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VwGH vom 13.12.2018, Ra 2016/11/0097

VwGH vom 13.12.2018, Ra 2016/11/0097

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Finanzamts Wien 2/20/21/22 in 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-S-2653/001-2015, betreffend Sicherheitsleistung nach dem AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung; mitbeteiligte Partei: K C, vertreten durch die Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rudolfsplatz 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Mitbeteiligten, einem ungarischen Unternehmer mit Sitz in Ungarn, gemäß § 7m Abs. 3 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) der Erlag einer Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 16.000,-- aufgetragen. Begründend wurde ausgeführt, bei einer Kontrolle eines näher genannten Bauvorhabens in Klosterneuburg durch die Finanzpolizei am seien sechs Dienstnehmer der Z Kft., welche keinen Firmensitz in Österreich habe, bei der Ausführung von Arbeiten angetroffen worden. Der Mitbeteiligte habe als Generalunternehmer für einen österreichischen Bauherren agiert und die Z Kft. als Subunternehmer beauftragt. Es seien keine Meldungen im Sinne des § 7b Abs. 3 AVRAG erfolgt, was eine Übertretung nach § 7b Abs. 8 1. Fall AVRAG darstelle. Weiters sei festgestellt worden, dass für zwei Arbeitnehmer keine Sozialversicherungsdokumente (§ 7b Abs. 5 1. Fall AVRAG) und für sechs Arbeitnehmer keine Lohnunterlagen in deutscher Sprache (§ 7d Abs. 1 1. und 2. Satz AVRAG) vorgelegen seien. Es handle sich hierbei um Übertretungen gemäß § 7b Abs. 8 Z 3 und 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG.

2 Der gegen die Vorschreibung der Sicherheitsleistung vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid aufgehoben und ausgesprochen, dass die Revision unzulässig sei.

3 Es ging - indem es die Beschwerde wörtlich wiedergab und sich dieser anschloss - erkennbar davon aus, dass die Meldungen iSd. § 7b Abs. 3 AVRAG rechtzeitig vorgenommen worden und auf der Baustelle vorgelegen sowie auf Verlangen der Finanzpolizei überdies binnen zwei Werktagen übermittelt worden seien. Auch seien für zwei näher angeführte Arbeitnehmer die Sozialversicherungsdokumente gemäß § 7b Abs. 5 1. Fall AVRAG auf der Baustelle vorgelegen bzw. innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Werktagen übermittelt worden. Zu den fehlenden Lohnunterlagen wurde ausgeführt, dass diese vertrauliche und personenbezogene Informationen darstellen und dem Datenschutz unterliegen würden und daher ordentlich aufbewahrt werden sollten, weshalb deren Bereithalten auf einer offenen Baustelle unzumutbar gewesen sei. Daher seien die Lohnunterlagen auf Verlangen der Behörde innerhalb von zwei Werktagen zu übermitteln gewesen, was auch geschehen sei. Somit liege kein begründeter Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor. Die Z Kft. habe sofort mit der Finanzpolizei kooperiert und den Behörden innerhalb der gesetzlichen Frist die Einsichtnahme in die erforderlichen Unterlagen gewährt. Die Voraussetzungen des § 7m Abs. 3 AVRAG seien somit nicht erfüllt gewesen.

4 Das Verwaltungsgericht erachtete diese unwidersprochenen Beschwerdeausführungen als "durchaus schlüssig", weshalb es den Bescheid aufhob.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Abgabenbehörde. Die mitbeteiligte Partei sowie die belangte Behörde erstatteten Revisionsbeantwortungen.

6 In der Zulässigkeitsbegründung führt das Finanzamt, dessen Revisionslegitimation sich aus § 7m Abs. 3 AVRAG ergibt, im Wesentlichen aus, dass Rechtsprechung dazu fehle, unter welchen Umständen ein begründeter Tatverdacht nach den § 7b Abs. 8 und/oder 7i iVm § 7m AVRAG anzunehmen sei. Auch fehle Rechtsprechung zur Auslegung der "Unzumutbarkeit" der Bereithaltung von Unterlagen bzw. ihrer Zugänglichmachung in elektronischer Form.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 1. Die Revision ist aus den in ihr genannten Gründen zulässig, jedoch im Ergebnis nicht begründet.

