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VwGH vom 21.02.2014, 2012/06/0206

VwGH vom 21.02.2014, 2012/06/0206

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der I M in S, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom , Zl. BHBL-I-4102.23-2012/0002, betreffend Zurückweisung einer Berufung im Rahmen eines Bauverfahrens (mitbeteiligte Parteien: 1. M M; 2. Gemeinde S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Erstmitbeteiligten eine Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses (laut Einreichplanung mit einer Höhe von 10,18 m) auf dem Grundstück Nr. 4083/3 in der zweitmitbeteiligten Gemeinde sowie eine Abstandsnachsicht im Ausmaß von 1,90 m gegenüber den Grundstücken Nr. 4087 und Nr. 4086 erteilt.

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den oben angeführten Bescheid. Dies begründete sie damit, dass sie auf Grund eines Schenkungsvertrages vom zur Hälfte Eigentümerin der Liegenschaft Nr. 4087 und damit Nachbarin im Sinn des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) sei. Zur mündlichen Verhandlung am sei sie jedoch nicht persönlich geladen worden, eine Kundmachung habe auch nicht stattgefunden. Sie sei nicht über die Rechtsfolgen der Präklusion im Sinn des § 42 AVG belehrt worden. Der Baubescheid sei ihr bis zum heutigen Tage nicht zugestellt worden. In der Sache führte die Beschwerdeführerin aus, die gesetzlichen Bauabstände sowohl zu ihrer Liegenschaft Nr. 4087 als auch zur Liegenschaft Nr. 4086 würden um 1,30 m nicht eingehalten. Daher sei die Baubewilligung rechtswidrig erteilt worden. Die Beschwerdeführerin erteile keine Zustimmung zur Überschreitung dieser Bauabstände. Sie habe auch in Erfahrung gebracht, dass der Bauwerber die Abstandsflächen nicht nur um 1,30 m, sondern vielmehr um 1,90 m überschritten hätte.

Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag ein, weil die Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde über ihre Berufung vom nicht fristgemäß entschieden hatte.

