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VwGH vom 28.05.2013, 2012/05/0207

VwGH vom 28.05.2013, 2012/05/0207

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Senatspräsidenten Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der P OG in B, vertreten durch Dr. Martin Leitner und Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lindengasse 38/3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1718/001-2012, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde B), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung für den Neubau einer PKW-Garage auf einer näher bezeichneten Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde erteilt. Mit Eingabe der Bauwerber vom wurde der Baubeginn angezeigt.

Als Ergebnis eines am von der Baubehörde durchgeführten Ortsaugenscheines stellte die Baubehörde fest, dass die ausgeführte Dachneigung und die brandschutzrechtliche Ausführung der Brandwand und der Dachkonstruktion nicht dem baubehördlich bewilligten Projekt entsprächen.

Nachdem das Stadtbauamt mit Schreiben vom die Baueinstellung hinsichtlich der abweichenden Ausführung des bewilligten Projektes ausgesprochen hatte, brachten die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin am Planskizzen des neuen Dachaufbaus (unter anderem mit der Darstellung einer Dachneigung von 36 Grad ) in Vorlage.

Daraufhin erging folgendes Schreiben vom an die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin (dessen Qualifikation als Bescheid im Beschwerdeverfahren strittig ist):

"Stadtgemeinde B…(mitbeteiligte Gemeinde)

Stadtbauamt

Herrn und Frau (Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin und Anschrift)

(Betreff)

Sehr geehrte Frau …

Sehr geehrter Herr …

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts wurde seitens der Stadtgemeinde (…) mit Schreiben vom (übernommen am ) eine Baueinstellung für das gegenständliche Bauvorhaben ausgesprochen.

Am haben sie ergänzende Unterlagen übermittelt, welche zur weiteren Beurteilung an das Gebietsbauamt W... weitergeleitet wurden.

Am erhielten wir die Rückmeldung, dass die geplanten Arbeiten - gemäß den vorliegenden Skizzenblättern - den brandschutzrechtlichen Vorschriften entsprechen. Diese Auskunft wurde an Sie telefonisch am - 15:20 Uhr weitergeleitet.

Projektweiterführung

Sie können somit das gegenständliche Bauvorhaben "Neubau einer PKW-Garage" gemäß den bewilligten Einreichunterlagen - mit den ergänzten Planskizzen vom - unter Einhaltung der bescheidmäßigen Auflagen weiterführen.

Mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme bzw. weitere Veranlassungen

verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen

(Unterschrift)

Arch. Dipl. Ing. (Vor- und Familienname)

(Baudirektor)".

Mit Eingabe vom (eingelangt am ) suchte die Beschwerdeführerin um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung hinsichtlich der "Änderung des

Dachwinkels von 28 Grad auf 36 Grad bei bestehender Garage" an.

Der Bürgermeister wies dieses Gesuch mit Bescheid von ab. In seiner Begründung führte er zusammengefasst aus, dass die vorgenommene Änderung des Neigungswinkels des Garagendaches den Bestimmungen des § 51 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (im Folgenden: BO) widerspreche und daher nachträglich nicht bewilligt werden könne.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, dass das Bauvorhaben "Abänderung des Dachwinkels bei der PKW-Garage von 28 Grad auf 36 Grad " bereits am bewilligt worden sei. Die Behörde habe zunächst die geänderten Planskizzen mit der 36 Grad -igen Dachwinkelneigung akzeptiert und unter Zugrundelegung dieser Urkunden die Fortführung des Bauprojektes genehmigt. Der maßgebliche Sachverhalt habe sich seit den bereits am ergänzten Ausführungen zum Bauvorhaben nicht mehr geändert, weshalb die Bauwerberin mit ihrem Ansuchen vom eine Entscheidung in einer bereits entschiedenen Sache begehrt habe. Folglich wäre der Behörde eine inhaltliche Behandlung verwehrt gewesen.

