerdeführenden Gesellschaft bloß die "Herstellung eines bestimmten Arbeitserfolges", also ein Werk und nicht Dienstleistungen, geschuldet hat; worin ein schon vertraglich vereinbarter Arbeitserfolg konkret bestanden hätte, wurde nämlich weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargelegt (vgl. zur Abgrenzung des Werkvertrages vom Dienstvertrag grundlegend das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 10.140 A).

Die Beschwerde bringt weiter vor, der Erstmitbeteiligte sei berechtigt gewesen, Hilfskräfte einzusetzen und sich vertreten zu lassen. Ein (ausdrücklich) vereinbartes generelles Vertretungsrecht würde zwar nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0097, mwN) die persönliche Abhängigkeit ausschließen, dies jedoch nur dann, wenn diese Befugnis entweder in der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses auch tatsächlich gelebt wurde oder wenn die Parteien bei Vertragsabschluss nach den Umständen des Einzelfalls zumindest ernsthaft damit rechnen konnten, dass von dieser Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht werden wird und die Einräumung dieser Vertretungsbefugnis nicht mit anderen vertraglichen Vereinbarungen in Widerspruch steht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0135, mwN). Die beschwerdeführende Gesellschaft hat die Feststellung der belangten Behörde, dass der Erstmitbeteiligte die Arbeit tatsächlich nur persönlich erbracht hat, nicht bestritten. Dafür, dass dessen ungeachtet bei Vertragsabschluss ernsthaft mit einer Vertretung gerechnet wurde, gibt es keine Anhaltspunkte, zumal eine schriftliche Vereinbarung der Vertretungsbefugnis im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt wurde.

Selbst wenn der Erstmitbeteiligte - wie die Beschwerde geltend macht - berechtigt gewesen sein sollte, Aufträge sanktionslos abzulehnen, stünde dies der Annahme abhängiger Beschäftigungsverhältnisse in den Zeiträumen der tatsächlichen Inanspruchnahme seiner Arbeitsleistungen nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0137, VwSlg. 17.185 A, mwN). Dass die belangte Behörde die Pflichtversicherung aber für Zeiträume festgestellt hätte, während deren der Erstmitbeteiligte nicht für die beschwerdeführende Gesellschaft tätig war, behauptet sie nicht.

Was schließlich die Gewerbeberechtigung betrifft, so ändert sie im Fall des Vorliegens einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nichts am Eintritt der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0076, mwN).

3. Die belangte Behörde ist somit im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass weder ein Werkvertrag noch ein freier Dienstvertrag (im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG), sondern ein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG vorlag. Darauf, inwieweit der Erstmitbeteiligte Einfluss auf die Höhe des Entgelts hatte, ob er tatsächlich am Firmensitz wohnte und ob er den Rechnungsblock selbst gekauft hatte, ist es nicht entscheidend angekommen.

4. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Dienstnehmer Begriff Wirtschaftliche Abhängigkeit
Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2012080246.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAE-71664