VwGH vom 11.09.2013, 2012/04/0162

VwGH vom 11.09.2013, 2012/04/0162

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Zirm, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Saxinger, Chalupsky Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid der Regulierungskommission der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control) vom , Zl. R ALB G 14/12, PA 4703/12, betreffend Untersagung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 125 Abs. 5 Gaswirtschaftsgesetz 2011 (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als der Beschwerdeführerin untersagt wird, "sich auf die folgenden Formulierungen zu berufen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart worden sind", wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Regulierungskommission der E-Control wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 125 Abs. 5 Gaswirtschaftsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 107 (GWG 2011), iVm § 12 Abs. 1 Z. 4 des Energie-Control-Gesetzes, BGBl. I Nr. 110/2010 idF BGBl. I Nr. 107/2011 (E-ControlG), untersagt,

"im geschäftlichen Verkehr mit Endverbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, folgende Formulierungen zu verwenden sowie sich auf die folgenden Formulierungen zu berufen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart worden sind:

1. 'Vor physischer Trennung der Netzverbindung hat ein Mahnverfahren gem. § 127 (3) GWG zu erfolgen.'

2. 'wesentliche Vertragsverletzungen - insbesondere Zahlungsverzug - und Nichtherstellung des vertragsmäßigen Zustandes trotz Aufforderung zur Verbesserung unter Setzung einer mindestens vierzehntägigen Nachfrist;'

3. 'wenn der Kunde trotz Bestehens der Voraussetzungen lt. Pkt. 7.3 der Aufforderung zur Sicherheitsleistung oder Zustimmung zur Verwendung eines Vorauszahlungszählers unter Setzung einer mindestens vierzehntätigen Frist nicht nachkommt.' "

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) für die Belieferung mit Erdgas der Marke "erdgas oö." (Allgemeine Lieferbedingungen) gemäß § 125 Abs. 1 GWG 2011 angezeigt.

Entgegen dem Ersuchen der belangten Behörde seien die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Bestimmungen nicht angepasst worden.

Da die im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Formulierungen dieser AGB rechtswidrig seien, sei ihre Anwendung zu untersagen.

In der Sache führte die belangte Behörde zu der im Spruchpunkt 1. angeführten Formulierung der AGB aus, diese lasse letztendlich völlig offen, wer nun das qualifizierte Mahnverfahren nach § 127 Abs. 3 GWG 2011 einzuhalten habe und widerspreche zweifellos dem Transparenzgebot des § 6 Abs. 3 KSchG.

Die in den Spruchpunkten 2. und 3. angeführten Formulierungen der AGB sähen lediglich eine vierzehntätige Nachfrist vor, womit den Anforderungen des § 127 Abs. 3 GWG 2011 nicht Rechnung getragen werde und daher ein Verstoß gegen diese gesetzliche Bestimmung vorliege.

In § 127 Abs. 3 GWG 2011 sei lediglich von "Vertragsverletzungen" die Rede. Von dieser Formulierung könne sowohl die Verletzung eines Energieliefervertrages als auch eines Netzzugangsvertrages umfasst sein. In § 127 Abs. 3 GWG 2011 werde generell festgelegt, dass bei einer physischen Trennung vom Netz zumindest zwei Mahnungen mit jeweiliger Nachfristsetzung von zwei Wochen vorangehen müssten. Unbestritten sei, dass die Trennung vom Netz nur durch den Netzbetreiber erfolgen könne, nicht normiert sei jedoch, wer (Lieferant oder Netzbetreiber) diese Mahnungen vorzunehmen habe. Sinngemäß könne daher ein qualifiziertes Mahnverfahren wohl nur durch denjenigen vorgenommen werden, dessen Vertrag tatsächlich verletzt werde. Dies werde durch näher bezeichnete Bestimmungen in einigen Landesausführungsgesetzen im Strombereich bestätigt, wonach das qualifizierte Mahnverfahren durch den Lieferanten einzuhalten sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gaswirtschaftsgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 107 (GWG 2011), lauten wie folgt:

