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VwGH vom 19.12.2012, 2012/06/0143

VwGH vom 19.12.2012, 2012/06/0143

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2012/06/0144

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerden der P GmbH in W, vertreten durch Dr. Adrian Hollaender, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Aslangasse 8/2/4, gegen die Bescheide der Vorarlberger Landesregierung vom , (beide) Zl. VIIa-81.584, betreffend jeweils ein Vollstreckungsverfahren (1. Verfügung gemäß § 7 VVG - hg. Zl. 2012/06/0143, und 2. Zurückweisung einer Berufung - hg. Zl. 2012/06/0144), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.163,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Es geht um ein "Wettlokal" oder auch "Wettbüro" in L (kurz: L.). Die Vorgeschichte der Beschwerdefälle ist dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0238, zu entnehmen. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde L. vom war gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß § 40 Abs. 3 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) bis zum Vorliegen einer Baubewilligung für ein Wettlokal "zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes das Verbot der Verwendung des Geschäftslokales als Wettlokal und somit die sofortige Schließung des gegenständlichen Wettlokals" verfügt worden (wobei überdies gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen wurde). Die Berufung der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Berufungskommission vom als unbegründet abgewiesen, ihrer Vorstellung wurde nicht Folge gegeben. Mit dem eingangs genannten Erkenntnis (dem das Nähere zu entnehmen ist) wurde ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Lokal wird unterdessen von der Beschwerdeführerin betrieben; zur Durchsetzung des ausgesprochenen Unterlassungsgebotes wurde bei der Bezirkshauptmannschaft D (kurz: BH) ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet.

Den vorliegenden Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass die BH mit Erledigung vom der Beschwerdeführerin zur Durchsetzung der titelmäßigen Verpflichtung die Verhängung einer Zwangsstrafe von EUR 400,-- androhte.

Mit einer undatierten, bei der BH am eingelangten Eingabe beantragte die Beschwerdeführerin die Aufschiebung der Vollstreckung, die Erlassung eines Feststellungsbescheides, die Aussetzung des Verfahrens sowie die Gewährung der aufschiebenden Wirkung und brachte vor, der Titelbescheid sei gar nicht an sie gerichtet gewesen und somit ihr gegenüber bislang nicht ergangen. Es gebe auch keine Vollstreckungsverfügung, was Voraussetzung für eine rechtmäßige Vollstreckung wäre. Auch sei die Verwendung des Lokales ohne Baubewilligung durch die Beschwerdeführerin bislang nicht nachgewiesen. Eine Vollstreckung gegenüber der Beschwerdeführerin wäre unzulässig, weil die Beschwerdeführerin mittlerweile bei der zuständigen Behörde einen entsprechenden Baubewilligungsantrag eingebracht habe. Im Hinblick hierauf werde auch die Erlassung eines Feststellungsbescheides des Inhaltes beantragt, dass die Vollstreckung bis zum Abschluss des Baubewilligungsverfahrens unzulässig sei; hilfsweise, dass das Vollstreckungsverfahren bis dahin gehemmt sei.

Mit Bescheid der BH vom wurde über die Beschwerdeführerin eine Zwangsstrafe von EUR 400,-- verhängt und die Verhängung einer Zwangsstrafe von EUR 726,-- angedroht; die Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen.

In den Verwaltungsakten befindet sich die Ausfertigung eines Bescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde L. vom , mit welchem das Baugesuch der Beschwerdeführerin vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen wurde (weil die Zustimmung der Miteigentümer der Liegenschaft zum Baugesuch nicht nachgewiesen wurde); weiters der Berufungsbescheid der Berufungskommission dieser Gemeinde vom , mit dem die dagegen erhobene Berufung zurückgewiesen wurde, weil es dem erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid mangels leserlicher Beifügung des Namens des Genehmigenden an der Bescheidqualität mangle.

Mit Bescheid der BH vom wurde die Zwangsstrafe von EUR 726,-- verhängt und die Schließung des Lokales binnen zwei Tagen ab Zustellung des Bescheides aufgetragen, widrigenfalls über den Geschäftsführer eine dreitägige Haft verhängt werde. Dieser Bescheid, der (überdies) auch dem Geschäftsführer zugestellt wurde, wurde nach den beiden Rückscheinen im Akt an der Anschrift der Beschwerdeführerin in 1030 Wien, F-gasse, jeweils am von einem "Arbeitgeber/Arbeitnehmer" (offensichtlich gemeint: einem Arbeitnehmer) übernommen. Der Bescheid ist wie folgt gefertigt:

"Der Bezirkshauptmann (darunter:) im Auftrag (darunter) (Name des Organwalters)".

In einem Aktenvermerk der BH vom wurde festgehalten, der stellvertretende Kommandant der Polizeiinspektion L. habe an diesem Tag mitgeteilt, dass das Wettlokal am verfahrensgegenständlichen Standort nach wie vor geöffnet sei. Beamte der Polizeiinspektion seien an diesem Tag auf Grund eines Vorfalles vor Ort gewesen und hätten dabei den nach wie vor aufrechten Betrieb des Wettlokales festgestellt.

