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VwGH vom 03.05.2016, Ra 2016/18/0049

VwGH vom 03.05.2016, Ra 2016/18/0049

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision des M A H in W, vertreten durch Dr.in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W184 2010444- 2/5E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers, eines südsudanesischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom , mit dem der Antrag auf internationalen Schutz des Revisionswerbers gemäß § 4a Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 angeordnet und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Italien ausgesprochen worden war, als unbegründet abgewiesen. Dies mit der wesentlichen Begründung, dass dem Revisionswerber in Italien der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht zugelassen.

2 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision macht geltend, dass Rechtsprechung zu § 4a AsylG 2005 dahingehend fehle, ob ein Antrag auf internationalen Schutz auch dann als unzulässig zurückgewiesen werden dürfe, wenn zweifelhaft sei, dass dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten noch zukomme; dies insbesondere, wenn die Erteilung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in dem anderen Staat erkennbar befristet erfolgt sei und sich das BVwG nicht damit auseinandergesetzt habe, ob eine Verlängerung dieser Befristung tatsächlich möglich sei. Überdies sei in diesen Fällen fraglich, ob gemäß § 4a AsylG 2005 (in Verbindung mit Art. 3 EMRK/Art. 4 GRC) eine individuelle Zusicherung - analog zu Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom (Dublin III-VO) - des nach Ansicht Österreichs zuständigen Staates einzuholen sei. Diese Rechtsfrage sei für den vorliegenden Fall deshalb von Relevanz, da der Revisionswerber auch aufgrund der Mitteilung der italienischen Behörden, wonach sein subsidiärer Schutzstatus nur bis gewährt worden sei, begründete Zweifel am Fortbestehen dieses Schutzes in Italien aufgezeigt habe.

3 Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht begründet. 4 Die maßgebliche Bestimmung des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 70/2015 (AsylG 2005) lautet auszugsweise:

"Schutz im EWR-Staat oder in der Schweiz

§ 4a. (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. (...)"

5 Aus der Aktenlage geht eindeutig hervor, dass dem Revisionswerber in Italien der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und es entgegen der Behauptung des Revisionswerbers keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dieser Status zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG nicht mehr aufrecht war. Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf angeblich gegenteilige Informationen der italienischen Behörden verweist, ist ihm zu entgegnen, dass die Dublin-Abteilung des italienischen Innenministeriums den österreichischen Behörden am mitteilte, dass dem Revisionswerber auf Basis des ihm zuerkannten subsidiären Schutztitels eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt worden war, welche am abgelaufen und mangels Antrag des Revisionswerbers bis dato nicht erneuert worden sei. Dass aber mit Zeitablauf des befristeten Aufenthaltstitels zugleich auch der subsidiäre Schutzstatus des Revisionswerbers untergegangen sei, wurde nicht behauptet und es liegen auch sonst keine Hinweise vor, welche eine derartige Annahme nahelegen würden. Überdies ist in diesem Zusammenhang auf die vom Revisionswerber in seiner Beschwerde vom selbst zitierte italienische Rechtslage zu verweisen, wonach die Beendigung des subsidiären Schutzstatus im Zuge eines einzelfallbezogenen formellen Aberkennungsverfahrens zu erklären ist. Dass dieser Status durch den bloßen Ablauf einer Frist automatisch untergeht, ist den im Schriftsatz vom wiedergegebenen Gesetzespassagen hingegen nicht zu entnehmen.

6 Nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 ist für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (vgl. ; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.

7 Die Revision macht außerdem geltend, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 6a BFA-VG und es sei daher nicht geklärt, unter welchen Voraussetzungen das BVwG im Beschwerdeverfahren gegen zurückweisende Entscheidungen eine mündliche Verhandlung durchzuführen habe. Im vorliegenden Fall sei es sachlich naheliegend, die vom Verwaltungsgerichtshof zu § 21 Abs. 7 BFA-VG entwickelten Kriterien heranzuziehen, da der Revisionswerber die Beweiswürdigung der Behörde substantiiert bestritten habe und das Verfahren maßgeblich von der Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit abhänge; diese sei schon deshalb verfahrensentscheidend, weil dem Revisionswerber nicht geglaubt worden sei, dass sein ihm in Italien zuerkannter subsidiärer Schutzstatus aufgrund seiner zwischenzeitigen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat untergegangen sei.

8 Mit diesem Vorbringen übersieht der Revisionswerber, dass § 21 Abs. 6a BFA-VG im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangt, weil der vom BFA im ersten Verfahrensgang erlassene Bescheid vom mit Erkenntnis des BVwG vom gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG behoben wurde und das fortgesetzte Verfahren somit als zugelassen galt (vgl. ). Demnach sind für die Beurteilung der Verhandlungspflicht vor dem BVwG nur § 21 Abs. 7 BFA-VG und die dazu aufgestellten Kriterien heranzuziehen, welche der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat (, 0018 und Folgejudikatur). Vor dem Hintergrund der Revisionsausführungen lässt sich jedoch nicht erkennen, dass das BVwG im vorliegenden Fall von diesen Leitlinien abgewichen wäre.

9 Der Revisionswerber bringt ferner vor, dass er im Falle einer Überstellung nach Italien mangels ausreichender Versorgung und Unterbringung auf der Straße würde leben müssen, was eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darstellen würde. Vor dem Hintergrund der auf aktuelle Länderfeststellungen gestützten Ausführungen des BVwG zur Unterbringungs- und Versorgungslage von subsidiär Schutzberechtigten in Italien sowie den Feststellungen zur Person, wonach keine Vulnerabilität des Revisionswerbers ersichtlich ist, vermag der Revisionswerber aber nicht aufzuzeigen, dass seine Abschiebung nach Italien zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC führen würde.

10 Soweit der Revisionswerber die Zulässigkeit der angeordneten Außerlandesbringung mit der Behauptung in Frage zu stellen versucht, dass sein Schutzstatus in Italien vom BVwG nicht abschließend geklärt und die Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG nicht vollständig berücksichtigt worden seien, ist in Bezug auf den von Italien zuerkannten Schutzstatus des Revisionswerbers auf obige Ausführungen zu verweisen. Dass das BVwG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Außerlandesbringung die Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG bzw. die gemäß Art. 8 EMRK relevanten Umstände nicht ausreichend gewürdigt hätte, trifft nicht zu.

11 Letztlich ist dem Vorbringen des Revisionswerbers, es sei fraglich, ob eine rund zweijährige Verfahrensdauer zur Bestimmung des für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutzes zuständigen Staates der Intention der §§ 4 ff AsylG 2005 gerecht werde, entgegenzuhalten, dass sein Verweis auf die für Verfahren nach der Dublin III-VO geltenden Fristen zur Bestimmung des für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Staates ins Leere führt, weil die Zurückweisung im vorliegenden Fall nach § 4a AsylG 2005 -und somit außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO - erfolgte.

12 Da sohin bereits der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die vom Revisionswerber behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am