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VwGH vom 19.12.2012, 2012/08/0224

VwGH vom 19.12.2012, 2012/08/0224

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter, sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Kärntner Gebietskrankenkasse in Klagenfurt, vertreten durch Fink Bernhart Haslinglehner Peck, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK-421511/0001- II/A/3/2009, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. C C, p.A. T M, V, 2. J G, L, 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65- 67), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid festgestellt, dass der Zweitmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit als Disponent für den Erstmitbeteiligten gemäß § 4 Abs. 4 ASVG in der Zeit vom bis zum der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung und vom bis zum der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag.

Zwischen dem Erst- und dem Zweitmitbeteiligten sei folgende als "freier Dienstvertrag" iSd § 4 Abs. 4 ASVG bezeichnete Vereinbarung getroffen worden (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Rechtschreibfehler laut Original):

"1.

Der Dienstgeber betreibt am Standort M. das Handels- und Transportunternehmen mit Besorgung und Vermittlung von Transportaufträgen an Subunternehmer.

2.

Der Dienstnehmer ist ausgebildeter Disponent mit großem Erfahrungs- und Bekanntheitsgrad.

3.

Der Dienstnehmer besorgt ab im Rahmen seiner Disponententätigkeit Vermittlungs- und Transportaufträge für den Dienstgeber im Ausmaße von rund 45 Millionen Schilling per anno. Die Mindesttarife für Vermittlungs- und Transportaufträge werden vom Dienstgeber vorgegeben bzw. werden von den Vertragspartnern einvernehmlich festgesetzt.

4.

Der Dienstnehmer kann den Arbeitsablauf selbst regeln und gestalten und die Arbeitszeit selbst bestimmen. Gegebenenfalls kann sich der Dienstnehmer bei der Erfüllung seiner Aufgaben durch Personen, die dem Dienstgeber bekannt sind, auf seine Kosten vertreten lassen.

Im Arbeitsablauf sind keine persönliche Abhängigkeit und keine Weisungsbindung für den Dienstnehmer gegeben.

Die wesentlichen Betriebsmittel werden dem Dienstnehmer wie Telefon, EDV-Anlage vom Dienstgeber bereitgestellt.

5.

Für die Bewältigung der übernommenen Dienstleistungen werden einvernehmlich pauschal 40 Stunden pro Woche vereinbart. Fällt in einem Monat eine unabdingbare Mehrleistung an, so ist diese im darauffolgenden Monat auszugleichen (Zeitausgleich). Die durchgeführten Dienstleistungen sind per Wochenplaner-Auftragsberichte dem Dienstgeber vorzulegen und zu quittieren. Das Entgelt beträgt auf Basis des freien Dienstvertrages brutto ATS 36.695,--. Der Dienstnehmeranteil bei der Gebietskrankenkasse beträgt 13,5 % und wird, sowie die Einkommensteuer, vom Bruttoentgelt in Abzug gebracht. Die Vorauszahlung an Einkommensteuer wird vom Dienstgeber auf das Konto des Dienstnehmers beim Finanzamt zur Einzahlung gebracht. Neben dem Entgelt werden Reisekostenentschädigungen bis ATS 4.800,-

- gegen Vorlage der Reisekostenrechnung per Monat vom Dienstgeber vergütet. Sonstige Bezüge fallen nicht mehr an. Lediglich der gesetzliche Erholungsurlaub wird gewährt, sowie im Falle von Arztbesuch und Krankheit die Fortzahlung des vereinbarten Entgelts analog dem Entgeltsfortzahlungsgesetzes. Hier bleibt jedoch die Erbringung des Vermittlungs- und Transportaufträge im unter Punkt 3 angeführten Ausmaß unbenommen.

6.

Das Entgelt ist auf Grundlage des Verbraucherindexes (VPI 96) wertgesichert. Basismonat ist der Kalendermonat März 2001. Schwankungen bis zu 3 % werden nicht berücksichtigt. Bei Überschreiten der Schwankungsgrenze kommt die Veränderung zur Gänze zu tragen.

7.

Das Dienstverhältnis wird auf Basis des freien Dienstvertrages gemäß § 4 Abs. 4 ASVG auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es kann unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist jeweils zum Monatsende aufgekündigt werden."