Mit Bescheid vom gab die Gemeindevertretung der zweitmitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und wies die Anträge auf ersatzlose Behebung des Erstbescheides, auf Zustellung des erstinstanzlichen Baubescheides an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin sowie auf Erlassung eines Abbruchbescheides als unzulässig zurück. Begründend führte sie aus, die Beschwerdeführerin sei mit Schenkungsvertrag vom zur Hälfte Eigentümerin des Grundstückes Nr. 4087 geworden. Mit Schenkungsvertrag vom sei unter anderem eine etwa 400 m2 große Teilfläche des Grundstücks Nr. 4083/1 in das Grundstück Nr. 4087 einbezogen worden. Dabei handle es sich um einen ca. 50 m langen und 8 m breiten Grünstreifen zwischen den Grundstücken Nr. 4087 und Nr. 4083/3, auf den sich die Abstandsflächen des mit Bescheid vom genehmigten Wohnhauses erstreckten. Bei Erlassung dieses Baubewilligungsbescheides sei die Beschwerdeführerin noch nicht Miteigentümerin dieses Grundstreifens und somit noch nicht Nachbarin im Sinn des Baugesetzes gewesen, weshalb sie nicht zur Bauverhandlung habe geladen und ihr der Baubescheid auch nicht habe zugestellt werden müssen. Der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides grundbücherliche Eigentümer (Siegfried M.) des Grünstreifens habe der Überschreitung der gesetzlichen Abstandsflächen zugestimmt. Einwendungen im Sinn des § 26 Abs. 1 BauG habe er nicht erhoben. Der Baubescheid sei auf Grundlage der mit dem Antrag eingereichten Pläne, somit auch mit dem Abstandsflächenplan, erlassen worden. Die Kriterien zur Ermittlung der Abstandsflächen (Höhe und Anordnung des Wohnhauses) seien nicht verändert worden. Selbst wenn man Siegfried M. als übergangene Partei ansehen würde, hätte er gemäß § 28 Abs. 7 BauG in der Fassung LGBl. Nr. 52/2001 seine Stellung als Partei verloren. Diese Bestimmung sei zwar erst im Jahr 2001, also nach Erlassung des Baubescheides, in das Baugesetz aufgenommen worden. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 56 Abs. 1 BauG, LGBl. Nr. 52/2001, blieben Bewilligungen zur Ausführung von Bauvorhaben auf Grund der bis zum Zeitpunkt des Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften bestehen und § 28 Abs. 7 BauG sei sinngemäß anzuwenden. Auch der Motivenbericht zum BauG bestätige, dass vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassene Baubewilligungen für Bauvorhaben den Regelungen hinsichtlich übergangener Parteien in § 28 Abs. 7 BauG unterlägen. Im vorliegenden Fall sei der Zeitraum von einem Jahr ab Beginn der Bauarbeiten oder dem Inkrafttreten der zitierten Bestimmung längst verstrichen, weshalb Siegfried M. und die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin im Eigentum des Grünstreifens ihre Stellung als Partei verloren hätten.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin die Vorstellung vom ein. Begründend führte sie unter anderem aus, § 28 Abs. 7 BauG komme deshalb nicht zur Anwendung, weil § 56 Abs. 2 leg. cit. vorsehe, "dass gegenständliche Bauvorhaben über die Bewilligung eines Gebäudes nach den Altvorschriften zu beenden sind". Da die alten Vorschriften gemäß § 56 Abs. 2 erster Satz BauG eine mit § 28 Abs. 7 leg. cit. vergleichbare Bestimmung nicht gekannt hätten, könne ein Verlust der Parteistellung nicht auf diese Gesetzesbestimmung gestützt werden. Zwischen der mündlichen Bauverhandlung und den nachgereichten Abstandsflächenplänen sei eine weitere Unterschreitung des Mindestabstandes um 60 cm erfolgt. Die Behörde räume selbst ein, dass nach der mündlichen Bauverhandlung ein Abstandsflächenplan eingereicht worden sei, der einen anderen Bauabschnitt angebe als jener, der der mündlichen Bauverhandlung zugrunde gelegen sei. Bei richtiger Auslegung des "§ 56 Abs. 1 Z 2 BauG" sei § 28 Abs. 7 leg. cit. nur auf sonstige, vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits eingeleitete Verfahren anzuwenden, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in erster Instanz bereits abgeschlossen gewesen seien. Gegenüber der Beschwerdeführerin sei jedoch bis zum kein Bescheid erlassen worden. Im Übrigen handle es sich beim vorliegenden Bauverfahren auch nicht um ein sonstiges eingeleitetes Verfahren im Sinn des § 56 Abs. 2 zweiter Satz BauG, sondern vielmehr um ein Baubewilligungsverfahren gemäß § 56 Abs. 2 erster Satz BauG. Es sei daher von einem uneingeschränkten Anwendungsbereich des § 42 AVG auszugehen. Die Parteistellung der Beschwerdeführerin sei aufrecht. Das Bauverfahren sei nach den Bestimmungen des Baugesetzes 1972 zu Ende zu führen. Dabei werde darauf Rücksicht zu nehmen sein, dass die Beschwerdeführerin nunmehr unmittelbare Grundnachbarin des Grundstückes Nr. 4083/3 sei und im vorangegangenen Verfahren außerbücherliche Miteigentümerin gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Zustellung der Ladung nicht als Eigentümerin des direkt angrenzenden Grundstückstreifens (vormals Grundstück Nr. 4083/1) im Grundbuch eingetragen gewesen sei (Hinweis auf das Intabulationsprinzip gemäß § 431 ABGB). Allenfalls hätte das Miteigentum der Beschwerdeführerin am Grundstück Nr. 4087 ihre Parteistellung begründen können. Dieser Auffassung sei weder die erstinstanzliche Baubehörde noch die Gemeindevertretung gefolgt. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, das Bauvorhaben rage um 1,90 m in die Abstandsflächen, werde damit keine Konsenswidrigkeit dargelegt, weil im Bescheid vom eine Überschreitung des gesetzlich geforderten Bauabstandes um 1,90 m bewilligt worden sei. Eine konsenswidrige Bauführung sei nicht festgestellt worden. Aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin oder ihr Rechtsvorgänger hinsichtlich der Bauabstände keine Einwände erhoben hätten (Motivirrtum) sei rechtlich unerheblich. Nur eine nachträgliche Änderung des Projektes, die den Nachbarn nicht entsprechend zur Kenntnis gebracht worden sei, wäre von einer Präklusion nicht erfasst. Den Gemeindeverwaltungsakten sei zu entnehmen, dass in der Bauverhandlung zunächst von einer Überschreitung der gesetzlichen Abstandsflächen gegenüber dem Grundstück Nr. 4087 um 1,30 m, im Bescheid vom jedoch von einer Überschreitung von 1,90 m ausgegangen worden sei. Ein Hinweis dafür, dass nach der durchgeführten Bauverhandlung das vom Bauwerber eingereichte Projekt in irgendeiner Form abgeändert worden sei, sei den Akten nicht zu entnehmen. Letztlich sei es aber egal, ob der Beschwerdeführerin schon bei der Bauverhandlung Parteistellung zugekommen wäre bzw. sie diese von ihrem Rechtsvorgänger ableiten könnte, dessen Parteistellung allenfalls nicht präkludiert wäre, weil gemäß der Übergangsbestimmung in § 56 Abs. 1 zweiter Satz BauG die Regelung des § 28 Abs. 7 leg. cit. für übergangene Parteien anzuwenden sei. Demnach verliere eine übergangene Partei, der die Bewilligung nicht zugestellt worden sei, ihre Stellung als Partei, sofern sie nicht schon davor die Zustellung des Bescheides beantragt habe, wenn seit Beginn der Bauarbeiten, die über Vorarbeiten hinausgingen und auf Grund einer dem Bauwerber rechtskräftig erteilten Baubewilligung durchgeführt würden, mehr als ein Jahr vergangen sei. Eine übergangene Partei im Sinn dieser Bestimmung sei eine Partei, der auf Grund ihrer Parteistellung der Bescheid über die Baubewilligung zuzustellen gewesen wäre, aber nicht zugestellt worden sei (Hinweis auf Germann/Bertsch , Das Vorarlberger Baugesetz2, S. 132). Selbst wenn die Beschwerdeführerin oder ihr Rechtsvorgänger nach der Erlassung des Bescheides vom noch Parteistellung im Verfahren gehabt hätten, wäre ihre Parteistellung als übergangene Partei untergangen. Innerhalb der gemäß § 28 Abs. 7 BauG vorgesehenen Jahresfrist ab Beginn der Bauarbeiten sei weder von der Beschwerdeführerin noch von ihrem Rechtsvorgänger ein Antrag auf Zustellung des Bescheides gestellt worden. Die Baubehörde habe bereits eine Baubewilligung erteilt, daher sei § 56 Abs. 1 zweiter Satz BauG und nicht - wie die Beschwerdeführerin meint - § 56 Abs. 2 leg. cit. anzuwenden. Auf Grund der fehlenden Parteistellung der Beschwerdeführerin sei die Zurückweisung ihrer Anträge durch die Baubehörde nicht zu beanstanden.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst dagegen bei ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 1123/12-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und unter einem die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

