VwGH vom 27.01.2012, 2010/02/0185
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des KS in W, vertreten durch Mag. Franz Karl Juraczka, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alser Straße 32/15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 03/P/15/9654/2007-11, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer, nämlich Frau Jutta P. eine Verwaltungsübertretung begehe, nämlich das Lenken eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Fahrzeuges am um 17:55 Uhr in Wien 10., K.- Straße 32-34, in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand (1,04 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft), weil er gemeinsam mit Frau Jutta P. zuvor mehrere alkoholische Getränke konsumiert habe, selbst alkoholbeeinträchtigt gewesen sei und das Fahrzeug nicht selbst lenken habe wollen, weil er kein Risiko in Bezug auf seinen Führerschein habe eingehen wollen, da er diesen aus beruflichen Gründen benötige.
Er habe dadurch § 7 Abs. 1 VStG iVm §§ 5 Abs. 1 und 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.162,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Tathandlung am stattgefunden habe, die belangte Behörde mit der schriftlichen Bescheidausfertigung über 15 Monate gewartet habe, der Bescheid dem Beschwerdeführer sohin erst am zugestellt worden sei, womit sowohl Säumnis als auch Verjährung im Sinne der §§ 31 Abs. 3 und 51 Abs. 7 VStG eingetreten seien und das Strafverfahren sohin einzustellen gewesen wäre.
Nach § 51 Abs. 7 VStG tritt das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft, wenn in einem Verfahren, in dem nur dem Beschuldigten das Recht zur Berufung zusteht, seit dem Einlangen der Berufung 15 Monate vergangen sind.
Dem Beschwerdevorbringen ist zu erwidern, dass die Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis bei der Behörde erster Instanz am einlangte, die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid im Rahmen der Verhandlung am mündlich verkündete und das Verwaltungsstrafverfahren sohin ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen war (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0073).
Aber auch gegen § 31 Abs. 3 VStG wurde nicht verstoßen. Gemäß § 31 Abs. 3 VStG tritt Strafbarkeitsverjährung nämlich erst ein, wenn die ein Straferkenntnis bestätigende Berufungsentscheidung erst nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet ab dem im Abs. 2 genannten Zeitpunkt (Tatzeit), erlassen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/02/0140).
Eine Verletzung der in §§ 31 Abs. 3 und 51 Abs. 7 VStG normierten Fristen liegt sohin nicht vor.
In der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, Jutta P. nicht gebeten zu haben mit seinem Fahrzeug zu fahren und es einzuparken. Die Initiative sei vielmehr von Jutta P. ausgegangen und es habe keine Veranlassung durch den Beschwerdeführer stattgefunden.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt gemäß § 7 VStG der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.
Die belangte Behörde begründet den Tatbestand der Anstiftung gemäß § 7 VStG im angefochtenen Bescheid dergestalt, dass Jutta P. den Beschwerdeführer darauf hingewiesen habe, dass er sein Fahrzeug nicht vorschriftswidrig in zweiter Spur stehen lassen könne, weil es ansonsten wahrscheinlich abgeschleppt werde und sie habe sich angeboten, es einzuparken. Mit der Äußerung, dass er das Fahrzeug wegen seiner Alkoholisierung nicht wegfahren werde, habe der Beschwerdeführer Jutta P. in ihrem Entschluss, das Fahrzeug für ihn einzuparken bestätigt, was sich zusätzlich in der Übergabe des Fahrzeugschlüssels manifestiert habe.
Dies erfüllt jedoch nicht den Tatbestand der Anstiftung im Sinne des § 7 VStG.
Strafbare Anstiftung erfordert eine bewusste Einwirkung auf den Täter, die ihn zu seinem Verhalten veranlasst oder in seinem Verhalten bestärkt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/02/0085, mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine solche Anstiftung im Sinne des § 7 VStG insbesondere durch Bitten, Befehlen, Anheimstellen, Überreden, Auffordern, Bedrängen, Beschenken, Bestechen, Loben, Versprechen, Drohung oder Ausübung sonstigen Druckes, Täuschung u.ä. erfolgen. Eine "unschuldige" Frage, scheinbares Abraten, ein "Wetten, dass" u.ä. kann genügen. Unter Umständen können auch andere zum Teil sehr subtile Formen der Einflussnahme auf einen anderen die Annahme von Bestimmungstäterschaft nahelegen, etwa der Appell an die "Loyalität" oder die bewusste Aktivierung des Vorausgehorsams, des weiteren gezieltes Sticheln, Liebesentzug und andere "Strategien", um einen anderen, unter Umständen erst nach längerer Beeinflussung, allmählich "herumzukriegen"; dabei kommt es entscheidend auf die psychologische Gesamtsituation an. Auch eine verschlüsselte Aufforderung genügt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/16/0083).
Die von der belangten Behörde zur Begründung herangezogene Handlung des Beschwerdeführers erfüllt nicht den Tatbestand der Anstiftung im Sinne des § 7 VStG. Die Initiative ging nämlich - wie sich aus den Feststellungen der belangten Behörde ergibt - von Jutta P. selbst aus. Sie hat sich - ohne irgendein Zutun des Beschwerdeführers im Sinne der obigen Ausführungen - aus eigenem Antrieb angeboten, das Fahrzeug einzuparken. Die von der belangten Behörde angenommene "Bestätigung" in dem bereits von Jutta P. gefassten Entschluss kann nicht als Anstiftung im Sinne des § 7 VStG angesehen werden.
Die belangte Behörde hat somit ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da der Anforderung des Art. 6 MRK durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/09/0200).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am