Die Aussage des Zweitmitbeteiligten vom vor dem Amt der Kärntner Landesregierung wird im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegeben:

"Die Tätigkeit habe ich am aufgenommen und wird diese seither unverändert ausgeübt. (Der Erstmitbeteiligte) besitzt ein internationales Transportunternehmen mit 11 eigenen LKWs. Weiters gibt es 11 Subunternehmer, die für (den Erstmitbeteiligten) tätig sind und eingeteilt werden können. Es wurde ein freier Dienstvertrag abgeschlossen. Mir war von Anfang an klar, dass ich ein solches Dienstverhältnis eingehen will. Ich war vor der Tätigkeit (beim Erstmitbeteiligten) als Disponent in einem Dienstverhältnis tätig und hat meine Erfahrung gezeigt, dass bei meiner Art der Tätigkeit eine vollkommene Flexibilität erforderlich ist, insbesondere was die Arbeitszeiten anlangt, da die Auftraggeber verschiedene Geschäftszeiten haben und darauf Rücksicht zu nehmen ist. Eine fixe Dienstzeit als Dienstnehmer wäre daher für die Ausübung der Disponententätigkeit von großem Nachteil.

Ich kann meine Tätigkeit sowohl von zu Hause aus als auch vom Betriebsstandort des (Erstmitbeteiligten) ausüben. Deshalb habe ich auch ein Büro in der Firma (des Erstmitbeteiligten) und eines zu Hause eingerichtet. Des Weiteren bin ich aber oft bei den Kunden direkt unterwegs, z.B. in Italien oder in Deutschland oder in Slowenien.

Als Betriebsmittel steht mir ein Büro in der Firma (des Erstmitbeteiligten) und zu Hause zur Verfügung sowie eine EDV Anlage in der Firma. Zu Hause habe ich eine eigene EDV und einen eigenen Laptop.

Es ist für mich keine fixe Arbeitszeit bestimmt. Diese wird von mir selbst wahrgenommen, weil ich vorwiegend auf die Kundengegebenheiten angewiesen bin. Ich bin deshalb auch erforderlichenfalls samstags im Arbeitseinsatz, z.B. arbeitet die Industrie in Italien bis 18 Uhr und sind die Gespräche mit der Logistik erst danach zu führen. In Deutschland sind die Industriezeiten im Regelfall zwischen 6 und 14 Uhr. Wenn ich die Tätigkeit vom Büro der Firma ausübe, ist es nicht erforderlich mich bei irgendeiner Person zu melden oder abzumelden. Ich teile mir die Arbeitszeit vollkommen nach eigenem Bedarf ein. Vereinbart ist, dass ich zumindest wöchentlich die Umsätze (dem Erstmitbeteiligten) bekanntgebe, dazu wird eine Liste der Aufträge, die EDV-mäßig erfasst werden, ausgedruckt und übergeben. Wenn ich durch Krankheit, Urlaub und der gleichen verhindert sein sollte, gebe ich meine Verhinderung (dem Erstmitbeteiligten) bekannt und müsste eine Person als Vertretung nennen. Während meines Kuraufenthaltes von 3 Wochen musste ich dies in Anspruch nehmen, für diese Zeit müsste ich die Vertretungskosten übernehmen. Meine Tätigkeit ist aber so gelagert, das ich immer einige Tage voraus disponiere und eine kurzzeitige Erkrankung von 1 bis 2 Tagen nicht so ins Gewicht fällt."

In der Stellungnahme vom habe der Erstmitbeteiligte angeführt,

"dass (der Zweitmitbeteiligte) als 'ausgebildeter Disponent mit großem Erfahrungs- und Bekanntheitsgrad' die alleinige Aufgabe hat Vermittlungs- und Transportaufträge im Ausmaß von rund 45 Millionen Schilling per anno zu besorgen. Andere Aufgaben sind weder aus dem Dienstvertrag noch aus der faktischen Arbeitsleistung abzuleiten und können auch nicht eingefordert werden. Er kann den Arbeitsablauf selbst regeln und gestalten und die Arbeitszeit selbst bestimmen. Er ist daher keinen Weisungen des Dienstgebers unterlegen. (Der Zweitmitbeteiligte) hat einen eigenen Kundenstock und lässt sich in seinem Aufgabengebiet auch nichts 'dreinreden' oder gar die Kontaktaufnahme zu seinen Kunden durch den Dienstgeber. Dem Dienstgeber spielt lediglich das Faktum eine wesentliche Rolle, dass die Aufträge 1. laufend und

2. entsprechend den Mindesttarifen hereinkommen.