Mit Bescheid vom ordnete die BH gemäß § 7 VGG zur Herstellung des gemäß dem Titelbescheid aufgetragenen Zustandes die Anwendung unmittelbaren Zwanges, nämlich "durch Räumung des von der Schließung betroffenen Wettlokales" an.

Zur Begründung heißt es nach Hinweis auf § 7 erster Satz VVG und Darstellung des Inhaltes des Titelbescheides, die aus dem Titelbescheid erwachsene Verpflichtung sei gemäß § 52 des Vorarlberger Baugesetzes - BauG auch vom Rechtsnachfolger zu erfüllen. Über diese Rechtslage sei die Beschwerdeführerin als neue Betreiberin des gegenständlichen Wettlokals mit Schreiben des Bürgermeisters vom informiert worden. Da die Beschwerdeführerin der baubehördlichen Verfügung nicht nachgekommen sei, sei von der BH mit Bescheid vom eine Zwangsstrafe in Höhe von EUR 400,-- und mit Bescheid vom eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von EUR 726,-- über die Beschwerdeführerin verhängt worden. Trotz dieser Zwangsmittel und rechtskräftig verhängter Verwaltungsstrafen in dieser Sache sei die Beschwerdeführerin nach einem Bericht der Polizeiinspektion L. vom dem behördlichen Auftrag nach wie vor nicht nachgekommen. Da stets ein schärferes Zwangsmittel zu verhängen sei (Hinweis auf § 5 Abs. 2 VVG), wäre nunmehr gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer das Zwangsmittel der Beugehaft zu vollziehen, damit die Gesellschaft als verpflichtete Partei durch ein Handeln jener Person, die allein für sie handeln könne, ihre Verpflichtung erfülle. Diese sei jedoch griechischer Staatsangehöriger und lediglich mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet. Zustellungen an diese Nebenwohnsitzadresse (Anmerkung: in Innsbruck) seien nach der Aktenlage jedoch nicht möglich, den Zustellorganen in Innsbruck sei diese Person nicht bekannt. Es sei daher mehr als fraglich, dass sie zum Antritt der Beugehaft zwangsweise vorgeführt werden könne. Beim behördlich geschlossenen (gemeint: auf Grund des Bescheides zu schließenden) Teil des gegenständlichen Wohn- und Geschäftshauses handle es sich zudem um ein Wettlokal, das von der Betreiberin, auch nach einen Vollzug der Beugehaft, kurzfristig und jederzeit unrechtmäßig wieder in Betrieb genommen werden könne. Die BH sehe vor diesem Hintergrund als einzige Möglichkeit einer effektiven Durchsetzung des Titelbescheides, dass, im Falle einer illegalen Verwendung der gegenständlichen Räumlichkeiten als Wettlokal, die sofortige Räumung durch die Organe der öffentlichen Aufsicht durchgeführt werde.

Der Bescheid ist so gefertigt wie jener vom .

Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführer an der Anschrift des gegenständlichen Wettlokales zugestellt und dort am selben Tag - offensichtlich von einer Arbeitnehmerin - übernommen.

Nach einem Bericht eines Polizeiorganes vom (morgens) sei der Bescheid am gegen 16.30 Uhr einer namentlich genannten Angestellten ausgefolgt worden (Anmerkung: der Name stimmt mit der Unterschrift auf dem Rückschein überein). Um 17.30 Uhr sei dann gemeinsam mit einer Patrouille der Polizeiinspektion die Schließung des Lokales erfolgt. Bei einem Telefonat mit dem Geschäftsführer habe dieser bereits zu erkennen gegeben, dass er eben wieder aufsperren würde. Um 18.30 Uhr sei das Lokal wiederum geöffnet gewesen und sei durch eine Patrouille der Polizeiinspektion "zwangsgeräumt" worden. Um 19.05 Uhr sei das Lokal wieder geöffnet gewesen und sei ebenfalls wieder "zwangsgeräumt" worden. Um 22.15 Uhr sei ebenfalls wieder eine "Zwangsräumung" durch die Polizeiinspektion erfolgt. Die Angestellte habe jeweils angegeben, durch den Geschäftsführer angewiesen worden zu sein, das Lokal offen zu halten. (In einem ausführlicheren Bericht der Polizeiinspektion vom werden die Vorgänge näher dargestellt, wobei demgemäß das "Räumen" derart erfolgte, dass die Gäste aufgefordert wurden, das Lokal zu verlassen, sowie die Angestellte gebeten wurde, die Türen zu verschließen und die Bildschirme, auf denen Wetten angeboten wurden, abzuschalten.)

In einer weiteren Mitteilung vom heißt es, an diesem Tag, 14.00 Uhr, sei das Lokal erneut geöffnet gewesen.

