VwGH vom 15.05.2013, 2012/08/0161
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des Dkfm. R S in B, vertreten durch Mag. Alexander Lirk, Rechtsanwalt in 5280 Braunau/Inn, Stadtplatz 50/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK- 426780/0001-II/A/3/2011, betreffend Pflichtversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner selbständigen Erwerbstätigkeit in der Zeit vom bis der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG und in der Zeit vom bis der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b Abs. 1 Z 2 GSVG sowie auf Grund seines Pensionsbezuges in der Zeit vom bis der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b Abs. 3 GSVG unterlegen sei.
Begründend führte die belangte Behörde nach der Darstellung des Verfahrensgangs und der Rechtslage aus, dass aus dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 32.746,-- und Einkünfte aus Gewerbetrieb in Höhe von EUR 3.722,16 ersichtlich seien.
Seit dem beziehe der Beschwerdeführer eine Altersversorgungsleistung aus der Versorgungseinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Seit dem beziehe er eine Alterspension "von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft". Ein Beitritt des Beschwerdeführers zur kammereigenen Krankenversorgungseinrichtung liege nicht vor und sei auch nicht behauptet worden.
Der Beschwerdeführer sei vom bis handelsrechtlicher Geschäftsführer der Dkfm. S. Steuerberatungs-GmbH gewesen. Daneben habe er als handelsrechtlicher Geschäftsführer die I. Treuhand Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH vertreten.
Strittig sei, ob der Beschwerdeführer vom bis der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, vom bis der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b Abs. 1 Z 2 GSVG sowie vom bis der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b Abs. 3 GSVG unterlegen sei. Er verneine dies mit der Begründung, dass er seit seine Erwerbstätigkeit als Geschäftsführer beendet habe und somit auch kein Einkommen mehr erzielt habe.
Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richte sich nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die Versicherungsgrenze übersteigende Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgingen, Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung bestehe, sofern die zugrunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum weiter ausgeübt worden sei und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten sei.
Gemäß § 7 Abs. 4 GSVG ende die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG grundsätzlich mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeit erfolge bzw. in dem der Versicherte erkläre, dass seine Einkünfte entgegen der Versicherungserklärung die Versicherungsgrenze nicht übersteigen würden.
Der Beschwerdeführer habe zwar die abgegebene Versicherungserklärung vom in der Niederschrift vom widerrufen, indem er erklärt habe, die relevante Versicherungsgrenze nicht zu überschreiten, doch es liege ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom vor, in dem Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie gewerblicher Tätigkeit von insgesamt EUR 36.468,16 aufschienen. Somit sei die für das Jahr 2008 geltende Versicherungsgrenze in der Höhe von EUR 4.188,12 bei Weitem überschritten worden. Es sei auch keine Pflichtversicherung nach anderen Bundesgesetzen oder dem GSVG auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeiten eingetreten.
Der Beschwerdeführer habe erklärt, dass er ab seine Tätigkeit als Geschäftsführer beendet und auch kein Einkommen aus dieser Tätigkeit mehr erzielt habe, doch habe er auch angegeben, bis zum Abschluss der Steuerberatungsprüfung seines Nachfolgers handelsrechtlicher Geschäftsführer der Dkfm. S. Steuerberatungs-GmbH bleiben zu müssen. Es sei auch aus dem Firmenbuch ersichtlich, dass die Geschäftsführerfunktion des Beschwerdeführers erst am beendet worden sei. Bis dahin sei der Beschwerdeführer alleiniger Betriebsinhaber und "gesetzlich notwendiger" Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gewesen, auch wenn er kein Einkommen daraus erzielt haben sollte. Die betriebliche Tätigkeit sei somit entgegen seiner Ansicht nicht bereits Ende Februar beendet worden, da eine Betriebsweiterführung eindeutig beabsichtigt gewesen sei und die betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgüter weder in das Privatvermögen übernommen noch veräußert worden seien, somit die betriebliche Infrastruktur weiterhin aufrecht gewesen sei. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer im Jahr 2008 auch die I. Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH als handelsrechtlicher Geschäftsführer vertreten. Mangels einer Pflichtversicherung nach ASVG stelle auch diese Tätigkeit eine betriebliche selbständige Tätigkeit dar.
Da neben der selbständigen Erwerbstätigkeit ab eine Pension "von der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft" bezogen worden sei, die eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründe, sei der Tatbestand des § 14b Abs. 1 Z 2 GSVG erfüllt und es trete ex lege die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ein.
Der Tatbestand des § 14b Abs. 3 GSVG werde dadurch erfüllt, dass der Beschwerdeführer neben der Altersversorgungsleistung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ab die obgenannte Pension bezogen habe.
Hinsichtlich des Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde darauf verwiesen, dass es dem Prinzip der Verfahrensökonomie entspreche, von einer neuerlichen Aufnahme bereits erhobener Beweise abzusehen. Es sei in diesem Fall nicht ersichtlich und auch vom Beschwerdeführer nicht dargelegt worden, welche neuen Erkenntnisse aus der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gezogen hätten werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sind in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz selbständig erwerbstätige Personen pflichtversichert, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6 GSVG) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.