§ 2 Abs. 1 lit k, § 5, § 6 Abs. 1, § 26 Abs. 1, § 28 Abs. 7 (ab LGBl. Nr. 44/2007: Abs. 8) und § 56 Abs. 1 und 2 Vorarlberger Baugesetz 2001 (BauG), LGBl. Nr. 52/2001, in der Fassung LGBl. Nr. 29/2011, lauten (auszugsweise):

"§ 2

Begriffe

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist


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a)
k)
Nachbar: der Eigentümer eines fremden Grundstückes, das zu einem Baugrundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, dass mit Auswirkungen des geplanten Bauwerkes, der geplanten sonstigen Anlage oder deren vorgesehener Benützung, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes einen Schutz gewähren, zu rechnen ist; dem Eigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt;
l)
§ 5
Abstandsflächen

(1) Oberirdische Gebäude sind so anzuordnen, dass vor jeder Außenwand eine Abstandsfläche liegt, nicht jedoch vor den Ecken. Dasselbe gilt für sonstige oberirdische Bauwerke, soferne sie Wände mit einer Höhe von mehr als 3,5 m über dem Gelände haben oder Flugdächer u.dgl. mit einer solchen Höhe sind. Die Abstandsfläche muss so tief sein, wie sechs Zehntel des Abstandes zwischen der Außenwand und dem Schattenpunkt. Sie muss auf dem Baugrundstück selbst liegen, bis zur Mitte einer angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche darf sie sich jedoch erstrecken.