Der Sachbearbeiter bei der BH hielt in einem Aktenvermerk vom fest, auf Grund der am Vortag wiederholt erforderlichen Räumungen des Wettlokales habe er am heutigen Tag (18. Jänner) die Gemeinde ersucht, das Wettlokal amtlich zu versiegeln, den Angestellten für das unumgängliche Betreten des Lokales jedoch in Anwesenheit der Organe der Sicherheitswache den Zutritt zu gestatten. Das Siegel sei am heutigen Tag gegen 14.00 Uhr an den Eingangstüren beider Eingänge angebracht worden, ein Zutritt ohne Beschädigung des Siegels sei dadurch unterbunden worden. Um 15.35 Uhr habe sich der Sachbearbeiter der BH (Verfasser des Amtsvermerkes) zum Wettlokal begeben und dabei die Unversehrtheit der Siegel festgestellt. Im Anschluss daran habe er ein Telefonat mit der näher genannten Angestellten geführt und sie auf die Rechtsfolgen weiterer Nichtbefolgungen behördlicher Anordnungen und eines Siegelbruches (§ 272 StGB) informiert.

Mit Schriftsätzen vom 19. und erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom Berufung, die mit dem erstangefochtenen Bescheid (hg. Zl. 2012/06/0143) als unbegründet abgewiesen wurde.

Nach Darstellung des Verfahrensganges, Wiedergabe der Berufung und verschiedener gesetzlicher Bestimmungen heißt es zur Begründung, bringe eine Partei innerhalb offener Berufungsfrist mehrere Schriftsätze ein, mit denen Berufung gegen denselben Bescheid erhoben werde, dann seien diese als eine (einzige) Berufung anzusehen. Die Berufungen der Beschwerdeführerin vom 19. und gegen den Bescheid vom seien beide innerhalb offener Frist eingebracht worden. Im Schriftsatz vom fehle im Vergleich zum Schriftsatz vom lediglich das Vorbringen zur (behaupteten) mangelhaften Zustellung des Bescheides vom , weil dieser, nachdem in der Filiale in L. (Wettbüro) zugestellt worden sei, am auch am Geschäftssitz der Beschwerdeführerin zugestellt worden sei.

Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, dass der Bescheid vom auf Grund der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid und nicht als Vollstreckungsverfügung in rechtlicher Hinsicht dem AVG unterliege und der Berufung deshalb aufschiebende Wirkung zukomme, sei nicht zu folgen. Vollstreckungsmaßnahmen bedürften der vorherigen Erlassung einer Vollstreckungsverfügung in Form eines Bescheides. Für die Frage der aufschiebenden Wirkung komme es nur darauf an, ob der Bescheid eine Vollstreckungsmaßnahme unmittelbar anordne oder nicht. Angesichts des Umstandes, dass mit dem Bescheid vom ausdrücklich eine Vollstreckungsmaßnahme, nämlich die Räumung des Wettlokals, angeordnet worden sei, sei dieser eindeutig als Vollstreckungsverfügung nach dem VVG zu qualifizieren und es komme der Berufung somit gemäß § 10 Abs. 3 VVG keine aufschiebende Wirkung zu.

Als Zwangsmittel bei nicht vertretbaren Leistungen könnten gemäß § 5 Abs. 1 VVG sowohl Geldstrafen als auch Haft verhängt werden. Die Anordnung der Anwendung unmittelbaren Zwanges nach § 7 VVG zur Erfüllung einer bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung komme als subsidiäres Zwangsmittel auch zur Erzwingung einer unvertretbaren Handlung, einer Duldung oder Unterlassung (im Sinne des § 5 VVG) in Betracht. Sie sei nur zulässig, wenn der bescheidmäßige Zustand auf andere Weise entweder überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig (bei Gefahr im Verzug) hergestellt werden könne. Die Räumung sei dabei ein zulässiges Mittel. Die Anwendung unmittelbaren Zwanges im Vollstreckungsverfahren sei als letztes Mittel gedacht und habe vornehmlich die Bedeutung eines ergänzenden Zwangsmittels. Die Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwanges sei nicht erforderlich (Hinweis auf Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 1024 ff).

Die Anwendung unmittelbaren Zwanges sei kein Zwangsmittel gemäß § 5 VVG. Deshalb gehe das Vorbringen der Beschwerdeführerin, es sei gemäß § 5 Abs. 2 VVG ein stets schärferes Zwangsmittel zu verhängen und es habe die BH die Verhängung der Beugehaft übersprungen und statt dessen sogleich ein noch schärferes Zwangsmittel gewählt, ins Leere. Die Räumung des von der Schließung betroffenen Wettlokals sei gemäß § 7 VVG ein zulässiges Zwangsmittel zur Herstellung des dem Titelbescheid entsprechenden Zustandes. Der bisherige Verfahrensgang (Hinweis auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vom ) habe gezeigt, dass eine andere Maßnahme als eine solche nach § 7 VVG nicht zielführend sei. Trotz der Verhängung zweier Zwangsstrafen sei die Beschwerdeführerin nach dem Bericht der Polizeiinspektion vom dem behördlichen Auftrag nicht nachgekommen. Bereits mit Schreiben des Bürgermeisters vom sei die Beschwerdeführerin als neue Betreiberin des Wettlokales darüber informiert worden, dass sie als Rechtsnachfolgerin der früheren Betreiberin zur Erfüllung des Titelbescheides verpflichtet sei. Der Umstand, dass die Schließung des betroffenen Wettlokales am noch immer nicht erfolgt sei, rechtfertige die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch Räumung des Lokales. Sinn einer Zwangsstrafe sei es, einen der Anordnung der Behörde entgegenstehenden Willen einer Partei zu brechen. Zielführend sei ein Zwangsmittel nur dann, wenn es den mit dem Titelbescheid aufgetragenen Zustand herstelle. Durch die Räumung des Wettlokals könne der dem Ziel des Titelbescheides entsprechende Zustand eher hergestellt werden als durch eine über den Geschäftsführer verhängte Beugehaft.

