VwGH vom 21.09.2006, 2004/15/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der "D-Gesellschaft m.b.H." in K, vertreten durch Dr. Ruth E. Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Otto-Bauer-Gasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0125-W/04, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1999 bis 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Den Gegenstand der beschwerdeführenden GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) bildet die Herstellung, Herausgabe und der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere der Zeitschrift "Der R", die Organisation und Leitung nationaler und internationaler Veranstaltungen sowie der Handel mit Waren aller Art in Groß- und Kleinhandel.
Im Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Buch- und Betriebsprüfung hinsichtlich Umsatzsteuer 1999 bis 2001 wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - unter Tz. 16 - auszugsweise - ausgeführt:
"Vorsteuer Motorräder
Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren von Krafträdern gelten gem. § 12 (2) 2b UStG als nicht für das Unternehmen ausgeführt, soweit sie nicht zur gewerblichen Weiterveräußerung oder zu mind. 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.
Da diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist ein Vorsteuerabzug für die Anschaffung und den Betrieb der Motorräder nicht zulässig. Die Vorsteuern sind somit wie folgt zu kürzen: ...
Im Gegenzug sind die Veräußerungen von den Motorrädern nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen ..."
Das Finanzamt nahm - diesem Bericht folgend - die Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer der Jahre 1999 bis 2001 wieder auf und erließ entsprechende Sachbescheide.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufungen. Darin führte sie aus, die Anschaffung der im Unternehmen vorhandenen Motorräder sei ausschließlich zu Testzwecken erfolgt. Nach der üblichen Verkehrsauffassung lägen daher nicht Motorräder zum Zwecke der Personenbeförderung vor, sondern dienten diese ausschließlich der Berichterstattung in der Zeitschrift des Unternehmens. Die Motorräder seien somit den Vorführkraftfahrzeugen gleich zu stellen, welche gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen seien. In diesem Zusammenhang werde auf das Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes vom verwiesen, in welchem festgehalten werde, dass die Zuordnungsentscheidung nicht im Gegensatz zur tatsächlichen Verwendung für die Tätigkeit des Unternehmers stehen dürfe. Weiters werde dort festgehalten, dass die Zuordnungsentscheidung des Unternehmers anzuerkennen sei, wenn die bezogene Leistung mit der Unternehmenstätigkeit in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehe und diese fördern solle. Dies sei im vorliegenden Fall eindeutig gegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. In der Begründung wurde nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, sachverhaltsmäßig sei davon auszugehen, dass die Anschaffung der im Unternehmen vorhandenen Motorräder zu Testzwecken erfolgt sei. Dies habe der Berichterstattung in der Zeitschrift des Unternehmens gedient.
In dem zu § 3 NoVAG ergangenen Erkenntnis vom , 93/17/0393, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, bei Vorführkraftwagen handle es sich im Gegensatz zu den Testfahrzeugen um zum alsbaldigen Verkauf bestimmte Kraftfahrzeuge, bei denen eben erst - wie bei anderen Händlerlieferungen von Kraftfahrzeugen - mit der Lieferung (§ 1 Z. 1 leg. cit.) der steuerbare Tatbestand verwirklicht werden solle. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass diese Unterscheidung von Testfahrzeugen und Vorführkraftfahrzeugen auch für die umsatzsteuerliche Definition von Vorführkraftfahrzeugen im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 Gültigkeit habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe nämlich bereits in seinem zum UStG 1972 ergangenen Erkenntnis vom , 2306/74, in Bezug auf die umsatzsteuerliche Einordnung von Vorführkraftfahrzeugen ausgeführt, es sei wohl richtig, dass die Vorführfahrzeuge nicht zur sofortigen Veräußerung bestimmt seien, "doch werden solche Fahrzeuge von Anfang an nur mit dem Ziel einer baldigen Veräußerung im Unternehmen verwendet". Das jeweilige Kraftfahrzeug, das von Unternehmen erworben und sodann als Vorführfahrzeug verwendet werde, solle also weiterveräußert werden und sei daher nicht im Sinne des § 131 Abs. 4 AktG dazu bestimmt, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen.
Auch in der Literatur würden Vorführkraftfahrzeuge als Fahrzeuge des Umlaufvermögens definiert, die ausschließlich oder überwiegend Vorführzwecken dienten.