(2) Als Außenwand nach Abs. 1 gilt eine lotrechte Ebene in der äußersten Begrenzungslinie des Gebäudes oder sonstigen Bauwerkes. Bauteile gemäß Abs. 5 lit. b und c sind nur so weit zu berücksichtigen, als sie das dort genannte Ausmaß überschreiten.

(3) Der Schattenpunkt nach Abs. 1 ergibt sich auf einer Waagrechten, die in der Höhe des jeweiligen Fußpunktes der Außenwand gelegt wird, wenn über das Gebäude oder sonstige Bauwerk Licht unter einem Winkel von 45 Grad einfällt. Bei der Ermittlung des Schattenpunktes sind untergeordnete Bauteile in lotrechter Richtung und untergeordnete Bauteile gemäß Abs. 5 lit. b und c bis zu dem dort genannten Ausmaß in waagrechter Richtung nicht zu berücksichtigen.

(4) Der jeweilige Fußpunkt nach Abs. 3 ergibt sich an der Schnittstelle der Außenwand mit der bestehenden Oberfläche des Geländes. Wurde die Geländeoberfläche durch eine Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist von der Geländeoberfläche vor dieser Veränderung auszugehen. Untergeordnete Geländeerhebungen und -vertiefungen sind nicht zu berücksichtigen. Im Falle einer Verfügung nach den §§ 3 Abs. 5 oder 29 Abs. 2 ist von der verfügten Geländeoberfläche auszugehen.

(5) …

§ 6

Mindestabstände

(1) Oberirdische Gebäude, ausgenommen kleine Gebäude nach § 19 lit. a bis c, müssen von der Nachbargrenze mindestens 3 m entfernt sein. Abweichend davon dürfen Bauteile nach § 5 Abs. 5 lit. b und c bis zu 2 m an die Nachbargrenze heranreichen.

(2) …

§ 26

Nachbarrechte, Übereinkommen

(1) Der Nachbar hat im Verfahren über den Bauantrag das Recht, durch Einwendungen die Einhaltung der folgenden Vorschriften geltend zu machen:

a) § 4 Abs. 3, soweit mit Auswirkungen auf sein Grundstück zu rechnen ist;


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b)
§§ 5 bis 7, soweit sie dem Schutz des Nachbarn dienen;
c)
§ 8, soweit mit Immissionen auf seinem Grundstück zu rechnen ist;
d)
die Festlegungen des Bebauungsplanes über die Baugrenze, die Baulinie und die Höhe des Bauwerks, soweit das Bauwerk nicht mehr als 20 Meter vom unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Nachbargrundstück entfernt ist.

(2) …

§ 28

Baubewilligung

(1) …

(8) Wenn seit Beginn von Bauarbeiten, die über Vorarbeiten im Sinne des § 27 hinausgehen und die aufgrund einer dem Bauwerber rechtskräftig erteilten Baubewilligung durchgeführt werden, mehr als ein Jahr vergangen ist, verliert eine übergangene Partei, der bis dahin die Baubewilligung nicht zugestellt wurde, ihre Stellung als Partei, sofern sie nicht schon davor die Zustellung des Bescheides beantragt hat.

§ 56

Übergangsbestimmungen

(1) Bewilligungen und sonstige Berechtigungen zur Ausführung von Bauvorhaben aufgrund der bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden Vorschriften bleiben bestehen. § 28 Abs. 8, § 30 Abs. 3 zweiter Satz, § 31, § 34 Abs. 5 und die §§ 35 bis 49 sind auf derartige Bauvorhaben sinngemäß anzuwenden, soweit nicht Abs. 2 zur Anwendung gelangt.

(2) Baubewilligungs- und Bauanzeigeverfahren in Angelegenheiten dieses Gesetzes, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits eingeleitet wurden, sind nach den bisher geltenden Vorschriften zu beenden. Sonstige vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits eingeleitete Verfahren in Angelegenheiten dieses Gesetzes sind nach den bisher geltenden Vorschriften zu beenden, wenn sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in erster Instanz bereits abgeschlossen sind.