9 2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) BGBl. I. Nr. 459/1993 in der Fassung BGBl. I. Nr. 94/2014 lauten auszugsweise:

"Ansprüche gegen ausländische Arbeitgeber/innen mit Sitz

in einem

EU- oder EWR-Mitgliedstaat

§ 7b. (1) Ein/e Arbeitnehmer/in, der/die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf

1. zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung

festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen von vergleichbaren Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen gebührt (ausgenommen Beiträge nach § 6 BMSVG und Beiträge oder Prämien nach dem BPG);

2. bezahlten Urlaub nach § 2 Urlaubsgesetz, sofern das Urlaubsausmaß nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates geringer ist; nach Beendigung der Entsendung behält dieser/diese Arbeitnehmer/in den der Dauer der Entsendung entsprechenden aliquoten Teil der Differenz zwischen dem nach österreichischem Recht höheren Urlaubsanspruch und dem Urlaubsanspruch, der ihm/ihr nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates zusteht; ausgenommen von dieser Urlaubsregelung sind Arbeitnehmer/innen, für die die Urlaubsregelung des BUAG gilt;

3. die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten

Arbeitszeitregelungen;

4. die Bereithaltung der Aufzeichnung im Sinne der

Richtlinie des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (91/533/EWG) in Österreich durch den Arbeitgeber oder den mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitnehmern Beauftragten.

Ein/e Beschäftiger/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich gilt hinsichtlich der an ihn/sie überlassenen Arbeitskräfte, die zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, in Bezug auf die Abs. 3 bis 5 und 8, § 7d Abs. 1, § 7f Abs. 1 Z 3 sowie § 7i Abs. 1 und Abs. 4 Z 1 als Arbeitgeber/in. Sieht das nach Abs. 1 Z 1 anzuwendende Gesetz, der Kollektivvertrag oder die Verordnung Sonderzahlungen vor, hat der/die Arbeitgeber/in diese dem/der Arbeitnehmer/in aliquot für die jeweilige Lohnzahlungsperiode zusätzlich zum laufenden Entgelt (Fälligkeit) zu leisten.

...

(3) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und dem/der im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein/e Arbeitnehmer/in entsandt wird, diesem/dieser, die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Die Meldung hat ausschließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG), und sofern es sich um Bautätigkeiten handelt, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse elektronisch zu übermitteln.

...

(5) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben, sofern für den/die entsandten Arbeitnehmer/innen in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten oder diese den Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort in elektronischer Form zugänglich zu machen. Sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer/innen im Sitzstaat des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, ist auch die Genehmigung bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die erforderlichen Unterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ist die Bereithaltung oder Zugänglichmachung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis einschließlich des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

...

(8) Wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs. 1

1. die Meldung oder die Meldung über nachträgliche

Änderungen bei den Angaben (Änderungsmeldung) entgegen Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet oder

2. in der Meldung oder Änderungsmeldung nach Abs. 3 wissentlich unrichtige Angaben erstattet oder

3. die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält oder den Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vor Ort nicht unmittelbar zugänglich macht oder

4. die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 oder § 7h Abs. 2 nicht übermittelt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Bei grenzüberschreitender Entsendung gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Einsatzorten) am Ort der Kontrolle.

...

Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der § 7,

7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

...

Strafbestimmungen

§ 7i.

...

(4) Wer als

1. Arbeitgeber/in im Sinne der § 7, 7a Abs. 1 oder 7b

Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

2. Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden

Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die

Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht nachweislich

bereitstellt, oder

3. Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden

Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen

nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der

Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer

Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall

von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei

Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von

2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro

bis 50 000 Euro zu bestrafen.