Es treffe nicht zu, dass der bekämpfte Bescheid nicht richtig gefertigt sei. Dem Organwalter, der den Bescheid unterfertigt habe, sei gemäß § 7 des Bezirksverwaltungsgesetzes die selbständige Erledigung von Aufgaben übertragen worden.

Gemäß dem Ergebnis einer Überprüfung durch die Polizeiinspektion am sei die Beschwerdeführerin trotz Androhung einer Zwangsstrafe der aus dem Titelbescheid erfließenden Verpflichtung nicht nachgekommen. Es treffe daher nicht zu, dass ein diesbezüglicher Nachweis fehle.

Das VVG enthalte für die Aufschiebung der Vollstreckung keine Regelungen. Begründe der Verpflichtete seinen Antrag auf Aufschiebung der Exekution mit einem Antrag auf Verlängerung der Leistungsfrist im Grunde des § 68 Abs. 2 AVG, könne die Frage, ob für die Aufschiebung der verwaltungsbehördlichen Exekution die Regelungen der §§ 42 ff EO analog heranzuziehen seien, schon deshalb dahingestellt bleiben, weil die Aufschiebung einer Exekution im Anwendungsbereich der gerichtlichen Exekution jedenfalls einen Aufschiebungsgrund erfordere, der in seiner Art und in seinem Gewicht so beschaffen sein müsse, dass er den in § 42 Abs. 1 EO aufgezählten Gründen vergleichbar sei. Diese setzten grundsätzlich vom Verpflichteten in Anspruch genommene Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe voraus, auf deren Erledigung er einen Rechtsanspruch habe. Dies sei bei einem Antrag auf Aufschiebung der Exekution, der mit einem Antrag auf Verlängerung der Leistungsfrist im Grunde des § 68 Abs. 2 AVG begründet werde, nicht der Fall. Auf die Erstreckung der Erfüllungsfrist eines in Rechtskraft erwachsenen Auftrages stehe niemandem ein Rechtsanspruch zu (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/07/0122). Diese Judikatur sei auch im Beschwerdefall relevant, weil die Beschwerdeführerin darauf Bezug nehme, verschiedene Anträge (etwa einen Antrag auf Vollstreckungsaufschiebung, auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, auf Aussetzung der Exekution sowie weitere Anträge) bei der Gemeinde eingebracht zu haben.

Anders als bei der Vollstreckung eines Auftrages zur Beseitigung einer konsenswidrigen Baulichkeit oder eines Instandsetzungsauftrages stehe der Vollstreckung eines Auftrages, die konsenswidrige Nutzung eines Gebäudes zu unterlassen, die Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht entgegen (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/05/0037, und vom , Zl. 91/06/0035). Da es im gegenständlichen Vollstreckungsverfahren um die Unterlassung einer konsenswidrigen Nutzung der Räumlichkeiten als Wettlokal gehe, stehe der Vollstreckung somit ein allfälliges Baubewilligungsverfahren und auch ein Beschwerdeverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht entgegen.

Beim Titelbescheid handle es sich um einen Bescheid nach dem Vorarlberger Baugesetz, welcher nach § 52 leg. cit. dingliche Folgen nach sich ziehe, indem die Rechte und Pflichten auf den Rechtsnachfolger übergingen. Es sei aktenkundig, dass die Beschwerdeführerin in die Rechtsnachfolge der früheren Betreiberin, gegenüber der der Titelbescheid erlassen worden sei, eingetreten sei. Es sei daher nicht rechtswidrig, dass in der Folge der Bescheid vom gegenüber der Beschwerdeführerin erlassen worden sei.

Der erstangefochtene Bescheid ist wie folgt gefertigt: "Für die Vorarlberger Landesregierung (darunter:) im Auftrag (darunter:) (Name der Organwalterin)".

Mit Schriftsatz vom erhoben die Beschwerdeführerin und ihr Geschäftsführer Berufung gegen den Bescheid vom . Darin heißt es, der Bescheid sei "erstmals jetzt per Post" an die Anschrift im 3. Bezirk zugestellt worden, "dafür gleich zweimal". Dagegen werde sowohl vom Geschäftsführer als auch von der Beschwerdeführerin in offener Frist Berufung erhoben. Zur Rechtzeitigkeit zur Erhebung der Berufung durch den Geschäftsführer sei auszuführen, dieser sei in Griechenland gewesen und habe daher "erst jetzt" Kenntnis von dieser Zustellung erlangt. Bei Ortsabwesenheit gelte eine Zustellung erst mit Rückkehr bzw. mit Kenntniserlangung als bewirkt. Diese Kenntniserlangung sei erst am erfolgt. Somit sei die gegenständlich erhobene Berufung rechtzeitig. Vorsorglich stelle der Geschäftsführer hiemit auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil er von der Zustellung "des Straferkenntnisses" ohne sein Verschulden erst am Kenntnis erlangt habe, denn er sei in Griechenland gewesen und habe keine Kontaktdaten in der Firma hinterlassen.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid (hg. Zl. 2012/06/0144) hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als verspätet zurückgewiesen (mit Bescheid vom war die Berufung des Geschäftsführers als unzulässig zurückgewiesen worden).

