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VwGH 14.06.2017, Ra 2016/08/0127

VwGH 14.06.2017, Ra 2016/08/0127

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des C, vertreten durch Prutsch & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Joanneumring 6/III, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , G312 2004250-1/3E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; mitbeteiligte Parteien: 1. DI R und 16 weitere mitbeteiligte Parteien; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Steiermärkische Gebietskrankenkasse), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom fest, dass die mitbeteiligten Parteien eins bis fünfzehn aufgrund ihrer Beschäftigung beim Revisionswerber in näher bezeichneten Zeiträumen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht bzw. der Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 und § 5 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit. a ASVG unterlegen seien. Weiters verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht den Revisionswerber zur Nachentrichtung von Beiträgen, Nebenumlagen, Sonderbeiträgen, Zuschlägen und Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt EUR 78.832,12.

2 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof einer Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

3 Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es aber erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2014/08/0013, mwN). Im Fall der Auferlegung von Geldleistungen ist es notwendig, die im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie Vermögensverhältnisse (unter Einschluss der Schulden nach Art und Ausmaß) konkret - tunlichst ziffernmäßig - anzugeben; weiters sind Angaben dazu erforderlich, welcher Vermögensschaden durch welche Maßnahme droht und inwiefern dieser Schaden im Hinblick auf die sonstigen Vermögensumstände der revisionswerbenden Partei unverhältnismäßig ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , AW 2010/08/0003). Ein bloßer Vermögensnachteil, der im Fall des Obsiegens vor dem Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen wieder ausgeglichen werden kann, muss daher für sich allein genommen noch kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG sein, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten.

4 Der Revisionswerber bringt vor, der Vollzug des Erkenntnisses, würde dazu führen, dass er Insolvenz anmelden müsste, da er nicht über ein "derart hohes Vermögen verfüge", dass er die ihm auferlegte Zahlungsverpflichtung bedienen könnte. Er sei auch unbeschränkt haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, sodass er das zu diesem "Betrieb gehörende Eigentum verkaufen müsste" und daher in Zukunft aus diesem Unternehmen auch kein Einkommen erzielen könnte. Im Jahr 2015 habe er einen Gewinn vor Steuern von rund EUR 47.000,-- erwirtschaftet. Das folgende Geschäftsjahr habe sich als "sehr schwierig" dargestellt, wobei mit einem Gewinn von rund EUR 29.000,-- zu rechnen sei.

5 Mit diesem Vorbringen ist der Revisionswerber seiner Obliegenheit zur Konkretisierung seiner Vermögensverhältnisse nicht ausreichend nachgekommen. Es bleibt unklar, über welches Vermögen der Revisionswerber konkret verfügt. Der Antrag war daher abzuweisen.

Wien, am 

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des C L in G, vertreten durch Prutsch & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Joanneumring 6/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. G312 2004250-1/3E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Gebietskrankenkasse; weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; mitbeteiligte Parteien: 1. DI R D in W,

2.

T H in G, 3. Mag. I H in J, 4. G K in G, 5. M K in M,

6.

M K in G, 7. G K in G, 8. G L in G, 9. T M in R, 10. S P in S,

11.

F P in K, 12. Mag. K Q in W, 13. K R in G, 14. T S in G,

15.

F S in G, 16. Pensionsversicherungsanstalt, 17. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom fest, dass die mitbeteiligten Parteien eins bis fünfzehn aufgrund ihrer Beschäftigung beim Revisionswerber in näher bezeichneten Zeiträumen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht bzw. der Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 und § 5 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit. a ASVG unterlegen seien. Weiters verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht den Revisionswerber zur Nachentrichtung von Beiträgen, Nebenumlagen, Sonderbeiträgen, Zuschlägen und Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt EUR 78.832,12.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem keine Revisionsbeantwortungen erstattet wurden, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

3 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision unter anderem vor, das Bundesverwaltungsgericht habe in Widerspruch zu § 24 VwGVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

4 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

5 Der Revisionswerber hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Das Verwaltungsgericht durfte daher gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Verhandlung nur dann absehen, wenn die Akten erkennen hätten lassen, dass durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegensteht.

6 Es gehört gerade im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen zu den grundlegenden Pflichten des Verwaltungsgerichtes, dem auch im § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen und sich als Gericht im Rahmen einer (bei Geltendmachung von "civil rights" in der Regel auch von Amts wegen durchzuführenden) mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und insbesondere darauf seine Beweiswürdigung zu gründen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/08/0007, mwN).

7 Im vorliegenden Fall, dessen Gegenstand "civil rights" im Sinn des Art. 6 EMRK sind, wäre daher unter Beachtung des zum Sachverhalt erstatteten Vorbringens des Revisionswerbers, dem das Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt ist, eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen. Ist eine Verhandlung nach Art. 6 EMRK geboten, dann ist eine Prüfung der Relevanz des Verfahrensmangels der Unterlassung einer solchen Verhandlung nicht durchzuführen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/05/0014, mwN).

8 Da die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf einer Verkennung der Vorgaben des § 24 VwGVG beruhte, war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

9 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

10 Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das auf Ersatz der Eingabengebühr gerichtete Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am 

Zusatzinformationen


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Norm
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016080127.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAE-69600