(3) …"

Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei zur Bauverhandlung am (gemeint wohl: 2000) weder persönlich noch durch öffentliche Kundmachung geladen worden, die §§ 41 und 42 AVG seien nicht beachtet worden. Ihre Parteienrechte seien nicht eingehalten und ihr sei kein Baubescheid zugestellt worden. Da das gegenständliche Bauvorhaben vor dem in Gang gesetzt und der erstinstanzliche Bescheid ihr gegenüber zu keinem Zeitpunkt erlassen worden sei, komme § 28 Abs. 7 (nunmehr Abs. 8) BauG gemäß § 56 Abs. 2 leg. cit. nicht zur Anwendung. Eine Rückwirkung dieser Gesetzesbestimmung sei schon deshalb nicht möglich, weil ihr damit rückwirkend eine Parteistellung aberkannt würde, die bei Einleitung des Bauverfahrens bestanden habe und nach wie vor bestehe, weil die Bauverhandlung nicht in einer den Bestimmungen der §§ 41 und 42 AVG entsprechenden Art und Weise bekannt gemacht worden sei. Als Miteigentümerin des Grundstückes Nr. 4087 komme ihr Parteistellung gemäß § 6 iVm § 26 Abs. 1 lit. b BauG zu, weil die gesetzlichen Mindestabstände nicht eingehalten würden. Bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte sie keine Bauabstandsnachsicht erteilt. Bis zum Jahr 2011 sei sie davon ausgegangen, dass der in § 6 Abs. 1 BauG vorgesehene Mindestabstand von 3 m eingehalten werde. Erst im Jahr 2011 habe sie vom Gegenteil Kenntnis erlangt.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Schenkungsvertrag, auf dessen Grundlage die Beschwerdeführerin durch Zuschreibung von Teilflächen der Grundstücke Nr. 4083/1 und Nr. 4090 zu Grundstück Nr. 4087 (zu einem späteren Zeitpunkt) Miteigentum an dem unmittelbar an das Baugrundstück Nr. 4083/3 angrenzenden Grundstück erlangte, erst vom - und somit nach Erlassung des Baubescheides vom - datiert. Dieser Schenkungsvertrag konnte schon aus zeitlichen Gründen nicht Grundlage dafür sein, dass die Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung am zu laden gewesen wäre. Ein außerbücherliches Eigentum käme im Übrigen wegen des bestehenden Eintragungsgrundsatzes nicht in Frage (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0063).

Nachbarn gemäß § 2 Abs. 1 lit. k BauG sind jedoch nicht nur die Eigentümer jener Grundstücke, die unmittelbar an das Baugrundstück grenzen, sondern auch jene, deren Grundstücke von den Auswirkungen des geplanten Bauwerkes betroffen sein können. Die Beschwerdeführerin machte in ihren Anträgen als subjektives öffentliches Recht ausschließlich die Verletzung der Abstandsvorschriften geltend. Schutzzweck der Abstandsvorschriften ist es, dass Grundstücke, die im Nahbereich des Baugrundstückes liegen, nicht durch die Auswirkungen des geplanten Bauwerkes - etwa durch Schattenwurf - beeinträchtigt werden. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Bauantrag lag jedoch zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück Nr. 4087, deren Miteigentümerin die Beschwerdeführerin schon zu diesem Zeitpunkt war, den unbestritten gebliebenen Feststellungen im Bescheid vom zufolge ein 8 m breiter Grünstreifen. Es ist daher auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin durch die Errichtung eines Wohnhauses mit einer Höhe von 10,18 m trotz des dazwischen liegenden Grünstreifens mit einer Breite von 8 m unter dem Gesichtspunkt der Abstandsvorschriften beeinträchtigt werden könnte. Sie war daher dem Baubewilligungsverfahren nicht als Partei beizuziehen.

Der Beschwerdehinweis auf den Unterschied zwischen der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am , in welcher protokolliert wurde, die Nachbarn hätten unter bestimmten Bedingungen einer Überschreitung der gesetzlichen Abstandsflächen um 1,30 m zugestimmt, und den Ausführungen im Bescheid vom , wonach in der mündlichen Verhandlung eine Zustimmung der betroffenen Anrainer zu einer Überschreitung der gesetzlichen Bauabstände um 1,90 m erteilt worden sei, ist mangels Parteistellung der Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren nicht entscheidungserheblich.

Bereits aus diesem Grund war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am