VwGH vom 09.10.2013, 2012/08/0122
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Wien, vertreten durch Dr. Eva-Maria Bachmann-Lang und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Opernring 8, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom , Zl 20305-V/13.835/26-2012, betreffend Beitragsgrundlagen nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:
Dipl.Ing. A B in S, vertreten durch Dr. Friedrich Oedl und Mag. Otmar Moser, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Getreidegasse 21), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf das hg Erkenntnis vom , Zl 2006/08/0162, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein im Instanzenzug ergangener Bescheid der belangten Behörde, mit dem Beitragsgrundlagen des Beschwerdeführers nach dem GSVG festgestellt worden waren, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Als für die Aufhebung des Bescheids tragende Gründe führte der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:
"4. Die belangte Behörde hat der Feststellung der Beitragsgrundlagen 'Einkommensdaten' zugrundegelegt, wie sie sich aus einem Bemessungsblatt im Akt der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt ergeben, aus dem 'insoweit unstrittig auf Grund einer Rückmeldung des Bundesrechenzentrums die mit jeweils Bescheid vom finanzrechtlich ermittelten Einkommensdaten' des Beschwerdeführers ersichtlich seien. Sie hat dabei unberücksichtigt gelassen, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat, dass ihm gegenüber entsprechende Bescheide der Abgabenbehörden nicht erlassen worden seien, sodass jedenfalls keine rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide vorlägen.
Aus § 25 Abs. 1 GSVG ergibt sich eine Bindung an die abgabenbehördlich (rechtskräftig) festgestellten Einkünfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0169), nicht aber an Mitteilungen, die zwar nach § 229a GSVG von der Abgabenbehörde dem Versicherungsträger übermittelt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0166). Die belangte Behörde hat es - ausgehend von der unzutreffenden Rechtsansicht, dass die gemäß § 229a GSVG an die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt übermittelten 'Einkommensdaten' jedenfalls der Feststellung der Beitragsgrundlagen zugrunde zu legen sei - unterlassen, sich mit den Einwendungen des Beschwerdeführers, wonach ihm keine Einkommensteuerbescheide vom zugestellt worden seien, auseinander zu setzen und dazu die erforderlichen Feststellungen zu treffen."
In der Folge erließ die belangte Behörde einen Ersatzbescheid vom , mit dem der erstinstanzliche Bescheid der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt gemäß § 417a ASVG behoben und "die Angelegenheit zur Ergänzung der Ermittlungen und zur Ergänzung der Begründung und zur Erlassung eines neuen Bescheides" an diese zurückverwiesen wurde.
Der daraufhin von der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt erlassene erstinstanzliche Bescheid wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom neuerlich gemäß § 417a ASVG behoben und die Angelegenheit zur Ergänzung über Ermittlungen und zur Ergänzung der Begründung und zur Erlassung eines neuen erstinstanzlichen Bescheids zurückverwiesen. In den beiden nach § 417a ASVG erlassenen Bescheiden der belangten Behörde wurde die Aufhebung und Zurückverweisung im Wesentlichen damit begründet, dass - unter Bindung an die vom Verwaltungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis vertretene Rechtsansicht - weitere Ermittlungen zur mangelfreien Feststellung des Sachverhalts erforderlich seien.
Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt erließ daraufhin einen weiteren erstinstanzlichen Bescheid vom , mit dessen Spruch folgende Beitragsgrundlagen festgestellt wurden:
"1. Die endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach dem GSVG beträgt für das Jahr 1993 EUR 2.848,78.
2. Die endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG beträgt für das Jahr 1994 EUR 1.449,31.
3. Die endgültige monatliche Beitragsgrundlage in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG beträgt für das Jahr 1998 EUR 3.078,80."
Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Einspruch und wiederholte darin im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen, wonach ihm gegenüber Einkommensteuerbescheide für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht erlassen worden seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diesem Einspruch Folge gegeben, und die erstinstanzlich festgestellten Beitragsgrundlagen wurden folgendermaßen abgeändert:
"Der (…) Spruch wird dahingehend abgeändert, als die Werte der dort ausgewiesenen endgültigen monatlichen Beitragsgrundlagen nach dem GSVG für die nachgenannten Jahre abgeändert werden wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | 1993: EUR | 702,53 (anstatt EUR 2.848,78) |
2. | 1994: EUR | 744,68 (anstatt EUR 1.449,31) |
3. | 1998: EUR | 1.000,05 (anstatt EUR 3.078,80)" |
Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde begründend aus, dass nicht nachgewiesen oder zumindest mit ausreichender Beweiskraft bzw überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass gegenüber dem Mitbeteiligten die maßgeblichen Einkommensteuerbescheide vom auch tatsächlich erlassen bzw diesem tatsächlich zugestellt worden seien und in der Folge auch in Rechtskraft erwachsen seien. Gleichzeitig gehe die belangte Behörde nunmehr davon aus, dass im vorliegenden Fall "nach den intensiven Bemühungen der mehrfach ergänzend betrauten erstinstanzlichen Behörde keine maßgebliche Änderung der Sach- und Beweislage mehr erzielt werden kann". Die behördlichen Möglichkeiten der amtswegigen Beweisführung seien hiermit definitiv ausgeschöpft.