" Versorger letzter Instanz

§ 124. (1) Erdgashändler und sonstige Versorger, zu deren Tätigkeitsbereich die Versorgung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG zählt, haben ihren Allgemeinen Tarif für die Versorgung in letzter Instanz von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG in geeigneter Weise (zB Internet) zu veröffentlichen. Sie sind verpflichtet, zu ihren geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zu diesem Tarif Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, und Kleinunternehmen, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen, mit Erdgas zu beliefern (Pflicht zur Grundversorgung). Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt, nähere Bestimmungen über die Zumutbarkeit einer Grundversorgung und über die Gestaltung der Tarife für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen für die Versorgung letzter Instanz durch Verordnung festzulegen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Belieferung mit Erdgas

§ 125. (1) Erdgashändler und Versorger haben Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Belieferung mit Erdgas für Kunden, deren Verbrauch nicht mit einem Lastprofilzähler gemessen wird, zu erstellen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie ihre Änderungen sind der Regulierungsbehörde vor ihrem Inkrafttreten in elektronischer Form anzuzeigen und in geeigneter Form zu veröffentlichen.

(5) Die Regulierungsbehörde kann die Anwendung der gemäß Abs. 1 angezeigten Lieferbedingungen innerhalb von zwei Monaten insoweit untersagen, als diese gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen. Die Zuständigkeiten zur Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(6) Durch die Regelungen der Abs. 1 bis 5 bleiben die Bestimmungen des KSchG und des ABGB unberührt.

Abschaltung der Netzverbindung und Information der Kunden

§ 127. (1) Netzbetreiber haben Endverbrauchern folgende Informationen einfach und unmittelbar zugänglich im Internet sowie im Rahmen eines der Rechnung beizulegenden Informationsblattes kostenlos zur Verfügung zu stellen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Name und Anschrift des Unternehmens;
2.
erbrachte Leistungen und angebotene Qualitätsstufen sowie Zeitpunkt für den Erstanschluss;
3.
Art der angebotenen Wartungsdienste;
4.
Art und Weise, wie aktuelle Informationen über alle geltenden Entgelte erhältlich sind;
5.
Vertragsdauer, Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Leistungen und des Vertragsverhältnisses, Rücktrittsrechte;
6.
etwaige Entschädigungs- und Erstattungsregelungen bei Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Leistungsqualität, einschließlich fehlerhafter und verspäteter Abrechnung;
7.
Vorgehen zur Einleitung von Streitbeilegungsverfahren;
8.
etwaige Ausführungen der Europäischen Kommission über die Rechte der Energieverbraucher.

(2) Versorger haben Endverbrauchern folgende Informationen einfach und unmittelbar zugänglich im Internet sowie im Rahmen eines der Rechnung beizulegenden Informationsblattes kostenlos zur Verfügung zu stellen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Name und Anschrift des Unternehmens;
2.
Art und Weise, wie aktuelle Informationen über alle geltenden Preise erhältlich sind;
3.
Vertragsdauer, Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Leistungen und des Vertragsverhältnisses, Rücktrittsrechte;
4.
Vorgehen zur Einleitung von Streitbeilegungsverfahren,
5.
über das Recht auf Versorgung gemäß § 124,
6.
etwaige Entschädigungs- und Erstattungsregelungen bei Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Leistungsqualität, einschließlich ungenauer und verspäteter Abrechnung,
7.
etwaige Ausführungen der Europäischen Kommission über die Rechte der Energieverbraucher.

(3) Der Netzbetreiber ist in Fällen der Vertragsverletzung zur physischen Trennung der Netzverbindung nur berechtigt, wenn dem eine zweimalige Mahnung inklusive jeweils mindestens zweiwöchiger Nachfristsetzung vorangegangen ist. Die zweite Mahnung hat auch eine Information über die Folge einer Abschaltung des Netzzuganges nach Verstreichen der zweiwöchigen Nachfrist sowie über die damit einhergehenden voraussichtlichen Kosten einer allfälligen Abschaltung zu enthalten. Die letzte Mahnung hat mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen.

(4) Versorger haben dem Kunden spätestens sechs Wochen nach Vollziehung des Versorgerwechsels oder nach Vertragsbeendigung die Rechnung zu legen.

(5) Ein Prepaymentzähler ist zu deinstallieren, wenn der Endverbraucher über einen Zeitraum von sechs Monaten seine Rechnungen beglichen hat."

Die maßgeblichen Bestimmungen des Energie-Control-Gesetzes, BGBl. I Nr. 110/2010 idF BGBl. I Nr. 107/2011 (E-ControlG), lauten:

"Errichtung der Regulierungsbehörde

§ 2. (1) Zur Besorgung der Regulierungsaufgaben im Bereich der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft wird unter der Bezeichnung 'Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control)' eine Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet.

