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VwGH vom 25.05.2005, 2004/17/0232

VwGH vom 25.05.2005, 2004/17/0232

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde 1. des AZ und 2. der MZ, beide in B, beide vertreten durch Dr. Franz Grauf und Dr. Bojan Vigele, Rechtsanwälte in 9100 Völkermarkt, Hans-Wiegele-Straße 3, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 3-VK 121-66/1-2003, betreffend Vorschreibung eines Kanalanschlussbeitrages (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Bleiburg, 9150 Bleiburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, ein auf einer näher genannten Liegenschaft errichtetes Gebäude an die Kanalisationsanlage der mitbeteiligten Stadtgemeinde anzuschließen.

Aus diesem Anlass schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Abgabenbescheid vom gemäß §§ 11 bis 16 des Kärntner Gemeindekanalisationsgesetzes 1999 - K-GKG, Wiederverlautbarungskundmachung der Kärntner Landesregierung LGBl. Nr. 62, den Beschwerdeführern einen Kanalanschlussbeitrag in Höhe von EUR 11.565,52 vor.

Dieser Abgabenvorschreibung legte die erstinstanzliche Abgabenbehörde als Bemessungsgrundlage 4,547 Bewertungseinheiten sowie einen Beitragssatz von EUR 2.543,55 zu Grunde. Die ermittelten Bewertungseinheiten beruhten auf einer mit 454,69 m2 festgestellten Nutzfläche des anzuschließenden Gebäudes, welche mit dem in Z 1 lit. a der Anlage zu § 13 Abs. 2 K-GKG festgelegten Faktor von 0,01 vervielfacht wurde.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung und brachten vor, sie seien Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes von etwa 40 ha; davon entfielen etwa 10 ha auf landwirtschaftliche Nutzfläche und etwa 30 ha auf Wald. Das in Rede stehende Gebäude sei die Hofstelle dieses land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Es werde von ihnen als Eigentümer und Bewirtschafter dieses Betriebes zur Befriedigung eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses bewohnt.

Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde dieser Berufung keine Folge gegeben. Begründet wurde diese Entscheidung sinngemäß damit, dass die Beschwerdeführer die 9,2 ha landwirtschaftliche Nutzfläche verpachtet hätten und im Wesentlichen nur den Hausgarten selbst betreuten. Letzterer sei einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück nicht gleichzuhalten. Eine landwirtschaftliche Nutzung der Wirtschaftsgebäude liege nicht vor. Vieh werde mit Ausnahme von Hühnern zur Selbstversorgung nicht gehalten. Dementsprechend seien auch nur geringfügige Mengen an Futtermittel vorhanden. Zwar seien die forstwirtschaftlichen Liegenschaften nicht verpachtet und würden von den Beschwerdeführern selbst bewirtschaftet; der Gesetzgeber habe jedoch nur die Landwirtschaft von der Begünstigung erfassen wollen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, in welcher sie die Auffassung vertraten, die Bewertungseinheiten in Ansehung ihres Gebäudes wären rechtens nach der Z 1 lit. b der Anlage zu § 13 Abs. 2 K-GKG zu ermitteln gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der angewendeten Gesetzesvorschriften aus, im Hinblick auf die von der Berufungsbehörde festgestellte Verpachtung der landwirtschaftlich genutzten Flächen (mit Ausnahme des Hausgartens), könne nicht davon die Rede sein, dass das Wohngebäude eine "ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienende Wohnung" im Verständnis der Z 1 lit. b der Anlage zu § 13 Abs. 2 K-GKG sei. Davon könnte nur dann gesprochen werden, wenn die Landwirtschaft auch von den Bewohnern der zu beurteilenden Wohnung betrieben werde.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, in welcher sie insbesondere die Auffassung vertraten, das Regelungssystem gemäß Z 1 lit. a und b der Anlage zu § 13 Abs. 2 K-GBG sei verfassungswidrig, weil es in unsachlicher Weise zwischen landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Wohngebäuden differenziere.

Mit Beschluss vom , B 1675/03-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, die vorliegende Beschwerde rüge die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen im Hinblick auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In ihrer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer erkennbar in ihrem Recht verletzt, den Kanalanschlussbeitrag nur in einer Höhe vorgeschrieben zu erhalten, welche im Gesetz ihre Deckung finde. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 12 und § 13 K-GKG sowie Z 1 lit. a und b der Anlage zu § 13 Abs. 2 leg. cit. lauten:

"§ 12

Abgabengegenstand

Der Kanalanschlussbeitrag ist für jene Gebäude oder befestigten Flächen zu entrichten, für die ein Anschlussauftrag (§ 4) erteilt oder für die ein Anschlussrecht (§ 6) eingeräumt wurde.

§ 13

Ausmaß

(1) Die Höhe des Kanalanschlussbeitrages ergibt sich aus der Vervielfachung der Summe der Bewertungseinheiten für das anzuschließende Bauwerk oder die anzuschließende befestigte Fläche mit dem Beitragssatz (§ 14).

(2) Die Zahl der Bewertungseinheiten ist nach den in der Anlage zu diesem Gesetz enthaltenen Ansätzen zu ermitteln.

...

Anlage (zu § 13 Abs 2)

Bewertungseinheiten

Für die Herstellung eines Kanalanschlusses beträgt die Bewertungseinheit jedenfalls 1 (Grundeinheit). Die Grundeinheit ist auf die nach den folgenden Ansätzen bei den einzelnen Anlagen sich ergebenden Bewertungseinheiten anzurechnen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einheit
1.
Wohnraum je m2 Nutzfläche (§ 2 Z 5 Kärntner Wohnbauförderungsgesetz)
a)
der Wohnungen .................................................................... ..............
0,01
b)
der ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienenden Wohnungen bis 130 m2 .................................................................... ..
jeder weitere nicht der entgeltlichen Beherbergung von Gästen dienende m2 .................................................................... ...................
0,010,002"

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in allen entscheidungserheblichen Umständen jenem, welcher dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0025-6, zu Grunde lag. Aus den dort dargelegten Erwägungen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist auch ein den Betreibern einer Forstwirtschaft als Wohnung dienendes bäuerliches Wohngebäude als Wohnung im Verständnis der Z 1 lit. b der Anlage zu § 13 Abs. 2 K-GKG, anzusehen.

Die gegen diese Rechtsprechung in der Gegenschrift der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente bieten keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen:

Die in der Gegenschrift wiedergegebenen Gesetzesmaterialien hat der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom entsprechend berücksichtigt. In diesem Erkenntnis wurde auch ausführlich dargetan, weshalb der Wortlaut der zitierten Ausnahmebestimmung die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Auslegung zulässt. Schließlich irrt die belangte Behörde, wenn sie die Auffassung vertritt, aus Ablehnungsbeschlüssen des Verfassungsgerichtshofes könne (für den Verwaltungsgerichtshof bindend) abgeleitet werden, dass der vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtene Bescheid nicht gegen das Gebot einer verfassungskonformen Interpretation verstoßen habe.

Indem die belangte Behörde die in dem zitierten hg. Erkenntnis vom dargestellte Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am