Zur Begründung heißt es nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der Berufung, gemäß dem Rückschein sei der bekämpfte Bescheid der Beschwerdeführerin am zugestellt und durch einen Arbeitnehmer der Beschwerdeführern übernommen worden. In der Berufung gegen den Bescheid werde geltend gemacht, dass durch Ortsabwesenheit des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin der Bescheid erst am tatsächlich zugekommen sei. Der Geschäftsführer sei in Griechenland gewesen und habe keine Kontaktdaten am Firmensitz der Beschwerdeführerin hinterlassen.

Die am eingebrachte Berufung sei somit rechtzeitig. Zu dieser Behauptung sei anzumerken, dass die Berufung gegen einen Bescheid der BH vom (Anmerkung: das ist der zuvor angeführte erstinstanzliche Bescheid im Beschwerdeverfahren Zl. 2012/06/0143) durch den Geschäftsführer mit 19. "bzw. 27." Jänner datiert sei. Darin werde ausgeführt, dass der Bescheid vom an jenem Tag in eine Filiale (gemeint ist das Wettlokal) der Beschwerdeführerin gebracht worden sei. In einer weiteren Berufung vom gegen den Bescheid vom sei mitgeteilt worden, dass der Bescheid nunmehr am auch am Geschäftssitz der Beschwerdeführerin in Wien zugestellt worden sei. Somit sei das Vorbringen, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin auf Grund einer Ortsabwesenheit erst am vom Bescheid vom Kenntnis erlangt hätte, nicht nachvollziehbar, "da Bescheide entgegengenommen und Berufungen eingebracht" worden seien. Zudem sei von der Beschwerdeführerin auch kein Nachweis erbracht worden, dass sich der Geschäftsführer tatsächlich in Griechenland aufgehalten habe.

Da somit die Berufung verspätet sei, sei auf das inhaltliche Vorbringen nicht weiter einzugehen gewesen.

Der zweitangefochtene Bescheid ist wie der erstangefochtene Bescheid gefertigt.

Gegen die beiden angefochtenen Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat (zu beiden Beschwerdeverfahren gemeinsam) die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in (gesonderten) Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Die §§ 2, 4, 5, 7 und 10 VVG lauten (auszugsweise):

"§ 2. (1) Bei der Handhabung der in diesem Bundesgesetz geregelten Zwangsbefugnisse haben die Vollstreckungsbehörden an dem Grundsatz festzuhalten, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden ist.

(2) …"

"§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) …"

"§ 5. (1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

(3) Die Zwangsmittel dürfen in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

(4) Die Vollstreckung durch Geldstrafen als Zwangsmittel ist auch gegen juristische Personen mit Ausnahme der Körperschaften des öffentlichen Rechts und eingetragene Personengesellschaften zulässig."

"§ 7. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, kann der einem Bescheid entsprechende Zustand durch Anwendung unmittelbaren Zwanges hergestellt werden, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist. (…)."

"Verfahren

§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61, § 61a und der IV. Teil mit Ausnahme der §§ 67a bis 67h des AVG sinngemäß anzuwenden. Im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind ferner die §§ 51 bis 51i VStG und, soweit sich aus dem VStG nicht anderes ergibt, die für dieses Verfahren geltenden Bestimmungen des AVG anzuwenden.

(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn


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1.
die Vollstreckung unzulässig ist oder
2.
die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder
3.
die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.

(3) Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung. Sie geht

1. in einer Angelegenheit der Sicherheitsverwaltung an die Landespolizeidirektion,

2. in einer sonstigen Angelegenheit der Bundesverwaltung an den Landeshauptmann und

3. in einer Angelegenheit der Landesverwaltung an die Landesregierung,

4. im Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen jedoch an den unabhängigen Verwaltungssenat (§ 51 VStG).

Die demnach zuständige Behörde entscheidet endgültig."

§ 52 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG),

lautet (diese Bestimmung in der Stammfassung):

"§ 52

Dingliche Bescheidwirkung

Allen Bescheiden nach diesem Gesetz - ausgenommen jenen nach § 55 - kommt insofern eine dingliche Wirkung zu, als daraus erwachsene Rechte auch vom Rechtsnachfolger geltend gemacht werden können und daraus erwachsene Pflichten auch vom Rechtsnachfolger zu erfüllen sind. Der Rechtsvorgänger ist verpflichtet, dem Rechtsnachfolger alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und alle bezüglichen Unterlagen auszufolgen."

§ 7 Abs. 1 und 2 des (Vorarlberger) Bezirksverwaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 1/1976 (diese Bestimmungen in der Stammfassung), lauten:

"§ 7

Übertragung von Aufgaben zur selbständigen Erledigung

(1) Der Bezirkshauptmann kann im Interesse einer raschen und zweckmäßigen Geschäftsbehandlung die Abteilungsleiter und die Leiter der Unterabteilungen beauftragen, bestimmte Gruppen der nach der Geschäftseinteilung ihrer Abteilung bzw. Unterabteilung zugewiesenen Aufgaben selbständig zu erledigen.