Weiters führte die belangte Behörde wörtlich aus:
"Bei der obigen Sachverhaltsfeststellung wurde insbesondere auf die Veränderung der Beweis- und Aktenlage ab dem Zeitpunkt der Erlassung des zit. Bescheides der (belangten Behörde) vom Bedacht genommen. Dies mit der Maßgabe, dass der VwGH nicht einmal die vorliegenden Mitteilungen der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes (des zuständigen Finanzamtes) im Sinn des § 229a GSVG für sich als ausreichenden Nachweis oder Beweisansatz für die Existenz rechtskräftiger Einkommenssteuerbescheide bzw. rechtskräftig festgestellte Einkünfte ansieht.
Zu Beweiszwecken erfolgte zuletzt eine persönliche Vorsprache des zuständigen Sachbearbeiters der (beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt) beim zuständigen Finanzamt und gelangte dieser hierbei aus den Ausführungen im (erstinstanzlichen) Bescheid vom und dem Vorlagebericht vom ersichtlich zusammengefasst zu folgendem Ergebnis:
Die bisherigen Sachverhaltsannahmen der (beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt) seien von der beim zuständigen Finanzamt zuständigen Sachbearbeiterin ausdrücklich bestätigt worden. Dies einhergehend mit einer Datenabfrage zu den Buchungen auf dem Finanzamtskonto des (Mitbeteiligten). Die vorgeschriebenen Abgabenbeträge aufgrund der rechtskräftig festgestellten Einkommen seien tatsächlich bezahlt worden.
Gleichzeitig wurde dieses Ergebnis durch einen im Akt befindlichen von der zuständigen finanzbehördlichen Sachbearbeiterin erstellten Bildschirmausdruck auf Monatsbasis saldomäßig für die maßgeblichen Zeiträume dokumentiert. Zumal jedoch vom VwGH eine im Sinn des § 229a GSVG erstellte Mitteilung für sich alleine zum Zweck des Nachweises oder zumindest der entsprechenden Glaubhaftmachung der Existenz rechtskräftiger Einkommenssteuerbescheide und damit auch rechtskräftig festgestellter Einkünfte als nicht ausreichend beweiskräftig bzw. im Sinn des § 25 Abs. 1 GSVG entscheidungsrelevant angesehen wird, muss dies um so mehr für (ebenso) im bloßen EDV-Weg rekonstruierte Einkommensbezüge oder Buchungsnachweise gelten. Auch aus diesem EDV-technisch erzielten Ergebnis kann daher - der Rechtsansicht des VwGH folgend - kein Nachweis oder ausreichender Beweis für die tatsächliche Erlassung bzw. Zustellung dann rechtskräftiger Einkommenssteuerbescheide und der damit rechtskräftig festgestellten Einkünfte erzielt werden.
Demgegenüber kann ein offenkundig in letzter Konsequenz ohne jegliche Zweifel als ausreichend verbleibender 'pysicher Nachweis' amtswegig bzw. im Amtshilfeweg nicht mehr gelingen, da - deren tatsächliche Existenz vorausgesetzt - die maßgeblichen Einkommenssteuerbescheide bzw. die bezughabenden Akten bereits skartiert wurden."