Mit Bescheid vom wies der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, heißt es zur Begründung, dass das Schreiben an die Bauwerberin vom weder als Bescheid bezeichnet sei, noch "Bescheidmerkmale" aufweise noch vom Bürgermeister als erstinstanzliche Baubehörde unterfertigt sei, weshalb es auch nicht als Bescheid zu qualifizieren sei. Weiters beziehe sich die Zusage in diesem Schreiben nur darauf, dass die vorliegenden Skizzenblätter den brandschutztechnischen Vorschriften entsprächen. Hinsichtlich der Unzulässigkeit der beantragten Änderungen schloss sich die Berufungsbehörde den Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde an.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass es sich bei dem gegenständlichen Schreiben des Stadtbauamtes vom um keinen Bescheid handle. Da die zuständige Behörde für die Erteilung einer Baubewilligung nach § 2 Abs. 1 BO der Bürgermeister sei, könne die Unterschrift des Bürgermeisters nicht durch die Fertigung des Bescheides "Mit freundlichen Grüßen, Arch. Dipl.Ing. (Name) (Baudirektor)" ersetzt werden. Von der mitbeteiligten Stadtgemeinde sei mitgeteilt worden, dass baubehördliche Bescheide als solche eindeutig gekennzeichnet seien und "mit der Fertigung der Bürgermeister als Baubehörde der I. Instanz (Name) (Bürgermeister)" versehen würden.

Vertretungsbedingt würden baubehördliche Bescheide auch vom Vizebürgermeister unterfertigt. Andere Schriftstücke an Bauherrn, Planer, Konsulenten usw. könnten auch von Mitarbeitern des Stadtbauamtes unterfertigt werden, so beispielsweise auch vom Baudirektor. Weiters sei das gegenständliche Schreiben vom in Briefform gehalten. Darüber hinaus seien dem Wortlaut weder ein Spruch noch die Erledigung irgendeines Bewilligungsverfahrens zu entnehmen. Es sei nur "der Lauf des Sachverhaltes berichtet" und mitgeteilt worden, dass die vorgelegten Skizzen nunmehr den brandschutztechnischen Vorschriften entsprächen. Mit dem Schreiben werde auf die bewilligten Einreichunterlagen Bezug genommen. Die Nennung der Planskizzen vom betreffe eben die brandschutzrechtlichen Vorschriften. Keinesfalls sei dem Wortlaut der Erledigung die Erteilung einer Baubewilligung für die Abänderung eines Gebäudes zu entnehmen. Gegen die Qualifikation als Bescheid spreche auch die Briefform. Bei dem in Rede stehenden Schreiben handle es sich um eine einfache Mitteilung, dass durch die vorgelegten Skizzenblätter "nunmehr den brandschutztechnischen Vorschriften nach Beurteilung durch das Gebietsbauamt" entsprochen worden sei. Aus dem Schreiben könne kein Wille der Behörde gesehen werden, über eine Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen. Die Formulierung "Sie können das Bauvorhaben weiterführen" beziehe sich auf die Baubewilligung vom , welche durch Baueinstellung unterbrochen worden sei. Aufgrund der Rechtslage habe die Baubehörde der mitbeteiligten Stadtgemeinde das nachträgliche Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom mangels Genehmigungsfähigkeit nur abweisen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtwidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "gesetzlich gewährleisteten Recht auf Zuerkennung/Bestandkraft der bereits erteilten Baubewilligung für das gegenständliche Bauprojekt - unter Berücksichtigung der Abänderung, insbesondere der Dachschräge von 36 Grad " verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach dem Beschwerdevorbringen ist im vorliegenden Beschwerdefall ausschließlich die Frage strittig, ob das Schreiben vom als Bescheid zu qualifizieren ist.

Gemäß § 18 Abs. 4 erster Satz AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten.

Gemäß § 58 Abs. 1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

Nach § 58 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG muss jeder schriftlich ausgefertigte Bescheid unter anderem die Bezeichnung der Behörde enthalten, die ihn erlassen hat.

Soweit im Beschwerdefall erheblich, ist nach § 2 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 Baubehörde erster Instanz der Bürgermeister.

Nach § 42 Abs. 4 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung 1973 kann der Bürgermeister den leitenden Gemeindebediensteten oder andere Gemeindebedienstete ermächtigen, Agenden der laufenden Verwaltung wahrzunehmen sowie bestimmte Erledigungen und schriftliche Ausfertigungen der Gemeinde zu unterschreiben.