Die wöchentlichen Auftragsberichte sind für die Abwicklung der Transporte unumgänglich. Mit der Abgabe der Wochenplaner - Auftragsberichte wird hier nicht der Arbeitsnachweis, sondern vielmehr der Auftragsnachweis erbracht.

(Der Zweitmitbeteiligte) kann den Arbeitsort - er hat zu Hause auch ein Büro eingerichtet - und die Arbeitszeit selbst bestimmen. Den Arbeitsablauf kann er selbst regeln und verändern. Für ihn besteht kein Konkurrenzverbot. Er ist in den Betriebsorganismus nicht eingegliedert.

Der Umstand, ob (der Zweitmitbeteiligte) anwesend ist oder nicht, ist nicht von entscheidender Relevanz, sondern vielmehr der Umstand, dass laufend genügend Transportaufträge hereinkommen. Für die Tätigkeit des (Zweitmitbeteiligten) sind keine besonderen Betriebsmittel Voraussetzung."

In einer Stellungnahme vom habe der Erstmitbeteiligte weiters angegeben, dass

"(der Zweitmitbeteiligte) als Disponent den Auftrag hat für ihn Vermittlungs- und Transportaufträge im Ausmaß von rund EUR 3,270 Millionen zu besorgen. Hiezu hat (der Zweitmitbeteiligte) freie Hand und trifft die Entscheidungen selbst, 1ediglich die Vorgaben wie Mindesttarife und der fortlaufende Transporteinsatz sind zu gewährleisten."

Es sei wiederholt worden, dass

"(der Zweitmitbeteiligte) seinen Arbeitsort selbst wählen kann (entweder der Betrieb oder zu Hause in seinem Büro). Die Einteilung trifft (der Zweitmitbeteiligte) nach seinem Belieben und der Zweckmäßigkeit. Zumindest wöchentlich werden die Transportaufträge an ihn übergeben, hierbei ist auf eine kontinuierliche Transportabwicklung Sorge zu tragen.

Das Entgelt für (den Zweitmitbeteiligten) wird laufend ausbezahlt, solange er mit seinen Vermittlungs- und Transportaufträgen 'in Plan' ist. Sollte sich das Ausmaß der Aufträge ändern, so ändert sich auch das Entgelt entsprechend. Ein Konkurrenzverbot wurde nicht vereinbart. (Der Zweitmitbeteiligte) hat auf Grund seines Bekanntheitsgrades einen gesicherten Kundenstock. Er fragt bei den Kunden in regelmäßigen Abständen nach Transportaufträgen. Bei größeren Firmen sind ihm diese bereits über Wochen und Monate im Voraus bekannt (täglicher - wöchentlicher Einsatz einer bestimmten Anzahl von LKW Ladungen mit Auf- und Abladeort). Für Komplementierungen werden dann andere Kunden noch angerufen. Bei größeren Firmen ist der persönliche Besuch in kürzeren Zeitabständen üblich. Die Frachttarife sind ihm bekannt und die Mindesttarife vorgegeben. Im Grenzfall kann er entscheiden, ob der Mindesttarif bei einer Fracht noch unterschritten werden darf."

Die Aussagen des Erst- und Zweitmitbeteiligten - so die belangte Behörde weiter - würden ein übereinstimmendes Bild ergeben. Es bestehe kein Grund, diese in Zweifel zu ziehen.