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 25 Abs 4 GSVG in den jeweils maßgeblichen Fassungen die für den gegenständlichen Fall maßgeblichen Mindestbeitragsgrundlagen für jeden Beitragsmonat wie folgt lauten würden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
"1993: ATS 9.667,00 = EUR | 702,53 |
1994: ATS 10.247,00 = EUR | 744,68 |
1998: ATS 13.761,00 = EUR | 1.000,05" |
In Bezug auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Zl 2006/08/0162, führte die belangte Behörde noch Folgendes aus:
"Vorauszuschicken ist unter Hinweis auf das zit. Erkenntnis des abermals, dass diesem gegenüber allen anderen Behörden und Gerichten zwingende bzw. absolute Bindungswirkung zukommt. Wird ein angefochtener Bescheid aufgehoben, tritt die Rechtssache in die Lage des Verfahrens zurück, in der sie sich vor Erlassung des Bescheides befunden hat. Die Verwaltungsbehörden sind im Zuge der weiteren Verfahrensabwicklung - was insbesondere auch in Zusammenhang mit der Erlassung des vorliegenden Bescheides für die erstinstanzliche und auch die (belangte Behörde) gilt verpflichtet, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen. (…)
Vor diesem Hintergrund sind demnach - im ggst. Einzelfall - die ansonsten für Verwaltungsverfahren geltenden Grundsätze der Beweisführung (freie Beweiswürdigung) durch die Vorgaben des VwGH, welche sich vorrangig auf die Bestimmungen der §§ 25 Abs. 1 und 229a GSVG beziehen, für die (belangte Behörde) nur bedingt anwendbar.
Die durchaus diskussionswürdige Rechtsansicht der (beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt) (…), wonach, ausgehend von der Rechtsauffassung des VwGH, 'jeder Versicherte einfach nur behaupten bräuchte, es wären nie Einkommenssteuerbescheide erlassen bzw. zugestellt worden' und dies zur Folge hätte, 'dass die (beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt) nie die wahren Einkommen heranziehen könnte und daher bei allen Versicherten von der Mindestbeitragsgrundlage auszugehen hätte', muss nach Ansicht der (belangten Behörde) - für den ggst. Einzelfall - vor dem Hintergrund der Gesamtargumentation des VwGH, welche definitiv (ausschließlich) auf die mittels rechtskräftiger Einkommenssteuerbescheide rechtskräftig festgestellte Einkünfte abstellt, als im Ergebnis nicht entscheidungsrelevant angesehen werden. Der VwGH erachtet hierbei jedenfalls die Übermittlung einschlägiger Einkommenswerte an die (beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt) gemäß § 229a GSVG auf elektronischem Weg als keinen Beweis für gegenüber dem (Mitbeteiligten) auch tatsächlich zugestellte und damit erlassene und existente rechtskräftige Einkommenssteuerbescheide. Ausschließlich Letztere sind jedoch nach Ansicht des VwGH gestützt auf § 25 Abs. 1 GSVG und hierbei auch gestützt auf vorangegangene Erkenntnisse (das ggst. zit. Erkenntnis des verweist hierbei etwa auf das Erkenntnis des Zl. 2003/08/0169) als rechtstauglicher Ausgangspunkt der Beitragsgrundlagenfestsetzung anzusehen. Insoferne kann auch eine nachträgliche, aber nichts desto trotz ebenso bloß EDV-technische Rekonstruktion der Einkommensdaten einhergehend mit den ebenso bloß EDV-mäßig erfassten Zahlungseingängen auf dem Finanzamtskonto des (Mitbeteiligten) nicht dazu geeignet sein, ausreichenden Beweis für an den (Mitbeteiligten) tatsächlich zugestellte und damit erlassene und existente rechtskräftige Einkommenssteuerbescheide geben. Diese vom VwGH gezeichnete Rechtssystematik ist auf den ggst. Einzelfall bezogen jedenfalls zwingend zu beachten.
Ob diese hier spezielle Beurteilung des VwGH aber als grundsätzliche Vollzugsvorgabe oder aber im Ergebnis massive Einschränkung der Regelungsinhalte des § 229a GSVG anzusehen ist, muss jedoch zumindest außerhalb des ggst. Einzelfalls sehr wohl einer Hinterfragung zugänglich sein.