Die Pflichtversicherung der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Personen endet gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt; hat der Versicherte die Abmeldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 GSVG erstattet, mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, dass er die betrieblichen Tätigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt beendet hat. Gemäß § 7 Abs. 4 Z 3 GSVG endet die Pflichtversicherung weiters mit dem Ende des Kalendermonats, in dem der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte entgegen der Erklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz GSVG die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6 GSVG) nicht übersteigen werden.
Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 GSVG sind gemäß § 25 Abs. 1 GSVG grundsätzlich die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gelten auch die Einkünfte als Geschäftsführer und die Einkünfte des zu einem Geschäftsführer bestellten Gesellschafters der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
2. Strittig ist im Beschwerdefall, ob der Beschwerdeführer im Zeitraum bis gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterlag (von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dieser Bestimmung war er gemäß § 5 GSVG iVm der Verordnung über die Ausnahme der Mitglieder von Kammern der freien Berufe von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. II Nr. 471/2005, ausgenommen).
Der Beschwerdeführer hat am eine - zeitlich unbefristete - Erklärung im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz GSVG abgegeben, wonach seine jährlichen Einkünfte die maßgebliche Versicherungsgrenze übersteigen würden. Seine Erklärung vom , dass er ab "kein Erwerbseinkommen, keine Gewinnausschüttung und keine sonstigen Zahlungen" beziehen und daher die Versicherungsgrenze nicht überschreiten werde, kann als Erklärung im Sinn des § 7 Abs. 4 Z 3 GSVG verstanden werden, mit der die Erklärung vom widerrufen wurde.
Demnach endete die Pflichtversicherung - vorerst - mit Ende Februar 2008. Dies hinderte aber nicht die Feststellung der Pflichtversicherung im Nachhinein, sobald der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vorlag, der Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 32.746,-- und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 3.722,16 auswies.
Der Beschwerdeführer bestreitet weder die Richtigkeit der Zuordnung dieser Einkünfte zu den genannten Einkunftsarten noch deren - die Versicherungsgrenzen nach § 4 Abs. 1 Z 5 und 6 GSVG überschreitende - Höhe. Er bringt aber - wie schon im Verwaltungsverfahren - vor, dass die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte ausnahmslos vor dem erzielt worden seien. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wodurch ab die Versicherungspflicht entstanden sei. Die Funktion als Geschäftsführer führe anders als bei "gewerblichen Gesellschaftern" zu keiner Versicherungspflicht. Der Beschwerdeführer habe ab dem keine betriebliche Tätigkeit mehr ausgeübt, eine weitere betriebliche Tätigkeit sei auch nicht beabsichtigt gewesen. In seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der I. Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH sei der Beschwerdeführer nicht tätig gewesen, und er habe keinerlei Entgelt erzielt. Auch bei der Dkfm. S. Steuerberatungs-GmbH sei keine Ausschüttung möglich gewesen. Seine "persönliche Betriebsstruktur als Geschäftsführer" sei nicht aufrecht gewesen, weil er in der Folge weder Einnahmen noch Ausgaben gehabt habe. Die Struktur der GmbH sei natürlich erhalten geblieben.
Der Beschwerdeführer behauptet also eine Beendigung seiner betrieblichen Tätigkeit im Wesentlichen mit dem Argument, dass er keine Einkünfte mehr erzielt habe. Darauf kommt es aber nicht an. Zwar tritt die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG - sofern keine Erklärung nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung abgegeben wurde - nur dann ein, wenn bestimmte jährliche Einkommensgrenzen überschritten werden. Es ist aber nicht erforderlich, dass in jedem Monat der Tätigkeit Einkünfte erzielt werden.
Eine tatsächliche Beendigung der betrieblichen Tätigkeit konnte im Beschwerdefall schon auf Grund der Pflichten, die dem Geschäftsführer einer GmbH nach dem GmbHG zukommen, nicht angenommen werden (vgl. zur Beurteilung des Geschäftsführers einer GmbH als "selbständig erwerbstätig" im Sinn des § 12 AlVG etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/08/0199, und vom , Zl. 2010/08/0036, jeweils mwN). Hinzu kommt, dass die Dkfm. S. Steuerberatungs-GmbH als Steuerberatungsgesellschaft tätig war, was auch nach dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (vgl. insbesondere dessen § 65) ein Tätigwerden des Beschwerdeführers - als nach seinem Vorbringen einzigen Gesellschafters mit der entsprechenden Berufsberechtigung - voraussetzte.
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, dass die belangte Behörde ein mündliches Verfahren hätte durchführen müssen, vermag er nicht die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzulegen. Es ist nämlich nicht erkennbar, inwieweit die Erörterung der "Unterschiede zwischen den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft und den Wirtschaftsgütern meines Betriebes 'Geschäftsführer'" in einer Verhandlung zu einer anderen Beurteilung der Pflichtversicherung hätten führen können.
Gründe für eine Rechtswidrigkeit der - formal ebenfalls von Beschwerdepunkt und Aufhebungsantrag erfassten - Feststellung der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b Abs. 1 Z 2 GSVG und § 14b Abs. 3 GSVG macht die Beschwerde nicht geltend.
3. Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am