Die Beschwerdeführerin habe die Krafträder dem Anlagevermögen zugeordnet; die Behaltedauer der einzelnen Krafträder betrage mit einer Ausnahme mehrere Jahre. Aus diesen Gründen fehlten die Voraussetzungen zur Einstufung der verfahrensgegenständlichen Motorräder als Vorführkraftfahrzeuge. Darüber hinaus werde ein Vorführkraftfahrzeug vom Kunden getestet. Die Motorräder, die im vorliegenden Fall zu Testzwecken angeschafft und eingesetzt worden seien, seien daher nicht den Vorführkraftfahrzeugen im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 gleichzustellen. Ein Vorsteuerabzug könne daher nicht zugelassen werden.
Das in der Berufung nur mit dem Datum bezeichnete Urteil des EuGH enthalte keine Aussagen zur Umsatzsteuer.
In der Beschwerde wird ausgeführt, die Motorräder seien nicht zum Zwecke der Personenbeförderung angeschafft worden. Es habe sich größtenteils um Rennmaschinen gehandelt, die keine Straßenzulassung hätten. Die Tests hätten nur auf geschlossenen Rennstrecken durchgeführt werden können. Der Test habe sich nicht nur auf die Maschine selbst, sondern auch auf Teile davon bezogen. Dies bedeute, dass die zu Testzwecken angeschafften Motorräder immer wieder technisch verändert worden seien. Dies habe auch die lange Behaltefrist nach sich gezogen. Die Kriterien, die für ein Vorführkraftfahrzeug gelten, könnten im vorliegenden Fall nicht angewandt werden. In der Berufung sei die Gleichstellung mit dem Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 beantragt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, gelten Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen, nicht als für das Unternehmen ausgeführt.
§ 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 sieht demnach für bestimmte Leistungen im Zusammenhang mit bestimmten Kraftfahrzeugen einen Ausschluss des Vorsteuerabzuges vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/15/0045).
Nicht unter den Vorsteuerausschluss fallen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.
Im vorliegenden Verfahren wurde im Betriebsprüfungsbericht ausgeführt, dass die gegenständlichen Krafträder nicht zur gewerblichen Weiterveräußerung oder zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienten. Diese Ausführungen wurden im Verwaltungsverfahren nicht nur nicht bekämpft, sondern hinsichtlich der gewerblichen Personenbeförderung ausdrücklich bejaht. Die Beschwerdeführerin vermeinte in der Berufung, die Motorräder seien den Vorführkraftfahrzeugen gleichzustellen. Eine solche Gleichstellung nahm die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht vor. Auch die Beschwerde räumt ein, dass die Kriterien, die für ein Vorführkraftfahrzeug gelten, im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Die Beschwerdeführerin strebt jedoch eine Gleichstellung der von ihr angeschafften und verwendeten Krafträder mit dem "Ausnahmetatbestand" an.
Eine Gesetzesanalogie hat zur Voraussetzung, dass ein zu beurteilender Sachverhalt nicht ausdrücklich von einem bestimmten Tatbestand erfasst wird, auf Grund der weitgehenden Ähnlichkeit mit dem unter den gesetzlichen Tatbestand fallenden Sachverhalt und im Hinblick auf die ratio legis aber von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes ausgegangen werden muss. Eine Lücke ist demnach anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur die Erkenntnisse vom , 96/15/0234, vom , 2002/15/0022, und vom , 2004/14/0106).
Nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 sind verschiedene, grundsätzlich vom Vorsteuerausschluss betroffene Fahrzeuge von den einschränkenden Regelungen ausgenommen. Die konkrete Bezeichnung der ausgenommenen Fahrzeuge bzw. die engen Voraussetzungen an eine im Zusammenhang mit diesen Kraftfahrzeugen vorgenommene Betätigung ("ausschließlich", "zu mindestens 80 %") zeigen, dass das Gesetz die Ausnahme vom Ausschluss vom Vorsteuerabzug nur in sehr eingeschränktem Rahmen zulassen wollte. Ein Raum für eine analoge Anwendung auf "Testfahrzeuge" bleibt daher nicht.
Aus all diesen Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am