Organe

§ 5. (1) Organe der E-Control sind:

2. die Regulierungskommission,

Rechtsschutz

§ 9. …

(4) Entscheidungen der Regulierungskommission der E-Control unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Gegen alle Entscheidungen der Regulierungskommission der E-Control kann Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Aufgaben der Regulierungskommission

§ 12. (1) (Verfassungsbestimmung) Die Regulierungskommission der E-Control ist zur bescheidmäßigen Erledigung folgender Aufgaben zuständig:

4. die Untersagung der Anwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Belieferung mit elektrischer Energie und Erdgas gemäß § 80 ElWOG 2010 und § 125 GWG 2011, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen;

…"

2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf Nicht-Untersagung der im angefochtenen Bescheid angeführten Klauseln ihrer AGB verletzt und bringt hiezu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe mit ihrer einleitenden Formulierung die ihr gemäß § 125 Abs. 5 GWG 2011 zustehende Untersagungskompetenz überschritten.

Die untersagten Klauseln verstießen auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot bzw. gegen die guten Sitten. Das von der Behörde herangezogene Transparenzgebot des § 6 Abs. 3 KSchG sei kein gesetzliches Verbot.

Ungeachtet dessen verstoße die in Spruchpunkt 1. wiedergegebene Klausel nicht gegen § 6 Abs. 3 KSchG. Dies schon deshalb, weil das qualifizierte Mahnverfahren nach § 127 Abs. 3 GWG 2011 nicht auf Versorger anwendbar sei (sodann führt die Beschwerde näher Argumente einer Wortlautinterpretation, einer systematischen, historischen und teleologischen Interpretation an). So definiere diese Bestimmung eindeutig und abschließend den Netzbetreiber als Normadressaten. Die in dieser Bestimmung angeführte Mahnung sei eine "Abschaltdrohung" rein aus der Sphäre des Netzbetreibers. Für diese Auslegung sprächen auch die "Sonstigen Marktregeln" (SoMa Gas) der Regulierungsbehörde. Eine Lückenfüllung sei unzulässig, daher könne diese Bestimmung für Versorger keine Relevanz entfalten.

Die in Spruchpunkt 1. angeführte Klausel gebe den Gesetzeswortlaut des § 127 Abs. 3 GWG 2011 wieder. Die Wiedergabe des Gesetzes könne keine Intransparenz iSd § 6 Abs. 3 KSchG begründen. Aus Sicht des Adressaten sei diese Klausel auch in keiner Weise irreführend.

Auch wende die belangte Behörde angesichts des Begriffes "Endverbraucher" (§ 7 Z. 11 GWG 2011), der sowohl den "Verbraucher" als auch den " Unternehmer" nach KSchG einschließe, § 6 Abs. 3 KSchG in unzulässiger Weise auch auf Geschäfte zwischen Unternehmern an.

Auch die in den Spruchpunkten 2. und 3. angeführten Klauseln verstießen nicht gegen § 127 Abs. 3 GWG 2011, da diese Bestimmung nicht auf Versorger anwendbar sei. Hinzu komme, dass § 127 Abs. 3 GWG 2011 kein gesetzliches Verbot iSd § 125 Abs. 5 leg. cit. sei. Zudem habe die belangte Behörde das außerordentliche Kündigungsrecht der Beschwerdeführerin anerkannt, weil sie in den AGB (Punkt 4.3.) neben den in den Spruchpunkten 2. und 3. angeführten Klauseln einen weiteren wichtigen Grund für die vorzeitige Auflösung unbeanstandet gelassen habe. Diese Klauseln ergänzten das qualifizierte Mahnverfahren und stünden mit diesem nicht in Widerspruch.

Letztlich sei die erfolgte Untersagung überschießend, weil die (verbleibenden) AGB keinen vernünftigen Sinn ergäben. Es entspreche nicht § 125 Abs. 5 GWG 2011, dass die belangte Behörde dem Versorger durch die Untersagung von einzelnen Klauseln der AGB sogenannte "Rumpf-AGB" aufzwingen könne, welche dieser nie hätte erlassen wollen. Gerade der Wegfall der in den Spruchpunkten 2. und 3. angeführten Klauseln stelle den gesamten Vertrag auf Basis der AGB in Frage, da der Beschwerdeführerin ein wesentliches Instrument, um auf Vertragsverletzungen des Endverbrauchers zu reagieren, genommen werde.