(2) Aufträge im Sinne des Abs. 1 bedürfen der Schriftform und können auch an andere hiefür geeignete Bedienstete ergehen, wenn die zeitgerechte Erledigung der Aufgaben dies erfordert.

(3) …"

1.) Zum erstangefochtenen Bescheid (Beschwerde Zl. 2012/06/0143):

Mit dem Bescheid des Bürgermeisters vom wurde, gestützt auf § 40 Abs. 3 BauG, bis zum Vorliegen einer Baubewilligung für ein Wettlokal "zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes das Verbot der Verwendung des Geschäftslokales als Wettlokal und somit die sofortige Schließung des gegenständlichen Wettlokales" verfügt. Dieser Bescheid wurde von der Berufungsbehörde zur Gänze bestätigt. Die dagegen von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung und die in der Folge erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof blieben, wie eingangs dargestellt, erfolglos. Zutreffend haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens erkannt, dass gemäß § 52 BauG der Titelbescheid auch gegen die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der damaligen Verpflichteten wirkt. Der Titelbescheid war daher auch gegenüber der Beschwerdeführerin vollstreckbar.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, der erstinstanzliche Bescheid sei weder vom Bezirkshauptmann noch in seinem Namen gefertigt worden. Die Unterfertigung eines nicht approbationsbefugten Beamten lediglich "im Auftrag" ersetze nicht die ordnungsgemäße Fertigung des Bescheides, welche entweder "Der Bezirkshauptmann" oder, bei Approbationsbefugnis, "Für den Bezirkshauptmann" lauten müsste. Eine Approbationsbefugnis sei nicht aktenkundig gewesen, und selbst wenn sie bestünde und aktenkundig wäre, hätte die Fertigung "Der Bezirkshauptmann" oder "bei Approbationsbefugnis" "Für den Bezirkshauptmann" lauten müssen, nicht aber "im Auftrag". Die Voraussetzungen für eine Beauftragung seien mangels aktenkundiger Schriftform nicht ersichtlich. Selbst wenn aber eine solche Beauftragung tatsächlich aktenkundig wäre und die Beauftragung die Bescheiderlassung umfassen würde, würde es immer noch am Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 2 des Bezirksverwaltungsgesetzes fehlen, nämlich, dass ein zwingendes Erfordernis dafür vorliege. Auch die Fertigung des erstangefochtenen Bescheides "im Auftrag" sei verfehlt.

Dem ist zu entgegnen, dass, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, die (schriftliche) Übertragung der Unterschriftsbefugnis aktenkundig ist, wobei es sich beim Organwalter, der den erstinstanzlichen Bescheid unterfertigt hat, um den Abteilungsleiter handelt, somit ein Fall des § 7 Abs. 1 des Bezirksverwaltungsgesetzes vorliegt.

Die gewählte Form der Unterfertigung "Für den Bezirkshauptmann - im Auftrag" ist unbedenklich, dem Beisatz "im Auftrag" kommt jedenfalls keine Bedeutung in dem Sinn zu (wie die Beschwerdeführerin wohl vermeint), dass es sich dabei um einen "Nicht-Bescheid" handelte oder, dass dieser Beisatz einen wesentlichen Verfahrensmangel begründete. Gleiches (Beisatz "im Auftrag") gilt sinngemäß für den erstangefochtenen Bescheid (wie auch für den zweitangefochtenen; siehe dazu auch die Judikaturnachweise in Walter/Thienel I2, E 61 und 63 zu § 18 AVG).

Die Beschwerdeführerin rügt, dass für die dem erstangefochtenen (und auch dem erstinstanzlichen Bescheid vom ) zugrunde liegende Annahme, sie habe einen Bescheid des Bürgermeisters nicht beachtet, ein Nachweis fehle. Falls es Erhebungen dazu gegeben hätte, müssten diese im Bescheid dargelegt sein, weil ansonsten die Begründung des Bescheides unzureichend wäre. Die Ausführungen im Berufungsbescheid seien unzureichend.

