VwGH vom 25.10.2006, 2004/15/0093
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des R in Sch, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0271-F/03, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hat anlässlich der Betriebsaufgabe zum ein Betriebsgebäude und eine Garage in sein Privatvermögen entnommen. Laut Sachverständigengutachten ist der Verkehrswert des Betriebsgebäudes ohne Grundanteil und ohne Umsatzsteuer auf EUR 16.000,-- und der Verkehrswert der Garage ohne Grundanteil und ohne Umsatzsteuer zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe auf EUR 45.000,-- geschätzt worden.
Der Beschwerdeführer hat ab März 2002 das Betriebsgebäude und die Garage um EUR 1.000,-- monatlich vermietet. Als AfA-Bemessungsgrundlage ist für das Betriebsgebäude EUR 16.000,-- und für die Garage EUR 45.000,-- angesetzt worden.
Das Finanzamt hat bei Berechnung der Einkommensteuer des Streitjahres dem Wert der entnommenen Gebäude die Umsatzsteuer sowohl bei der Berechnung des Aufgabegewinnes als auch bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hinzugerechnet.
Mit dem angefochtenen Bescheid ist die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen worden. In der Begründung hat die belangte Behörde den dargestellten unstrittigen Sachverhalt ihren Erwägungen zu Grunde gelegt. Nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens hat sie § 24 Abs. 3 erster und zweiter Satz EStG 1988 sowie § 10 Abs. 2 BewG wiedergegeben. Sodann hat sie ausgeführt, das Gesetz gehe bei der Ermittlung des gemeinen Wertes eines Wirtschaftsgutes nicht von tatsächlich erzielten Preisen aus, sondern leite den gemeinen Wert aus dem Preis ab, der nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes erzielbar wäre. Es komme diesbezüglich auf die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr angewandten Handelspreise an. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 99/16/0249, betont, dass es sich beim gemeinen Wert nicht um den Preis handle, den der Bereicherte selbst bei der Veräußerung der erhaltenen Ware im gewöhnlichen, "nichtkommerziellen" Geschäftsverkehr erzielen könne. Im Erkenntnis vom , 96/14/0075, habe der Verwaltungsgerichtshof es als schlüssigen und denkfolgerichtigen Schätzungsvorgang angesehen, wenn bei Ermittlung des gemeinen Wertes eines Kfz vom Listenpreis ausgegangen werde. Der Listenpreis sei ein Preis inklusive Umsatzsteuer.
Im vorliegenden Fall habe der Sachverständige sowohl beim Neuwert als auch beim Ertragswert mit Nettowerten gerechnet. Er habe daher den gemeinen Wert ohne Umsatzsteuer errechnet. Da ein Fremder Käufer für die Gebäude einen Preis hätte bezahlen müssen, aus dem die Umsatzsteuer nicht herausgerechnet worden wäre, sei die vom Sachverständigen herausgerechnete Umsatzsteuer für die Berechnung des gemeinen Wertes wiederum hinzuzurechnen.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die Umsatzsteuer zwischen Unternehmern im Sinne des UStG immer ein Durchlaufposten sei und daher der gemeine Wert immer nur ein Wert ohne Umsatzsteuer sei, könne nicht gefolgt werden. Der gemeine Wert sei unabhängig davon, ob der Erwerber Endverbraucher oder Unternehmer im Sinne des UStG sei. Der gemeine Wert sei sohin unabhängig von der Handelsstufe. Im Übrigen seien persönliche Verhältnisse, zu denen auch die Unternehmereigenschaft im Sinne des UStG gehöre, bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nicht zu berücksichtigen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, bei Liegenschaften sei es nicht üblich, dass der Wert der Liegenschaft zuzüglich 20 % Umsatzsteuer ermittelt werde. Liegenschaften unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn darauf optiert werde. Normalerweise werde daher der Wert der Liegenschaften im Geschäftsverkehr exklusive Umsatzsteuer ermittelt. Auch im vorliegenden Fall sei der gemeine Wert der Gebäude verkehrsüblich ermittelt worden. Hätte der Beschwerdeführer die Gebäude an einen Dritten veräußert und von diesem den vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert zuzüglich 20 % Umsatzsteuer erhalten, dann hätte er diese 20 % Umsatzsteuer abführen müssen, Veräußerungserlös wäre jedenfalls der Nettoverkaufspreis gewesen. Die Auffassung der Abgabenbehörde führe dazu, dass bei Unterbleiben einer Veräußerung und Überführung in das Privatvermögen eine Schlechterstellung erfolge. Eine verfassungskonforme Auslegung der Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes erfordere, dass auch in seinem Fall vom Nettoerlös auszugehen sei.
Nach § 24 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne auch Gewinne, die bei der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes) erzielt werden.
Gemäß § 24 Abs. 3 EStG 1988 sind, wenn die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebes veräußert werden, die Veräußerungserlöse anzusetzen. Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt ihrer Überführung ins Privatvermögen anzusetzen.
Nach § 10 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.
Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der gemeine Wert ergibt sich im Wesentlichen aus Angebot und Nachfrage im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 86/15/0109). Unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes im Sinne des § 10 Abs. 2 BewG sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 91/16/0044, und vom , 93/16/0186).
Da das EStG den gemeinen Wert nicht definiert, gelten die Bestimmungen des BewG (§ 1 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 BewG). Ausgangspunkt für die Ermittlung dieses gemeinen Wertes ist der Markt. Im unternehmerischen Bereich umfasst der gemeine Wert grundsätzlich keine Umsatzsteuer (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 6 Tz. 95 ff, 101).
Nach Hofstätter/Reichel (EStG 1988, Kom. § 20 Tz 10ff) ist bei Entnahmen im Sinn des § 4 Abs. 1 EStG 1988 der Nettobetrag anzusetzen, weil die auf Entnahmen entfallende Umsatzsteuer nach § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht abzugsfähig ist. Diese Grundsätze sind auch im Beschwerdefall anzuwenden, weil der Ansatz inklusive Umsatzsteuer im Hinblick auf das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 zu einer systemwidrigen Besteuerung der Umsatzsteuer führt. Als einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Aufgabegewinnes bzw. für die Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kann daher nur der (netto) Wert der Entnahme herangezogen werden.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am