Der Zweitmitbeteiligte sei für den Erstmitbeteiligten bis zum tätig gewesen. Seine Einkünfte seien als Einkünfte aus Gewerbebetrieb veranlagt worden. Es liege kein Bescheid betreffend eine Lohnsteuerpflicht vor.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Ansicht, aus der Art der Beschäftigung des Zweitmitbeteiligten ("Disponent mit großem Erfahrungs- und Bekanntheitsgrad") sei zu ersehen, dass es gerade auf seine Person ankomme (persönliche Kundenkontakte, eigener Kundenstock) und nicht auf andere, ihn vertretende Personen. Tatsächlich habe der Zweitmitbeteiligte die im Dienstvertrag vereinbarte Vertretungsregelung nur einmal während eines Kuraufenthaltes von drei Wochen in Anspruch genommen. Ein generelles Vertretungsrecht sei nicht gegeben gewesen. Der Zweitmitbeteiligte sei in der Ausübung seiner Tätigkeit als Disponent weder zeitlich noch örtlich weisungsgebunden gewesen. Es habe keine Vorgabe gegeben, sich zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten einzufinden. Eine fixe Arbeitszeit sei nicht vereinbart worden. Erforderlichenfalls sei der Zweitmitbeteiligte auch an Samstagen im Arbeitseinsatz gewesen. Er habe auf die verschiedenen Arbeitszeiten der Auftraggeber Rücksicht nehmen müssen und seine Tätigkeit sowohl von zu Hause als auch vom Betriebsstandort des Erstmitbeteiligten aus ausüben können. Er sei oft direkt bei den Kunden (in Italien, Deutschland und Slowenien) tätig gewesen. Größtenteils seien die Aufträge telefonisch getätigt worden. Bei größeren Firmen seien Firmenbesuche erforderlich gewesen. Der Zweitmitbeteiligte habe über einen eigenen Kundenstock verfügt. Er selbst habe mit dem Kunden Kontakt aufgenommen. Er sei in keiner Weise dahin gebunden gewesen, dass er sich zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten einzufinden gehabt habe, um vom Erstmitbeteiligten Anweisungen über die Art und Weise oder den Verlauf seiner Tätigkeit zu erhalten. Ihm seien auch keine Routen vorgegeben worden, die er zu bestimmten Zeiten zu erledigen gehabt hätte. Er habe seine Vorgangsweise bei der Durchführung von Vermittlungs- und Transportaufträgen eigenständig organisiert. Eine Kontrolle in Bezug auf "sein Kommen und Gehen in den Firmenräumlichkeiten" habe nicht bestanden. Es habe keine Ab- bzw. Anmeldepflicht bestanden. Der Zweitmitbeteiligte habe dem Erstmitbeteiligten wöchentlich die Umsätze bekannt zu geben gehabt. Dazu sei ihm eine Liste der EDVmäßig erfassten Aufträge übergeben worden. Die EDV-mäßige Erfassung der akquirierten Kunden bzw. die Bekanntgabe der wöchentlichen Umsätze sei nicht als Berichterstattungspflicht zu werten. Die wöchentliche Übergabe der Transportaufträge habe sich aus der Art der Tätigkeit als Disponent ergeben und sei in Bezug auf eine kontinuierliche Transportabwicklung unabdingbar gewesen. Ein Konkurrenzverbot sei nicht vereinbart gewesen. Daraus ergebe sich zusammenfassend, dass eine persönliche Abhängigkeit des Zweitmitbeteiligten nicht bestanden habe, weil er weder an die Vorgaben des Erstmitbeteiligten bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsort oder Arbeitsfolge gebunden gewesen sei noch Weisungen des Erstmitbeteiligten zu befolgen gehabt habe oder dessen Kontrolle unterworfen gewesen sei. Bezüglich seines Arbeitsverhaltens habe es keine weiteren Vorschriften gegeben. Seine Tätigkeit sei nicht überwacht worden. Er habe deren Intensität selbst bestimmen und organisatorisch einteilen können. Es überwögen die Merkmale des Fehlens persönlicher Abhängigkeit. Auch das Bestehen einer Lohnsteuerpflicht nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 sei zu verneinen.