Sicherheitsleistung - Zahlungsstopp

§ 7m. (1) Liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den § 7b Abs. 8, 7i oder 7k Abs. 4 vor und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, können die Organe der Abgabenbehörden in Verbindung mit den Erhebungen nach § 7f sowie die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in schriftlich auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder Teile davon nicht zu zahlen (Zahlungsstopp). § 50 Abs. 6 erster Satz VStG findet sinngemäß Anwendung. Der Zahlungsstopp ist in jenem Ausmaß nicht wirksam, in dem der von ihm genannte Betrag höher ist als der noch zu leistende Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt. Der Zahlungsstopp darf nicht höher sein als das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe. Leistet der/die Auftraggeber/in oder der/die Beschäftiger/in entgegen dem Zahlungsstopp den Werklohn oder das Überlassungsentgelt, gilt im Verfahren nach Abs. 3 der Werklohn oder das Überlassungsentgelt als nicht geleistet. Die Organe der Abgabenbehörden sowie die Bauarbeite-Urlaubs- und Abfertigungskasse dürfen einen Zahlungsstopp nur dann auftragen, wenn eine vorläufige Sicherheit nach § 7l nicht festgesetzt oder nicht eingehoben werden konnte. Leistet der/die Auftragnehmer/in oder der/die Überlasser/in die vorläufige Sicherheit nachträglich oder eine Sicherheit, ohne dass eine solche festgesetzt wurde, aus eigenem, ist der Zahlungsstopp von der Bezirksverwaltungsbehörde durch Bescheid aufzuheben; ein allfälliges Verfahren nach Abs. 3 ist einzustellen.

(2) Die Abgabenbehörden und die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse haben nach Verhängung eines Zahlungstopps nach Abs. 1 binnen drei Arbeitstagen bei der Bezirksverwaltungsbehörde die Erlegung einer Sicherheit nach Abs. 3 zu beantragen, widrigenfalls der Zahlungsstopp außer Kraft tritt. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat darüber innerhalb von drei Arbeitstagen ab Einlangen des Antrags zu entscheiden. In diesen Verfahren haben die im ersten Satz genannten Einrichtungen Parteistellung, soweit diese den Antrag auf Erlegung einer Sicherheit gestellt haben. Diese können gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde Beschwerde beim Verwaltungsgericht und gegen das Erkenntnis oder den Beschluss eines Verwaltungsgerichts Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben.

(3) Liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den § 7b Abs. 8, 7i oder 7k Abs. 4 vor und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, kann die Bezirksverwaltungsbehörde dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in durch Bescheid auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder einen Teil davon als Sicherheit binnen einer angemessenen Frist zu erlegen. Die § 37 und 37a VStG sind in diesen Fällen, sofern in dieser Bestimmung nichts anderes vorgesehen ist, nicht anzuwenden. Mit Erlassung eines Bescheides fällt der Zahlungsstopp weg.

..."

10 3. Im Revisionsfall wurde die Sicherheitsleistung dem mitbeteiligten ungarischen Unternehmer auferlegt, welcher für einen österreichischen Auftraggeber agiert hatte. Dass Auftraggeber iSd. § 7m AVRAG jedoch nur eine inländische Person sein kann, ergibt sich aus den Materialien zur vorliegend anzuwendenden Fassung des § 7m AVRAG, BGBl. I. Nr. 94/2014 (EB zur RV 319 BlgNR 25. GP, 2), wo es heißt (Unterstreichung nicht im Original):

"Sicherheitsleistung und Zahlungsstopp: ... Künftig soll die

Erlegung einer Sicherheit in allen Fällen des begründeten Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 7b Abs. 8 AVRAG,§ 7i AVRAG oder § 7k Abs. 4 AVRAG zulässig sein. Vorgesehen ist zudem, dass die kontrollierenden Stellen (BUAK, Organe der Abgabenbehörden) bei Vorliegen eines begründeten Verdachtes einer der vorgenannten Verwaltungsübertretungen gegen den/die inländische/n Auftraggeber/in zunächst einen Zahlungsstopp verfügen können und unmittelbar nach der Kontrolle bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde die Erlegung einer Sicherheit beantragen können; die Bezirksverwaltungsbehörde hat über diesen Antrag binnen drei Arbeitstagen nach Einlangen zu entscheiden. ..."

11 Da die belangte Behörde somit dem (ungarischen) Mitbeteiligten zu Unrecht eine Sicherheitsleistung auferlegt hat, erfolgte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht. Ob die Sicherheitsleistung auch unter anderen Gesichtspunkten unzulässig war (vgl. ?epelnik), war daher nicht mehr zu prüfen.

12 4. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

13 5. Bei diesem Ergebnis kann es auch dahingestellt bleiben, dass das Verwaltungsgericht entgegen § 44 VwGVG begründungslos von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen hat und überdies aufgrund einer Verkennung der Rechtslage keine ausreichenden Feststellungen zur behaupteten Unzumutbarkeit der Bereithaltung der Unterlagen getroffen hat.

14 6. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016110097.L00
Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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