Dem ist zunächst abermals entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet war, bis zum Vorliegen einer allfälligen Baubewilligung die Verwendung des Geschäftslokales als Wettlokal zu unterlassen, wobei der titelmäßige Ausspruch auch die Anordnung der sofortigen Schließung des Wettlokales umfasste. Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde selbst vor, sie betreibe bzw. habe bis zur zwangsweisen Schließung das Wettbüro am besagten Standort betrieben, und wehrt sich gegen die verfügte Schließung, weil die dadurch bewirkte Einstellung der Geschäftstätigkeit einen großen finanziellen Schaden zur Folge habe (der in der Beschwerde - nicht näher aufgeschlüsselt - mit mehr als EUR 1,500.000,-- Einkunftsentgang beziffert wird). Daher ergibt sich schon aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie ihrer titelmäßigen Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Davon unabhängig sind auch die Feststellungen im erstangefochtenen Bescheid, das Lokal werde weiterhin betrieben, unbedenklich und ausreichend begründet.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, die Vollstreckung des Titelbescheides sei deshalb unzulässig, weil ein Verfahren zur Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung bei den Gemeindebehörden anhängig sei, und verweist auf ihre Anträge im hier zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren (Antrag auf Aufschub der Vollstreckung, auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, auf Aussetzung des Verfahrens und auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung); solche Anträge seien auch bei der Baubehörde eingebracht worden. Sie habe einen Rechtsanspruch auf Erledigung dieser Anträge, die diesbezügliche Begründung des erstangefochtenen Bescheides sei unzutreffend. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdeführerin, wie schon in ihrer Berufung, auch auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zu Abbruch- bzw. Instandhaltungsaufträgen), wonach die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung die Vollstreckung eines solchen baupolizeilichen Auftrages hindere.

Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend: Zutreffend haben die belangte Behörde und die erstinstanzliche Behörde darauf verwiesen, dass der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Grundsatz im Beschwerdefall nicht anwendbar ist, weil die Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung der Vollstreckung eines Auftrages, die konsenswidrige Nutzung eines Gebäudes zu unterlassen, nicht entgegensteht (siehe dazu die von der belangten Behörde zitierten Erkenntnisse vom , Zl. 91/06/0035, und vom , Zl. 2007/05/0037). Eine gesetzliche Bestimmung, dass die Zwangsvollstreckung nicht fortgesetzt werden dürfe, ehe über die zuvor genannten Anträge des Beschwerdeführers abgesprochen worden wäre, gibt es nicht; vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles ist eine solche Rechtsfolge auch nicht aus § 10 VVG abzuleiten. Eine rechtskräftige baubehördliche Bewilligung für die strittige Verwendung des Geschäftslokales als Wettbüro hat die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht dargetan.

Die Beschwerdeführerin trägt weiters vor, die belangte Behörde irre in der Annahme, dass § 7 VVG sie dazu ermächtige, unmittelbar die Geschäftsschließung zu verfügen. Diese Bestimmung sei nur subsidiär anwendbar und die Anwendung unmittelbaren Zwanges im Vollstreckungsverfahren sei nur die "ultima ratio". Die Anwendung des § 7 VVG stehe somit mit § 2 VVG im Widerspruch, wonach das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden sei. Dies sei aber nicht die Schließung des Lokals, dies wäre vielmehr die Androhung und Verhängung von Beugehaft gewesen, was aber unterblieben sei. Es sei nicht zulässig, diesen Schritt zu "überspringen", die Erwägungen der Behörden stellten reine Annahmen dar.

Weiters sei das gewählte Zwangsmittel auch deshalb verfehlt, weil die Verpflichtung zu einer Unterlassung gemäß § 5 Abs. 1 VVG zu vollstrecken sei. Von einer Zwangsschließung sei in dieser Bestimmung keine Rede. Die Schließung des Wettlokals durch einen Dritten könne nicht bewerkstelligt werden.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung gegen den Bescheid vom geltend gemacht, der bekämpfte Bescheid "stimmt außerdem mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht überein (§ 10 Abs. 2 Ziffer 2 VVG)", ohne diesen Einwand näher auszuführen. In der Beschwerde wird hiezu vorgetragen, die belangte Behörde habe diesen Einwand im erstangefochtenen Bescheid überhaupt nicht behandelt und hiezu keine Feststellungen getroffen, weshalb der erstangefochtene Bescheid auch unter diesem Aspekt mangels Feststellungen und Begründung mangelhaft sei.

Dem ist Folgendes zu erwidern: Es trifft zwar zu, dass die "Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt", nach § 5 VVG zu vollstrecken ist, dies schließt aber die Anwendung des § 7 VVG nicht aus (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/07/0173, vom , Zl. 95/02/0311, und auch vom , Zl. 99/07/0031). Aus diesem Gesichtspunkt trifft es daher nicht zu, dass das Schließen des Geschäftslokales in der Art, wie dies im Beschwerdefall erfolgte, eine Maßnahme wäre, die nicht durch einen Dritten bewirkt werden könnte. Die mit Vollstreckungsverfügung angeordnete Räumung des Lokales war im Beschwerdefall ein zulässiges Zwangsmittel im Sinne des § 7 VVG (siehe dazu das bereits genannte hg. Erkenntnis Zl. 90/07/0173 - Verschließen und Plombieren von Betriebseinrichtungen zur Durchsetzung eines wasserpolizeilichen Auftrages). Bedenkt man die Umstände des Beschwerdefalles, wonach der Betrieb des Wettlokales ungeachtet des baupolizeilichen Auftrages, somit verboten und daher rechtswidrig fortgesetzt wurde, und auch keine Bereitschaft der Beschwerdeführerin erkennbar war, dem baupolizeilichen Auftrag nachzukommen, vielmehr das Bestreben, die verbotene Tätigkeit fortzusetzen, war die verfügte Räumung des Geschäftslokales ein geeignetes Mittel, den gesetzmäßigen Zustand gemäß dem Titelbescheid herzustellen und die Fortsetzung der verbotenen, rechtswidrigen Tätigkeit wirksam und effektiv zu unterbinden.