3. Zur Kompetenz der belangten Behörde im Rahmen einer präventiven Klauselkontrolle nach § 125 Abs. 5 GWG 2011 kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2012/04/0021, verwiesen werden. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zusammenfassend festgehalten, dass der belangten Behörde gemäß § 125 Abs. 5 GWG 2011 nur die Kompetenz zusteht, die (weitere) Anwendung der angezeigten AGB pro futuro zu untersagen und die Untersagung, "sich auf die folgenden Formulierungen zu berufen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart worden sind" keine Grundlage in § 125 Abs. 5 GWG 2011 findet.

4. Zum Inhalt des Untersagungstatbestandes des § 125 Abs. 5 GWG 2011 kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2012/04/0021, verwiesen werden. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass sich der Untersagungsmaßstab des § 125 Abs. 5 GWG 2011 mit der Vorgabe eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten mit jenem des § 879 Abs. 1 ABGB deckt. Daher kann im Hinblick auf den Untersagungsmaßstab des § 125 Abs. 5 GWG 2011 auf die zu § 879 Abs. 1 ABGB ergangene ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) verwiesen werden (welche sodann näher dargestellt wird).

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters in diesem Erkenntnis festgehalten, dass die Berufung alleine auf eine "Rechtswidrigkeit" einer beanstandeten Klausel der AGB für eine Untersagung nach § 125 Abs. 5 GWG 2011 unzureichend ist.

Daher ist zu untersuchen, ob die von der belangten Behörde vorliegend angeführte Begründung der Untersagung vor diesem Maßstab bestehen kann (zu den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift genügt es ebenso auf das zitierte hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2012/04/0021, mwN, zu verweisen, wonach der Verfahrensmangel des Fehlens einer Begründung im angefochtenen Bescheid durch Ausführungen in der Gegenschrift nicht behoben werden kann):

5. Zu der in Spruchpunkt 1. angeführten Klausel:

Die Untersagung dieser Klausel der AGB der Beschwerdeführerin begründet die belangte Behörde mit einem Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs. 3 KSchG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Zusammenhang festgehalten, dass das Transparenzgebot des § 6 Abs. 3 KSchG als gesetzliches Verbot in Frage kommt, wenn die angezeigten AGB auch auf Rechtsgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG Anwendung finden (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2012/04/0021, mit Verweis auf das zur Verwendung von AGB nach § 16 Abs. 1 Z. 3 Energie-Regulierungsbehördengesetz ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0079, mwN). Dass die Transparenz von AGB im Gasbereich für den Verbraucher auch unionsrechtlich von Bedeutung ist, hat der Verwaltungsgerichtshof durch einen Verweis auf das zur Richtlinie 2003/55/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt ergangene Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom in der Rechtssache C-92/11, RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., deutlich gemacht.

Nach der obzitierten Rechtsprechung kann bei Beurteilung der Frage, ob eine Bestimmung der AGB gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, § 6 Abs. 3 KSchG herangezogen werden, wenn die Bestimmungen der AGB auch auf Rechtsgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG Anwendung finden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0079). Die Beschwerdeführerin bringt nun vor, die angezeigten AGB umfassten sowohl "Verbraucher" als auch "Unternehmer" nach KSchG, da beide vom Begriff der "Endverbraucher" nach § 7 Abs. 1 Z. 11 GWG 2011 umfasst seien. Damit ist aber unstrittig, dass die Bestimmungen der angezeigten AGB auch auf Verbrauchergeschäfte nach § 1 Abs. 1 KSchG Anwendung finden. Ausgehend von der nach § 125 Abs. 5 GWG 2011 normierten präventiven Klauselkontrolle ist es daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde eine undifferenziert auf Verbraucher und Unternehmer anwendbare Klausel der angezeigten AGB im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit dem Transparenzgebot des § 6 Abs. 3 KSchG prüfte.

Nach § 6 Abs. 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Durch diese Bestimmung wurde die Vertragsklausel-RL 93/13/EWG umgesetzt und damit ausdrücklich das so genannte Transparenzgebot für Verbrauchergeschäfte normiert. Dieses soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren. Es soll verhindert werden, dass der Kunde - durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position - von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten auferlegt werden. Daraus kann sich konkret eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkung einer Klausel sonst unklar bliebe (vgl. zu allem das , mwN).

