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VwGH vom 13.05.2004, 2004/16/0032

VwGH vom 13.05.2004, 2004/16/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der E Gesellschaft mbH in S, vertreten durch Dr. Gernot Franz Herzog, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Haunspergstraße 33, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zl. Jv 5633-33/02- 4, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gesellschaft hatte zu 14 C 2024/97 des Bezirksgerichtes Salzburg gegen einen Mieter eine Klage auf Räumung sowie auf Bezahlung eines Mietzinsrückstandes erhoben. In der Klage wurde der monatliche Mietzins mit S 8.255,59 beziffert und vorgebracht, dass die Höhe des Mietzinses von der Schlichtungsstelle festgesetzt worden sei und die beklagte Partei ihrer Verpflichtung zur Zahlung des gesamten Mietzinses nicht mehr nachgekommen wäre. Dem hielt die beklagte Partei die eingeschränkte Benützbarkeit der Mietwohnung entgegen; deswegen sei lediglich ein geminderter Mietzins zu zahlen.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am dehnte die beschwerdeführende Gesellschaft - unter Aufrechterhaltung des Räumungsbegehrens - das Zahlungsbegehren um weitere Mietzinsrückstände auf S 20.806,82 und mit Schriftsatz vom auf S 36.922,97 aus. Die auf Grund der Klagsausdehnungen angefallenen Gerichtsgebühren hat die beschwerdeführende Gesellschaft bezahlt.

In der Tagsatzung am schlossen die Parteien des Gerichtsverfahrens einen Vergleich, in dem sich der Beklagte gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft zur Zahlung bestimmter Beträge an Miete, Heizkosten und Prozesskosten verpflichtete (Punkt 1.) und in dem es wörtlich weiter heißt:

"2.) Festgestellt wird, daß ab Juni 1998 wieder die volle Miete zzgl Heizkostenbeitrag bezahlt wird. Das Vergleichsinteresse für diese Feststellung lt. Pkt. 2.) dieses Vgl wird mit S 5.000,-- bewertet."

Mit Zahlungsauftrag vom wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft restliche Pauschalgebühr in der Höhe von S 25.450,-- zuzüglich S 96,32 Einhebungsgebühr vorgeschrieben.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Gesellschaft einen Berichtigungsantrag, in dem sie vorbrachte, aus dem Zahlungsauftrag sei nicht ersichtlich, wofür die Pauschalgebühr samt Einhebungsgebühr von insgesamt EUR 1.856,52 vorgeschrieben worden sei; für den Vergleich vom seien die gesamten Gerichtsgebühren bezahlt worden.

Dem Berichtigungsantrag gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und ging begründend davon aus, dass sich die beklagte Partei gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft im Punkt 2. des Vergleiches vom auf unbestimmte Zeit zur Zahlung des monatlichen Mietzinses in der Höhe von S 8.255,59 samt einem Heizkostenbeitrag von S 609,23 verpflichtet habe. Für die Bemessung des Streitwertes sei daher § 58 Abs. 1 JN heranzuziehen gewesen; danach ergebe sich eine Bemessungsgrundlage von insgesamt S 1,013.670,80.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde; die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich dadurch in ihren Rechten verletzt, dass ihr eine Gerichtsgebühr unter Zugrundelegung eines zehnfachen Jahresmietzinses auferlegt wurde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich.

Nach Abs. 2 Z. 2 leg. cit. tritt hievon unter anderem dann eine Ausnahme ein, wenn Gegenstand eines Vergleiches eine Leistung ist, deren Wert das Klagebegehren übersteigt. Dann ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen, wobei die bereits entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen ist. Dabei ist als Bemessungsgrundlage der Gebühr der Wert der Leistungen zu verstehen, zu denen sich die Parteien im Vergleich verpflichtet haben (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0279, mwH).

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Nach § 58 Abs. 1 JN ist als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Leistungen bei unbestimmter Dauer das Zehnfache der Jahresleistung anzunehmen.

Die Leistung gemäß § 14 GGG iVm § 58 Abs. 1 JN ist dann mit dem Zehnfachen der Jahresleistung zu bewerten und gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen, wenn der Beklagte in einem Vergleich eine über den Wert des Klagebegehrens hinausgehende, zeitlich nicht begrenzte Verpflichtung zur Bezahlung eines Bestandzinses übernommen hat (vgl. z.B. die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, E 36 ff zu § 18 GGG wiedergegebene Rechtsprechung).