Nach dem zuvor Gesagten ist nicht ersichtlich, weshalb die verfügte Vollstreckungsmaßnahme nicht mit dem Titelbescheid übereinstimmen sollte, was in der Beschwerde auch nicht näher dargelegt wird.

2. Zum zweitangefochtenen Bescheid (Beschwerde Zl. 2012/06/0144):

Die Beschwerdeführerin trägt hier vor, es sei rechtswidrig gewesen, die Berufung zurückzuweisen, ohne zuvor über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden. Überdies hätte die belangte Behörde nicht einfach ohne Ermittlungen die in der Berufung vorgetragene Rechtzeitigkeit der Berufung verneinen dürfen, die damit begründet worden sei, dass der erstinstanzliche Bescheid "erstmals jetzt" (in der Beschwerde unter Anführungszeichen) an den Firmensitz zugestellt worden sei. Eine allfällige vorherige Zustellung anderswohin wäre somit nicht gültig. Die belangte Behörde hätte dem nachgehen müssen. Sie habe aber nur festgestellt, dass das Schriftstück am der Beschwerdeführerin zugestellt und durch einen Arbeitnehmer übernommen worden sei, nicht aber, wohin diese Zustellung erfolgt sei. Treffe das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu, dass der Bescheid "nunmehr - erstmals oder nochmals - an den Firmensitz zugestellt wurde", dann sei die dagegen erhobene Berufung rechtzeitig gewesen. Die belangte Behörde hätte den Zeitpunkt dieser Zustellung an den Firmensitz überprüfen müssen. Auch wäre zu ermitteln gewesen, wer den Rückschein unterschrieben habe und ob die erste Zustellung, von der die Behörde ausgegangen sei, ordnungsgemäß erfolgt sei (wozu auch, aber nicht nur, die Feststellung des Zustellorts zähle). Außerdem und unabhängig davon hätte die belangte Behörde die in der Berufung vorgebrachte Ortsabwesenheit des Geschäftsführers nicht einfach verneinen dürfen, sondern hätte ihn dazu einvernehmen müssen. Dass er Briefe oder andere Eingaben unterzeichne, stehe nicht seiner Ortsabwesenheit entgegen. Dieser wäre konkret in Bezug auf den Zustellungszeitpunkt abzuklären gewesen, was die belangte Behörde aber unterlassen habe.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Der Rückschein, wonach die Zustellung des Bescheides vom an die Beschwerdeführerin an ihrem Firmensitz in Wien erfolgte (Übernahme gemäß dem Rückschein durch einen Arbeitnehmer), ist ordnungsgemäß ausgefüllt. Dieser Zustellnachweis stellt eine öffentliche Urkunde dar, die zunächst vollen Beweis darüber erbringt, dass der darin beurkundete Zustellvorgang vorschriftsgemäß erfolgt ist; ein Gegenbeweis im Sinne des § 292 Abs. 2 ZPO iVm § 47 AVG ist jedoch zulässig. Allerdings ist es Sache dessen, demgegenüber die Zustellung nicht wirksam sein soll, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0196). Solche Umstände hat die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung nicht vorgebracht, auch nicht in der Beschwerde. Zur Argumentation der belangten Behörde im zweitangefochtenen Bescheid, der Geschäftsführer habe in der fraglichen Zeit prozessual agiert und Berufungen eingebracht, sagt die Beschwerdeführerin nichts Konkretes.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorlagen oder nicht. Die Fristversäumnis liegt nämlich so lange vor, als die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bewilligt wurde. Ein gesetzliches Hindernis, über die Berufung vor der Erledigung des Wiedereinsetzungsantrages zu entscheiden, besteht entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht. Mit der Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt allerdings der auf eine Versäumung der Frist beruhende Bescheid außer Kraft (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/06/0106, mwN).

3. Die Beschwerdeführerin hat in beiden Verfahren die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt; die belangte Behörde hat sich jeweils (mit näherer Begründung) dagegen ausgesprochen.

Der Verwaltungsgerichtshof kann gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG ungeachtet eines Parteienantrages von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom , Nr. 4533/02 (Freilinger u.a. gg Österreich) mwN, klargestellt, dass Annexverfahren, die keine Entscheidung in der Hauptsache enthalten, grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen. Das gilt auch für ein Vollstreckungsverfahren, das allein der Durchsetzung einer bereits im Titelverfahren getroffenen Entscheidung über ein civil right dient (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0276; dazu, dass es sich bei einer Zwangsstrafe grundsätzlich auch nicht um eine strafrechtliche Angelegenheit im Sinne des Art. 6 EMRK handelt, vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 10.840 - zu all dem siehe auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0090).

Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Zuerkannt wurde in jedem Beschwerdeverfahren der Schriftsatzaufwand, der Vorlageaufwand insgesamt aber nur einfach, weil die Aktenvorlage gemeinsam für beide Verfahren erfolgte (der Schriftsatzaufwand entfällt daher gleichteilig auf jedes Verfahren). Das diesbezügliche Kostenmehrbegehren war daher abzuweisen.

Wien, am