Maßstab für die Transparenz einer Klausel ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen "Durchschnittskunden". Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit. Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher durchschaubar sind (vgl. das , mwN).

Im Beschwerdefall ist zwischen der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin strittig, ob letztere als Versorger überhaupt von der Verpflichtung zur Durchführung eines qualifizierten Mahnverfahrens nach § 127 Abs. 3 GWG 2011 erfasst wird.

Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Verpflichtung zur Durchführung eines qualifizierten Mahnverfahrens nach § 127 Abs. 3 GWG 2011 auf die Vertragsverletzung abstellt und daher denjenigen trifft, dessen Vertrag verletzt wurde (im Falle einer Verletzung des Netzzugangsvertrages den Netzbetreiber und im Falle der Verletzung des Energieliefervertrages den Versorger), besteht aus folgenden Erwägungen zu Recht:

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin bezieht sich der Wortlaut des § 127 Abs. 3 GWG 2011 nicht ausdrücklich auf den Netzbetreiber. Zwar wird der Netzbetreiber im ersten Halbsatz des ersten Satzes dieser Bestimmung genannt jedoch nur im Zusammenhang mit der physischen Trennung der Netzverbindung, welche nur vom Netzbetreiber (vgl. § 7 Z. 39 und 43 GWG 2011) durchgeführt werden kann. Bei der Durchführung des qualifizierten Mahnverfahrens stellt diese Bestimmung jedoch nicht auf den Netzbetreiber ab. Vielmehr heißt es in dieser Bestimmung, dass der Netzbetreiber in Fällen der Vertragsverletzung zur physischen Trennung der Netzverbindung nur berechtigt ist, wenn dem das näher genannte qualifizierte Mahnverfahren "vorangegangen ist ". Damit wird dieses qualifizierte Mahnverfahren als Voraussetzung für die physische Trennung normiert, eine Beschränkung, dass dieses Mahnverfahren nur durch den Netzbetreiber durchgeführt werden kann bzw. durchzuführen ist, wird nicht normiert.

Hätte der Gesetzgeber das qualifizierte Mahnverfahren in § 127 Abs. 3 GWG 2011 auf den Netzbetreiber beschränken wollen, so wäre zu erwarten, dass er - wie in allen anderen Absätzen dieser Bestimmung - den Netzbetreiber auch ausdrücklich nennt, zumal § 127 Verpflichtungen für Netzbetreiber und Versorger zum Inhalt hat.

Auch in den Materialien wird nicht ausdrücklich auf den Netzbetreiber abgestellt. In den Materialien zu § 127 Abs. 3 GWG 2011 heißt es:

"In Abs. 3 wird zum Schutze aller Kunden und dem Konzept einer umfassenden Grundversorgung Rechnung tragend sichergestellt, dass jeder physischen Trennung der Netzverbindung ein klar geregeltes Prozedere vorangeht, die Auffälligkeit von Abschaltungsandrohungen durch verpflichtendes Versenden mit eingeschriebenem Brief auf ein möglichst hohes Maß gesetzt (wobei hierdurch jedoch nicht die Beweislast des Zuganges der Abschaltungsandrohung in einem allfälligen Rechtstreit verschoben wird) und die Höhe der für die Abschaltung verrechenbaren Gebühren gemäß § 78 gedeckelt wird.)" (RV 1081 BlgNR XXIV. GP, 40).

Wenn die Beschwerdeführerin nun aus dem hier verwendeten Begriff der "Abschaltandrohung" schließt, diese Bestimmung richte sich ausschließlich an den Netzbetreiber, so trifft zwar zu, dass die Abschaltung selbst nur durch den Netzbetreiber erfolgen kann. Jedoch ist dies kein Grund anzunehmen, dass eine derartige Abschaltungsandrohung nicht auch durch den Versorger erfolgen kann. So sieht die Beschwerdeführerin selbst in Punkt 4.3. ihrer AGB vor, die Lieferung durch Anweisung an den Netzbetreiber zur physischen Trennung der Netzverbindung auszusetzen. Diese Konsequenz kann sie in einem qualifizierten Mahnverfahren in gleicher Weise androhen. Auch spricht das vom Gesetzgeber angeführte Konzept einer umfassenden Grundversorgung für eine Einbeziehung der Versorger in das qualifizierte Mahnverfahren, weil die Pflicht zur Grundversorgung nach § 124 GWG 2011 neben den Verteilernetzbetreibern insbesondere die Versorger trifft (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/04/0024).