Dies nicht zuletzt deshalb, da der Zweck des § 229a GSVG dem naheliegenden Willen des Gesetzgebers entsprechend sowohl in einer Steigerung der Verfahrenseffizienz als auch in einer ermittlungstechnischen Vereinfachung zugunsten der (beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt) gelegen sein muss. Diese Ansicht harmoniert nicht zuletzt auch mit den speziellen Regelungsvorgaben der §§ 539 und 539a ASVG, welche zweifelsfrei die mit der Abwicklung von sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren befassten Behörden von der amtswegig zu verfolgenden Beweislast in hohem Ausmaß entbinden und damit die allgemeinen Grundsätze der Beweisführung wenn auch im Ergebnis zugunsten der Versicherungsträger präzisieren. Wobei es in Verwaltungsverfahren generell zur Annahme eines Sachverhaltselementes von vorne herein nicht notwendig ist, dass dieses mit 'absoluter' Sicherheit feststeht. Die 'überragende Wahrscheinlichkeit' bestimmter Feststellungen ist als ausreichend anzusehen (…). Im Rahmen der freien Beweiswürdigung obliegt es der Behörde u.a., die Glaubwürdigkeit und damit Beweiskraft von Partei- und Zeugenaussagen und sonstigen Beweismitteln individuell zu würdigen. Nichts desto trotz müssen - im konkreten Einzelfall - weitere Ermittlungen unterbleiben bzw. müssen auch die ergänzend beim zuständigen Finanzamt vor Ort von der (beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt) vorgenommenen Ermittlungen (insofern besteht der Ansicht des VwGH folgend keine andere Möglichkeit der Rechtsauslegung und ist dem (Mitbeteiligten) zuzustimmen (…)) tatsächlich als ins Leere gehend angesehen werden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift. Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden Beitragsgrundlagen des Beschwerdeführers in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG für die Jahre 1993, 1994 und 1998 festgestellt. Die belangte Behörde hat dabei die für das jeweilige Jahr geltende Mindestbeitragsgrundlage herangezogen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Zl 2006/08/0162, hervorgehe, dass ausschließlich rechtskräftige Einkommensteuerbescheide "als rechtstauglicher Ausgangspunkt der Beitragsgrundlagenfestsetzung anzusehen" seien. Die Einkommensteuerbescheide seien jedoch im Beschwerdefall physisch nicht mehr greifbar, da sie bereits skartiert worden seien, weshalb weitere Ermittlungen unterbleiben müssten bzw die von der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt durchgeführten Ermittlungen "tatsächlich als ins Leere gehend angesehen werden".
2. Dem hält die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt in ihrer Beschwerde im Wesentlichen entgegen, die von ihr durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass die Einkommensteuerdaten der Einkommensteuerbescheide vom für die Jahre 1990 und 1991 mit den vorhandenen elektronischen Aufzeichnungen des Finanzamts übereinstimmten und diese Einkommensteuerbescheide dem Mitbeteiligten auch zugegangen seien. Dem Mitbeteiligten sei basierend auf diesen Einkommensteuerdaten auch die jeweilige Einkommensteuer vorgeschrieben worden und diese sei von ihm bezahlt worden. Es sei daher von einer überragenden Wahrscheinlichkeit auszugehen, die ausreiche, um gegenständlich vom Vorliegen von rechtskräftig festgestellten Einkünften auszugehen. Die belangte Behörde hätte insofern im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Berichtigung der Beitragsgrundlagen 1993 und 1994 zu Recht erfolgte.
Alleine die Behauptung des Mitbeteiligten, dass keine Zustellung (der Einkommensteuerbescheide) erfolgt sei, vermöge dies nicht zu entkräften, zumal laut Auskunft des zuständigen Finanzamts auch die entsprechende Steuerschuld basierend auf diesen Einkommensteuerbescheiden beglichen worden sei.
3. Die belangte Behörde hat aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach keine Bindung an Mitteilungen nach § 229a GSVG besteht, eine Beweisregel dahingehend abzuleiten versucht, dass im Ergebnis anders als durch "physische" Vorlage der Einkommensteuerbescheide oder Zustellnachweise kein Nachweis der rechtskräftigen Erlassung dieser Bescheide möglich sei. Dies lässt sich aus dem zitierten Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls nicht entnehmen, zumal darin in keiner Weise über einen allfälligen Beweiswert einer Mitteilung nach § 229a GSVG abgesprochen wurde. Vielmehr hat sich die belangte Behörde, wenn wie im vorliegenden Fall die Erlassung der Einkommensteuerbescheide bestritten wird, mit diesen Einwendungen auseinander zu setzen und dazu die erforderlichen Feststellungen zu treffen; dabei ist es keineswegs ausgeschlossen, gegebenenfalls auch EDV-mäßig geführte Aufzeichnungen der Abgabenbehörden, insbesondere auch über tatsächlich entrichtete Abgaben, als Beweismittel zu verwerten.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts entgegen dem Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel eine gesetzlich nicht begründete Beweisregel zugrunde gelegt und die verfehlte Auffassung vertreten hat, die Grundsätze der "freien Beweiswürdigung" wären "durch die Vorgaben des VwGH (…) nur bedingt anwendbar".