Ein freier Dienstvertrag iSd § 4 Abs. 4 ASVG liege vor, wenn Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbracht würden und der Dienstnehmer über keine wesentlichen Betriebsmittel verfügt habe. Der Zweitmitbeteiligte habe seine Tätigkeiten als Disponent im Großen und Ganzen persönlich erbracht. Er habe seine Tätigkeit teilweise im Betrieb des Erstmitbeteiligten ausgeübt. Dort sei ihm die Infrastruktur (PC, Telefon etc.) zur Verfügung gestellt worden. Teilweise habe er zu Hause gearbeitet. Darüber hinaus seien die Kundenbesuche mit dem eigenen Pkw erfolgt. Auch zu Hause habe er über ein eigenes Büro verfügt. Für den Einsatz des eigenen Pkws habe dem Zweitmitbeteiligten eine Reisekostenentschädigung gebührt. Diesbezüglich sei nicht von einem Einsatz mit eigenen Betriebsmitteln auszugehen, weil die wirtschaftlichen Kosten des Mitteleinsatzes durch die Bezahlung von Aufwandersatz abgegolten würden. Bei dem privaten PC, den der Zweitmitbeteiligte benütze, handle es sich um kein wesentliches Betriebsmittel, welches über den allgemeinen Gebrauch des täglichen Lebens hinausgehe. Die Tätigkeit des Zweitmitbeteiligten als Disponent beim Erstmitbeteiligten in der Zeit vom bis zum sei als freies Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 4 AVG zu qualifizieren. Freie Dienstnehmer seien im Bereich der Arbeitslosenversicherung erst ab dem den echten Dienstnehmern gleichgestellt und in die Arbeitslosenversicherungspflicht einbezogen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist insbesondere bei der Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag grundsätzlich von der vertraglichen Vereinbarung auszugehen, weil diese die rechtlichen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar macht und daher als Deutungsschema für die tatsächlichen Verhältnisse dient. Der Vertrag hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Diese müsste durch den Nachweis, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den vertraglichen Vereinbarungen über das Vorliegen eines freien Dienstvertrages abweichen, entkräftet werden. Solche Abweichungen werden naturgemäß umso weniger manifest sein, in je geringerem zeitlichen Ausmaß der Beschäftigte tätig ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/08/0153, und vom , Zl. 2010/08/0256, mwN).

Bei Beschäftigten, die ihre Tätigkeit disloziert, d.h. in Abwesenheit des Dienstgebers oder des von ihm Beauftragten außerhalb einer Betriebsorganisation ausüben, stellt sich die Frage der Weisungsgebundenheit im Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten - und damit der zur Rede stehende Nachweis zur Widerlegung der Vermutung - in anderer Weise als bei einer Einbindung in eine Betriebsorganisation. Im ersten Fall wird das Vorliegen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses in der Regel durch explizite persönliche Weisungen dokumentiert, während die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation in der Regel zur Folge hat, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2010/08/0256).

Aus dem schriftlichen Dienstvertrag geht hervor, dass der Zweitmitbeteiligte für den Erstmitbeteiligten ab dem im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses Vermittlungs- und Transportaufträge im Ausmaß eines Umsatzes von rund 45 Mio. Schilling jährlich besorgen sollte. Der Dienstnehmer konnte den Arbeitsablauf selbst regeln und die Arbeitszeit selbst bestimmen. Er sollte keinen Weisungen des Dienstgebers unterliegen. Die wesentlichen Betriebsmittel wie Telefon, EDV-Anlage wurden vom Dienstgeber bereitgestellt. Für die Erreichung des Umsatzzieles wurden pauschal 40 Stunden pro Woche veranschlagt. Mehrleistungen des einen Monats waren im darauffolgenden Monat auszugleichen.

Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse vermag die daraus abzuleitende Vermutung der Richtigkeit nicht zu widerlegen. Zunächst ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, dass der Zweitmitbeteiligte in einer Weise in die betriebliche Organisation des Erstmitbeteiligten eingebunden gewesen wäre, dass ausdrückliche persönliche Weisungen und Kontrollen durch "stille Autorität" substituiert worden wären. Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse ergibt sich eine solche Einbindung nicht schon daraus, dass dem Zweitmitbeteiligte vom Erstmitbeteiligten Betriebsmittel (Laptop, EDV-Anlage, Handy) zur Verfügung gestellt worden sind. Wenn die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse einräumt, dass der Zweitmitbeteiligte auf Grund seiner fachlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten bereits von sich aus gewusst habe, wann und wie er seine Arbeitsleistungen zu erbringen habe, weshalb sich ausdrückliche persönliche Weisungen erübrigt hätten, so ist dem zu entgegnen, dass es auf die Erteilung von Weisungen in Bezug auf die Erteilung von Weisungen in Bezug auf das arbeitszogene Verhalten ankommt, solcher aber von der belangten Behörde nicht festgestellt wurden. Dass der Zweitmitbeteiligte bestrebt war, die im Dienstvertrag festgelegten Umsatzziele insbesondere durch entsprechende "Akquisetätigkeit" (Kundenkontakte per Telefon, Kundenbesuche) zu erreichen, spricht nicht gegen das Vorliegen eines freien Dienstvertrages. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Umstand, dass der Zweitmitbeteiligte bei der Vereinbarung von Terminen mit Kunden frei gewesen ist und sich dabei den Bedürfnissen der Kunden angepasst hat, dafür sprechen könnte, dass dem Zweitmitbeteiligten - entgegen dem schriftlichen Dienstvertrag - Weisungen bezüglich der einzuhaltenden Arbeitszeit erteilt worden wären. Dass die Erreichung der Umsatzziele wöchentlich kontrolliert wurde, ergibt sich bereits aus dem schriftlichen Dienstvertrag. Eine solche Kontrolle der bloßen Arbeitsergebnisse des Zweitmitbeteiligten steht mit dem Vorliegen eines freien Dienstvertrags nicht im Widerspruch und ist kein Nachweis dafür, dass er - entgegen dem schriftlichen Dienstvertrag - in Bezug auf den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten Weisungen des Dienstgebers unterworfen gewesen wäre. Schließlich schließt auch die im Dienstvertrag vorgesehene Gewährung eines Spesenersatzes, des gesetzlichen Erholungsurlaubs und der Fortzahlung des vereinbarten Entgelts in bestimmten Fällen der Arbeitsverhinderung analog dem Entgeltfortzahlungsgesetz im vorliegenden Beschwerdefall nicht das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses aus, zumal sich auch aus den gesamten Umständen des vorliegenden Falles nicht ergibt, dass eine persönliche Abhängigkeit vom Dienstgeber vorliege. Wenn die Beschwerde unter dem Beschwerdegrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung der belangten Behörde rügt, dass die "wöchentliche Übergabe der Transportaufträge sich aus der Art der Tätigkeit als Disponent ergab und in Bezug auf die kontinuierliche Transportabwicklung unabdingbar ist", so ist nicht erkennbar, welche Relevanz dieser Verfahrensrüge zukommen soll, ergibt sich doch schon aus der Pflicht zur Vorlage der "Wochenplaner - Auftragsberichte" eine Kontrolle der Transportaufträge und ist auch nicht ersichtlich, inwiefern sich aus dem Wegfall der bekämpften Feststellung ein Indiz für eine - entgegen dem schriftlichen Dienstvertrag eben doch vorliegende - Weisungsgebundenheit des Zweitmitbeteiligten ergeben sollte.

Schließlich gelingt es der Beschwerde auch mit dem Vorwurf, die belangte Behörde hätte "noch weitere Zeugen" einvernehmen müssen, "um die tatsächlichen Arbeitsabläufe festzustellen", bzw. mit der Rüge, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, "wie viel Zeit der Dienstnehmer in seinem Büro zu Hause tatsächlich arbeitet" nicht, einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, unterlässt sie es doch darzutun, inwiefern die von ihr vermissten Vernehmungen ein anderes, für die beschwerdeführende Partei günstiges Ergebnis zur Folge gehabt hätten (vgl. zur Unzulässigkeit eines Erkundungsbzw. Ausforschungsbeweises das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0250). Es wäre nach der dargelegten Vermutung in Ansehung des vorliegenden schriftlichen Dienstvertrages an der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse gelegen, entsprechende konkrete widerlegende Behauptungen aufzustellen.

Zusammenfassend kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausgehend von der vorgelegten Vereinbarung zwischen dem Erstmitbeteiligten und dem Zweitmitbeteiligten das Vorliegen eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs. 4 ASVG und eine entsprechende Pflichtversicherung für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum bejaht und im Übrigen eine Pflichtversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG nur für den Zeitraum vom bis zum angenommen hat. Weder die Vereinbarung noch die Feststellungen über die tatsächliche Durchführung des Arbeitsvertrages lassen Anhaltspunkte erkennen, aus denen iSd § 4 Abs. 2 ASVG ein Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit abzuleiten wäre.

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am