Eine solche Ermächtigung zur Fertigung von Baubewilligungsbescheiden wurde dem Baudirektor (der die Erledigung vom unterfertigt hat) nicht erteilt (was über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes anlässlich der Einleitung des Vorverfahrens in den Gegenschriften, von der Beschwerdeführerin unbestritten, vorgetragen wird, und auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet wird).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. 9458/A, mit der Frage der Bescheidqualität einer behördlichen Erledigung näher befasst und ausgesprochen, enthalte eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann sei das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid könne aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergebe, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt habe, sondern auch, dass sie normativ entschieden habe (siehe dazu näher die Ausführungen in Hengstschläger / Leeb , AVG, zu § 56 AVG, mwN.)

Zu den wesentlichen Merkmalen eines Bescheides zählt die Bezeichnung der Behörde, die ihn erlassen hat. Fehlt eine solche Bezeichnung, so kann das betreffende Schriftstück - mag es auch sonst die Merkmale eines Bescheides aufweisen - nicht als Bescheid angesehen werden. Dem für die Bescheidqualifikation einer Erledigung wesentlichen Erfordernis der Bezeichnung der Behörde ist Rechnung getragen, wenn - nach objektiven Gesichtspunkten für jedermann, also unabhängig von der subjektiven Kenntnis des Adressaten des Schriftstückes - erkennbar ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde; ist die bescheiderlassende Behörde nicht erkennbar (die Erledigung einer bestimmten Behörde nicht zurechenbar), so liegt ein Bescheid nicht vor. Die Frage, welcher Stelle ein behördlicher Abspruch zuzurechnen ist, ist an Hand des äußeren Erscheinungsbildes nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Von welcher Behörde eine als Bescheid bezeichnete Erledigung ausgeht, ist nicht allein aus der Bezeichnung im Kopf des Bescheides zu entnehmen. Wenn im Übrigen in Zusammenhalt mit dem Bescheidabspruch - so insbesondere mit der Fertigungsklausel - die bescheiderlassende Behörde eindeutig zu entnehmen ist, ist dies ausreichend (siehe für viele den hg. Beschluss vom , Zl. 2008/07/0229, mwH.).

Das dargelegte äußere Erscheinungsbild des in Rede stehenden Schreibens vom ergibt keinen Hinweis auf die zur Bescheiderlassung zuständige Behörde.

So ist weder aus dem Kopf des Schreibens "Stadtgemeinde B… - Stadtbauamt" (vgl. hiezu etwa auch den Berufungsbescheid vom , der ebenfalls den Kopf "Stadtgemeinde B… - Stadtbauamt" aufweist, weshalb anzunehmen war, dass das Stadtbauamt als bloßes Hilfsorgan des Bürgermeisters und des Stadtrates für mehrere Behörden tätig wurde), noch aus den übrigen Ausführungen oder aus der Fertigung "(…) mit freundlichen Grüßen, Arch. Dipl. Ing. (Name) (Baudirektor)", erkennbar, welcher Behörde das Schreiben zuzurechnen ist. (Zur Klarstellung ist ergänzend anzufügen, dass der Baudirektor eben nicht "Für den Bürgermeister" gefertigt hat, dies von der Frage ganz losgelöst, ob die in Frage stehende Erledigung bejahendenfalls als Bescheid zu qualifizieren wäre).

Da das Schreiben vom somit keine Aussage über die genehmigende Behörde trifft, kann es schon aus diesem Grund nicht als Bescheid qualifiziert werden (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 91/18/0172, und Hengstschläger / Leeb , AVG § 18 Rz 16). Unter diesem Gesichtspunkt ist für den von der Beschwerdeführerin vertretenen Standpunkt, mit Schreiben vom sei von der zuständigen erstinstanzlichen Baubehörde, dem Bürgermeister, (bereits) über die "Änderung des Dachwinkels von 28 Grad auf 36 Grad bei bestehender Garage" abgesprochen worden, nichts zu gewinnen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am