4. Auch die weitere Vorgangsweise der belangten Behörde beruht auf einer Verkennung des Inhalts des zitierten hg Erkenntnisses vom , Zl 2006/08/0162, bzw wird diesem von der belangten Behörde ein Inhalt beigemessen, der sich mit dem Entscheidungstext nicht vereinbaren lässt:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in jenem Erkenntnis - unter Bezugnahme auf Vorjudikatur - ausgesprochen, dass sich aus § 25 Abs 1 GSVG eine Bindung an die abgabenbehördlich (rechtskräftig) festgestellten Einkünfte, nicht aber an Mitteilungen, die nach § 229a GSVG von der Abgabenbehörde dem Versicherungsträger übermittelt wurden, ergibt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis jedoch - entgegen den Ausführungen der belangten Behörde - nicht ausgesprochen, dass sich die für die Beitragsgrundlage relevanten Einkünfte iSd § 25 Abs 1 GSVG ausschließlich aus rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden ergeben können. Ebenso wenig hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass jegliche Ermittlungen zu unterbleiben haben, wenn solche Einkommensteuerbescheide bzw die bezughabenden Akten "physisch" nicht mehr zur Verfügung stünden.
Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde in jenem Erkenntnis aufgetragen, sich mit den Einwendungen des Mitbeteiligten, wonach ihm keine Einkommensteuerbescheide vom zugestellt worden seien, auseinander zu setzen und dazu die erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Die belangte Behörde hat - wenn auch, wie bereits dargelegt, unter Zugrundelegung einer unrichtigen Rechtsansicht hinsichtlich der zulässigen Beweismittel - festgestellt, dass die Einkommensteuerbescheide gegenüber dem Mitbeteiligten nicht wirksam erlassen worden seien. Sie hat in der Folge jedoch von jeglichen weiteren Ermittlungen in Bezug auf die Einkünfte des Mitbeteiligten iSd § 25 Abs 1 GSVG abgesehen.
Nach der - bereits im Vorerkenntnis angeführten - ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 Abs 1 GSVG bilden, das Einkommensteuerrecht maßgeblich (vgl u.a. das hg Erkenntnis vom , Zl 2006/08/0166, uva). Die mit einem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs 3 EStG 1988 bindet auch die Sozialversicherungsanstalt (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/08/0202). Daraus ist jedoch nicht abzuleiten, dass bei Fehlen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids jedwede Ermittlung von Einkünften im Sinne des § 25 Abs 1 GSVG unterbleiben muss und automatisch die Mindestbeitragsgrundlage festzusetzen ist. Zwar geht § 25 GSVG durch seine Anknüpfung an Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts von dem Regelfall aus, dass der Behörde ein Einkommensteuerbescheid zur Verfügung steht, den sie ihrer Berechnung der Beitragsgrundlage zugrunde legen kann. Dem Gesetz ist jedoch nicht zu entnehmen, dass eine Beitragsgrundlage nur bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids gebildet werden kann.
In einem Fall, in dem ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid nicht vorliegt und eine Bindungswirkung folglich nicht in Betracht kommt, hat die Behörde daher mit den ihr zur Verfügung stehenden Beweismitteln selbst zu klären, welche Einkünfte der Versicherte im maßgeblichen Zeitraum bezogen hat und wie diese einkommensteuerrechtlich zu beurteilen sind. Dabei kann der Versicherte gemäß § 22 GSVG zur Vorlage von Belegen und Aufzeichnungen oder sonstigen Einkommensnachweisen, aus denen sich die Höhe seiner selbständigen Einkünfte ermitteln lässt, aufgefordert werden. Es können aber auch alle sonstigen der Behörde zur Verfügung stehenden Beweismittel - etwa eine Mitteilung der Abgabenbehörde an den Versicherungsträger gemäß § 229a GSVG - im Rahmen der freien Beweiswürdigung unter Achtung des Parteiengehörs berücksichtigt werden. Aus diesen Ermittlungsergebnissen (allenfalls auch im Wege einer Schätzung) ist dann die Beitragsgrundlage nach § 25 Abs 1 GSVG zu bilden.
Auch wenn die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren daher zum Ergebnis kommen sollte, dass die Einkommensteuerbescheide gegenüber dem Mitbeteiligten nicht wirksam erlassen wurden, wäre sie demnach nicht der Verpflichtung enthoben, zur Ermittlung der Beitragsgrundlagen die Höhe der Einkünfte des Mitbeteiligten festzustellen.
5. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am