Wenn die Beschwerde ausführt, ein Verweis der AGB auf das Gesetz könne keine Intransparenz begründen, ist ihr zu erwidern, dass der bloße Hinweis auf eine bestimmte gesetzliche Vorschrift den aus dem Transparenzgebot abzuleitenden Geboten der Erkennbarkeit, Verständlichkeit und Vollständigkeit der Regelung nicht in jedem Fall genügt (vgl. etwa ). Das Transparenzgebot verlangt vielmehr, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher durchschaubar sind. Die Rechtslage darf nicht verschleiert oder undeutlich dargestellt werden (vgl. etwa ).

Der gegenständliche Verweis auf § 127 Abs. 3 GWG 2011 ("hat ein Mahnverfahren gem. § 127 (3) GWG zu erfolgen") lässt offen, von wem der Kunde Mahnungen erhalten muss, ehe es zu einer physischen Trennung der Netzverbindung kommen kann. Im Zusammenhalt mit der im Folgenden vorgenommenen Umschreibung wichtiger Gründe für eine vorzeitige Auflösung des Vertrages, die eine einmalige Setzung einer vierzehntägigen Nachfrist durch den Versorger ausreichen lässt, kann der juristisch nicht gebildete Vertragspartner aus der gewählten Formulierung auch nicht erkennen, ob ihm nun eine oder zwei Mahnungen mit entsprechender Frist gewährt werden müssen, und es besteht daher die Gefahr, dass er von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten werden könnte. Die Klausel widerspricht somit § 6 Abs. 3 KSchG.

Insoweit ist die Untersagung gemäß § 125 Abs. 5 GWG 2011 daher zu Recht erfolgt.

6. Aus denselben Gründen erweisen sich auch die von der belangten Behörde beanstandeten weiteren Klauseln als intransparent und können schon deshalb in Verträgen mit Verbrauchern iSd § 1 KSchG keinen Bestand haben.

Daher kann auch die Untersagung dieser Klauseln mit einem Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs. 3 KSchG begründet werden und erfolgte daher zu Recht.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die Untersagung sei überschießend und es könne § 125 Abs. 5 GWG 2011 nicht unterstellt werden, dass die Regulierungsbehörde dem Versorger durch die Untersagung von einzelnen Klauseln der AGB sogenannte "Rumpf-AGB" aufzwingen könne, so entspricht es zunächst dem Gesetz, wenn die belangte Behörde den Eingriff in die Vertragsfreiheit auf die Untersagung einzelner Klauseln der angezeigten AGB beschränkt hat (vgl. idS zum Widerspruchsverfahren nach § 25 Abs. 6 TKG 2003 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/03/0067).

Im Übrigen beinhaltet - wie oben ausgeführt - die präventive Klauselkontrolle nach § 125 Abs. 5 GWG 2011 nur, die (weitere) Anwendung der angezeigten AGB pro futuro zu untersagen, der belangten Behörde kommt jedoch nicht die Kompetenz zu, in bereits abgeschlossene Verträge einzugreifen. Die Beschwerdeführerin ist somit nicht gezwungen, die übrigen, nicht von der belangten Behörde untersagten AGB den von ihr abzuschließenden Verträgen zu Grunde zu legen. Vielmehr bleibt es der Beschwerdeführerin unbenommen, neue AGB (oder Änderungen derselben) zu entwerfen und diese neuerlich gemäß § 125 Abs. 1 GWG 2011 anzuzeigen.

Im Rahmen derartiger - neu entworfener - Klauseln stünde es der Beschwerdeführerin auch offen, zwischen Verbrauchern und Unternehmern zu differenzieren und einzelne, im vorliegenden Erkenntnis am Maßstab des Transparenzgebotes des KSchG beanstandete Klauseln (soweit sie nicht aus anderen Gründen gesetz- oder sittenwidrig sind) nur für unternehmerische Endverbraucher für anwendbar zu erklären. Einer solchen Vorgangsweise stünde - wie klarstellend festzuhalten ist - der Spruch des (insoweit bestätigten) angefochtenen Bescheides nicht entgegen.

8. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch angeführten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die sich als unbegründet erweisende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

9. Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am