Die in einem Vergleich getroffene Vereinbarung eines Mietzinses ab einem datumsmäßig bestimmten Zeitpunkt ohne weitere zeitliche Begrenzung ist eine auf unbestimmte Dauer vereinbarte Leistung und mit dem Zehnfachen der Jahresleistung zu vergebühren (§ 58 Abs. 1 JN) (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 89/16/0075).

Die beschwerdeführende Gesellschaft bestreitet in ihrer Beschwerde, dass sich die beklagte Partei im Punkt 2. des Vergleiches zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet habe. Es sei nur festgestellt worden, "daß ...die volle Miete bezahlt werde"; daraus lasse sich keine Verpflichtung ableiten.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Im gerichtlichen Bestandverfahren schlossen die Parteien einen Vergleich über die Zahlung eines Geldbetrages und über die Höhe des künftigen Mietzinses. Durch den Vergleich wurde einerseits der Prozess beendet, andererseits entfaltet ein Vergleich nicht nur prozessuale, sondern auch materiellrechtliche Wirkungen (zur Doppelfunktionalität des gerichtlichen Vergleiches siehe Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozessrechts 2, Rz 1333 ff). Unter einem (materiellrechtlichen) Vergleich ist die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung strittiger oder zweifelhafter Rechte zu verstehen (vgl. § 1380 ABGB).

Der Mietzins ist die Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung (vgl. § 1090 ABGB) und wesentlicher Vertragsbestandteil; ohne Einigung über die Höhe des Mietzinses kommt kein Mietvertrag zustande (vgl. § 1094 ABGB). Der Mietvertrag ist ein zweiseitig verbindlicher Vertrag, bei dem ein Vertragspartner seine Leistung als Gegenleistung für die Hauptleistungspflicht des Anderen zu erbringen hat; Pflicht und Gegenpflicht stehen also im Austauschverhältnis (vgl. Koziol/Welser I12 105).

Von der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde nicht behauptet, dass neben Punkt 2. des Vergleiches Vereinbarungen über die Fortsetzung des Mietverhältnisses getroffen worden seien oder dass die Leistungsverpflichtung der beklagten Partei anderweitig geregelt worden sei, sodass von der (stillschweigenden) Vereinbarung der Weitergeltung der Bestimmungen des bisherigen Vertrages auszugehen ist. Da im Bestandverfahren - hier interessierend - nur die Höhe des Mietzinses strittig war, kam durch die Einigung über die Höhe des Mietzinses, die ihren Ausdruck in der in Rede stehenden Feststellung im Vergleich fand, ein Mietvertrag mit dem verglichenen Mietzins zustande. Durch den Abschluss des Vertrages wurden aber auch die daraus resultierenden Rechte und Pflichten begründet, das heißt jede Partei wurde zur Erbringung ihrer Leistung verpflichtet. Wird demnach die "Bezahlung" des Mietzinses auf Grund eines konkreten gültigen Mietvertrages, dessen sonstiger Inhalt offenbar unstrittig ist, im Vergleich "festgestellt", kommt in dieser Feststellung zum Ausdruck, dass der Mieter (die beklagte Partei) - ab einem bestimmten Zeitpunkt - (wieder) verpflichtet ist, die "volle Miete" zu zahlen. Die Feststellung regelt also die Leistung des Mieters, nämlich den Mietzins, der auf Grund des Mietverhältnisses zu zahlen ist. Demnach kann die Formulierung im Punkt 2. des Vergleiches nur als Zahlungsverpflichtung der beklagten Partei verstanden werden; einen anderen Sinn vermag man dieser Wendung nicht beizumessen. Es ist daher zutreffend, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass die Verpflichtung zur Leistung im Vergleich ihren Niederschlag gefunden hat.

Dem weiteren Einwand der beschwerdeführenden Gesellschaft, es sei durch den Vergleich kein neuer Vertrag geschlossen und daher schon deshalb keine neue Verbindlichkeit eingegangen worden, ist zu entgegnen, dass ein gebührenpflichtiger gerichtlicher Vergleich auch dann vorliegt, wenn eine bereits bestehende Verpflichtung neuerlich übernommen wird (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0395).

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage und dem Umstand, dass im Vergleich eine Zahlungsverpflichtung protokolliert wurde, erweisen sich die weiteren Einwände in der Beschwerde, es liege ein Fall der Bewertung eines Feststellungsbegehrens nach § 56 Abs. 2 JN, allenfalls gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GGG eine Bestandstreitigkeit, bei der kein Geld verlangt wurde, vor, als unbegründet.

Insgesamt vermochte die beschwerdeführende Gesellschaft keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Mit Rücksicht auf die durch die zitierte Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am